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Dipl.-Jur. Dr. Ernst-August Ehlers, Ltd. Regierungsdirektor a.D., Rechtsanwalt/Steuerberater, Hamburg
Jahrgang: 1999 . Seite: 327
A. Vorbemerkungen Der BFH hat in mehreren Urteilen zu § 17 EStG seine Rechtsauffassung präzisiert und ergänzt. Zwei Urteile befassen sich mit Fragen des Zusammenspiels von wesentlicher Beteiligung und 5-Jahres-Zeitraum. Zwei weitere Urte ...

Prof. Dr. H.-Michael Korth, WP/StB, Hannover
Jahrgang: 1999 . Seite: 343
A. Vorbemerkung Zuständigkeit der Ges.-VersammlungZuständigkeit der Ges.-Versammlung Grundlage für die steuerliche Anerkennung einer Geschäftsführervergütung ist ein zivilrechtlich wirksam abgeschlossener Vertrag und eine eben solche Vereinbarung über die Vergütung. Dabei ist zu beachten, daß für den Abschluß des GF-Vertrages die Gesells ...

AktStR: Dipl.-Jur. Dr. Ernst-August Ehlers, Ltd. Regierungsdirektor a.D., Rechtsanwalt/Steuerberater, Hamburg, 1999 S. 357: Verlustabzug bei Anteilskauf und Verschmelzung Verlustabzug bei Anteilskauf und Verschmelzung Dipl.-Jur. Dr. Ernst-August Ehlers, Ltd. Regierungsdirektor a.D., Rechtsanwalt/Steuerberater, Hamburg Jahrgang: 1999 . Seite: 357 A. Vorbemerkung Durch das Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29. 10. 1997 (BStBl I 1997, 928) wurden die Möglichkeiten erheblich eingeschränkt, in einer KapG aufgelaufene Verluste auf andere KapG zu übertragen. Zu den wichtigsten Änderungen durch dieses Gesetz ist nunmehr ein BMF-Schreiben ergangen, das Zweifelsfragen klärt. Es befaßt sich im ersten Teil mit Fragen des Mantelkaufs gem. § 8 Abs. 4 KStG, im zweiten Teil mit Verlustübergängen bei Verschmelzung gem. § 12 Abs. 3 S. 2 UmwStG. B. BMF-Schr. v. 16.4.1999 - IV C 6 - S 2745 - 12/99 I. Verlust der wirtschaftlichen Identität, § 8 Abs. 4 KStG 1. Regelfall des § 8 Abs. 4 KStG Voraussetzung für den Verlustabzug nach § 10 d EStG ist bei einer Körperschaft, daß sie nicht nur rechtlich, sondern auch wirtschaftlich mit der Körperschaft identisch ist, die den Verlust erlitten hat. Nach dem Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform ist ein Verlustabzug insbesondere zu versagen, wenn folgende Tatbestandsmerkmale erfüllt sind: TatbestandsmerkmaleTatbestandsmerkmale -es sind mehr als 50 % der Anteile der KapG übertragen worden und -die KapG führt ihren Geschäftsbetrieb mit überwiegend neuem BV fort oder nimmt ihn wieder auf. Die Zuführung neuen BV ist unschädlich (Sanierungsfälle), wenn SanierungsfälleSanierungsfälle -sie allein der Sanierung des Geschäftsbetriebs dient, der den verbleibenden Verlustabzug i.S.d. § 10 d Abs. 4 S. 2 EStG verursacht hat, und -die KapG den Geschäftsbetrieb in einem nach dem Gesamtbild der wirtschaftlichen Verhältnisse vergleichbaren Umfang in den folgenden fünf Jahren fortführt. Sind nicht beide Tatbestandsvoraussetzungen (Wechsel der Anteilseigner, Zuführung neuen Betriebskapitals) erfüllt, liegt kein Mantelkauf vor, so daß der verbleibende Verlust nach § 10 d EStG abgezogen werden kann. 2. Übertragung von mehr als 50 % der Anteile Für den Verlust der wirtschaftlichen Identität müssen mehr als 50 % der Anteile übertragen werden. Diesbezügliche Zweifelsfragen werden unter Tz 3 erörtert. a) Berechnung der 50 %-Grenze Bezugsgröße NennkapitalBezugsgröße Nennkapital Die Grenze von mehr als 50 % der Anteile bezieht sich nur grundsätzlich auf das Nennkapital. Nach dieser Aussage sind auch andere Fälle denkbar, in denen sich die Stimmrechte z. B. nicht nach der nominalen Beteiligung des Anteilseigners am Stammkapital richten, sondern in denen durch die Vereinbarung von Vorzugs- oder Mehrstimmrechten ein beherrschender Einfluß auch durch den Erwerb einer Beteiligung von weniger als 50 % ausgeübt werden kann. In diesen Fällen kommt es auf die Umstände des Einzelfalles an. In Tz 3 stellt der Erlaß klar, daß eigene Anteile bei der Berechnung der 50 %-Grenze nicht berücksichtigt werden. Der Erlaß steht damit in Übereinstimmung mit der von der FinVerw bereits in dem Umwandlungssteuererlaß vom 25. 3.1998 (BStBl I 1998, 268,Tz 4.18 und 7.05) getroffenen Aussage. Die Anzahl der übertragenen Anteile ergibt sich demnach aus dem Verhältnis der übertragenen Anteile zum Nennkapital, das um die von der KapG selbst gehaltenen eigenen Anteile zu kürzen ist. b) Entgeltliche und unentgeltliche Übertragungen Die Übertragung der Anteile kann entgeltlich oder unentgeltlich vorgenommen sein. Der Anteilsübergang durch Erbfall einschließlich der Erbauseinandersetzung wird nach Auffassung der FinVerw von § 8 Abs. 4 KStG allerdings nicht erfaßt, anders dagegen die vorweggenommene Erbfolge (Tz 4).   Beispiel: X ist Alleingesellschafter einer verlustträchtigen GmbH. Im Jahre 1998 überträgt er 40 % seiner Anteile auf Sohn S1, während der andere Sohn S2 mit einer Ausgleichszahlung abgefunden wird. Als X ein Jahr später stirbt, erhält S1 aus dem Nachlaß die bei dem verstorbenen Vater verbliebenen Anteile von 60 %. Er leistet seinem Bruder S2 dafür eine Ausgleichszahlung. Hier wurden im Wege der vorweggenommenen Erbfolge weniger als 50 % der Anteile übertragen. Der Erwerb i.R.d. Erbauseinandersetzung bleibt außer Betracht, so daß ein vorhandener Verlust nicht verlorengeht. c) Bereits beteiligte Erwerber Anzahl der Erwerber ist unmaßgeblichAnzahl der Erwerber ist unmaßgeblich Erwerber der Anteile können sowohl neue als auch bereits beteiligte Gesellschafter sein. Unerheblich ist, auf wie viele Erwerber und wie viele Erwerbsvorgänge sich die übertragenen Anteile verteilen. Die mehrfache Übertragung des nämlichen Anteils wird allerdings nur einmal gezählt. Entscheidend ist, daß insgesamt eine Quote von mehr als 50 % der Anteile übertragen wird. Hiernach liegt ein Anteilsverkauf auch vor, wenn bislang bereits an einer Körperschaft beteiligte Gesellschafter Anteile untereinander veräußern und dadurch mehr als 50 % der Anteile einen neuen Eigentümer erhalten. Beispiel: An der X GmbH sind A zu 90 % und B zu 10 % beteiligt. A veräußert 60 % seiner Anteile an der GmbH an B. Es liegt ein Fall des § 8 Abs. 4 KStG vor, weil mehr als die Hälfte der Anteile auf einen neuen Eigentümer übertragen wurde. Dem Anteilskauf stellt der Erlaß Kapitalerhöhungen, Verschmelzungen auf die Verlustgesellschaft und Einbringungen in diese gleich (Tz 26), wenn anschließend neu hinzugekommene Gesellschafter zu mehr als 50 % beteiligt sind.   d) Zeitlicher Zusammenhang 5-Jahres-Zeitraum5-Jahres-Zeitraum Die Übertragung der Anteile muß in einem zeitlichen Zusammenhang stehen (Tz 6). Dieser Zusammenhang ist nach dem Erlaß gegeben, wenn mehr als 50 % der Anteile an der KapG innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren übertragen werden. Unerheblich ist hierbei, auf wie viele neue Erwerber und wie viele Erwerbsvorgänge sich die übertragenen Anteile verteilen. Es kommt nur darauf an, daß verschiedene Anteile übertragen werden. planmäßige Zeitraumüberschreitungplanmäßige Zeitraumüberschreitung Der 5-Jahres-Zeitraum wird in dem Erlaß als Regelfall bezeichnet. Es handelt sich hier also um einen Mindestzeitraum. Die FinVerw vertritt die Auffassung, daß ein zeitlicher Zusammenhang in Ausnahmefällen auch dann noch bejaht werden kann, wenn die Anteilskäufe in einem längeren Zeitraum liegen, zwischen den einzelnen Vorgängen aber ein sachlicher Zusammenhang besteht und die 50 %-Grenze etwa planmäßig überschritten wird. Mehrfache Übertragungen derselben Anteile werden bei der 50 %-Grenze nicht berücksichtigt (Hinweis auf Tz 4.18 des UmwSt-Erlasses, BStBl I 1998, 288: Börsenfälle). e) Übertragung mittelbarer Beteiligungen Nach Tz 28 kann der Verlustabzug nach § 8 Abs. 4 KStG auch dann verloren gehen, wenn mittelbar - auch über PersG - gehaltene Beteiligungen an der Verlustgesellschaft übertragen werden. Nach Auffassung von Hörger/Endres  ist die Ausweitung des Anwendungsbereichs von § 8 Abs. 4 KStG auf mittelbare Anteilsübertragungen vom Gesetzeswortlaut nicht ohne weiteres gedeckt. Nach ihrer Auffassung sei es in vielen Fällen nicht sachgerecht, den Verlustabzug bei Veränderungen auf der Ebene der Mutter- bzw. Großmuttergesellschaft zu versagen. Da der Wortlaut der Tz 28 die Entscheidung letzten Endes ins Ermessen der Finanzbehörde stellt - Kann-Vorschrift -, sollte die Erlaßregelung hingenommen werden. Umstrukturierungen im KonzernverbundUmstrukturierungen im Konzernverbund Erfolgsneutrale Umstrukturierungen nach Maßgabe der §§ 11 ff. und 20 ff. UmwStG innerhalb verbundener Unternehmen i.S.v. § 271 Abs. 2 HGB stellen nach Verwaltungsauffassung hingegen keine Anteilsübertragung i.S.d. § 8 Abs. 4 KStG dar. Mit dieser Aussage werden Umstrukturierungen innerhalb eines Konzernverbundes ermöglicht. Erfolgsneutrale Umstrukturierungen mittelbarer Beteiligungen führen also nicht zur Versagung des Verlustabzuges. 3. Überwiegend neues Betriebsvermögen a) Maßgebendes Vermögen Veränderung der AktivaVeränderung der Aktiva Nach den Tz 7 ff. des Erlasses überwiegt neues BV, wenn das von außerhalb der Gesellschaft durch Einlagen oder Fremdmittel zugeführte neue BV das vor Beginn der Zuführung vorhandene Aktivvermögen übersteigt. Hier knüpft die FinVerw an ein Urteil des I.Senats des BFH (BStBl II 1997, 829) an. Verglichen werden also die Vermögenswerte auf der Aktivseite. Veränderungen auf der Passivseite (z.B. Verzicht eines Gesellschafters auf ein Darlehen oder eine Pensionszusage) sind demnach keine BV-Zuführungen. Eine BV-Zuführung liegt auch vor, wenn die Aktiverhöhung durch Bankdarlehen finanziert wurde, und zwar selbst dann, wenn die Bank nicht Gesellschafter der verlustbehafteten Körperschaft ist. Beispiel 1: Der neue Hauptgesellschafter A führt der verlustbehafteten GmbH liquide Mittel zu, damit diese hieraus die ausstehenden Gehaltszahlungen leisten kann. Hier liegt eine BV-Zuführung vor. Beispiel 2: Der neue Gesellschafter wickelt den Vorgang an der GmbH vorbei ab und zahlt die Gehälter direkt. In diesem Fall liegt keine BV-Zuführung vor. Gehören zum BV Beteiligungen an Organgesellschaften oder PersG, ist das Aktivvermögen der Organgesellschaft in vollem Umfang bzw. das Aktivvermögen der PersG zu dem Anteil der Beteiligung in den Vergleich einzubeziehen. Bewertungsmaßstab sind die Teilwerte des vorhandenen und des zugeführten Vermögens; etwaige immaterielle WG sind zu berücksichtigen, auch wenn sie bei der steuerlichen Gewinnermittlung nicht angesetzt werden dürfen. Eine Saldierung von zugeführtem Aktivvermögen mit Ausschüttungen findet nicht statt (Tz 9). Beispiel 3: Die A-GmbH ist verlustbehaftet. Es wurden mehr als 50 % der Anteile übertragen und dem Betrieb neue Betriebsmittel über die Gewährung eines Bankkredites i.H.v. DM 500.000 zugeführt. Die GmbH verfügt über in der Bilanz ausgewiesenes Aktivvermögen i.H.v. nur DM 100.000, hat aber einen großen Kundenstamm und einen Auftragsbestand mit steigender Tendenz, so daß sich ein Geschäftswert von mindestens DM 750.000 darstellt. Bei dieser Konstellation liegt keine überwiegende Zuführung neuen BV vor. Die Berücksichtigung nicht bilanzierter immaterieller WG durch die FinVerw ist zu begrüßen (anders noch der Erlaßentwurf). Beispiel 4: Die Vermögensgegenstände auf der Aktivseite der Bilanz der X-AG haben einen Teilwert von 2.000. Nach der Übertragung von mehr als der Hälfte der Anteile an der X-AG auf den Gesellschafter B legt dieser in die X-AG Vermögensgegenstände von 1.900 ein. Einige Wochen später nimmt die X-AG eine Gewinnausschüttung von 500 vor. Vier Wochen später nimmt die X-AG ein Darlehen i.H.v. 150 auf. Es ist bei einem ursprünglichen BV von 2.000 neues BV i.H.v. (1.900 + 150 =) 2.050 zugeführt worden. Die Gewinnausschüttung mindert das zugeführte BV nicht. b) Zeitpunkt und Zeitraum der Zuführung Zwischen der Übertragung der Anteile und der Zuführung neuen BV muß ein zeitlicher Zusammenhang bestehen. Abgestellt wird auf die BV-Zuführung ab dem Zeitpunkt des mehr als 50 %igen Anteilskaufs. Es muß also zunächst der Zeitpunkt ermittelt werden, an dem zum ersten Mal mehr als 50 % der Anteile veräußert waren. Eine schädliche BV-Zuführung kann erst nach diesem Zeitpunkt vorgenommen werden. Beispiel: X ist zu 80 % an der X-GmbH beteiligt. Im Jahr 1998 veräußert er 45 % der Anteile an einen Dritten. Durch notariellen Vertrag veräußert er drei Monate später weitere 10 % der Anteile an den Dritten. Dieser hat bereits Ende 1997 durch Bürgschaft gegenüber einem Kreditinstitut sichergestellt, daß der verlustbehafteten GmbH ein neuer Kredit gewährt wird. Da die Zuführung des neuen BV - bei der Kreditgewährung handelt es sich um eine solche - vor dem zweiten Veräußerungsvorgang lag, ist sie unschädlich. 5-Jahres-Zeitraum5-Jahres-Zeitraum Für die Zuführung überwiegend neuen BV gilt wiederum ein 5-Jahres-Zeitraum. Das bedeutet, daß alle BV-Zuführungen zusammengezählt werden, die in diesem 5-Jahres-Zeitraum nach Übertragung von mehr als 50 % der Anteile vorgenommen wurden (Tz 12). c) Branchenwechsel gegenstandsbezogene Betrachtunggegenstandsbezogene Betrachtung Im Fall eines Branchenwechsels ist überwiegend neues BV i.S.d. § 8 Abs. 4 KStG auch dann zugeführt, wenn für die von einer KapG wieder aufgenommene Tätigkeit überwiegend Vermögensgegenstände verwendet werden, die vor der Einstellung des ursprünglichen Geschäftsbetriebs noch nicht vorhanden waren (keine wertmäßige, sondern gegenständliche Betrachtungsweise entsprechend dem BFH BStBl II 1997, 829; vgl. dazu Tz 10 des Erlasses). d) Holding-Gesellschaften Auch eine Gesellschaft, deren Haupttätigkeit sich darauf beschränkt, Beteiligungen an anderen KapG zu halten (Holding-Gesellschaft), unterhält einen Geschäftsbetrieb. Das Halten der Beteiligung an einer KapG reicht für die Annahme eines Geschäftsbetriebs aus (Tz 8). 4. Sanierungsfälle (§ 8 Abs. 4 S. 3 KStG) Die Zuführung neuen BV ist unschädlich, wenn Unschädlichkeits-voraussetzungenUnschädlichkeits-voraussetzungen -sie allein der Sanierung dient, -der Geschäftsbetrieb, der den Verlust verursacht hat, in einem nach dem Gesamtbild der wirtschaftlichen Verhältnisse vergleichbaren Umfang erhalten wird und -die Körperschaft den Geschäftsbetrieb in diesem Umfang fünf Jahre fortführt. Eine Verlustübertragung wird also ausnahmsweise gewährt, wenn zwar die beiden Tatbestandsmerkmale des § 8 Abs. 4 S. 2 KStG erfüllt sind, aber eine Sanierung vorliegt. a) Sanierung Es wäre naheliegend gewesen, daß die FinVerw sich bei der Auslegung des Begriffs "Sanierung" an der (früheren) Regelung eines Sanierungsgewinns in § 3 Nr. 66 EStG orientiert hätte. Danach hätten drei Merkmale vorliegen müssen: -Sanierungsbedürftigkeit -Sanierungswürdigkeit -Sanierungseignung SanierungsbedürftigkeitSanierungsbedürftigkeit Die Verwaltung ist diesen Weg jedoch nicht gegangen, sondern hat nur auf die Sanierungsbedürftigkeit abgestellt. Eine Sanierungseignung soll also nicht besonders geprüft werden. Tz 14 stellt daher darauf ab, daß eine Sanierung vorliegt, wenn ÜbersanierungÜbersanierung -die KapG sanierungsbedürfig ist und -das zugeführte BV den für das Fortbestehen des Geschäftsbetriebs notwendigen Umfang nicht wesentlich überschreitet (Schädlichkeit der Übersanierung). Beispiel: Eine Holding-Gesellschaft erwirbt 100 % der Anteile an einer Verlust-GmbH und saniert die GmbH während des ersten Wirtschaftsjahres nach dem Anteilserwerb durch organisatorische Maßnahmen. Im zweiten Wirtschaftsjahr legt die Holding-Gesellschaft gewinnträchtige Beteiligungen an anderen Unternehmen in die GmbH zu einem Wert ein, der den Wert des bisherigen BV übersteigt. Die steuerpflichtigen Erträge führen dazu, daß die vorhandenen Verluste in kürzester Zeit ausgeglichen werden können, während ein Verlustausgleich ohne die Zuführung der Beteiligungen sich über mehr als zehn Jahre erstreckt hätte. Hier liegt der Fall einer "Übersanierung" vor. Es fehlt an dem Merkmal der Sanierungsbedürftigkeit, weil die organisatorischen Maßnahmen bereits zur Sanierung geführt haben. b) Verlustverursachender Geschäftsbetrieb aa)Erhalt des bestehenden Geschäftsbetriebs Geschäftsbetrieb während der VerlustphaseGeschäftsbetrieb während der Verlustphase Eine Sanierung liegt vor, wenn im wesentlichen die Erhaltung einer bestimmten Mindestsubstanz gewährleistet wird. Dabei wird auf den Geschäftsbetrieb, der den verbleibenden Verlustabzug verursacht hat, abgestellt. Dies ist regelmäßig der ursprüngliche Geschäftsbetrieb in dem Umfang, den er im Durchschnitt während der Verlustphase gehabt hat (Tz 15). Diese Phase endet spätestens mit dem Verlust der wirtschaftlichen Identität. Eine KapG hat zwar nur einen einzigen Geschäftsbetrieb, kann aber zeitlich hintereinander unterschiedliche Geschäftsbetriebe haben. bb)Vergleichsmerkmale für die Fortführung des Verlustbetriebs Ein Abschmelzen des verlustverursachenden Geschäftsbetriebs bis zum Ablauf des Fortführungszeitraums um mehr als die Hälfte ist für den Verlustabzug schädlich (Tz 16). VergleichsmerkmaleVergleichsmerkmale Vergleichsmerkmale für die Fortführung des Verlustbetriebs in einem vergleichbaren Umfang (Mindestumfang) können i.R.e. auf den Einzelfall bezogenen Gesamtwürdigung u.a. der Umsatz, das Auftragsvolumen, das Aktivvermögen und die Anzahl der Arbeitnehmer sein. Abgestellt wird nicht mehr auf den ursprünglichen Geschäftsbetrieb zu Beginn der Verlustphase, sondern auf den durchschnittlichen Umfang des Betriebs während der gesamten Verlustphase (Tz 15). Dieses Abstellen der FinVerw auf eine praxistaugliche Größe ist zu begrüßen. Beispiel: Umfang der Gesellschaft im Durchschnitt während der Verlustphase 1.000 Umfang im Zeitpunkt des Anteilseignerwechsels 500 Umfang im Zeitpunkt des Verlustes derwirtschaftlichen Identität 500 Umfang nach Abschmelzen in der Sanierungsphase 400 Hier liegt ein schädliches Abschmelzen vor, so daß eine Verlustübertragung nicht in Betracht kommt. cc)Einstellung des Betriebs Ein einmal eingestellter Geschäftsbetrieb kann nicht mehr saniert werden (Tz 18). Damit ist der durch einen eingestellten Geschäftsbetrieb verursachte Verlust verloren. Dies gilt auch bei einem Branchenwechsel (Tz 18: Wechsel von einer aktiven Tätigkeit zu einer aktiven Tätigkeit anderer Art; Hinweis auf BFH BStBl II 1997, 829). Im Fall des Branchenwechsels ist verlustverursachender Geschäftsbetrieb nur der Geschäftsbetrieb nach dem Branchenwechsel. In einem solchen Fall kann bei einer Sanierung nur der hieraus entstandene Verlust abgezogen werden. BranchenwechselBranchenwechsel StrukturwandelStrukturwandel Hingegen ist ein Strukturwandel nicht als Betriebseinstellung anzusehen. Hierunter ist ein Branchenwechsel ohne wesentliche Änderung der personellen und sachlichen Ressourcen zu verstehen. Beispiel: Ein Produktionsbetrieb stellt die bisherige Produktionslinie ein und produziert hinfort neu entwickelte Produkte. Hier handelt es sich um einen bloßen Strukturwandel und damit nicht um die Einstellung des Geschäftsbetriebs. Im Falle der Verpachtung eines bisher aktiv betriebenen Geschäftsbetriebs führt die KapG den bisherigen Geschäftsbetrieb nicht fort. Die Begründung einer Betriebsaufspaltung beendet hingegen die Fortführung des Geschäftsbetriebs nicht (Tz 20). c) Fortführung des Geschäftsbetriebs Der Fortführungszeitraum beträgt fünf Jahre und beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem mehr als die Hälfte der Anteile übertragen und überwiegend neues BV zugeführt worden ist. Das gilt auch für Fälle, in denen die Anteile vor 1997 übertragen worden sind (Tz 21). Da sowohl für die Anteilsübertragung (Tz 06) wie für die Zuführung neuen BV (Tz 12) wie auch für den Sanierungszeitraum (Tz 21) jeweils ein 5-Jahres-Zeitraum gilt, kann sich im Extremfall ein 15-Jahres-Zeitraum ergeben. Verlustabzugsverlust bei EinzelrechtsnachfolgeVerlustabzugsverlust bei Einzelrechtsnachfolge Wird der Geschäftsbetrieb innerhalb des 5-Jahres-Zeitraums ganz oder teilweise auf andere Weise als durch Gesamtrechtsnachfolge auf einen anderen Rechtsträger übertragen (z. B. durch Veräußerung oder im Wege der Einbringung durch Einzelrechtsnachfolge), geht der Verlustabzug im nachhinein verloren (rückwirkendes Ereignis i.S.d. § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO). 5. Zeitliche Anwendung § 8 Abs. 4 KStG in der Fassung des Gesetzes zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform ist nach § 54 Abs. 6 KStG erstmals für den Veranlagungszeitraum 1997 anzuwenden. Bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen entfällt hiernach der Verlustabzug nach § 10 d EStG ab 1997 auch in Fällen, in denen der Verlust der wirtschaftlichen Identität schon vor 1997 eingetreten ist (Tz 35). Ist der Verlust der wirtschaftlichen Identität erst im Jahr 1997 vor dem 6. August eingetreten, gilt § 8 Abs. 4 KStG erstmals für den VZ 1998 (Tz 35 mit drei Beispielen). C. BStBl I 1999, 455 II. Übergang des verbleibenden Verlustabzugs in Verschmelzungsfällen, § 12 Abs. 3 S. 2 UmwStG Im Fall der Verschmelzung geht ein Verlustabzug auf die übernehmende Körperschaft über, wenn der verlustverursachende Betrieb oder Betriebsteil über den Verschmelzungsstichtag hinaus in einem nach dem Gesamtbild der wirtschaftlichen Verhältnisse vergleichbaren Umfang in den folgenden fünf Jahren fortgeführt wird. 1. Konkurrenzverhältnis zu § 8 Abs. 4 KStG Die Anwendung des § 8 Abs. 4 KStG (Mantelkauf) ist neben der Anwendung des § 12 Abs. 3 S. 2 UmwStG zu prüfen. Dies kann dazu führen, daß ein Verlustabzug auch in Fällen zu versagen ist, in denen die Verschmelzung zwar vor 1997 beim Handelsregister angemeldet wurde, nunmehr aber nach dem verschärften § 8 Abs. 4 KStG eine Verlustübertragung nicht mehr möglich ist. 2. Verlustverursachender Betrieb oder Betriebsteil a) Definition von Betrieb und Betriebsteil Der Betrieb umfaßt ebenso wie der Geschäftsbetrieb i.S.d. § 8 Abs. 4 KStG die gesamte wirtschaftliche Aktivität eines Unternehmens. Ein Betriebsteil (Segment) ist demgegenüber eine abgrenzbare wirtschaftliche Aktivität, der bestimmte personelle und sachliche Ressourcen zugeordnet werden können. Beispiel: Um einen Betriebsteil handelt es sich Betriebsteil -bei einer besonderen Produktlinie des Unternehmens oder -bei der Produktionsabteilung wie auch der Vertriebsabteilung -bei einer Holdinggesellschaft ist die einzelne Beteiligung als Betriebsteil anzusehen. Ein Betriebsteil braucht nicht die Voraussetzung eines Teilbetriebs i.S.v. R 139 Abs. 3 EStR zu erfüllen. Bei einzelnen WG oder reinen Kostenstellen (Forschungsabteilung) sind die Voraussetzungen eines Betriebsteils nicht erfüllt. b) Grundsätzliche Gesamtbetrachtung Der Erlaß (Tz 40) stellt für den Regelfall nicht auf die einzelnen Betriebsteile ab, sondern grundsätzlich auf den durchschnittlichen Umfang des gesamten Betriebs in der Verlustphase. Dieses Abrücken der FinVerw von der Fortführung des Betriebsteils in § 13 Abs. 3 S. 2 UmwStG ist zu begrüßen. Beispiel: Eine verlustbehaftete GmbH 1 wird auf eine stark gewinnträchtige GmbH 2 verschmolzen. Gegenstand der verlustbehafteten GmbH 1 ist sowohl die Produktion wie auch der Vertrieb und die Wartung der Produkte. Wegen unrentabler Produktion wird dieser Bereich nach der Verschmelzung mit der gewinnträchtigen GmbH 2 eingestellt. Vertrieb und Wartung werden jedoch weiter geführt. Hier muß geprüft werden, ob Personal, Anlagevermögen und Umsatz der untergehenden GmbH bei der aufnehmenden in vergleichbarem Umfang erhalten bleiben (Hälfteregelung). Die Einstellung der Produktion ist unbeachtlich. c) Verlustquellenbetrachtung als Ausnahmefall Liegen die Voraussetzungen für den Verlustabzug für den gesamten Verlustbetrieb nicht vor (zu starke Abschmelzung), kann es auf den einzelnen Betriebsteil ankommen. Werden also Teile des Betriebs eingestellt, so ist weiter zu prüfen, welche Betriebsteile die verlustverursachenden waren. Der Erlaß (Tz 40) sieht für diesen Fall vor, daß der Stpfl. nachweisen kann, daß die Verluste einem bestimmten, noch nicht eingestellten Betriebsteil zugeordnet werden können, so daß dann die hierauf entfallenden Verlustteile bei der fortführenden Gesellschaft berücksichtigt werden. Der so ermittelte Gesamtbetrag der Verluste der fortgeführten Betriebsteile wird erforderlichenfalls auf den verbleibenden Verlustabzug des Gesamtbetriebs begrenzt. Beispiel: Eine GmbH 1 besteht aus drei dem Umfang nach gleichwertigen Betriebsteilen. Betriebsteil 1 und 2 erzielen in den Jahren 01 und 02 einen Gewinn von DM 600.000, Betriebsteil 3 einen Verlust von DM 1 Mio. GmbH 1 wird zum Ende des Jahres 02 auf die GmbH 2 verschmolzen. Diese führt nur den Betriebsteil 3 weiter. Der Gesamtbetrieb der GmbH 1 wird nicht fortgeführt, denn er wird auf 1/5 seines bisherigen Umfangs abgeschmolzen. Der Gesamtverlust von DM 400.000 der GmbH 1 ist deshalb bei der GmbH 2 nicht abziehbar. Der Verlust des Betriebsteils 3 i.H.v. DM 1 Mio. ist aber dem Grunde nach bei der GmbH 2 abziehbar. Dieser Betrag wird allerdings auf die Höhe des vortragsfähigen Gesamtverlustes der GmbH 1 (DM 400.000) begrenzt. 3. Fortführung in vergleichbarem Umfang in Fünf-Jahres-Zeitraum Der 5-Jahres-Zeitraum beginnt mit dem steuerlichen Übertragungsstichtag. Nach Tz 42 ist es für den Übergang des Verlustabzugs unschädlich, wenn der Betrieb oder Betriebsteil in den folgenden fünf Jahren erweitert wird. Eine Übersanierung ist i.R.d. § 12 Abs. 3 S. 2 UmwStG also unschädlich. Durch Verweisung in Tz 38 auf Tz 15 bis 20 gilt hinsichtlich des vergleichbaren wirtschaftlichen Umfangs auch hier eine 50 %-Grenze. Das bedeutet, daß ein Mindestumfang von 50 % an Personal, Aktivvermögen, Umsatz etc. (Gesamtbetrachtung) nicht unterschritten werden darf. Ausgangsgröße ist auch hier der Durchschnitt während der Verlustphase. Steuerschädlichkeit bei VeräußerungSteuerschädlichkeit bei Veräußerung Erforderlich ist die Fortführung des Betriebs oder Betriebsteils durch die übernehmende Körperschaft. Überträgt diese den Betrieb oder Betriebsteil im Wege der Einzelrechtsnachfolge (z.B. Veräußerung, Einbringung), ist der Verlustübergang nachträglich zu versagen. Bei einer Gesamtrechtsnachfolge ist die Fortführung des Betriebs oder Betriebsteils durch den Rechtsnachfolger erforderlich. 4. Fortführung in Spaltungsfällen In Spaltungsfällen verlangt der Erlaß (Tz 45), daß der verlustverursachende Betrieb oder Betriebsteil von der KapG, bei der dieser Betrieb oder Betriebsteil i.R.d. Umwandlung verbleibt oder auf die er übergeht, in dem erforderlichen Umfang fortgeführt wird.      Entgegen einer in der Literatur vertretenen Auffassung, vgl. Breuninger/Frey, GmbHR 1998, 867 und Kröner, DStR 1998, 1495       In der Literatur geäußerte Bedenken, vgl. Hörger/Endres, DB 1998, 335 sowie Streck/Schwedhelm, FR 1989, 152, 156, hat die FinVerw verworfen.       Vgl. GmbHR 1999, 569, 572   

Karl Friedrich Wendt, Ministerialdirigent a.D., Hannover
Jahrgang: 1999 . Seite: 373
A. Vorbemerkung Private Schuldzinsen können seit 1974 nicht mehr als SA berücksichtigt werden (wegen der damit verbundenen Verfassungsfrage s. BMF BStBl I 1997, 858). Zinszahlungen sind deshalb einkommensteuerlich n ...

Dipl.-Jur. Dr. Ernst-August Ehlers, Ltd. Regierungsdirektor a.D., Rechtsanwalt/Steuerberater, Hamburg
Jahrgang: 1999 . Seite: 385
A. Vorbemerkungen I. Zivilrechtliche Grundlagen und Wirkungen von Sicherungsklauseln VermögensrückübertragungVermögensrückübertragung Sowohl bei der Übertragung von Einkunftsquellen von einem Ehegatten auf den anderen Ehegatten als auch bei der Übertragung im Wege der vorweggenommenen Erbfolge von ...

Dr. Jörg Grune, Richter am FG, Hannover
Jahrgang: 1999 . Seite: 391
A. Vorbemerkung Vorlagebeschluß des X. Senats zur 3-Objekt-GrenzeVorlagebeschluß des X. Senats zur 3-Objekt-Grenze Im AktStR 1998, 251 hatten wir über den Vorlagebeschluß an den Großen Senat des BFH berichtet. Der X. Senat (BFH BB 1998, 517) vertritt darin die Auffassung, daß auch bei der Errichtung von Wohnobjekten die 3-Objekt-Grenze nicht mehr gelten soll, wenn die Wohnungen zuvor errichte ...

Dr. Jörg Grune, Richter am FG, Hannover
Jahrgang: 1999 . Seite: 399
A. Vorbemerkungen I. Termingeschäfte Termingeschäfte sind Börsengeschäfte, bei denen nicht die Verschaffung bestimmter Wertpapiere oder Waren, sondern die Ausnutzung von Kursschwankungen im Vordergrund steht. Den Vertragspartnern kommt es mithin lediglich auf die Differenz zwischen Geschäft und Gegengeschäft an.  II. Zuordnung zum BV Zuordnungsprobleme bei branchenuntypischen TermingeschäftenZuordnungsprobleme b ...

Karl Friedrich Wendt, Ministerialdirigent a.D., Hannover
Jahrgang: 1999 . Seite: 409
A. Vorbemerkung Durch das StEntlG wurde auch das UStG geändert. Die Änderungen betreffen neben der Eigenverbrauchsbesteuerung vor allem die USt-liche Behandlung der ganz oder teilweise unternehmerisch genutzten Kraftfahrzeuge.  Hierzu hat sich nun die FinVerw in einem BMF-Schr. geäußert. B. BMF-Schr. v. ...

Dr. Norbert Bolz, Richter am FG, Hannover
Jahrgang: 1999 . Seite: 425
A. Vorbemerkung schriftliche Begründung eines VAschriftliche Begründung eines VA Gem. § 121 Abs. 1 AO ist ein schriftlicher VA schriftlich zu begründen, soweit dies zu seinem Verständnis erforderlich ist. Einer Begründung bedarf es u.a. gem. § 121 Abs. 2 Nr. 2 AO nicht, soweit demjenigen, für den der VA bestimmt ist, die Auffassung der Finanzbehörde über die Sach- und Rechtslage bereits bekannt oder auch ohne schrif ...

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