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Über das AktStR
Heft-Nr.
3 / 2024 (10)
Rubrik
Einspruchsmuster (10)
Rechtsgebiet
ReBe/Mustereinsprüche (10)
Berücksichtigung negativer Anschaffungskosten
AktStR: Dirk Krohn, Steueroberamtsrat, Burg/Dithmarschen, 2018 S. 599: Berücksichtigung negativer Anschaffungskosten Berücksichtigung negativer Anschaffungskosten|UmwStG Dirk Krohn, Steueroberamtsrat, Burg/Dithmarschen Jahrgang: 2018 . Seite: 599 Zur PDF-Fassung dieses Beitrages. Die Minderung der Anschaffungskosten des Einbringenden nach § 20 Abs. 7 S. 3 UmwStG 2002 durch Entnahmen im Rückwirkungszeitraum kann auch zu einem negativen Wert führen. BFH-Urt. v. 7.3.2018 - I R 12/16, BFH/NV 2018, 1063 I. Vorbemerkungen 1. Einbringung in Kapitalgesellschaften Die Gründe, weshalb Stpfl. ihr Vermögen in eine KapG einbringen wollen, können vielfältig sein. Sicherlich spielen bei dieser Entscheidung auch steuerliche Motive eine Rolle, z.B. Ausnutzung des Teileinkünfteverfahrens oder des § 8 b KStG. Des Weiteren können auch außersteuerliche Motive dafür ausschlaggebend sein, z.B. insb. die Einschränkung der Gesellschafterhaftung. Vor diesem Hintergrund gewinnen die §§ 20 - 23 UmwStG besondere Bedeutung, da sie die Voraussetzungen der (wahlweisen) steuerneutralen Einbringung von Vermögensteilen in eine KapG regeln. Dabei ist das Ziel des UmwStG, die Unternehmensumwandlung i.d.R.steuerneutral vorzunehmen, wenn die Besteuerung der eingebrachten stillen Reserven auch künftig sichergestellt ist. Diese Intention wird durch §§ 20 - 23 UmwStG besonders deutlich. Denn sind deren Tatbestandsmerkmale erfüllt, hat die aufnehmende KapG ein Bewertungswahlrecht und der Einbringende einen dazu korrespondierenden Veräußerungspreis seines BV und AK der i.R.d. Einbringung erhaltenen Anteile. a) Einbringungsformen Für die Anwendung der §§ 20 und 21 UmwStG ist es unerheblich, ob die Einbringung auf einer Einzel- oder Gesamtrechtsnachfolge beruht (§ 1 Abs. 3 Nr. 1 - 5 UmwStG). b) Anwendung der §§ 20 ff.UmwStG Die Anwendung der Vorschrift des § 20 UmwStG ist an folgende Voraussetzungen geknüpft: qualifizierter Einbringungsgegenstand. Dafür kommen in Betracht: ein Betrieb oder ein Teilbetrieb, ein MU-Anteil oder der Teil eines MU-Anteils mehrheitsvermittelnde oder mehrheitsverstärkende Anteile an einer KapG i.S.d. § 21 Abs. 1 S. 2 UmwStG Einbringung in eine unbeschränkt stpfl. KapG oder eine EU/EWR-KapG; Der Einbringende muss für die Sacheinlage neue Anteile an der aufnehmenden Gesellschaft erhalten; neben den neuen Anteilen können gem. § 20 Abs. 2 S. 4 UmwStG aber auch andere WG (sonstige Gegenleistungen) in eingeschränktem Umfang gewährt werden. In diesem Fall werden die AK der im Zuge der Einbringung erhaltenen Anteile gem. § 20 Abs. 3 S. 3 UmwStG gekürzt. c) Bewertungswahlrecht gem. § 20 UmwStG Der Grundregel des UmwStG folgend bestimmt § 20 Abs. 2 S. 1 HS 1 UmwStG, dass der übernehmende Rechtsträger das eingebrachte Vermögen (Betrieb, Teilbetrieb oder MU-Anteil) zum gemeinen Wert anzusetzen hat. Pensionsrückstellungen sind gem. § 6 a EStG zu bewerten. Damit unterbleibt insoweit die Aufdeckung stiller Lasten. Der Ansatz des gemeinen Werts erfolgt unabhängig von Ansatz und Bewertung in der HB. Eine Maßgeblichkeit besteht insoweit nicht. Die mit dem gemeinen Wert angesetzten WG gelten als von der übernehmenden Gesellschaft angeschafft, wenn die Einbringung im Wege der Einzelrechtsnachfolge erfolgt; anderenfalls tritt die übernehmende Gesellschaft unter Anpassung der AfA-BMG in die steuerliche Rechtsstellung des Einbringenden ein (§ 23 Abs. 4 UmwStG). Als Ausnahme vom Grundsatz "Ansatz zum gemeinen Wert" kann auf Antrag der übernehmenden Gesellschaft nach § 20 Abs. 2 UmwStG ein einheitlicher BW- oder Zwischenwertansatz vorgenommen werden. Voraussetzungen für einen solchen Antrag sind: Sicherstellung, dass das übernommene Vermögen später bei der übernehmenden Körperschaft der Besteuerung mit KSt unterliegt, das übernommene BV kein negatives Kapital ausweist und das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des eingebrachten BV nicht ausgeschlossen oder beschränkt wird. Gem. § 20 Abs. 3 S. 1 UmwStG gilt der Wert, mit dem die übernehmende KapG das eingebrachte BV ansetzt, für den Einbringenden zugleich als Veräußerungspreis und als AK der im Zuge der Einbringung erhaltenen Gesellschaftsanteile ( doppelte Rückverknüpfung). Bei einer Einbringung unter Ansatz der Buch- oder Zwischenwerte entstehen sog. sperrfristbehaftete erhaltene Anteile i.S.d. § 22 Abs. 1 UmwStG. d) Kein negatives Betriebsvermögen Das eingebrachte BV darf nicht negativ sein. In diesem Fall ist ein BW-Ansatz nicht mehr möglich, da die übernehmende Gesellschaft den Überhang der Passivposten durch Aufstockung der Aktiva ausgleichen muss. Der Wertansatz beträgt bei der KapG daher i.d.R. 0 EUR. Damit wird gesetzlich für diese Fälle der Zwischenwert als Untergrenze der Bewertung i.R.d. Einbringung festgelegt. Der aufgrund dieser Aufstockung resultierende Gewinn ist beim Einbringenden grds. nicht nach §§ 16 Abs. 4 und 34 EStG begünstigt. Die aufnehmende KapG muss die stillen Reserven mindestens soweit aufdecken, bis die Aktivwerte den Passivposten entsprechen. Durch diese Regelung soll verhindert werden, dass sich beim Einbringenden negative AK seiner Beteiligung ergeben. Nach Aufstockung betragen die AK immer 0 EUR. 2. Steuerliche Rückwirkungsfiktion Das Umwandlungssteuerrecht erlaubt in § 20 Abs. 5 S. 1 i.V.m. Abs. 6 UmwStG für die Einbringung einer qualifizierten Sachgesamtheit in Form eines Betriebs, Teilbetriebs oder MU-Anteils - abweichend von den allgemeinen ertragsteuerlichen Grundsätzen - einen personell, sachlich und zeitlich begrenzten Rückbezug: Danach sind das Einkommen und das Vermögen des Einbringenden und der übernehmenden Gesellschaft auf Antrag so zu ermitteln, als ob das eingebrachte BV mit Ablauf des - bei Maßnahmen nach dem UmwG max. acht Monate vor dem Zeitpunkt der HR-Anmeldung, i.Ü. max. acht Monate vor dem Übergang des wirtschaftlichen Eigentums am übertragenen BV liegenden - steuerlichen Übertragungsstichtags bzw. des Einbringungszeitpunkts auf die Übernehmerin übergegangen wäre. In konsequenter Fortführung dieser Fiktion läge es nahe, im Rückwirkungszeitraum zwischen steuerlichem Übertragungsstichtag und Vollzug der Einbringung stattfindende Entnahmen als vGA und Einlagen als verdeckte Einlagen in eine KapG zu beurteilen. Diese Rechtsfolge will der Gesetzgeber ausweislich § 20 Abs. 5 S. 2 UmwStG jedoch nicht ziehen: Danach gilt der Rückbezug hinsichtlich des Einkommens und Gewerbeertrags gerade nicht für Entnahmen und Einlagen im Interimszeitraum, d.h. insoweit wird bspw. der Betrieb noch als bestehend und der Einbringende als Entnehmender behandelt. Bilanziell vollzieht die übernehmende KapG diese gesetzliche Vorgabe dergestalt nach, dass im Fall einer Einlage in der (Eröffnungs-)Bilanz der übernehmenden KapG ein aktiver Ausgleichsposten bzw. im Fall einer Entnahme ein passiver Ausgleichsposten gebildet wird, gegen den jeweils im Zeitpunkt der tatsächlichen Einlage bzw. Entnahme erfolgsneutrale Verrechnungen erfolgen. Gleichzeitig vermindern (Entnahme) bzw. erhöhen (Einlage) sich die AK der erhaltenen Anteile gem. § 20 Abs. 5 S. 3 UmwStG um den BW des entnommenen WG bzw. um den relevanten Einlagewert des eingelegten WG. Problematisch ist die Konstellation, in der der BW aller Entnahmen im Rückwirkungszeitraum, saldiert mit dem Wert aller Einlagen, den BW der übertragenen Sachgesamtheit zum steuerlichen Übertragungsstichtag übersteigt ( Überentnahmen). Dann stellt sich die Frage, ob die Regelung des § 20 Abs. 5 S. 2 UmwStG auf das Antragswahlrecht der übernehmenden KapG zum Ansatz der übernommenen Sachgesamtheit mit Buch- oder Zwischenwerten durchschlägt, weil und soweit hierdurch negatives BV i.S.d. § 20 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 UmwStG entstünde. Sehen Teile der Literatur das Entstehen von negativen AK in diesen Fällen als Lösung an, hat die FinVerw ihre Auffassung in der Rn 20.19 des UmwSt-Erlasses klar niedergelegt. Danach kann ein negatives BV auch durch übermäßige Entnahmen aus dem einzubringenden BV entstehen, wenn diese im Rückwirkungszeitraum getätigt werden und das EK des Betriebs am steuerlichen Übertragungsstichtag übersteigen. Die Rückbeziehung gilt nach § 20 Abs. 5 S. 2 UmwStG nicht für Entnahmen und Einlagen, die nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag erfolgen. Zweck der Regelung in Rn 20.19 UmwSt-Erlass ist, die Annahme einer ansonsten eintretenden vGA bzw. verdeckten Einlage zu verhindern. Nach § 20 Abs. 5 S. 3 UmwStG sind die AK der im Zuge der Einbringung erhaltenen Anteile um den BW der Entnahmen zu vermindern und um den sich nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG ergebenden Wert der Einlagen zu erhöhen. Diese Auslegung führt auf Ebene des Einbringenden grds. zu einem stpfl. Einbringungsgewinn. 3. Vom BFH zu entscheidende Rechtsfrage In einer aktuellen Entscheidung hatte der BFH nunmehr über folgende Frage zu befinden: Kann die Minderung der Anschaffungskosten des Einbringenden nach § 20 Abs. 7 S. 3 UmwStG 2002 durch Entnahmen im Rückwirkungszeitraum auch zu einem negativen Wert führen? II. BFH-Urt. v. 7.3.2018 - I R 12/16, BFH/NV 2018, 1063 1. Sachverhalt Der Kl. ist GF und alleiniger Anteilseigner einer RA-GmbH. Am 30.8.2005 beschloss er eine Erhöhung des Stammkapitals der RA-GmbH von 25.000 EUR auf 26.000 EUR. Die neue Stammeinlage war als Sacheinlage durch Einbringung der RA-Einzelpraxis des Kl. zu leisten. Der steuerliche Übertragungsstichtag wurde auf den 2.1.2005 festgelegt. Wirtschaftlich ging das eingebrachte BV am 31.8.2005 auf die RA-GmbH über. Da der BW des einzubringenden BV zum steuerlichen Übertragungsstichtag negativ war (./. 56.750,70 EUR), wurde bei der RA-GmbH eine Forderung gegen den Kl. i.H.v. 56.750,70 EUR aktiviert. Der Kl. hatte sich insoweit in dem Gesellschafterbeschluss v. 30.8.2005 verpflichtet, eventuelle Kapitaldifferenzen auszugleichen. In dem Zeitraum vom 2. Januar bis zum 30. August 2005 (Rückwirkungszeitraum) wurden im Einzelunternehmen ein Gewinn i.H.v. 1.318.021,99 EUR erzielt und Einlagen in Geld i.H.v. 18.475,50 EUR sowie Entnahmen in Geld i.H.v. 463.614,15 EUR getätigt. Hinzu kamen Nutzungsentnahmen i.H.v. 13.227,32 EUR, sodass der Saldo aus Entnahmen und Einlagen im Rückwirkungszeitraum 458.365,97 EUR betrug. I.R.e. beim Kl. und der Beigeladenen für 2005 (Streitjahr) und 2006 durchgeführten Ap vertrat der Prüfer aufgrund des negativen BW des eingebrachten BV unter Bezugnahme auf § 20 Abs. 2 S. 4, Abs. 7 S. 3 und Abs. 4 S. 1 des UmwStG 2002 die Ansicht, dass der Saldo der im Rückwirkungszeitraum im Einzelunternehmen getätigten Entnahmen und Einlagen das BV unter Berücksichtigung der Einlageverpflichtung nicht mindern dürfe und entspr. höhere AK für das BV des eingebrachten Einzelunternehmens zu berücksichtigen seien. Demgemäß sei das BV der Beigeladenen als aufnehmende Gesellschaft zum 2.1.2005 um 458.365,97 EUR zu erhöhen. Auf Ebene des Kl. als Einbringenden ermittelte der Prüfer unter Hinweis auf § 20 Abs. 4 S. 1 UmwStG 2002 einen Veräußerungsgewinn gem. § 16 Abs. 2 S. 1 EStG i.H.v. 458.365 EUR. Dem folgte das FA mit Bescheid v. 29.3.2012 in der Weise, dass es entspr. der Vorgehensweise des Prüfers für das eingebrachte BV den vom Prüfer errechneten Zwischenwert unter Berücksichtigung der Entnahmen und Einlagen im Rückwirkungszeitraum zugrunde legte. Mit gleichem Datum wurden auch die weiteren inhaltlich von den Prüfungsfeststellungen betroffenen Bescheide geändert. Das Hessische FG wies die anschließend erhobene Klage ab. Sachverhalt in tabellarisch zusammengefasster Form Kl. Alleiniger Anteilseigner einer RA-GmbH und Inhaber einer RA-Einzelpraxis 2.1.2005 Durch Beschluss am 30.8.2005 wird die Einzelpraxis zum steuerlichen Übertragungsstichtag 2.1.2005 als Sacheinlage in die RA-GmbH eingebracht. 2005 BW des eingebrachten BV zum 2.1.2005 = - 56.750 Entnahmen/ Einlagen im Rückwirkungszeitraum (2.1. - 30.8.2005) = 458.365 FA / Bp Zusätzlich zum bisherigen Einbringungsgewinn von 56.750 (negatives BV zum 2.1.2005) sind weitere 458.365 als VÄG beim Kl. zu versteuern (§ 20 Abs. 5 S. 2 UmwStG) FG Abweisung der Klage. 2. Entscheidung und Begründung Der BFH hob das Urt. des FG mit im Wesentlichen folgender Begründung auf: Es ist keine Aufstockung für die im Rückwirkungszeitraum durch Entnahmen entstehenden Fehlbeträge vorzunehmen. § 20 Abs. 2 S. 4 UmwStG 2002 ist insoweit nicht teleologisch zu erweitern; die Vorschrift gibt nur eine Messung am steuerlichen Übertragungsstichtag vor, nicht für die darauffolgende Zeit. Der Wortlaut der Vorschrift ist insoweit eindeutig. Die Norm des § 20 Abs. 7 S. 3 UmwStG 2002 ist insoweit unzweifelhaft nur auf Einlagen und Entnahmen anzuwenden, die nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag erfolgen. Für diese sind die AK der Anteile - in Abweichung von § 20 Abs. 4 UmwStG 2002 - zu korrigieren. Ein "Mindestansatz " des eingebrachten BV ist insoweit nicht intendiert. Das Ergebnis der Rechnung nach § 20 Abs. 7 S. 3 UmwStG 2002 kann auch negativ sein. § 20 Abs. 7 S. 2 UmwStG 2002 tritt als Ausnahme speziell für Einlagen und Entnahmen neben anderen Regelungen auf. Der Zweck ist die Verhinderung von vGA, wenn Vorgänge im Rückwirkungszeitraum bei einer PersG als Entnahmen zu beurteilen gewesen wären. Der Entnahmezeitpunkt wird hingegen nicht verändert. III. Anmerkungen 1. Bedeutung der Entscheidung Zwar bezieht sich das Urt. auf das Streitjahr 2005 und damit auf das UmwStG 2002, also vor den Änderungen des UmwStG durch das SEStEG. Die Regelungen nach dem neuen UmwStG 2006 entsprechen jedoch inhaltlich den Vorgängervorschriften, sodass die Schlussfolgerungen des besprochenen Urteils auf die heutige Rechtslage übertragbar sind. 2. Einordnung der Entscheidung Das Besprechungsurteil thematisiert eine im Schrifttum seit langem diskutierte Problematik, die durch die Äußerungen der FinVerw im UmwSt-Erlass 2011 Rn 20.19, 3. Abs. zusätzliche Bedeutung erlangt hat. Ausgangspunkt ist die Vorschrift des heutigen § 20 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 UmwStG, die ein positives EK zum "steuerlichen Übertragungsstichtag" erfordert. Der BFH stellt klar, dass Umwandlungen und Einbringungen hinsichtlich der jeweiligen Voraussetzungen zeitpunktbezogen zu prüfen sind. Zum zumeist rückwirkenden Einbringungsstichtag wurden die in Frage kommenden Entnahmen tatsächlich noch nicht durchgeführt. Eine Rückbeziehung der Entnahmen auf den Einbringungsstichtag ergibt sich nach Auffassung des BFH gerade nicht aus der Regelung der Vorgängervorschrift des § 20 Abs. 5 S. 2 UmwStG. Der Wortlaut der Vorschrift sei eindeutig und könne auch nicht teleologisch erweitert werden. Konsequenterweise liegen negatives BV der übernehmenden KapG (erst) zum Zeitpunkt des (tatsächlichen zivilrechtlichen) Vollzugs der Einbringung und - wegen § 20 Abs. 5 S. 3 UmwStG - (ausnahmsweise) negative AK des Einbringenden in Bezug auf die erhaltenen Anteile vor. Da sich aus dem UmwStG kein allgemein gültiges Verbot negativer AK ergibt, könnten diese auch grds. anerkannt werden. Die Rspr. hat im Übrigen für im PV gehaltene Anteile negative AK zur Schließung einer sonst drohenden Besteuerungslücke schon für möglich erachtet. Auch die FinVerw bejaht negative AK in ihrem Anwendungsschreiben zur Abgeltungsteuer. Der spätere Veräußerungsgewinn fällt nach den Normen des § 20 Abs. 4 S. 1 HS. 1 EStG oder § 17 Abs. 2 S. 1 EStG umso höher aus, da dort die AK abzuziehen sind und sich rechnerisch ein größerer Veräußerungsgewinn ergibt. Aufgrund des Teil- einkünfteverfahrens (§ 3 Nr. 40 Buchst. c EStG) bzw. der Abgeltungsteuer (§ 32 d EStG) ist die steuerliche Auswirkung jedoch gemildert. 3. Darstellung anhand eines Beispiels Das folgende Beispiel soll die unterschiedlichen Rechtsauffassungen der FinVerw und des BFH sowohl auf Ebene der aufnehmenden Gesellschaft als auch auf Ebene des Einbringenden verdeutlichen. Das Einzelunternehmen des A wird mit Einbringungsvertrag vom 3.7.2018 (Eintragung im HR am 4.8.2018) mit Rückwirkung zum 1.1.2018 in die A-GmbH mit einem Stammkapital von 25.000 EUR eingebracht. In der Zeit zwischen dem 1.1.2018 und dem 4.8.2018 entnimmt A 100.000 EUR aus dem Einzelunternehmen. Im AV sind stille Reserven i.H.v. 200.000 EUR vorhanden. Schlussbilanz des Einzelunternehmens zum 31.12.2017 AV 100.000 EUR Kapital 25.000 EUR Bank 100.000 EUR Verbindlichkeiten 175.000 EUR 200.000 EUR 200.000 EUR Danach ergäbe sich zum 31.12.2017 folgende StBil der GmbH AV 100.000 EUR Gez. Kapital 25.000 EUR Bank 100.000 EUR Verbindlichkeiten 175.000 EUR 200.000 EUR 200.000 EUR Die Entnahmen aus dem Einzelunternehmen im Rückwirkungszeitraum sind nach § 20 Abs. 5 S. 2 UmwStG in der Buchführung der GmbH als Entnahmen zu behandeln, und dies wirkt nach Auffassung der FinVerw (Rn 20.19 UmwSt-Erlass) auf den Einbringungsstichtag zurück. Kapital lt. bisheriger Einbringungsbilanz 25.000 â abzgl. Entnahmen im Rückwirkungszeitraum 100.000 â negatives Kapital zum 31.12.2017 75.000 â Nun folgt nach Auffassung der FinVerw die Anwendung des § 20 Abs. 2 Nr. 2 UmwStG, die zur Aufdeckung von stillen Reserven von 75.000 EUR führt. Die StBil nach dieser Aufstockung würde wie folgt aussehen: 31.12.2017 StBil der GmbH nach Aufstockung AV 175.000 EUR Gez. Kapital 25.000 EUR Luftposten 25.000 EUR Ausgleichsposten 100.000 EUR Bank 100.000 EUR Verbindlichkeiten 175.000 EUR 300.000 EUR 300.000 EUR Der Ausgleichsposten zieht die Entnahmen im Rückwirkungszeitraum in die Bilanz zum Einbringungsstichtag vor. Der Luftposten ist zur Darstellung des BW nach § 20 Abs. 2 S. 2 UmwStG notwendig, da die Aufstockung bis zum handelsrechtlich notwendigen Kapitalausweis von 25.000 EUR in der StBil nicht nachzuvollziehen ist. Für A ergäbe sich ein Einbringungsgewinn von 75.000 EUR wie folgt: Wert des angesetzten BV bei der GmbH 100.000 EUR BW des eingebrachten Betriebs ./. 25.000 EUR Einbringungsgewinn 75.000 â Diesen Gewinn muss A als laufenden Gewinn aus Gewerbebetrieb der Besteuerung in 2017 unterwerfen. Für A ergeben sich AK der Anteile an der A-GmbH wie folgt: AK = Wert des angesetzten BV bei der GmbH 0 EUR Der BFH geht mit dem Besprechungsurt. einen anderen Weg. Der erkennende Senat behandelt zwar die Entnahmen ebenfalls nicht als vGA sondern als kapitalmindernd. Aber es erfolgt kein Zwang zur Aufdeckung auf einen Einbringungswert von 0 EUR. Somit kommt es nicht zu einem stpfl. Einbringungsgewinn bei dem Einbringenden A, und zwingend ergeben sich für ihn negative AK für die Anteile an der A-GmbH von 75.000 EUR. 4. Folgen für die Praxis Das Urt. weist deutlich über die spezielle Fragestellung des heutigen § 20 Abs. 5 S. 2 UmwStG hinaus. Es wird auch in anderen Bereichen aufgrund der - erneut - bejahten Zulässigkeit negativer AK weite Kreise ziehen. Die Reaktion der FinVerw bleibt abzuwarten. Beratungshinweis: Ausgleich eines durch überhöhte Entnahmen entstandenen negativen Kapitalkontos Entnahmen im Interimszeitraum zwischen dem steuerlichen Übertragungsstichtag und dem Zeitpunkt des Vollzugs der Einbringung sollten von Seiten der Stpfl. und deren Berater besondere Beachtung finden. Um jegliche Diskussionen mit der FinVerw von vornherein zu vermeiden, sollte - soweit darstellbar - vor dem Vollzug der Einbringung ein etwaiges durch die Überentnahmen entstandenes negatives Kapital mittels entsprechender, tatsächlich geleisteter Einlagen ausgeglichen werden. Denn nach der Regelung des § 20 Abs. 5 S. 2 UmwStG fällt der Saldo aus Entnahmen und Einlagen unter diese Vorschrift. Wird der Auffassung der FinVerw in Rn 20.19 des UmwSt-Erlasses gefolgt, ist der Saldo auf den Einbringungsstichtag zurückzubeziehen. Schließt sich die FinVerw der Rspr. des BFH an, bleibt dem Stpfl. bei Entnahmen im Rückwirkungszeitraum eine Zwangsaufdeckung stiller Reserven erspart. Die in der Folge dieser Rspr. mit negativen AK versehene Beteiligung wird allerdings zur "Zeitbombe" für den Stpfl., da sie in Zukunft zu einem steuerlichen Veräußerungsgewinn führen wird, der höher ist als der vom Erwerber gezahlte Kaufpreis - eine Folge der Definition des Veräußerungsgewinns des § 17 Abs. 2 S. 1 EStG. Einen in ferner Zukunft veräußernden Stpfl. - möglicherweise unentgeltlicher Rechtsnachfolger des heutigen Einbringenden - könnte eine solche steuerliche Folge unangenehm überraschen. Dies umso mehr, als es für die AK von Beteiligungen im PV keine formelle Feststellung oder Fortschreibung von AK gibt. Die "negativen AK" könnten in der Folge auch i.R.d. Anwendung anderer Vorschriften bisher ungeklärte Fragen aufwerfen. Will der Einbringende nach § 20 UmwStG z.B. seine erhaltenen Anteile in der Folge durch Anteilstausch nach § 21 UmwStG innerhalb der Sperrfrist des § 22 Abs. 1 UmwStG weiter übertragen, lässt § 22 Abs. 1 S. 6 Nr. 2 UmwStG dies sperrfristunschädlich zu, wenn u.a. der "BW", der hier als AK (§ 21 Abs. 2 S. 5 UmwStG) zu verstehen ist, angesetzt wird. Wie ist dieser zu bemessen? Heißt das, dass auf Ebene der übernehmenden KapG nach § 21 Abs. 1 S. 2 UmwStG die Beteiligung "auf der Passivseite" abzubilden ist? Ein Überschwappen der zunächst auf PV bezogenen Rechtsauffassung des BFH im Besprechungsurt. ins BV wäre allein aus diesem Grund schwer zu vermeiden, aber kaum durchzuführen. Die Entscheidung des BFH ist somit insgesamt zu begrüßen, lässt allerdings Folgefragen entstehen, die sich an die Annahme negativer AK knüpfen. Sog. Umwandlungssteuererlass, BMF-Schr. v. 11.11.2011 - IV C 2 - S 1978 - b/08/10001, BStBl I 2011, 1314 Rn 01.44 Vgl. Herlinghaus, in: Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 2. Aufl. 2013, § 20 Rz 239c; Menner, in: Haritz/Menner, UmwStG, 4. Aufl., 2015, § 20 Rz 670; Krohn/Schell, Ubg 2015, 197; Ott, GmbHR 2015, 918; Ott, Stbg 2016, 111 FG Hessen, Urt. v. 1.12.2015 - 4 K 1355/13, EFG 2016, 687 Ott, GmbHR 2015, 918 Dadurch entstehen für den Einbringenden negative AK für die sperrfristbehafteten erhaltenen Anteile. Krohn/Schnell, Ubg 2015, 197 Geändert durch das SEStEG v. 7.12.2006, BStBl I 2007, 4 Brühl, FR 2018, 448 BFH-Urt. v. 26.4.2006 - I R 49, 50/04, BStBl II 2006, 656 BMF-Schr. v. 18.1.2016 - IV C 1 - S 2252/08/10004:017, BStBl I 2016, 85 Rz 92
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