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Dr. Michael Messner, Notar, RA, FAStR u. FAErbR, Hannover
Jahrgang: 2025 . Seite: 287
Besteht an einer KapG eine atypisch stille Beteiligung, kann sie dennoch Organgesellschaft i.R.e. körperschaftsteuerrechtlichen Organschaft sein, da sie ihren - unter Berücksichtigung der Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters ermittelten - handelsrechtlichen Jahresüberschuss als „ganzen Gewinn“ i.S.d. § 14 Abs. 1 S. 1 KStG an den Organträger abführen k ...

AktStR: Prof. Dr. Bert Kaminski, Helmut Schmidt Universität - Universität der Bundeswehr Hamburg, 2025 S. 75: Keine vGA wegen bloß tatsächlicher Nutzungsmöglichkeit einer spanischen Immobilie Keine vGA wegen bloß tatsächlicher Nutzungsmöglichkeit einer spanischen Immobilie Prof. Dr. Bert Kaminski, Helmut Schmidt Universität - Universität der Bundeswehr Hamburg Jahrgang: 2025 . Seite: 75 Zur PDF-Fassung dieses Beitrages. 1. Die bloß tatsächliche Möglichkeit des Gesellschafters einer Kapitalgesellschaft, ein betriebliches Wirtschaftsgut der Kapitalgesellschaft (hier: Wohnimmobilie) auch privat nutzen zu können (hier: zu Wohnzwecken), führt für sich genommen beim Gesellschafter noch nicht zu einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA). 2. Eine vGA kann aber anzunehmen sein, wenn die Gesellschaft ihrem Gesellschafter ein betriebliches Wirtschaftsgut unentgeltlich oder verbilligt auch zur privaten Nutzung überlassen hat (Zuwendung). 3. Eine vGA kann auch vorliegen, wenn der Gesellschafter das betriebliche Wirtschaftsgut ohne Nutzungsvereinbarung oder entgegen einem Nutzungsverbot privat nutzt und sich so zulasten der Gesellschaft einen Vorteil verschafft, der ihm von der Gesellschaft nicht zugewendet worden ist. BFH-Urt. v. 1.10.2024 - VIII R 4/21, BFH/NV 2025, 157 I. Vorbemerkungen 1. Überblick Der Erwerb und die Nutzung von Ferienimmobilien im Ausland erfreuen sich insb. bei Privatpersonen großer Beliebtheit. Regionen wie die Balearen (insb. Mallorca), Florida, Italien, Kapstadt oder Dubai zählen aufgrund ihrer attraktiven klimatischen und infrastrukturellen Bedingungen zu den bevorzugten Zielorten. In vielen Fällen werden solche Immobilien nicht direkt erworben, sondern über gesellschaftsrechtliche Strukturen, wie etwa KapG oder PersG. Diese Gestaltungsform bringt zahlreiche Vorteile mit sich: Zum einen erleichtern Gesellschaftsstrukturen die Übertragung der Immobilie an Dritte oder innerhalb der Familie, da die Anteile an der Gesellschaft flexibler gestaltet und übertragen werden können als die Immobilie selbst. Zum anderen ermöglichen sie eine Individualisierung der wirtschaftlichen Verhältnisse, bspw. durch die Festlegung interner Regelungen zur Nutzung oder Kostenteilung. Gesellschaften bieten zudem rechtlichen Schutz, indem sie die Haftung der Gesellschafter auf die Gesellschaft beschränken. Hinzu kommt häufig ein erhöhtes Maß an Diskretion, da die Eigentumsverhältnisse nicht immer öffentlich einsehbar sind, sowie potenzielle steuerliche Vorteile, die sich aus den Regelungen des jeweiligen Auslandes ergeben können. Aus steuerrechtlicher Perspektive sind Erwerb und Nutzung solcher Immobilien komplex und bergen aus Sicht des Wohnsitzstaates, insbesondere Deutschlands, erhebliche Risiken. Im Fokus steht hierbei die private Nutzung der Immobilie durch die Gesellschafter einer KapG. Diese Nutzung wird steuerlich besonders sensibel betrachtet, da sie unter Umständen als vGA qualifiziert werden kann. Eine solche Einordnung führt dazu, dass die Nutzung der Immobilie als steuerpflichtiger Vorteil des Gesellschafters angesehen wird. Dies hat z.T. empfindliche steuerliche Konsequenzen für den Gesellschafter selbst. Die rechtliche Einordnung solcher Sachverhalte ist mit zahlreichen Unsicherheiten verbunden, die von der Bewertung der Nutzungshandlungen bis hin zur Frage der Angemessenheit von Gestaltungen reichen. 2. Verdeckte Gewinnausschüttungen a) Grundsätze Eine vGA liegt vor, wenn eine Gesellschaft einem Gesellschafter oder einer diesem nahestehenden Person Vermögensvorteile gewährt, ohne dass hierfür eine adäquate Gegenleistung erfolgt und ohne dass diese Zuwendung durch die Gesellschafterversammlung beschlossen wurde. Durch eine solche Zuwendung erleidet die Gesellschaft einen Vermögensnachteil, während der Gesellschafter oder die nahestehende Person unmittelbar vom Gesellschaftsvermögen profitiert.  Aus steuerlicher Sicht ist die vGA wie eine offene Gewinnausschüttung zu behandeln. Sie gilt als Einkommensverwendung und darf das Einkommen der Gesellschaft nicht mindern. Die Vorschriften des KStG, insb. § 8 Abs. 3 S. 2 KStG, gewährleisten, dass die durch eine vGA entstandene Gewinnminderung bei der Einkommensermittlung der Gesellschaft korrigiert wird. Dies erfolgt außerhalb der Steuerbilanz, um die steuerliche Neutralität des Vorgangs sicherzustellen. Die Notwendigkeit dieser Einkommenskorrektur ergibt sich aus der rechtlichen Trennung zwischen der Gesellschaft und ihren Gesellschaftern als eigenständige Rechtssubjekte. Zwischen ihnen geschlossene Verträge sind zivilrechtlich wirksam und grds. auch steuerlich anzuerkennen, sofern sie tatsächlich durchgeführt werden. Ohne die Regelung des § 8 Abs. 3 S. 2 KStG bestünde die Möglichkeit, dass Gesellschafter das Einkommen der Gesellschaft zu ihren Gunsten beeinflussen und so die Steuerlast der Gesellschaft mindern könnten. VGA treten häufig in folgenden Konstellationen auf: Private Nutzung von Gesellschaftsvermögen: Beispielsweise die unentgeltliche oder unterhalb der Marktpreise vergütete Nutzung einer Gesellschaftsimmobilie durch den Gesellschafter. Überhöhte oder unangemessene Vergütungen: Zahlungen an Gesellschafter, die über das marktübliche Maß hinausgehen, etwa in Form von Gehältern, Boni oder Beraterhonoraren. Unübliche Vertragsgestaltungen: Vereinbarungen, die aus betriebswirtschaftlicher Sicht nicht nachvollziehbar oder fremdunüblich sind, wie unverhältnismäßige Darlehenszinsen oder ungewöhnliche Leistungsvergütungen. Die steuerliche Qualifikation einer Leistung als vGA hat Konsequenzen für die Beteiligten: Für die Gesellschaft: Die Gewinnminderung durch die vGA wird rückgängig gemacht, was zu einer Nachversteuerung des Einkommens führt. Für den Gesellschafter: Die empfangene Leistung wird als steuerpflichtige Einkünfte behandelt, bspw. als Kapitaleinkünfte gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Darüber hinaus können Sanktionen in Form von Steuernachforderungen, Zinsen und ggfs. steuerstrafrechtliche Konsequenzen drohen. b) Tatbestandsmerkmale Die vGA ist nach § 8 Abs. 3 S. 2 KStG zu korrigieren, wenn folgende Tatbestandsmerkmale erfüllt sind: Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis Auswirkung auf die Höhe des Unterschiedsbetrags gem. § 4 Abs. 1 S. 1 EStG (Gewinnauswirkung) Möglichkeit von Einnahmen i.S.d. § 20 EStG (1) Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung Eine Vorteilsgewährung an den Gesellschafter bzw. eine diesem nahe stehende Person, führt bei der Gesellschaft zu einem Vermögensnachteil, der sich entweder in einer Vermögensminderung oder einer verhinderten Vermögensmehrung dokumentiert. Eine i.Z.m. einer vGA eingetretene Vermögensminderung führt dazu, dass sich das Gesellschaftsvermögen durch die Leistungsbeziehungen zum Gesellschafter oder der nahe stehenden Person verringert hat. Dazu kommt es, wenn die Gesellschaft für eine erhaltene Leistung mehr bezahlt, als angemessen und gegenüber einem fremden Dritten üblich gewesen wäre. Aus der Höhe zwischen dem angemessenen Entgelt und der tatsächlichen Zahlung resultiert eine Vermögensminderung. Eine verhinderte Vermögensmehrung tritt i.Z.m. einer vGA immer dann ein, wenn die Gesellschaft für eine von ihr ausgeführte Leistung keine oder eine geringere Gegenleistung erhält, als ihr nach den angemessenen Umständen zugestanden hätte. Aus der Differenz zwischen dem fehlenden bzw. verbilligten Leistungsentgelt und der angemessenen Vergütung ergibt sich die verhinderte Vermögensmehrung. (2) Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis Eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis ist gegeben, wenn die Gesellschaft dem Gesellschafter einen Vorteil einräumt, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters  einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (sog. Fremdvergleich).  Der BFH hat mit Urt. v. 17.5.1995  entschieden, dass eine vGA auch dann vorliegen kann, wenn eine KapG mit ihrem Gesellschafter eine für sie günstige Vereinbarung trifft, der ein fremder Dritter aber nicht zugestimmt hätte (unübliche Vereinbarungen ). In dem Urteilsfall ging es um die Vereinbarung einer sog. „Nur-Pension“. Der Gesellschafter sollte kein laufendes Gehalt beziehen, sondern nur eine Pensionszusage erhalten. Der BFH behandelte die Pensionszusage aufgrund des Fremdvergleichs als vGA. Denn ein fremder Dritter hätte auch ohne Rücksicht auf die finanziellen Belange der Gesellschaft auf sein angemessenes Entgelt bestanden. (3) Gewinnauswirkung Für die Einkommenshinzurechnung nach § 8 Abs. 3 S. 2 KStG ist Voraussetzung, dass die vGA den Gewinn der Gesellschaft beeinflusst hat. Die Vermögensminderung führt zu einem erhöhten Aufwand, die verhinderte Vermögensmehrung zu geringeren Erträgen. (4) Möglichkeit des Zuflusses in Form von Beteiligungserträgen Als weiteres ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal kommt nach Auffassung des BFH  hinzu, dass die bei der KapG eingetretene Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung dazu geeignet sein muss, beim Gesellschafter oder einer diesem nahe stehenden Person einen Bezug i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG auszulösen, die sog. Vorteilsgeneigtheit.  Der Zufluss der vGA muss bei dieser Betrachtung nicht zeitgleich mit der Einkommenserhöhung bei der Gesellschaft eintreten (wie z.B. in Fällen der Pensionszusage, in der bei der Gesellschaft in der Anwartschaftsphase bereits eine Einkommenshinzurechnung, beim Gesellschafter mangels Zuflusses aber keine Besteuerung vorgenommen wird). Nach Auffassung des BFH muss dieser Zufluss eines Beteiligungsertrags nur grundsätzlich denkbar sein. Dieses weitere Kriterium ist plausibel, da die Gleichstellung der vGA mit einer regulären Gewinnausschüttung nur denkgesetzlich möglich ist, wenn dieser Vorgang beim Anteilseigner zu einem Beteiligungsertrag führt. Nur in den Fällen, in denen beim Gesellschafter (oder der nahe stehenden Person) kein Vermögenszufluss denkbar wäre, scheidet danach eine vGA aus. Dies gilt bspw. bei Finanzierungskosten, die i.Z.m. einer vGA stehen. c) Bewertung der verdeckten Gewinnausschüttung Ob und in welcher Höhe eine vGA vorliegt, ist auf der Gesellschaftsebene einerseits und der Gesellschafterebene andererseits jeweils eigenständig zu entscheiden.  Die vGA ist grds. mit dem gemeinen Wert bzw. der erzielbaren Nutzungsvergütung zu bewerten.  Beim gemeinen Wert handelt es sich um den Veräußerungspreis, der sich i.R.e. Fremdvergleichs ergeben würde. Dieser stellt grds. einen Bruttowert (inkl. Umsatzsteuer) dar. Gleiches gilt auch für die erzielbare Nutzungsvergütung. Die vGA berechnet sich daher wie folgt: Gemeiner Wert des WG bzw. angemessene Vergütung (grds. inkl. USt) ./. Zuzahlung des Gesellschafters oder der nahe stehenden Person (incl. USt) = vGA 3. Vom BFH zu entscheidende Rechtsfrage In den Rezensionsentscheidungen hatte der BFH nunmehr über folgende Frage zu befinden: Führt die bloße tatsächliche Möglichkeit eines Gesellschafters einer Kapitalgesellschaft, ein betriebliches Wirtschaftsgut der Gesellschaft (z.B. eine Wohnimmobilie) privat nutzen zu können, bereits zu einer vGA? II. BFH-Urt. v. 1.10.2024 - VIII R 4/21, BFH/NV 2025, 157 1. Sachverhalt Die Kläger sind Eheleute, die in den Jahren 2010 - 2012 (Streitjahre) zur ESt zusammen veranlagt wurden. Bis 2007 lebten die Kläger mit ihren Kindern in A (Spanien). Die Immobilie bestand nach Angaben der Kläger aus drei Teilen. Ein Teil stand im Eigentum des Klägers. Die beiden anderen Teile gehörten jeweils zwei spanischen KapG in der Rechtsform der Sociedad deresponsabilidad limitada (S.L.), der B-S.L. und der C-S.L. An diesen Gesellschaften waren die Kläger jeweils zur Hälfte beteiligt. Die Kläger zahlten an die beiden KapG jeweils eine Miete i.H.v. monatlich 1.000 EUR. Im Jahr 2007 verlegten die Kläger ihren Wohnsitz nach Deutschland und stellten die Mietzahlungen ein. In welchem Umfang und aus welchen Gründen die Kläger die Immobilie danach selbst nutzten, war zwischen den Beteiligten streitig. Die Kläger räumten gelegentliche Besuche (circa zwei Mal pro Quartal) von wenigen Tagen Dauer ein, die dazu gedient hätten, die seit ihrem Umzug nach Deutschland zum Verkauf stehende Immobilie für Besichtigungen vorzubereiten und den Zustand zu überwachen. Dafür legten die Kläger einen Maklervertrag aus dem Jahr 2008, zwei E-Mails des Maklerunternehmens aus 2008 und 2013 sowie drei Flugtickets über Aufenthalte in A vom 29.7. - 1.8.2009, vom 8.3. - 11.3.2010 und vom 27.5. - 29.5.2013 vor. Im Jahr 2013 veräußerten die Kläger die Immobilie. Soweit sie im Eigentum der spanischen KapG stand, veräußerten sie die Gesellschaftsanteile. Das Finanzamt rechnete in den ESt-Bescheiden dem Kläger für die Streitjahre eine vGA in Höhe einer marktüblichen Miete von jeweils 42.000 EUR (3.500 EUR x 12 Monate) zu. Für das Streitjahr 2010 wurde die vGA vom Finanzamt aufgrund eines Antrags auf Günstigerprüfung nach § 32 d Abs. 6 EStG mit dem persönlichen Steuersatz und in den Streitjahren 2011 und 2012 mit dem gesonderten Tarif gem. § 32 d Abs. 1 EStG besteuert. Auf den dagegen erhobenen Einspruch des Klägers zog das Finanzamt die Klägerin zum Einspruchsverfahren des Klägers hinzu und wies den Einspruch als unbegründet zurück. Die Klägerin legte keinen Einspruch ein. Das Hessische FG  wies die Klage der Klägerin mangels Klagebefugnis als unzulässig ab und gab der Klage des Klägers teilweise statt. Zwar habe das Finanzamt in den Streitjahren 2011 und 2012 (wie auch im Streitjahr 2010) zu Recht eine vGA in der veranlagten Höhe angesetzt, sie jedoch in den Streitjahren 2011 und 2012 zu Unrecht dem gesonderten Tarif unterworfen. Sachverhalt in tabellarisch zusammengefasster Form Streitjahre 2010 - 2012 Kläger Ehemann (Kläger) und Ehefrau (Klägerin), die zusammen zur ESt veranlagt werden. Bis 2007 Eheleute lebten in einer Immobilie in Spanien, die im Eigentum der Eheleute und zwei spanischen KapG stand. An den KapG waren die Eheleute je zur Hälfte beteiligt. Die Eheleute zahlten den KapG bis 2007 jeweils eine Miete von 1.000 EUR/Monat. Im Jahr 2007 verlegten die Eheleute den Wohnsitz nach Deutschland und stellten die Mietzahlungen ein. 2013 Veräußerung der Immobilie und der Gesellschaftsanteile an beiden spanischen KapG. Finanzamt - ESt 2010 Rechnet eine vGA (Anteil Kläger - Ehemann) i.H.v. 42.000 EUR (3.500 EUR/Monat) als Einkünfte hinzu. Für die Jahre 2011 und 2012 erfolgte ebenfalls die Erfassung einer vGA von jeweils 42.000 EUR. Hessisches FG Gibt der Klage des Klägers teilweise statt. 2. Entscheidung und Begründung Der BFH hob die Vorentscheidung auf und verwies das Verfahren zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Hessische FG zurück: Die Vorentscheidung ist bereits aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben, weil das FG über mittlerweile nicht mehr wirksame Bescheide entschieden hat. Rechtsfehlerhaft ist das FG davon ausgegangen, dass allein die tatsächliche Möglichkeit, die im Eigentum der spanischen KapG stehende(n) Immobilie(n) jederzeit privat nutzen zu können, für die Annahme einer vGA gem. § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG ausreicht. Insgesamt scheidet die Annahme einer vGA derzeit mangels anderweitiger tatsächlicher Feststellungen, die diese Würdigung tragen könnten, aus. III. Anmerkungen 1. Allgemein Die Entscheidung des BFH zur Frage, ob die bloße tatsächliche Möglichkeit eines Gesellschafters, eine von der KapG gehaltene Immobilie privat nutzen zu können, eine vGA darstellt, hat weitreichende Bedeutung für die steuerliche Praxis. Die Kernaussage des BFH, dass ein vGA-Vorwurf nicht allein auf einer hypothetischen Nutzungsmöglichkeit beruhen kann, bietet Stpfl. eine positivere Ausgangslage in strittigen Fällen. a) Kein vGA-Vorwurf allein aufgrund der Nutzungsmöglichkeit Der BFH stellt klar, dass die theoretische Möglichkeit, eine Immobilie privat nutzen zu können, für sich genommen noch keine vGA begründet. Dem entspricht die bisherige Rspr. zur vGA, die an einen tatsächlichen Nutzungsvorteil anknüpft (vgl. bspw. zur privaten Nutzung eines Betriebs-PKW ohne entsprechende Gestattung).  Andernfalls müssten KapG vorsorglich Nutzungsverbote gegenüber ihren Gesellschaftern aussprechen, um eine vGA zu vermeiden. Einem Nutzungsverbot eines Gesellschafter-Geschäftsführers gegen sich selbst käme allerdings nur ein geringer Beweiswert zu. In letzter Konsequenz müsste ein beherrschender Ges.-GF ein Nutzungsentgelt an die Gesellschaft entrichten, um die Annahme einer vGA abzuwenden, obwohl eine private Nutzung tatsächlich nicht stattfindet. Eine solche Annahme setzt konkrete Umstände voraus, die die Nutzung als tatsächlich gegeben erscheinen lassen. Beispiele hierfür sind: Tatsächliche Nutzung ohne Mietvertrag: Wenn der Gesellschafter die Immobilie zu Wohnzwecken nutzt, ohne dass hierfür ein marktüblicher Mietvertrag abgeschlossen wurde, könnte dies eine vGA darstellen.  Verhinderung der Fremdnutzung: Wenn die Immobilie aufgrund fehlender Bemühungen um eine Vermietung oder durch aktive Verhinderung einer Fremdnutzung faktisch für den Gesellschafter reserviert bleibt, könnte dies ebenfalls als vGA gewertet werden. Ein reiner Ausschluss der Nutzung durch den Gesellschafter (z.B. durch gesellschaftsrechtliche Beschlüsse) wird vom BFH lediglich als schwaches Indiz angesehen, welches den Vorwurf einer vGA nicht von vornherein ausschließt. b) Indikatoren für das Vorliegen oder Fehlen einer Nutzungsmöglichkeit Für die steuerliche Bewertung ist entscheidend, ob eine tatsächliche Privatnutzung der Immobilie möglich war. Hierfür nennt der BFH verschiedene relevante Faktoren: Einrichtung der Immobilie: Eine hinreichende Ausstattung der Immobilie für Wohnzwecke spricht für eine Nutzungsmöglichkeit. Fehlen wesentliche Einrichtungsgegenstände, dürfte eine Privatnutzung unwahrscheinlich sein. Vermarktung der Immobilie: Eine aktive und intensive Vermarktung zur Fremdnutzung (z.B. über Mietplattformen oder Immobilienagenturen) deutet darauf hin, dass die Immobilie nicht für die private Nutzung des Gesellschafters bereitgehalten wird. Baumaßnahmen oder Mängel: Umfassende Bauarbeiten oder nutzungshindernde Baumängel, die eine Privatnutzung verhindern, sprechen gegen das Vorliegen einer Nutzungsmöglichkeit. Betriebskostennachweise: Dokumentierte Betriebskosten i.R.d. Vermietungsabsicht können dazu beitragen, eine tatsächliche Eigennutzung auszuschließen. c) Bewertung des Vermögensvorteils bei tatsächlicher Privatnutzung Eine weitere wichtige Frage, die der BFH in seiner Entscheidung nicht abschließend klärt, betrifft die Bemessung des Vermögensvorteils bei einer tatsächlichen Privatnutzung durch den Gesellschafter. Die zentrale Überlegung ist, ob der Vermögensvorteil der verhinderten Vermögensmehrung auf Gesellschaftsebene entspricht. Dies könnte beispielsweise der entgangene marktübliche Mietzins sein, der durch die private Nutzung des Gesellschafters nicht erzielt wurde. Die Klärung dieser Frage hat erhebliche praktische Relevanz, da sie die Höhe der steuerlichen Konsequenzen für die Gesellschaft und den Gesellschafter beeinflusst. Eine differenzierte Betrachtung der Umstände und die korrekte Bewertung des Vermögensvorteils sind daher essenziell, um steuerliche Risiken zu minimieren. d) Praktische Implikationen Die BFH-Entscheidung bietet dennoch wertvolle Leitlinien für die steuerliche Beurteilung der Nutzung von Gesellschaftsimmobilien durch Gesellschafter. Für Stpfl. ergibt sich hieraus die Notwendigkeit, den Nachweis einer fehlenden Nutzungsmöglichkeit sorgfältig zu dokumentieren. Insbesondere folgende Maßnahmen können helfen, steuerliche Risiken zu vermeiden: Abschluss und Umsetzung marktüblicher Mietverträge bei privater Nutzung. Aktive Vermarktung der Immobilie zur Fremdnutzung. Dokumentation von Betriebskosten und Instandhaltungsmaßnahmen i.R.d. Vermietungsabsicht. Klare Regelungen im Gesellschaftsvertrag oder durch Beschlüsse, die eine private Nutzung ausschließen. Die Entscheidung unterstreicht, dass eine hypothetische Nutzungsmöglichkeit allein nicht ausreicht, um eine vGA zu begründen. Dies stärkt die Position der Stpfl. und erfordert von der FinVerw, ihre Argumentation auf konkrete Tatsachen zu stützen. Dennoch bleibt die Abgrenzung im Einzelfall eine Herausforderung, die einer sorgfältigen rechtlichen und steuerlichen Prüfung bedarf. 2. Verfahrensrechtliche Klarstellungen a) Ermittlungsgrundsätze im FG-Verfahren Da es keinen allgemeinen Erfahrungssatz gibt, dass ein Gesellschafter einer Eigentümer-KapG, der eine in Spanien gelegene Immobilie zum Zweck des Verkaufs der Immobilie aufsucht, diese Immobilie auch privat nutzt, weil er jederzeit tatsächlich auf sie zugreifen könnte, ist die private Nutzung indiziell zu beurteilen. Hierzu kommt es darauf an, ob die Umstände des Einzelfalls eine solche Nutzung hinreichend wahrscheinlich erscheinen lassen. Dazu bedarf es der Feststellung tatsächlicher Anhaltspunkte, die einen hinreichend sicheren Schluss auf die Haupttatsache erlauben. Für die Annahme einer vGA bedürfte es belastbarer tatsächlicher Anhaltspunkte, dass gerade die im Eigentum der spanischen KapG stehenden Teile der Immobilie vom Kläger oder seiner Ehefrau in den Streitjahren anlässlich der kurzen Aufenthalte in Spanien (tatsächlich) auch zu privaten Zwecken genutzt worden sind. Der BFH rügt die unzureichende Aufklärung des Sachverhalts durch das FG und damit im Grunde auch der FinVerw. Das FG wird im zweiten Rechtsgang die noch fehlenden Feststellungen zur Art und Beschaffenheit der Immobilie, zum zeitlichen Umfang der Aufenthalte der Kläger in der Immobilie und den jeweiligen Anlässen für diese Aufenthalte nach Möglichkeit nachholen (gegebenenfalls durch die Anforderung weiterer Unterlagen aus den Streitjahren wie weiterer Flugtickets, Fotos der Immobilie, Verkaufsprospekt, Verbrauchsrechnungen etc.). Dabei könnte es auch darauf ankommen, ob die Kläger, wie sie behauptet haben, ihre Urlaube in den Jahren nach 2008 nicht in Spanien verbracht haben. Beratungshinweis: Tatsachenvorbringen vor dem FG Die Tatsachenfeststellung wird im Streitfall zweifellos allein in Anbetracht des Zeitablaufs und des zwischenzeitlichen Verkaufs der Immobilie an Grenzen stoßen. Allerdings ist auch nicht ohne weiteres davon auszugehen, dass bei den Klägern keinerlei Unterlagen aus dieser Zeit mehr vorhanden sind. Erst nach entsprechenden Aufklärungsbemühungen wird das FG den Sachverhalt gegebenenfalls auch unter Berücksichtigung der klägerischen Mitwirkung bei der Sachverhaltsaufklärung noch einmal zu würdigen haben. Wichtig ist, dass sämtliche Informationen zum Sachverhalt im Rahmen des Verfahrens vor dem FG durch den Stpfl. vorgetragen werden müssen, da das FG einzige Tatsacheninstanz ist, der BFH mithin nach § 118 Abs. 2 FGO an die Feststellungen des FG gebunden ist. b) Unzulässigkeit der Klage der Klägerin (Ehefrau) Für die Praxis nicht unwichtig sind die Hinweise des BFH zur Erfassung der vGA für die Ehefrau. Auch hier wurde durch das Finanzamt eine vGA angenommen. Die Ehefrau hatte aber keinen Einspruch eingelegt und muss nunmehr mit dieser steuerlichen Belastung leben, obwohl materiellrechtlich die vGA durch den BFH zumindest nach dem bisher bekannten Sachverhalt zweifelhaft sein dürfte. Die Klage der Klägerin war unzulässig, weil sie keinen Einspruch eingelegt hatte. Die Steuerbescheide waren also der Klägerin gegenüber formell bestandskräftig geworden. Ein Einspruch der Klägerin war insb. nicht darin zu sehen, dass der Kläger die Steuerbescheide der Streitjahre bei Zusammenveranlagung mit dem Einspruch angefochten hatte.  Beratungshinweis: Einspruch bei Zusammenveranlagung Nach ständiger Rspr. des BFH muss sich aus der Rechtsbehelfsschrift hinreichend klar ergeben, wer die Verwaltungsentscheidung angreift. Bei Zusammenveranlagung muss auch feststehen, welcher Ehegatte sich beschwert fühlt und die Nachprüfung des Steuerbescheids begehrt. Dabei hat ein von dem einen Ehegatten eingelegter Rechtsbehelf nicht ohne Weiteres die Wirkung eines auch von dem anderen Ehegatten eingelegten Rechtsbehelfs. Unerheblich ist, ob der Kläger Vollmacht hatte, für die Klägerin Einsprüche einzulegen. Erforderlich ist jedenfalls, dass der den Rechtsbehelf einlegende Ehegatte bei Abgabe der Willenserklärung unmissverständlich zum Ausdruck bringt, er lege den Rechtsbehelf auch für den anderen Ehegatten ein.  Im Urteilsfall ging aus dem Einspruchsschreiben nicht hervor, dass der Kläger den Einspruch auch für die Klägerin einlegen wollte. Der Briefkopf, die Ich-Form sowie die Namensangabe unter dem Schreiben sprachen im Gegenteil dafür, dass der (im Übrigen fachkundige) Kläger den Einspruch nur für sich eingelegt hatte.  Die Zulässigkeit der Klage der Klägerin ergäbe sich auch nicht daraus, dass die Klägerin vom Finanzamt zum Einspruchsverfahren des Klägers hinzugezogen worden ist. Die Hinzuziehung begründet nicht die Klagebefugnis des Hinzugezogenen. Dafür genügt insbesondere nicht, dass dem Einspruchsbegehren des Hauptbeteiligten nicht entsprochen worden ist. Beratungshinweis: Ausdrückliche Benennung des Einspruchsführers Es ist unbedingt darauf zu achten, dass die Einspruchsführer in Fällen der Zusammenveranlagung ausdrücklich im Schreiben benannt werden, da sich anderenfalls für den nichtgenannten Ehegatten negative steuerliche Folgen ergeben.      R.36 Abs.1 S.1 KStR lautet: „Eine verdeckte Gewinnausschüttung ist eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist, sich auf die Höhe des Unterschiedsbetrags i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG (= Gewinn) auswirkt und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Gewinnausschüttung steht.“       § 43 Abs. 1 GmbHG       Ständige Rspr. des BFH, vgl. u.a. BFH-Urt. v. 7.12.1988 - I R 25/82, BStBl II 1989, 248; BFH-Urt. v. 17.5.1995 - I R 147/93, BStBl II 1996, 204; BFH-Beschl. v. 5.9.2023 - VIII R 2/20, BFH/NV 2024, 9, Rz 17, m.w.N.       BFH-Urt. v. 17.5.1995 - I R 147/93, BStBl II 1996, 204       BFH-Urt. v. 7.8.2002 - I R 2/02; BStBl II 2004, 131       Ständige Rspr., z.B. BFH-Urt. v.14.2.2022 - VIII R 29/18, BStBl II 2022, 544, Rz 12; BFH-Urt. v. 10.12.2019 - VIII R 2/17, BStBl II 2020, 679, Rz 24       Vgl. z.B. BFH-Urt. v. 16.12.2014 - VIII R 30/12, BStBl II 2015, 858, Rz 42 m.w.N.       Vgl. H 37 KStR       Hessisches FG, Urt. v.14.12.2020 - 9 K 1266/17, EFG 2021, 377 m. Anm. Köster       BFH-Urt. v. 17.7.2008 - I R 83/07, BFH/NV 2009, 417; zur privaten Nutzung eines Flugzeugs BFH-Urt. v. 22.12.2010 - I R 47/10, BFH/NV 2011, 1019, Rz 18       In diesem Zusammenhang hat der BFH bereits entschieden, dass die unentgeltliche, ganzjährige Nutzungsüberlassung einer spanischen (Ferien-)Immobilie beim nutzungsberechtigten Gesellschafter zu einer vGA nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG führen kann - BFH-Urt. v. 12.6.2013 - I R 109-111/10, BStBl II 2013, 1024, Rz 12 f.       Vgl. BFH-Urt. v. 28.2.1990 - I R 156/86, BStBl II 1990, 696, unter II.A.1.a       Handeln in fremdem Namen; vgl. BFH-Urt. v. 20.12.2006 - X R 38/05, BStBl II 2007, 823, unter B.I.1., m.w.N.; vgl. auch BFH-Urt. v. 27.11.1984 - VIII R 73/82, BStBl II 1985, 296, unter I.1.c; BFH-Urt. v. 30.10.1997 - III R 27/93, BFH/NV 1998, 942, unter 1.       Vgl. BFH-Urt. v. 27.11.1984 - VIII R 73/82, BStBl II 1985, 296