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Prof. Dr. Bert Kaminski, Helmut Schmidt Universität - Universität der Bundeswehr Hamburg
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Jahrgang: 2016 . Seite: 1
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Ausgewählte Änderungen durch das Steueränderungsgesetz 2015 und deren Auswirkungen in der Praxis I. Vorbemerkung Der Entwurf dieses Gesetzes wurde bereits im März 2015 unter dem Titel ... Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Protokollerklärung zum Gesetz zur A ...
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Dr. Norbert Bolz, Richter am FG a.D., Hannover
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Jahrgang: 2016 . Seite: 19
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Aufwendungen eines Arbeitnehmers für die Feier des Geburtstages und der Bestellung zum Steuerberater. BFH-Urt. v. 8.7.2015 - VI R 46/14, BStBl II 2015, 1013 I. Vorbemerkungen 1. Aufteilungsverbot Nach dem objektiven Nettoprinzip sind Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind, BA (§ 4 Abs. 4 EStG). In gleicher Weise sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sich ...
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Dipl.-Finw. Markus Perschon, Steuerberater, Escheburg
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Jahrgang: 2016 . Seite: 29
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Die Abzugsbeschränkung durch die gesetzliche Entfernungspauschale gilt für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte auch dann, wenn die jeweilige Hin- oder Rückfahrt durch ein Dienstgeschäft unterbrochen wird, gleichwohl aber als Ziel und Zweck der Fahrt das Erreichen der Wohnung oder der Betriebsstätte im Vordergrund steht ("Dreiecksfahrten"). Die für den Umweg entstand ...
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Dipl.-Finw. Markus Perschon, Steuerberater, Escheburg
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Jahrgang: 2016 . Seite: 39
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Ein Masterstudium ist jedenfalls dann Teil einer einheitlichen Erstausbildung, wenn es zeitlich und inhaltlich auf den vorangegangenen Bachelorstudiengang abgestimmt ist und das - von den Eltern und dem Kind - bestimmte Berufsziel erst darüber erreicht werden kann. BFH-Urt. v. 3.9.2015 - VI R 9/15, BFH/NV 2016, 113 I. Vorbemerkungen 1. Allgemeines Die ...
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Dipl.-Finw. Markus Perschon, Steuerberater, Escheburg
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Jahrgang: 2016 . Seite: 51
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Während eines mehrjährigen Auslandsaufenthalts zum Zwecke einer Berufsausbildung behält ein Kind seinen Wohnsitz in der Wohnung der Eltern im Inland im Regelfall nur dann bei, wenn es diese Wohnung zumindest überwiegend in den ausbildungsfreien Zeiten nutzt. Nicht erforderlich ist hingegen, dass das Kind den weit überwiegenden Teil der ausbildungsfreien Zeit im Inland verbringt. BFH-Urt. v. 23.6.201 ...
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Dipl.-Finw. Markus Perschon, Steuerberater, Escheburg
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Jahrgang: 2016 . Seite: 59
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Die Auswechselung der Gesellschafter aufgrund einer Anteilsübertragung betrifft grundsätzlich nur das Gesellschaftsverhältnis. Der Betrieb der Gesellschaft bleibt dadurch in der Regel unberührt. Die Übernahme der den Gesellschaftern durch die Anteilsübertragung entstehenden Kosten durch die Gesellschaft ist daher regelmäßig ...
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Dr. Michael Messner, Notar, RA, FAStR u. FAErbR, Hannover
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Jahrgang: 2016 . Seite: 69
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Eine Steuerbefreiung nach § 13 Abs. 1 Nr. 4 c ErbStG für ein Familienheim scheidet aus, wenn der Erwerber von vornherein gehindert ist, die Wohnung in dem von Todes wegen erworbenen Einfamilienhaus für eigene Zwecke zu nutzen und deshalb auch tatsächlich nicht einzieht. BFH-Urt. v. 23.6.2015 - II R 13/13, BFH/NV 2015, 1644 Ein Familienheim i.S.d. § 13 Abs. 1 Nr. 4 c S. 1 ErbStG setzt ...
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AktStR: Dr. Norbert Bolz, Richter am FG a.D., Hannover, 2016 S. 81: Auslegungsfehler und offenbare Unrichtigkeit Auslegungsfehler und offenbare Unrichtigkeit Dr. Norbert Bolz, Richter am FG a.D., Hannover Jahrgang: 2016 . Seite: 81 Zur PDF-Fassung dieses Beitrages. Fehler bei der Auslegung oder (Nicht-)Anwendung einer Rechtsnorm schließen die Annahme einer offenbaren Unrichtigkeit und damit die Anwendung des § 129 AO aus. § 129 AO ermöglicht auch dann nicht die Berichtigung "vermeintlicher" mechanischer Fehler des Steuerpflichtigen, welche tatsächlich auf der unzutreffenden Anwendung einer Rechtsnorm beruhen, wenn sie aus der Sicht der den Fehler übernehmenden Finanzbehörde als offenbare Unrichtigkeiten erscheinen mögen. BFH-Urt. v. 16.9.2015 - IX R 37/14, BStBl II 2015, 1040 I. Vorbemerkungen 1. Merkmale einer offenbaren Unrichtigkeit Grds. sind die Beteiligten eines Steuerschuldverhältnisses (also i.d.R. Stpfl. und FA) an einen einmal bekannt gegebenen VA gebunden (§ 124 AO). Der Stpfl. soll auf das Bekanntgegebene vertrauen können; die Finanzbehörde darf den VA nicht mehr frei durch eine abweichende anderweitige Regelung ersetzen. Von diesem Grundsatz macht § 129 AO eine Ausnahme für die Fälle, in denen ein VA offenbar unrichtig ist. Hier hält der Gesetzgeber das Vertrauen in den Fortbestand des erkennbar Unrichtigen für nicht schutzwürdig. Damit haben die Gebote der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und der objektiven Richtigkeit den Vorrang vor den Grundsätzen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes. Nach § 129 AO kann die Finanzbehörde Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines VA unterlaufen sind, jederzeit berichtigen. Dies setzt grds. voraus, dass der Fehler in der Sphäre der Finanzbehörde entstanden ist, die den VA erlassen hat. Offenbar ist eine Unrichtigkeit dann, wenn der Fehler bei Offenlegung des Sachverhalts für jeden unvoreingenommen Dritten klar und deutlich erkennbar, eindeutig oder augenfällig ist. Auf ein etwaiges Verschulden kommt es nicht an. Die Vorschrift stellt andere offenbare Unrichtigkeiten Schreib- und Rechenfehlern gleich. Der Gesetzgeber setzt damit voraus, dass derartige offenbare Unrichtigkeiten in ähnlicher Weise offenbar sind wie Schreib- und Rechenfehler. Der BFH verlangt daher, dass es sich insoweit um einen "mechanischen" Fehler handelt, der ebenso "mechanisch", also ohne weitere Prüfung, erkannt und berichtigt werden kann. Demgegenüber eröffnen Fehler in der Rechtsanwendung keine Berichtigungsmöglichkeit nach § 129 AO. 2. Rechtsprechung des BFH Ähnliche offenbare Unrichtigkeiten hat der BFH z.B. angenommen bei Fehlern in der Sachverhaltsermittlung, wenn diese auf bloßer Unachtsamkeit beruhen bei Ablese-, Auswertungs- oder Übertragungsfehlern, z.B. beim Auslesen der Steuertabelle oder durch Verwechslung von DM und EUR beim Übersehen von Erklärungen des Stpfl. oder von Behörden, z.B. einen übersehenen Bp-Bericht bzw. Teile davon. wenn das FA eine Tatsache aus bloßer Unachtsamkeit, z.B. durch Flüchtigkeit oder das Übersehen einer erkennbaren Tatsache, nicht berücksichtigt. Bei der Nichtberücksichtigung feststehender Tatsachen differenziert der BFH: Beruht der Grund hierfür auf Unachtsamkeit des Sachbearbeiters und liegt der Grund offen zutage, qualifiziert er dies als ein auf Flüchtigkeit beruhendes Übersehen einer Tatsache, dass er wie Verschreiben, Verrechnen oder Vergreifen als offenbare Unrichtigkeit wertet. Hingegen ist § 129 AO dann nicht anwendbar, wenn die ernsthafte - nicht nur theoretische - Möglichkeit besteht, dass Fehler in der Rechtsanwendung vorliegen. 3. Vom BFH zu entscheidende Rechtsfrage Der BFH hatte jetzt über folgende Rechtsfrage zu befinden: Ermöglicht § 129 AO Fehler des Stpfl. zu berichtigen, die auf einer unzutreffenden Rechtsauffassung beruhen, wenn sie aus der Sicht der den Fehler übernehmen Finanzbehörde als offenbare Unrichtigkeit erscheinen? II. BFH-Urt. v. 16.9.2015 - IX R 37/14, BStBl II 2015, 1040 1. Sachverhalt Der Kl. erzielte im Streitjahr 2005 u.a. Einkünfte aus Stillhaltergeschäften. Dabei räumt der Stillhalter dem Optionsnehmer gegen eine Prämie das Recht ein, eine bestimmte Anzahl eines Basiswerts zu kaufen oder zu verkaufen. Dabei hat der Anleger bis zur Fälligkeit die Möglichkeit, die eingegangene Option durch ein Gegengeschäft vorzeitig durch Glattstellung zu beenden oder anschließend den Basiswert zu übernehmen oder abzugeben. Solche Geschäfte sind mit einem erheblichen Risiko behaftet. Die Höhe wurde von der mit der Abwicklung der Geschäfte beauftragten Bank ermittelt und deren Umfang in einer sechsseitigen Einzelumsatzaufstellung dargestellt. Die Bank überschrieb die Aufstellung, in der die Einnahmen den WK gegenübergestellt und das steuerliche Ergebnis errechnet worden sind, mit den Worten "Zusammenfassung nach § 22 EStG (Stillhaltergeschäfte)". Der steuerliche Berater des Kl. ordnete die - nicht dem Halbeinkünfteverfahren unterliegenden - Einkünfte aus Stillhaltergeschäften i.H.v. 41.295 EUR den Einkünften aus "privaten Veräußerungsgeschäften" i.S.d. §§ 22 Nr. 2, 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 EStG in der im Streitjahr gültigen Fassung zu. Die - nach Saldierung mit weiteren Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften i.H.v. ./. 186 EUR - ermittelten Einkünfte i.H.v. 41.109 EUR erfasste er unter der Kennziffer 116 auf der Rückseite der Anlage SO. Auf der Vorderseite der Anlage SO, auf der der Stpfl. aufgefordert wird, "Einnahmen aus Stillhaltergeschäften im Optionshandel" einzutragen, nahm der steuerliche Berater des Kl. keine Eintragung vor. Der Eintragung unter Kennziffer 116 wurde maschinenschriftlich der Vermerk "s. Ergänzung zur Anlage SO" hinzugefügt. Der ESt-Erklärung des Kl. war eine "Ergänzungsliste zur Anlage SO" beigefügt, die mit "private Veräußerungsgeschäfte - Weitere Veräußerungen Andere Wirtschaftsgüter" überschrieben war. Da im Zeitpunkt der Erstellung der Steuererklärung die steuerrechtliche Behandlung von Stillhaltergeschäften höchstrichterlich noch nicht geklärt war, ordnete der steuerliche Berater des Kl. diese nach eingehender rechtlichen Wertung den privaten Veräußerungsgeschäften unter Kennziffer 116 der Anlage SO zu. Nachdem der Kl. auf Anfrage des FA weitere Erläuterungen zu den in seiner Steuererklärung angegebenen Kapitaleinkünften nachgereicht hatte, hakte die Sachbearbeiterin des FA den unter Kennziffer 116 eingetragenen Betrag i.H.v. 41.109 EUR ab und nahm auf der Rückseite der Anlage SO mit brauner Farbe folgende Eintragung vor: "HEV ./. 187 lt. Ergänzungsliste". Durch das Belassen der Einkünfte aus dem Stillhaltergeschäft in dem unter Kennziffer 116 eingetragenen Gesamtbetrag wurden die insoweit erzielten Einkünfte im ESt-Bescheid für 2005 bei den Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften im dort angesetzten Gesamtbetrag von 40.759 EUR berücksichtigt und kamen dadurch mit einem Verlustvortrag aus Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften in gleicher Höhe zur Verrechnung. Im Zuge einer beim Kl. durchgeführten Ap änderte das FA 2011 den bestandskräftigen ESt-Bescheid nach § 129 AO und ordnete die Einkünfte aus den Stillhaltergeschäften den Einkünften aus Leistungen i.S.d. § 22 Nr. 3 EStG i.H.v. 45.488 EUR zu. Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage wies das FG ab. Sachverhalt in tabellarisch zusammengefasster Form Kl. Natürliche Person 2005 Erzielung von Einkünften aus Stillhaltergeschäften 2007 StB des Kl. erklärt diese als Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften (§ 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 EStG), sodass eine Verrechnung mit entsprechenden Verlustvorträgen erfolgen konnte, und nicht als sonstige Leistungen (§ 22 Nr. 3 EStG), die keine Verlustverrechnung ermöglicht hätten. Prüfung durch FA ohne Beanstandung --> Bescheid wird später bestandskräftig 2011 FA: Änderung nach § 129 AO FG Änderung zulässig. § 129 AO ist auch anwendbar, wenn das FA fehlerhafte Angaben des Stpfl. übernimmt 2. Entscheidung und Begründung Auf die Rev. des Kl. hob der BFH das Urt. der Vorinstanz auf und gab der Klage statt. Hierfür waren im Wesentlichen folgende Gründe maßgebend: § 129 AO ermöglicht dem Grunde nach die Berichtigung offenbarer Unrichtigkeiten, die der Finanzbehörde beim Erlass eines VA unterlaufen. Die Vorschrift gilt dagegen nicht für Versehen des Stpfl. oder eines anderen Beteiligten, es sei denn, ein solches Versehen wird von der Finanzbehörde als eigenes in den VA übernommen. Unstreitig ist dem Kl. vorliegend kein Fehler i.S.d. § 129 AO unterlaufen. Vielmehr hat der steuerliche Berater des Kl. i.R.d. Zuordnung der Stillhaltergeschäfte zu den "privaten Veräußerungsgeschäften" i.S.d. § 23 EStG umfangreiche rechtliche Erwägungen angestellt, als er die Zuordnungsfrage intern mit der Mitarbeiterin seiner Kanzlei, die für die Erstellung der ESt-Erklärung verantwortlich war, erörtert hat. Damit fehlt es an offenbar fehlerhaften Angaben des Stpfl., die das FA als eigene (mechanische) Fehler hätte übernehmen können. Ein mechanisches Versehen auf Seiten der Sachbearbeiterin des FA ist ebenso wenig erkennbar. Vielmehr ist aus ihren Prüfervermerken zweifelsfrei zu entnehmen, dass sie den unter Kennziffer 116 vom Kl. eingetragenen Betrag i.H.v. 41.109 EUR durch Saldierung der Gewinne und Verluste, die der Kl. in der seiner ESt-Erklärung beigefügten "Ergänzungsliste zur Anlage SO" aufgeführt hat, nachvollzogen hat. Da eine solche Saldierung nur dann in Betracht kommt, wenn die saldierten Geschäftsvorfälle das gleiche steuerrechtliche Schicksal teilen, ist die Möglichkeit nicht auszuschließen, dass die Sachbearbeiterin in diesem Zusammenhang einem Denkfehler unterlegen ist. III. Anmerkungen 1. Allgemeines Die Berichtigungsnorm des § 129 AO hat janusköpfigen Charakter: Wirkt sich die Berichtigung zulasten des Stpfl. aus, wird das FA bestrebt sein, die dem Steuerbescheid anhaftende offenbare Unrichtigkeit zeitnah zu beseitigen. Führt die Berichtigung dagegen zu einer Steuerherabsetzung, dürfte der Stpfl. in aller Regel an einer möglichst schnellen Korrektur des fehlerhaften Bescheids interessiert sein. Soweit der Finanzbehörde die offenbare Unrichtigkeit nicht selbst auffällt, muss der Stpfl. bedenken, dass ein entsprechender Berichtigungsantrag spätestens bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist gestellt werden muss. Hinweis Für § 129 AO gilt eine besondere Ablaufhemmung. Soweit beim Erlass eines Steuerbescheids eine offenbare Unrichtigkeit unterlaufen ist, endet die Festsetzungsfrist insoweit nicht vor Ablauf eines Jahres nach Bekanntgabe dieses Steuerbescheids, § 171 Abs. 2 AO. Beispiel Die ESt-Erklärung 2008 wurde am 20.9.2011 abgegeben. Der (offenbar unrichtige) Steuerbescheid für 2008 wurde am 2.4.2015 bekannt gegeben. Lösung Die (reguläre) Festsetzungsfrist ist am 31.12.2015 abgelaufen (§ 169 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 AO i.V.m. § 170 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO). Soweit der Bescheid offenbar unrichtig ist, kann er jedoch noch bis zum 2.4.2016 geändert werden. Insoweit greift die partielle Ablaufhemmung des § 171 Abs. 2 AO ein. Wird ein Steuerbescheid mehrfach geändert und haftet jedem Änderungsbescheid die bereits im Ursprungsbescheid vorhandene offenbare Unrichtigkeit an, kommt es für die Berechnung der Frist nur auf den ursprünglichen Bescheid an, der das Versehen erstmals enthielt. 2. Ermessen Nach dem Wortlaut der Vorschrift kann die Finanzbehörde den offenbar unrichtigen VA jederzeit berichtigen. Damit steht die Berichtigung grds. im Ermessen der Finanzbehörde. Wegen des Grundsatzes der Gleichmäßigkeit der Besteuerung ist das Ermessen jedoch i.d.R. auf Null reduziert, sodass die Finanzbehörde daher - zu Gunsten wie zulasten des Stpfl. - zur Berichtigung verpflichtet ist. Grundsätzlich bedürfen Ermessensentscheidungen zwar einer Begründung (vgl. § 5 AO i.V.m. § 121 Abs. 1 AO); da jedoch das dem FA durch § 129 S. 1 AO eingeräumte Ermessen aufgrund der für den Regelfall gegebenen Berichtigungspflicht vorgeprägt ist, bedarf es bei unzweifelhaft gegebener Berichtigungspflicht keiner weiteren Begründung der Berichtigungsentscheidung. In diesen Fällen ist es erforderlich und ausreichend, wenn die Finanzbehörde die im Einzelfall gegebene offenbare Unrichtigkeit und ihre steuerlichen Auswirkungen bezeichnet. Die Berichtigungsbefugnis entfällt ausnahmsweise nach den allgemeinen Grundsätzen von Treu und Glauben bzw. unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung, wenn die offenbare Unrichtigkeit ausschließlich auf einen Fehler des FA zurückgeht und die Berichtigung das schutzwürdige Vertrauen des Stpfl. verletzen würde. Darüber hinaus räumt § 129 S. 2 AO dem Stpfl. bei berechtigtem Interesse einen Anspruch auf Berichtigung ein ("ist" zu berichtigen). Ein solches Interesse wird i.d.R. vorliegen, wenn der unrichtige VA Bindungswirkung für andere VA'e hat oder wenn sich die Unrichtigkeit auf die Höhe der Steuerfestsetzung auswirkt. 3. "Sphärentheorie" Die Berichtigungsmöglichkeit nach § 129 AO setzt grds. voraus, dass die dem VA anhaftende offenbare Unrichtigkeit ihre Ursache in der Sphäre des FA hat, der Fehler somit der Finanzbehörde zuzurechnen ist. Hierfür spricht bereits der Wortlaut der Vorschrift ("Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsakts unterlaufen sind"). Da somit die Berichtigungsnorm sowohl nach ihrem Wortlaut als auch nach Sinn und Zweck nicht für Versehen des Stpfl. gilt, vertritt der BFH in ständiger Rspr. die Auffassung, dass Fehler des Stpfl. in seiner Steuererklärung für sich allein grds. keine Berichtigung nach § 129 AO rechtfertigen. Hinweis Eine Ausnahme gilt in Fällen der Selbstveranlagung. So hat der Stpfl. bei Steueranmeldungen die Steuer selbst zu berechnen (vgl. § 18 Abs. 3 UStG). Unterläuft ihm hierbei ein Rechenfehler, der mangels Nachprüfung der Selbsterrechnungserklärung durch das FA unentdeckt bleibt, ist das FA gem. § 129 AO zur Berichtigung verpflichtet. Eine weitere Ausnahme von dem Grundsatz, dass Fehler in der Steuererklärung keine Berichtigung nach § 129 AO eröffnen, macht der BFH für den Fall, dass die Fehlerhaftigkeit der Angaben für das FA erkennbar ist, das FA damit also eine offenbare Unrichtigkeit der Steuererklärung als eigene übernimmt. 4. Erwägungen des BFH Der BFH weist aber im Rezensionsurteil zutreffend darauf hin, dass bereits die von der Rspr. anerkannte Berücksichtigung derartiger "Übernahmefehler" über den Wortlaut der Norm hinausgeht. Eine noch weitergehende Berichtigungsmöglichkeit für "vermeintlich" mechanische Fehler, die als solche von § 129 AO gar nicht erfasst sind, sondern lediglich aus Empfängersicht als offenbare Unrichtigkeit erscheinen mögen, ist nach Auffassung des BFH weder vom Wortlaut noch vom Zweck der Regelung des § 129 AO gedeckt. Dem ist zuzustimmen. Im Streitfall scheiterte die Anwendbarkeit des § 129 AO bereits daran, dass der Kl. keine offenbar fehlerhaften Angaben gemacht hatte, die das FA als eigene (mechanische) Fehler hätte übernehmen können. Vielmehr hatte sich der StB des Kl. - unstreitig - in die rechtliche Thematik der steuerlichen Einordnung von Stillhaltergeschäften vertieft und war hierbei zu einer falschen Rechtsauffassung gekommen, indem er die streitigen Stillhaltergeschäfte seines Mandanten nicht den Einkünften aus sonstigen Leistungen gem. § 22 Nr. 3 EStG, sondern den Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften gem. § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 Nr. 2, 4 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung zuordnete. Kein ungewöhnlicher Fehler, war doch die steuerliche Behandlung derartiger Geschäfte damals hoch umstritten und höchstrichterlich noch nicht geklärt. Dies ist vielmehr erst durch die Entscheidung des BFH v. 17.4.2007 geschehen. Daher war die Eintragung durch den StB nach bestem Wissen und Gewissen erfolgt. Zu Recht geht der BFH im Rezensionsfall darüber hinaus davon aus, dass vorliegend auch der Sachbearbeiterin des FA bei der Übernahme der Angaben des Stpfl. kein "mechanisches" Versehen unterlaufen ist. Denn aus den Steuerakten ist ersichtlich, dass sie den vom Kl. ermittelten Saldo seiner Stillhaltergeschäfte i.H.v. 41.109 EUR (= Gewinne i.H.v. 41.295 EUR abzgl. Verluste i.H.v. 186 EUR) in den Steuerbescheid übernommen hat. Der Schluss des BFH, dass nur Beträge miteinander saldiert werden können, die das gleiche steuerrechtliche Schicksal teilen, ist denklogisch nicht zu beanstanden. Bereits die nicht auszuschließende Möglichkeit, dass die Sachbearbeiterin hierbei (unzutreffende) rechtliche Erwägungen angestellt hat, lässt die Anwendung des § 129 AO scheitern. Hinweis Die Praxis zeigt, dass eine zutreffende Abgrenzung von möglichen "mechanischen" Fehlern und Fehlern bei der Rechtsanwendung in aller Regel nur nach Einsichtnahme in die Steuerakten des FA vorgenommen werden kann. Es sollte daher in Berichtigungsfällen nach § 129 AO stets Akteneinsicht in die Verwaltungsvorgänge des FA beantragt werden. Diese ist vom FA zu gewähren. BFH-Urt. v. 8.4.1987 - II R 236/84, BStBl II 1988, 164 BFH-Urt. v. 17.6.1994 - IV R 9/02, BFH/NV 2004, 1505 BFH-Urt. v. 29.3.1990 - V R 27/85, BFH/NV 1992, 711 m.w.N. BFH-Urt. v. 9.12.1998 - II R 9/96, BFH/NV 1999, 899 BFH-Urt. v. 29.3.1985 - VI R 140/81, BStBl II 1985, 569 BFH-Urt. v. 19.8.2008 - IX R 71/07, BStBl II 2009, 13 BFH-Urt. v. 4.8.1988 - IV R 78/86, BFH/NV 1989, 281 BFH-Urt. v. 29.3.1985 - VI R 140/81, BStBl II 1985, 569; im Streitfall hatte das FA erklärte Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, von denen kein LSt-Abzug vorgenommen worden war, nicht berücksichtigt. BFH-Urt. v. 5.2.1998 - IV R 17/97, BStBl II 1998, 535 Diese sieht an dieser Stelle im Feld "Private Veräußerungsgeschäfte - Andere Wirtschaftsgüter" Eintragungen für nicht dem Halbeinkünfteverfahren unterliegende "Gewinne/Verluste aus weiteren Veräußerungen von anderen Wirtschaftsgütern" des Stpfl. vor. FG München, Urt. v. 4.6.2014 - 1 K 1333/12, Juris BFH-Urt. v. 8.3.1989 - X R 116/87, BStBl II 1989, 531 BFH-Urt. v. 11.7.2007 - XI R 17/05, BFH/NV 2007, 1810 BFH-Urt. v. 28.10.1992 - II R 111/89, BFH/NV 1993, 637 Vgl. Tipke/Kruse, AO/FGO, § 129 Rz 31 BFH-Urt. v. 24.10.1984 - II R 30/81, BStBl II 1985, 218, in einem Fall, in dem eine zunächst nicht bestehende Unrichtigkeit erst durch das Verhalten eines entscheidungsbefugten Bediensteten des FA herbeigeführt und insoweit in besonderem Maße der Anschein hervorgerufen worden war, der unrichtige VA sei tatsächlich so gewollt gewesen. BFH-Urt. v. 24.7.1984 - VIII R 304/81, BStBl II 1984, 785 BFH-Urt. v. 26.7.1979 - V R 108/76, BStBl II 1980, 18, in einem Fall, in dem der Stpfl. aufgrund eines Rechenfehlers eine zu hohe USt-Schuld ermittelt hatte. Nach Auffassung des BFH ist die Selbsterrechnungserklärung gewissermaßen der Entwurf einer Steuerberechnung, den der Stpfl. aufgrund der gesetzlich abgedeckten Aufgabenverlagerung dem FA zu liefern hat. Bei dieser Vorgehensweise wirke ein mechanischer Fehler, der dem Stpfl. hierbei unterläuft und den das FA nicht erkennt, quasi in die Steuerfestsetzung des FA lt. Selbsterrechnungserklärung hinein. Damit werde der Fehler des Stpfl. zu einem Fehler des FA. BFH-Urt. v. 4.6.2008 - X R 47/07, BFH/NV 2008, 1801 BFH-Urt. v. 17.4.2007 - IX R 40/06, BStBl II 2007, 608; die Veröffentlichung im BStBl erfolgte am 31.8.2007 Siehe Koenig/Intemann, Komm. zur Abgabenordnung, 3. Aufl., § 129 Rz 48
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Dirk Krohn, Steueroberamtsrat, Burg/Dithmarschen
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Jahrgang: 2016 . Seite: 91
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Die Finanzbehörde darf sich erst dann unmittelbar an andere Personen als den Beteiligten (sog. Dritte) wenden, wenn sie es i.R.e. vorweggenommenen Beweiswürdigung aufgrund konkret nachweisbarer Tatsachen als zwingend ansieht, dass der Versuch der Sachverhaltsaufklärung durch den Beteiligten ...
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