Dipl.-Finw. (FH) Michael Seifert, Steuerberater, Troisdorf
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Jahrgang: 2021 . Seite: 479
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Gesetz zur Stärkung des Fondsstandorts Deutschland und zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1160 zur Änderung der Richtlinien 2009/65/EG und 2011/61/EU im Hinblick auf den grenzüberschreitenden Vertrieb von Organismen für gemeinsame Anlag ...
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AktStR: Dirk Krohn, Steueroberamtsrat, Burg/Dithmarschen, 2021 S. 493: Grunderwerbsteuerreform zu Share-Deal-Gestaltungen Grunderwerbsteuerreform zu Share-Deal-Gestaltungen Dirk Krohn, Steueroberamtsrat, Burg/Dithmarschen Jahrgang: 2021 . Seite: 493 Zur PDF-Fassung dieses Beitrages. Neuregelungen durch das Gesetz zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes vom 12.5.2021, BGBl I 2021, 986 I. Vorbemerkungen 1. Einführung Im Mai 2021 wurde ein Gesetz zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes von BT und BR beschlossen. Die Finanzminister der Länder hatten nach einer fast 2,5-jährigen Vorbereitungsphase im Jahr 2019 das BMF gebeten, die von der Finanzministerkonferenz beschlossenen Vorschläge zur Verhinderung der ungewollten grunderwerbsteuerlichen Folgen von Share-Deal s gesetzlich umzusetzen. CDU/CSU und SPD hatten im Koalitionsvertrag vereinbart, eine neue Regelung zu finden, um missbräuchliche Steuergestaltungen bei der GrESt mittels Share-Deals zu beenden. Die von der Finanzministerkonferenz im September 2016 eingesetzte Arbeitsgruppe hatte am 18.4.2018 auf der Basis von Rechtsgutachten ihren Schlussbericht vorgelegt. Auf dieser Grundlage hatten die Länderfinanzminister am 21.6.2018 beschlossen, welche dieser erarbeiteten Maßnahmen in ein Gesetzgebungsverfahren eingebracht werden sollten. In deren Sitzung am 29.11.2018 wurde vereinbart, den Bund zu bitten, die von den Ländern erarbeiteten Maßnahmen in einem Gesetzgebungsverfahren umzusetzen. Der Bund erfüllte diese Bitte i.R.d. Referentenentwurfs eines Gesetzes zur Förderung der Elektromobilität und Änderung weiterer Gesetze. Am 29.7.2019 wurden diese Regelungen in ein eigenes Gesetzgebungsverfahren ausgegliedert, und es wurde der Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes veröffentlicht. Der BR hatte am 20.09.2019 diesen Entwurf mit diversen Prüfbitten und einem Beschluss an den BT übermittelt, der am 27.9.2019 die 1. Lesung durchführte. In der Sitzung des Finanzausschusses des BT am 16.10.2019 konnte kein Beschluss über das Gesetzgebungsverfahren erzielt werden. Die Große Koalition gab in einer gemeinsamen Erklärung am 24.10.2019 bekannt, dass man auf der Basis des Entwurfs bis spätestens Ende des 1. Halbjahrs 2020 einen überarbeiteten Gesetzentwurf vorlegen werde. Bis zum 30.6.2020 (Ende des 1. Halbjahrs) geschah nichts. Einzelne Mitglieder des Finanzausschusses des BT griffen den Entwurf wieder auf, passten ihn in seinen zeitlichen Anwendungsregelungen an und präsentierten den neuen Entwurf in der Sitzung des Finanzausschusses am 14.4.2021. Dieser Entwurf wurde im BT am 21.4.2021 in 2. und 3. Lesung beschlossen, und der BR hat am 7.5.2021 dem Gesetz zur Änderung des GrEStG zugestimmt. Die Anwendung erfolgt seit dem 1.7.2021. 2. Hintergrund der Neuregelungen Die GrESt wird grds. immer dann fällig, wenn ein Grundstück oder eine Immobilie den Eigentümer wechselt. Es findet also ein sog. Asset Deal statt. Sofern die Anteile an einem Unternehmen, das Eigentümer von Immobilien ist, übertragen werden (Share-Deal), ist diese Voraussetzung nicht erfüllt. Denn Eigentümer der Immobilie bleibt bei einem solchen Share-Deal das Unternehmen. In Abgrenzung zum Asset Deal gehen also bei einem Share-Deal ausschließlich die Anteile an einem Unternehmen über. Damit Share-Deals nicht grds. von der GrESt befreit sind und als Gestaltungsmöglichkeit zur Steuerminderung genutzt werden können, hat der Gesetzgeber Ergänzungstatbestände für die Übertragung von Anteilen geschaffen, sodass auch im Falle von Share-Deals GrESt fällig wird. Anknüpfungspunkt der GrESt ist der mind. 95 %ige Gesellschafterwechsel. Daher sollen die Ersatztatbestände grds. nur in den Fällen greifen, in denen in vergleichbarer Art und Weise zu einem Asset Deal das Eigentum übertragen wird, also sämtliche Anteile an der Immobilien besitzenden Gesellschaft an den neuen Anteilseigner übergehen. Sofern die Anteile an einer Gesellschaft nicht vollständig übergehen, ist die uneingeschränkte Vergleichbarkeit zum Asset Deal nicht gegeben, weshalb keine GrESt zu erheben wäre. Die Vergangenheit zeigte, dass eine derartige Regelung zwar ökonomisch im Einklang mit einem Asset Deal steht, jedoch gestaltungsanfällig ist, da ein Unternehmen z.B. nur zu 94,9 % anstatt zu 95 % übernommen werden kann. Dies stellt eine legale Gestaltungsoption dar. Die Festlegung des Werts von 95 % erfolgte zwar nach politischem Ermessen, allerdings nicht losgelöst von praktischen und systematischen Überlegungen. Auf der einen Seite soll der Share-Deal der Logik des Asset Deals folgen, das heißt, dass ein beherrschender Einfluss auf die Immobilie bestehen muss. Auf der anderen Seite soll vermieden werden, dass die Steuer durch Nichterwerb eines sog. Zwerg- anteils umgangen werden kann. Der Gesetzgeber hatte schon eine bis zum Jahr 2013 mögliche Gestaltungsoption eingedämmt, bei der der eigentliche Käufer 94 % der Anteile und eine Zwischengesellschaft (sog. Real Estate Transfer Tax-Blocker oder RETT-Blocker) die restlichen 6 % der Anteile erwirbt. Seitdem stellt der Gesetzgeber auf die wirtschaftliche Beteiligung (§ 1 Nr. 3 a GrEStG) ab, das heißt die Summe aus unmittelbarer und mittelbarer Beteiligung. Vermutlich als Reaktion auf die in den einzelnen Bundesländern steigenden GrESt-Sätze waren die legalen Gestaltungen zur Umgehung der GrESt immer häufiger in der Praxis anzutreffen. Gerade bei größeren Share-Deals sind diese Gestaltungen an der Tagesordnung, dabei wird das zur Abwehr von ungewollten Gestaltungen eingeführte Quantum von 95 % ausgenutzt. Regelmäßig erwirbt der Hauptinvestor einen Gesellschaftsanteil von unter 95 % (z.B. 94,9 %), und ein Co-Investor erwirbt den Rest oder der Altgesellschafter verbleibt mit 5,1 % in der Gesellschaft. Alternativ wird der restliche Anteil nach Ablauf der in einigen Vorschriften geforderten Frist erworben. Die folgenden drei Varianten des Share-Deals sollten durch die Neuregelungen möglichst verhindert bzw. erschwert werden: 1. Variante: Co-Investor-Modell Verkauf von Anteilen an einer grundbesitzenden KapG an zwei Erwerber (keiner erwirbt mind. 95 %) Folge: keine GrESt Häufigstes Share-Deal-Modell nicht nur bei Konzernen und Großbetrieben, auch im Mittelstand 2. Variante: Altgesellschafter-Modell Verkauf von 94,9 % an einer grundbesitzenden KapG an einen Erwerber, die restlichen 5,1 % werden weiter von V gehalten Folge: keine GrESt Praxis: Regelmäßig schließt A mit V Abreden über die Rechte an den restlichen 5,1 % 3. Variante: Gestreckter Erwerb Verkauf von Anteilen an einer grundbesitzenden PersG an zwei Erwerber (keiner erwirbt mind. 95 %) Folge: keine GrESt nach § 1 Nr. 2 a GrEStG in 2011 GrESt entsteht durch Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 GrEStG in 2016, aber nur i.H.v. 5,1 % (Rest steuerfrei nach § 6 GrEStG) 3. Änderungen im Grunderwerbsteuergesetz Das Gesetz zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes v. 12.5.2021 sieht folgende Neuregelungen vor: Absenkung der 95 %-Grenze in den Ergänzungstatbeständen (§ 1 Abs. 2a, 3 und 3a GrEStG) auf 90 % Verlängerung des in § 1 Nr. 2 a S. 1 GrEStG genannten Zeitraums von fünf auf zehn Jahre Einführung eines neuen Ergänzungstatbestands (§ 1 Nr. 2 b GrEStG) zur Besteuerung eines Anteilseignerwechsels i.H.v. mind. 90% im Gesellschafterbestand einer grundbesitzenden KapG innerhalb von zehn Jahren Einfügung einer Börsenklausel (§ 1 Nr. 2 c GrEStG) Anwendung der Ersatz-BMG auf Grundstücksverkäufe im Rückwirkungszeitraum bei Umwandlungsfällen und Einbringungen Verlängerung des Zeitraums von fünf auf zehn Jahre in § 5 Abs. 3, § 6 Abs. 3 S. 2, § 6 Abs. 4 Nr. 1 und 2 sowie § 7 Abs. 3 GrEStG Verlängerung der Vorbehaltensfrist in § 6 Abs. 4 Nr. 3 GrEStG von fünf auf fünfzehn Jahre Die neuen Vorschriften finden grds. auf Erwerbsvorgänge Anwendung, die nach dem 30.6.2021 verwirklicht werden. In § 23 Abs. 18 - 23 GrEStG wurden umfangreiche Übergangs- und Anwendungsregelungen aufgenommen. Die FinVerw hat zeitnah am 28.6.2021 einen gleichlautenden Erlass zu den Übergangsregelungen aufgrund des Gesetzes zur Änderung des GrEStG veröffentlicht. II. Neuregelungen im Einzelnen 1. Absenkung der maßgeblichen Beteiligungsquote und Verlängerung der Fristen Die Beteiligungsgrenzen der Ergänzungstatbestände in § 1 Abs. 2a, 3, 3a GrEStG wurden von mind. 95 % auf mind. 90 % herabgesenkt. Die Besteuerungssystematik der Ergänzungstatbestände bleibt unverändert. Die Grunderwerbsteuerpflicht knüpft weiterhin an den Erwerb der Anteile an. Gegenstand der Besteuerung ist der fingierte Rechtsträgerwechsel an den inländischen Gesellschaftsgrundstücken. Die GrESt bemisst sich daher nach dem vollen Grundbesitzwert des Grundstücks (vgl. § 8 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 GrEStG). Diese Maßnahme bleibt weit hinter den in der Vergangenheit kursierenden Befürchtungen zurück. Grund dafür sind verfassungsrechtliche Bedenken gegen eine Absenkung auf 75 % oder sogar 50 %. Die Fünfjahresfristen in den entsprechenden Vorschriften sind aus Gründen der Missbrauchsabwehr auf jeweils zehn Jahre verlängert worden. Diese Änderungen stellen darauf ab, dass eine Verlängerung der Fristen für den gestaltenden Stpfl. zu unattraktiven Gesamtfristen führen und einige Gestaltungen bei Share-Deals deshalb unterbleiben werden. Betroffen von der Verlängerung der Fristen sind die §§ 1 Abs. 2a, 5, 6 und 7 GrEStG. Der Stpfl. muss für die mögliche Erfüllung seiner Anzeigepflichten diesen verlängerten Zeitraum überwachen und nachhalten. a) Wechsel im Gesellschafterbestand einer PersG nach § 1 Nr. 2 a GrEStG Durch § 1 Nr. 2 a GrEStG wird die Übertragung von Anteilen an grundbesitzhaltenden PersG der GrESt unterworfen, wenn sie im wirtschaftlichen Ergebnis einer Übertragung des Grundstücks gleichkommt. In grunderwerbsteuerlicher Hinsicht hat der Gesetzgeber die Grundentscheidung getroffen, als Rechtsträger von Grundstücken, die einer gesamthänderischen Bindung unterliegen, nicht die Gesellschafter, sondern die Gesamthand als solche anzusehen. Grunderwerbsteuerrechtlich folgt aus dieser Grundentscheidung des Gesetzgebers, dass die Gesamthand als solche für jeden Steuerfall als Einheit behandelt wird. Sie ist in der Fiktion selbst Erwerber und damit Steuerschuldner. Nach der Neuregelung löst der mittelbare und/oder unmittelbare Gesellschafterwechsel an einer grundstückshaltenden PersG dann GrESt aus, wenn innerhalb eines Beobachtungszeitraums von zehn Jahren mind. 90 % der Anteile auf neue Gesellschafter übertragen werden. Die geänderten Vorschriften sind nach § 23 Abs. 18 GrEStG erstmalig auf Erwerbsvorgänge anzuwenden, die nach Ablauf des 30.6.2021 verwirklicht werden. Als Verwirklichung der Erwerbsvorgänge ist der Erwerb des letzten Anteils zu verstehen, der zur Erreichung bzw. Überschreitung der 90 %-Grenze führt. Die Absenkung der Beteiligungsgrenze und die Fristverlängerungen haben auch Bedeutung für Rechtsvorgänge der Vergangenheit. Die allgemeine Übergangsregelung wurde durch zusätzliche Regelungen in § 23 Abs. 19 - 24 GrEStG ergänzt. Für Zwecke der Anwendung des neuen § 1 Nr. 2 a GrEStG sollen die sog. Altgesellschafter geschützt werden, zugleich sollen keine Besserstellungen durch die Neuregelungen ermöglicht werden. (1) Schutz der Altgesellschafterstellung Wer vor dem 1.7.2021 Altgesellschafter nach dem bis zum 30.6.2021 geltenden Recht (altes Recht) ist, bleibt auch Altgesellschafter nach dem ab dem 1.7.2021 geltenden Recht (neues Recht). Wer demgegenüber mit Ablauf des 30.6.2021 Neugesellschafter ist, bleibt bis zum Ablauf des (verlängerten) Zehnjahreszeitraums Neugesellschafter (§ 23 Abs. 19 S. 1 GrEStG). Beispiel Lösung: Keine GrESt nach § 1 Nr. 2 a GrEStG in 2021 Erwerb durch C am 1.3.2011 zählt nicht mit, da C am 30.6.2021 schon mind. fünf Jahre beteiligt war und geschützter Altgesellschafter ist. Beispiel Lösung: GrESt nach § 1 Nr. 2 a GrEStG entsteht am 1.8.2021. Erwerb durch C am 1.10.2016 zählt mit, da C am 30.6.2021 noch nicht mind. fünf Jahre beteiligt war und im neuem Recht als Neugesellschafter gilt. Bezogen auf den 1.8.2021 liegt der Erwerb am 1.10.2016 im nunmehr gültigen Zehnjahreszeitraum und ist mitzuzählen. (2) Verhinderung der Besserstellung Ändert sich bis zum 30.6.2021 der Gesellschafterbestand innerhalb von fünf Jahren um mind. 90 %, aber um weniger als 95 %, ist der Tatbestand des § 1 Nr. 2 a GrEStG a.F. nicht erfüllt (sog. Korridorfall). Kommt es nach dem 30.6.2021 zu mind. einer weiteren Änderung im Gesellschafterbestand der grundbesitzenden PersG, würde dies den Tatbestand des § 1 Nr. 2 a GrEStG nicht auslösen, weil das steuerauslösende Quantum i.H.v. 90 % bereits zuvor erreicht war. Für die Fälle, die das neue Recht nicht erfasst, gilt nach § 23 Abs. 20 GrEStG das alte Recht bis zum 30.6.2026 weiter. Für den Übergangszeitraum von fünf Jahren hat nach § 23 Abs. 20 S. 2 GrEStG das neue Recht stets Vorrang vor dem alten Recht ( zeitliche Subsidiarität). Die zeitliche Subsidiarität hat Vorrang vor der in § 1 Abs. 3 und 3a GrEStG geregelten sachlichen Subsidiarität. Korridorfälle 1. Verhinderung einer ungewollten Ausnutzung der Absenkung des Quantums von 95 % auf 90 % 2. Darstellung des Korridorfalls Ändert sich bis zum 31.12.2020 der Gesellschafterbestand innerhalb von fünf Jahren um mind. 90 %, aber um weniger als 95 % ist § 1 Nr. 2 a GrEStG a.F. nicht erfüllt. Kommt es nach dem 31.12.2020 zu weiteren Änderungen im Gesellschafterbestand, wird § 1 Nr. 2 a GrEStG nicht erfüllt, da schon das steuerauslösende Quantum (90 %) erreicht war. 3. Regelung im Gesetz: Für die Korridorfälle gilt das alte Recht (Quantum 95 % und Haltefrist fünf Jahre) weiter. Beispiel Lösung 1.1.2020: keine GrESt, da nicht mind. 95 % übertragen wurden 31.12.2021: keine GrESt, da schon mind. 90 % innerhalb von zehn Jahren übertragen wurden 31.12.2021: Gesetz: Altes Recht gilt weiter! Entstehung GrESt, da das alte Quantum von 95 % überschritten wird und dies innerhalb der alten Fünfjahresfrist b) Anteilsübertragung und Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 GrEStG und wirtschaftliche Anteilsvereinigung nach § 1 Nr. 3 a GrEStG Die Übertragung von Anteilen bzw. Beteiligungen an einer grundbesitzhaltenden Gesellschaft kann weder zivilrechtlich noch nach den Haupttatbeständen des § 1 Abs. 1 GrEStG mit der Übertragung eines Grundstücks gleichgestellt werden. Der Ergänzungstatbestand des § 1 Abs. 3 GrEStG behandelt den Erwerber oder Inhaber von nunmehr mind. 90 % der Anteile einer grundbesitzhaltenden Gesellschaft so, als sei er aufgrund eines Rechtsträgerwechsels Eigentümer des Grundstücks geworden, das aber zivilrechtlich immer noch im Eigentum der Gesellschaft steht. Steuerbar ist nach § 1 Abs. 3 GrEStG neben der erstmaligen Vereinigung von mind. 90 % aller Anteile an einer Gesellschaft nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 und 2 GrEStG auch die Übertragung eines sog. vereinigten Anteil s von 90 % durch einen Rechtsakt auf einen anderen Erwerber nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 und 4 GrEStG. Der durch das AmtshilfeRLUmsG eingefügte § 1 Nr. 3 a GrEStG soll RETT-Blocker der GrESt-Pflicht unterwerfen. Nach dieser Vorschrift gilt auch ein Vorgang, der dazu führt, dass ein Rechtsträger unmittelbar oder mittelbar oder teils unmittelbar und teils mittelbar eine wirtschaftliche Beteiligung von nunmehr mind. 90 % an einer Gesellschaft mit inländischem Grundbesitz innehat, als GrESt auslösender Rechtsvorgang. Für die Berechnung der Gesamtbeteiligung werden die unmittelbare Beteiligung und die mittelbaren Beteiligungen, die der Rechtsträger an der Grundbesitz-Gesellschaft hat, addiert, wobei sich die Höhe einer mittelbaren Beteiligung aus der Multiplikation der Anteile auf jeder Beteiligungsstufe ergibt. Bei der Anteilsvereinigung gelten dabei keinerlei zeitliche Vorgaben, es wird lediglich der letzte Anteilserwerb, der in der Hand des Erwerbers der Anteile zu einem Erreichen der 90 %-Grenze führt, so behandelt, als habe der Erwerber die Grundstücke von der Gesellschaft erworben, deren Anteile sich in seiner Hand vereinigen. § 1 Abs. 3 Nr. 1 und 2 GrEStG sowie § 1 Nr. 3 a GrEStG stellen anders als § 1 Nr. 2 a S. 1 GrEStG auf den Zeitpunkt ab, zu dem das steuerauslösende Quantum erreicht oder überschritten wird. Hat ein Gesellschafter das steuerauslösende Quantum von 95 % nach altem Recht mit Ablauf des 30.6.2021 noch nicht überschritten, aber bereits eine Beteiligung i.H.v. mind. 90 % oder einen Anspruch darauf erreicht, wird hierdurch ein Erwerbstatbestand nach § 1 Abs. 3 und 3a GrEStG a.F. nicht verwirklicht. Werden nach dem 30.6.2021 die Anteile der Gesellschaft sodann (sukzessiv bis zu 100 %) aufgestockt, ist dieser Rechtsvorgang nach neuem Recht (§ 1 Abs. 3 Nr. 1 und 2 sowie Nr. 3 a GrEStG) nicht steuerbar, da das steuerauslösende Quantum i.H.v. mind. 90 % bereits vor diesem Rechtsvorgang erreicht wurde. § 23 Abs. 21 S. 1 und Abs. 22 S. 1 GrEStG regeln die Weitergeltung des § 1 Abs. 3 und 3a GrEStG a.F. für die Fälle, die das neue Recht nicht erfasst. § 1 Abs. 3 GrEStG sowie § 1 Nr. 3 a GrEStG enthalten anders als § 1 Nr. 2 a S. 1 GrEStG tatbestandlich keine zeitliche Begrenzung, sodass § 1 Abs. 3 und 3a GrEStG a.F. i.R.d. Übergangsregelung dem Grunde nach zeitlich ebenfalls unbegrenzt Anwendung finden. Das alte Recht gilt subsidiär. Es ist daher nicht anwendbar, wenn das neue Recht einmal zur Anwendung gekommen ist oder wenn nach dem 30.6.2021 die von einem Gesellschafter gehaltenen Anteile unter 90 % sinken (§ 23 Abs. 21 S. 3 und 4 und Abs. 22 S. 2 und 3 GrEStG). Regelungen im Gesetz Quantum: 90 % Haltefrist: Systematisch nicht vorgesehen Übergangsregelungen (§ 23 Abs. 20 GrEStG) Ewige Anwendung des alten Rechts (Quantum 95 %) für Korridorfälle (vor Inkrafttreten waren schon mehr als 90 %, aber weniger als 95 % beim Erwerber vereinigt) Anwendung des neuen Quantums (90 %) für nach dem Inkrafttreten verwirklichte Sachverhalte Beispiel A hat am 20.12.2020 an der KapG X 94 % erworben. Am 17.6.2021 erwirbt A weitere 6 % an der KapG X. 1. Lösung 2020 A erwirbt nicht mind. 95 % der Anteile: keine GrESt. 2. Lösung 2021 ohne Übergangsregelung A erwirbt weitere 6 % und hält nunmehr 100 %, der Erwerb führt aber nicht zu einer Anteilsvereinigung von mind. 90 %, da dieses Quantum schon vor Inkrafttreten erreicht wurde. Keine GrESt. 3. Lösung 2021 mit Übergangsregelung Erwerb von weiteren 6 % führt zum Erreichen des alten Quantums von 95 % = GrESt fällt an! c) Verlängerung der Fristen in den §§ 5 und 6 GrEStG Die §§ 5 und 6 GrEStG enthalten Vergünstigungsvorschriften für die Grundstücksübertragungen, die zwischen den an einer Gesamthand Beteiligten (Gesamthändern) und der Gesamthand (Gemeinschaft zur gesamten Hand, Gesamthandsgemeinschaft) sowie zwischen einer Gesamthand und den an ihr Beteiligten (Gesamthändern) oder auch zwischen einer Gesamthand und einer anderen Gesamthand stattfinden. Zur Vermeidung von Steuerumgehungen regelt § 5 Abs. 3 bzw. § 6 Abs. 3 S. 2 GrEStG, dass die gewährte Vergünstigung rückwirkend zu versagen ist, soweit sich innerhalb von nunmehr zehn Jahren nach dem Übergang des Grundstücks auf die Gesamthand der Anteil des übertragenden Gesamthänders am Vermögen der erwerbenden Gesamthand vermindert. Die Zehnjahresfrist ist eine Mindestfrist, innerhalb derer sich der Anteil des Veräußerers an dem Vermögen der Gesamthand nicht verringern darf (Fallbeil-Frist ). Die Frist beginnt mit dem Übergang des Grundstücks auf die Gesamthand. Für die Anwendung der §§ 5 und 6 GrEStG nach neuem Recht sind die verlängerten Fristen von zehn Jahren maßgebend (§ 23 Abs. 18 GrEStG). Die verlängerten Fristen sind nicht anzuwenden, wenn der nach altem Recht maßgebliche Fünfjahreszeitraum zum 1.7.2021 bereits abgelaufen ist. Regelungen im Gesetz Verlängerung der Haltefristen von fünf auf zehn Jahre Übergangsregelungen (§ 23 Abs. 24 GrEStG) Bei Ablauf der fünfjährigen Fristen bis zum Inkrafttreten findet das neue Recht keine Anwendung. Für alle anderen Fälle verlängert sich die Frist auf zehn Jahre (unechte Rückwirkung). Beispiel X hat am 5.10.2016 in die PersG A ein Grundstück eingebracht. Da er zu 100 % Kommanditist dieser PersG war, wurde der Vorgang nach § 5 GrEStG zu 100 % freigestellt. Am 14.5.2023 veräußert er seinen gesamten Mitunternehmeranteil. Lösung: Zum Inkrafttreten der neuen Regelungen (1.7.2021) war die alte Frist von fünf Jahren noch nicht abgelaufen. Folge: Keine Anwendung des § 23 Abs. 24 GrEStG. Die Veräußerung am 14.5.2023 liegt innerhalb der neuen Zehnjahresfrist gerechnet vom 5.10.2016 und gilt als rückwirkendes Ereignis. Der ursprüngliche Steuerbescheid aus 2016 ist nach § 175 AO zu ändern, da der damalige Einbringungsvorgang im vollen Umfang der GrESt unterliegt. 2. Wechsel im Gesellschafterbestand einer Kapitalgesellschaft nach § 1 Nr. 2 b GrEStG Diese Regelung ist das Kernstück der gesetzlichen Neuregelungen. Sofern es zu einem grunderwerbsteuerschädlichen unmittelbaren oder mittelbaren Gesellschafterwechsel von mind. 90 % bei der KapG kommt, gilt dies als Erwerbsvorgang einer fiktiv neuen KapG von einer fiktiv alten KapG. Dabei werden auch in § 1 Nr. 2 b GrEStG nur Erwerbe durch neue Gesellschafter für die Berechnung der 90 %-Grenze herangezogen. § 1 Nr. 2 b GrEStG hat Vorrang ggü. § 1 Abs. 3 GrEStG. Die Übertragung von mind. 90 % der Anteile an einer grundbesitzhaltenden KapG auf einen neuen Anteilseigner unterliegt nach Inkrafttreten der Neuregelung des § 1 Nr. 2 b GrEStG nicht mehr als Übertragung bereits vereinigter Anteile gem. § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG. Die Nichterhebungsvorschriften der §§ 5 und 6 GrEStG finden bei Grundstücksübertragungen zwischen der KapG und ihren Anteilseignern keine Anwendung. Anders als Gesellschafter einer PersG, die an den WG der PersG gesamthänderisch mitberechtigt sind, haben die Anteilseigner einer KapG nur einen Anspruch auf das Gesellschaftskapital. Dies rechtfertigt die unterschiedliche Behandlung von PersG und KapG auch in verfassungsrechtlicher Hinsicht. Das verfassungsrechtliche Gutachten stellt hierzu fest, dass die fortgeltende Anwendung der §§ 5 bis 7 GrEStG nur für PersG verfassungskonformer Ausfluss der unterschiedlichen Besteuerungskonzeption für PersG und KapG sei. Ausdrücklich ist aber darauf hinzuweisen, dass die Vor- aussetzungen für eine Steuerbefreiung nach § 3 GrEStG genau wie bei der Anwendung des § 1 Nr. 2 a GrEStG auch i.R.d. neuen Regelung zu prüfen und unter den vom BFH gesetzten Grenzen anzuwenden sind. Steuerschuldnerin ist gem. § 13 Nr. 7 GrEStG und damit analog zu § 1 Nr. 2 a GrEStG (vgl. § 13 Nr. 6 GrEStG) die grundbesitzende KapG. Die BMG für die GrESt soll der Grundbesitzwert des Grundstücks sein. Ob ein grunderwerbsteuerlicher Gesellschafterwechsel vorliegt, richtet sich nach dem Zivilrecht. Es muss also eine sog. dingliche Geschäftsanteilsübertragung auf einen bisher nicht beteiligten Dritten vorliegen. Nach der Neuregelung entsteht die Anzeigepflicht mit Verwirklichung des Tatbestands und damit bei § 1 Nr. 2 b GrEStG im Zeitpunkt der Anteilsübertragung (Closing). Bei der (nachrangigen) Anteilsvereinigung ist grds. der Abschluss des Rechtsgeschäfts maßgeblich, das den Anspruch auf Übertragung der Gesellschaftsanteile einräumt ( Signing, vgl. § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG). Bei einer Übertragung von mind. 90 % der Anteile an der KapG auf einen neuen Anteilseigner bestimmt sich die Anzeigefrist (§ 19 Abs. 3 GrEStG) künftig nach dem Zeitpunkt der Anteilsübertragung (Closing). Um diese Neuregelung zu umgehen, müsste zukünftig ein Altgesellschafter im nennenswerten Umfang an der grundstücksbesitzenden KapG beteiligt bleiben. Ein Erwerb sämtlicher Geschäftsanteile durch einen Investor und einen Co-Investor ist nicht mehr grunderwerbsteuerneutral möglich. Beispiel Co-Investor-Modell Verkauf von Anteilen an einer grundbesitzhaltenden KapG an zwei Erwerber (keiner erwirbt mind. 90 %) Folge: GrESt entsteht, da zwei Erwerber innerhalb von zehn Jahren mind. 90 % erwerben Steuerschuldnerin ist die GmbH Abwandlung Co-Investor-Modell Es würde keine GrESt nach der neuen Vorschrift entstehen, da nicht mind. 90 % innerhalb von zehn Jahren erworben werden Beim Erwerber A würde jetzt aber in 2032 eine Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 GrEStG entstehen. Folge: volle GrESt Gestaltungsmöglichkeiten Dauerhafte Beibehaltung des V als Minderheitsanteilseigner oder Veräußerung der 10,1 % nach Ablauf von zehn Jahren an einen Co-Investor Für die Anwendung des § 1 Nr. 2 b GrEStG sind nur solche Anteilsübergänge zu berücksichtigen, die nach dem 30.6.2021 erfolgen. Alle mit Ablauf des 30.6.2021 Beteiligten gelten als Altgesellschafter. Beispiel A hat am 20.7.2016 an der KapG X 56 % erworben. Am 17.6.2021 erwirbt B weitere 35 % an der KapG X. Lösung nach Übergangsregelung Keine GrESt, da nach dem 1.7.2021 bisher nur 35 % an der KapG X übertragen wurden. Der Erwerb vor Inkrafttreten des Gesetzes zum 1.7.2021 wird nicht mitgezählt. 3. Börsenklausel nach § 1 Nr. 2 c GrEStG Die Ausgabe von Anteilen und deren Verbreitung über die Börse ist für KapG ein gängiges Mittel zur Kapitalbeschaffung. Hierbei stehen grds. andere Gründe als die Einsparung von GrESt im Vordergrund. Das Interesse des Erwerbers der Anteile betrifft vorrangig die Ertragskraft der KapG und grds. nicht die im Vermögen der KapG enthaltenen Grundstücke. Jedoch führt ein solcher Handel mit Anteilen über eine Börse oder einen anderen Handelsplatz zu Wechseln der Anteilseigner und wäre i.R.d. § 1 Nr. 2 b GrEStG zu berücksichtigen. Unter den weiteren Voraussetzungen würde dies zu einer Besteuerung führen, obwohl regelmäßig keine missbräuchliche Gestaltung vorliegt. Diese Problematik stellt sich auch bei der Vorschrift des § 1 Nr. 2 a GrEStG, wenn eine KapG an einer grundbesitzhaltenden PersG unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist. Daher wird in § 1 Nr. 2 c GrEStG in Ergänzung zu § 1 Nr. 2 a und Nr. 2 b GrEStG eine Ausnahmeregelung eingefügt, die die Wirkung der Ergänzungstatbestände ziel- und sachgerecht begrenzt. Voraussetzung ist, dass die Anteile zum Handel an einem organisierten Markt nach § 2 Abs. 11 Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) oder einem gleichwertigen Dritthandelsplatz zugelassen sind und der Anteilsübergang aufgrund eines Geschäfts an einem solchen organisierten Markt oder Dritthandelsplatz oder über ein multilaterales Handelssystem (MTF) erfolgt. Dort zugelassene Wertpapiere unterliegen der kontinuierlichen wirksamen Beaufsichtigung durch die Aufsichtsbehörden. Organisierte Märkte verfügen über klare und transparente Vorschriften für die Zulassung und den Handel von Wertpapieren, sodass diese fair, ordnungsgemäß, effizient und frei handelbar sind. Die Wertpapieremittenten unterliegen regelmäßig und kontinuierlich Informationspflichten, die ein hohes Maß an Anlegerschutz sowie Markttransparenz und -integrität gewährleisten. Auch finden die wertpapierhandelsrechtlichen Meldepflichten zur Beteiligungspublizität Anwendung. Marktmissbrauch in Form von Insidergeschäften und Marktmanipulation werden so verhindert. MTFs unterliegen denselben Marktintegritätsanforderungen, insb. in Bezug auf die Prävention von Marktmissbrauch. Ist der Handel von Wertpapieren an der Börse zugelassen, kann der Handel derselben Wertpapiere über MTFs von der Ausnahmeregelung erfasst werden, da jedenfalls die oben erwähnten hohen Marktintegritäts- und Transparenzanforderungen zur Anwendung kommen. In Deutschland fallen unter den Begriff des organisierten Marktes regelmäßig Börsen nach dem Börsengesetz (BörsG). Der Begriff des organisierten Marktes i.S.v. § 2 Abs. 11 WpHG entspricht dem Begriff des geregelten Marktes i.S.v. Art. 4 Abs. 1 Nr. 21 der Richtlinie 2014/65/EU (MiFID). Es kann davon ausgegangen werden, dass Handelsplätze in der EU und dem EWR, die sich als geregelter Markt qualifizieren, über vergleichbar hohe Standards verfügen. Vergleichbaren Standards unterliegen auch Drittlandhandelsplätze, die gem. Art. 25 Abs. 4 Buchst. a der Richtlinie 2014/65/EU von der Europäischen Kommission als gleichwertig erklärt wurden. Die Änderungen sind entsprechend der für Artikel 1 vorgesehenen Regelung in § 23 Abs. 18 GrEStG am 1.7.2021 in Kraft getreten. 4. Vermeidung der Vorteile eines gestreckten Erwerbs Zur Verhinderung des sog. gestreckten Erwerbs wurde eine Neuregelung des § 6 Abs. 4 GrEStG vorgenommen und eine neue Nr. 3 im Gesetz aufgenommen. Die Neufassung des § 6 Abs. 4 GrEStG sieht nun wie folgt aus: (4) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten insoweit nicht, als 1. ein Gesamthänder im Fall der Erbfolge sein Rechtsvorgänger innerhalb von zehn Jahren vor dem Erwerbsvorgang seinen Anteil an der Gesamthand durch Rechtsgeschäft unter Lebenden er-worben hat oder 2. die vom Beteiligungsverhältnis abweichende Auseinandersetzungsquote innerhalb der letzten zehn Jahre vor der Auflösung der Gesamthand vereinbart worden ist oder 3. bei einem Erwerbsvorgang im Sinne des § 1 Absatz 3 Nummer 1 oder Nummer 2 oder Absatz 3a der Erwerber im Fall der Erbfolge sein Rechtsvorgänger innerhalb von 15 Jahren vor dem Erwerbsvorgang seinen Anteil am Vermögen der Personengesellschaft erstmals durch Rechtsgeschäft unter Lebenden erworben hat, es sei denn, einer der Erwerbe der Anteile am Gesellschaftsvermögen durch diesen Erwerber im Fall der Erbfolge durch seinen Rechtsvorgänger hat zu einem steuerpflichtigen Erwerbsvorgang im Sinne des § 1 Absatz 2a geführt. Nach § 1 Nr. 2 a GrEStG wird GrESt erhoben, wenn mind. 95 % der Anteile an einer grundbesitzhaltenden PersG innerhalb von fünf Jahren auf neue Gesellschafter übergehen. Dies bedeutet zunächst, dass nach dieser Vorschrift keine GrESt anfällt, wenn in einem ersten Schritt 94,9 % (neu 89,9 %) der Anteile auf einen neuen Gesellschafter übergehen und erst nach Ablauf von fünf Jahren (neu zehn Jahre) die restlichen 5,1 % (neu 10,1%) auf diesen Gesellschafter übertragen werden. Zwar kommt es in diesen Fällen regelmäßig trotzdem zur Grunderwerbsteuerpflicht nach anderen Vorschriften des GrEStG (§ 1 Abs. 3 Nr. 1 oder Nr. 2 oder Nr. 3 a GrEStG) beim neuen Gesellschafter. Jedoch ist dann genauso regelmäßig bisher auch die Steuervergünstigung nach § 6 GrEStG einschlägig. Danach sind nur die zuletzt erworbenen 5,1 % (10,1 %) der Anteile grunderwerbsteuerpflichtig , im Ergebnis wird GrESt i.H.v. 94,9 % (89,9 %) vermieden. Nach der Neuregelung soll die Steuervergünstigung des § 6 GrEStG für den ersten Erwerb i.H.v. 94,9 % (89,9 %) erst gewährt werden, wenn die Anteile mind. 15 Jahre gehalten worden sind. Dies führt zwar auf der einen Seite zu einer wesentlichen Einschränkung der Gestaltungsfreiheit, gewährleistet aber auf der anderen Seite, dass diese Fälle von der Steuerverwaltung noch gehandhabt werden können. Echte Altgesellschafter (z.B. Gründungsgesellschafter) sollen nicht benachteiligt werden. Die Änderung ist entsprechend der für Art. 1 vorgesehenen Inkrafttretensregelung (§ 23 Abs. 18 GrEStG) seit dem 1.7.2021 anzuwenden. Vermeidung der Vorteile eines gestreckten Erwerbs i.R.d. § 1 Nr. 2 a GrEStG Gestaltungsmodell 3. Variante Share-Deal Verkauf von Anteilen einer grundbesitzhaltenden PersG in zwei Schritten. Erwerb in 2012 löst keine GrESt nach § 1 Nr. 2 a GrEStG aus. Erwerb in 2022 löst keine GrESt nach § 1 Nr. 2 a GrEStG aus, da A nach Ablauf von zehn Jahren als sog. Altgesellschafter gilt und der Erwerb nicht mehr schädlich ist. Erwerb in 2022 löst aber GrESt nach § 1 Abs. 3 GrEStG ( Anteilsvereinigung) aus, Steuerschuldner ist A. Erwerb in 2022 ist zu 100 % grunderwerbsteuerbar, aber nach § 6 GrEStG erhält A eine Steuervergünstigung von 89,9 %, und es würde nur GrESt für die restlichen 10,1 % anfallen. Bei Anwendung des § 6 GrEStG ist dessen Anwendung innerhalb von 15 Jahren (bis einschließlich 2027) ausgeschlossen = Folge: In 2022 werden 100 % besteuert! 5. Grundstücksverkäufe im Rückwirkungszeitraum von Umwandlungs- und Einbringungsfällen Nach § 8 Abs. 1 GrEStG bemisst sich die GrESt nach dem Wert der Gegenleistung. Im Regelfall entspricht die Gegenleistung dem gemeinen Wert des Grundstücks im Zeitpunkt des Grundstücksübergangs, weil die Vertragsparteien gegenläufige Geschäftsinteressen verfolgen. Bei deutlichen Abweichungen der Gegenleistung von dem gemeinen Wert ergeben sich im Regelfall steuerliche Kompensationsansprüche entweder im Bereich der SchSt (natürliche Personen) oder im Bereich der KSt durch vGA bzw. verdeckte Einlagen. Die FinVerw hat vor diesem Hintergrund eine Gestaltungspraxis identifiziert, die sie unterbinden möchte: Im Nachgang einer Übertragung von bisher 94,9 % der Anteile an einer grundbesitzhaltenden Gesellschaft wird die Gesellschaft mit ertragsteuerlicher Rückwirkung nach §§ 2, 20 Abs. 6, 24 Abs. 4 UmwStG auf den Erwerber des 94,9 %-Anteils verschmolzen. Gleichzeitig werden die Grundstücke im Rückwirkungszeitraum, also zu einem Zeitpunkt zwischen dem steuerlichen Übertragungsstichtag und der Eintragung der Verschmelzung im HR, zu einem meist sehr deutlich unter dem Verkehrswert liegenden Kaufpreis an die übernehmende Gesellschaft verkauft. Da die GrESt als Verkehrssteuer keine Rückwirkung kennt und erst mit der Eintragung der Umwandlung ins HR entsteht, fällt i.R.d. Umwandlung keine GrESt mehr an, da die übergehende Gesellschaft zivilrechtlich zu diesem Zeitpunkt über keinen Grundbesitz mehr verfügt. Da die Gesellschaftsgrundstücke bereits im ertragsteuerlichen Rückwirkungszeitraum an die übernehmende Gesellschaft veräußert wurden, liegt zu diesem Zeitpunkt eine Grundstücksveräußerung nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG vor, bei der sich die GrESt gem. § 8 Abs. 1 GrEStG nach dem vereinbarten Kaufpreis bemisst. Eine Besteuerung nach anderen Steuerarten (Schenkung-/Ertragsteuer) erfolgt nicht: Eine vGA in Form der verbilligten Übertragung des Grundstücks an die übernehmende Gesellschaft liegt nicht vor, weil Leistungsbeziehungen zwischen dem übertragenden und dem übernehmenden Rechtsträger im Rückwirkungszeitraum für ertragsteuerliche Zwecke nicht berücksichtigt werden. Auch eine schenkungsteuerlich relevante Bereicherung der übernehmenden Gesellschaft ist nicht gegeben, weil der ggü. dem Kaufpreis erhöhte Grundstückswert durch die Wertminderung der Beteiligung an der übertragenden Gesellschaft ausgeglichen wird. Der Wert der Anteile an der übernehmenden Gesellschaft bleibt für die Gesellschafter identisch, sodass auch insoweit keine Bereicherung besteht. Ohne die Veräußerung der Grundstücke im Rückwirkungszeitraum läge aufgrund des Vermögensübergangs i.R.d. Verschmelzung nach § 20 UmwG ein nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 S. 1 GrEStG grunderwerbsteuerbarer Vorgang vor, dem nach § 8 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 GrEStG der Grundbesitzwert zugrunde zu legen ist. Diese Gestaltung wird durch eine Anwendung der Ersatz-BMG nach § 8 Abs. 2 Nr. 4 GrEStG künftig verhindert, wobei sich die Neuregelung auf die Fälle beschränkt, in denen Grundstücke im ertragsteuerlichen Rückwirkungszeitraum i.S.v. §§ 2, 20 Abs. 6, 24 Abs. 4 UmwStG an den übernehmenden Rechtsträger veräußert werden. Im Ergebnis findet eine Besteuerung des Vorgangs wie bei einem Grundstücksübergang i.R.d. Umwandlung nach § 20 UmwG statt. Die Ausweitung der Ersatz-BMG auf die genannte Gestaltung wird durch entsprechende Anzeigepflichten nach § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 9 GrEStG flankiert. Danach sind künftig auch Veräußerungen im ertragsteuerlichen Rückwirkungszeitraum sowie vereinbarte Gegenleistungen, die unterhalb des Grundbesitzwerts liegen, anzuzeigen. Dem Steuerschuldner wird dadurch faktisch die Pflicht zur Ermittlung des Grundbesitzwerts auferlegt, wobei davon auszugehen ist, dass die Gestaltungspraxis diese Vergleichsberechnung im Vorfeld einer wirtschaftlich nicht gebotenen Grundstücksveräußerung an die aufnehmende Gesellschaft im Rückwirkungszeitraum von Umwandlungsfällen als Entscheidungsgrundlage durchgeführt hat. Ersatzbemessungsgrundlage § 8 Abs. 2 Nr. 4 GrEStG Gestaltungsmodell Zwei Gesellschaften wollen fusionieren A-GmbH hält Grundstück mit Grundbesitzwert/Verkehrswert von 10 Mio. EUR. Bei Verschmelzung A-GmbH auf B-GmbH würde bei B-GmbH GrESt nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG entstehen (z.B. SH: 6,5 % von 10 Mio. = 650.000 EUR). Vermeidungsstrategie 1. Schritt Verkauf des Grundstücks am 1.4.2021 für einen Kaufpreis von 1 Mio. EUR (zumeist mind. 10 %, damit auf keinen Fall ein symbolischer Kaufpreis angenommen werden kann), GrESt = z.B. Schleswig-Holstein 6,5 % von 1 Mio. = 65.000 EUR (Ersparnis: 585.000 EUR) Vermeidungsstrategie 2. Schritt Verschmelzung mit Vertrag vom 15.8.2021 mit steuerlicher Rückwirkung zum 31.12.2020. Für die GrESt gilt die Rückwirkung nicht, sie entsteht grds. im Zeitpunkt der Eintragung der Umwandlung in das HR (also nach dem 15.8.2021). Zu diesem Zeitpunkt hat die A-GmbH kein Grundstück mehr. => GrESt = Null EUR. Grds. läge eine vGA an die Anteilseigner vor, aber für das KStG gilt die steuerliche Rückwirkung, also ist hier der Verkauf am 1.4.2021 nicht geschehen. III. Fazit Vereinfacht zusammengefasst, bedeuten die Änderungen des GrEStG, dass es ab dem 1.7.2021 für Investoren bei Immobilientransaktionen erheblich schwieriger sein wird, Immobilien im Wege eines Share-Deals grunderwerbsteuerfrei zu erwerben, da der Anteilserwerb von grundbesitzhaltenden Gesellschaften zukünftig bereits ab 90 % Mindestbeteiligungsquote steuerpflichtig sein wird (bisher lag diese bei 95 %) und der Investor die erworbenen Anteile nunmehr zehn oder sogar 15 Jahre (anstelle der bisherigen fünf Jahre) halten muss, um in den Genuss der Steuerfreiheit zu gelangen. Die umfangreichen Übergangsregelungen führen in einigen Fallvarianten zu Implikationen auf Immobilientransaktionen der Vergangenheit und machen es notwendig, im jeweiligen Einzelfall insb. im Vorfeld einer weiteren Übertragung von Immobilien bzw. Anteilen an immobilienbesitzenden Gesellschaften zu prüfen, ob eine unechte Rückwirkung der neuen Regelungen zur GrESt führen kann. Vgl. Drüen, Ubg 2018, 605 ff., 673 ff. und Ubg 2019, 65 ff. öffentlich zugänglich auf https://correctiv.org Vgl. Pressemitteilung FinMin Hessen v. 21.6.2018, GrESt und vom 29.11.2018 (FMK-Beschluss); ErbStB 2018, 229; vgl. zu Details Broemel/Mörwald, DStR 2018, 1521 ff.; Wagner, DB 2018, 1553 ff.; zur verfassungsrechtlichen Würdigung Behrens/Dworog, BB 2018, 1943 ff.; zu verfassungsrechtlichen Fragen hinsichtlich des zeitlichen Anwendungsbereichs Joisten, GmbHR 2018, 1041 ff. Vgl. Art. 19; Referentenentwurf v. 8.5.2019, hinterlegt auf den Seiten des BMF BT-Drucks. 19/13437, 19/13546 BT-Drucks. 19/28528 v. 15.4.2021 Gesetz zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetz XE "Grunderwerbsteueränderungsgesetz" es v. 12.5.2021, BGBl I 2021, 986 Gleichlautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder v. 28.6.2021 VI 35 S 4445 005 Gesetz zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz AmtshilfeRLUmsG) v. 29.6.2013, BGBl I 2013, 1809 Real Estate Transfer Tax Blocker Hinweis auf Art. 3 Abs. 1 GG: Nach der Rspr. des BVerfG liegt ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot jedenfalls dann nicht vor, wenn sachliche Gründe diese Ungleichbehandlung rechtfertigen.
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Dipl.-Finw. (FH) Michael Seifert, Steuerberater, Troisdorf
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Jahrgang: 2021 . Seite: 553
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Hat der Steuerpflichtige größere Erhaltungsaufwendungen nach § 82 b EStDV auf mehrere Jahre verteilt, und verstirbt er innerhalb des Verteilungszeitraums, ist der noch nicht berücksichtigte Teil der Erhaltungsaufwendungen im Veranlagungsjahr des Versterbens als Werbungskosten im Rahmen seiner Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung abzusetzen (entgegen R 21.1 Abs. 6 S. 2 und 3 EStR 2012). BFH-Urt ...
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Dipl.-Finw. Markus Perschon, Steuerberater, Escheburg
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Jahrgang: 2021 . Seite: 565
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1. Der Senat hält daran fest, dass sowohl der zum 1.1.2005 eingeleitete Systemwechsel zur grundsätzlich vollen Einkommensteuerpflicht von Leibrenten und anderen Leistungen der Basisversorgung als auch die Grundsystematik der gesetzlichen Übergangsregelung verfassungsgemäß ist. 2. Einem Stpfl., der nachweisen kann, dass es in seinem konkreten Einzelfall zu einer doppelten Besteu ...
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Dirk Krohn, Steueroberamtsrat, Burg/Dithmarschen
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Jahrgang: 2021 . Seite: 587
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1. Nach § 22 Abs. 2 S. 2 i.V.m. § 22 Abs. 1 S. 2 UmwStG 2006 gilt zwar die Veräußerung der i.R.e. qualifizierten Anteilstauschs erhaltenen Anteile als rückwirkendes Ereignis i.S.d. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO (Rückwirkungsfiktion). Die Korrektur eines bereits bestandskräftig gewordenen Steuerbescheids zur Erfassung eines durch die Veräußerung ausgelösten Einbringungsgewinns II gem. § 175 ...
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Dr. Jörg Grune, Richter am FG, Hannover
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Jahrgang: 2021 . Seite: 599
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1. Art. 56 Abs. 2 Unterabs. 1 MwStSystRL ist dahin auszulegen, dass die Überlassung eines dem Unternehmen des Steuerpflichtigen zugeordneten Fahrzeugs an dessen Arbeitnehmer nicht in den Anwendungsbereich der MwStSystRL fällt, wenn dieser Umsatz keine Dienstleistung gegen Entgelt darstellt. 2. Art. 56 Abs. 2 Unterabs. 1 MwStSystRL findet dagegen auf einen solchen Umsatz Anwendung, we ...
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