AktStR: Prof. Dr. H.-Michael Korth, WP/StB, Hannover, 2006 S. 1: BMF-Schreiben zum betrieblichen Schuldzinsenabzug gem. § 4 Abs. 4 a EStG BMF-Schreiben zum betrieblichen Schuldzinsenabzug gem. § 4 Abs. 4 a EStG Prof. Dr. H.-Michael Korth, WP/StB, Hannover Jahrgang: 2006 . Seite: 1 A. Vorbemerkungen § 4 Abs. 4 a EStG wurde als Reaktion des Gesetzgebers auf die Entscheidung des GrS des BFH zur Anerkennung des 2-Konten-Modells durch das StEntlG 1999/2000/2002 in das EStG eingefügt. Ziel der Gesetzesänderung war der Ausschluss des Abzugs von Schuldzinsen als BA, soweit sie auch nur indirekt durch Entnahmen ausgelöst sind. Nach der ursprünglichen Gesetzesfassung sollten über mehrere Konten abgewickelte betriebliche Zahlungsvorgänge rechnerisch zusammengefasst und - bei einem insgesamt negativen Bestand - in Abhängigkeit von den Entnahmen auf Grundlage der Zinsstaffelmethode in abziehbare und nicht abziehbare Schuldzinsen aufgeteilt werden. Aufgrund der einhelligen Kritik des Schrifttums, der Wirtschaft, der Steuerberater und der politischen Opposition wurde § 4 Abs. 4 a EStG vom Vermittlungsausschuss i.R.d. StBereinG 1999 wegen des damit verbundenen übermäßigen Verwaltungsaufwandes wie folgt neu formuliert: § 4 Abs. 4 a EStG "Schuldzinsen sind nach Maßgabe der Sätze 2 bis 4 nicht abziehbar, wenn Überentnahmen getätigt worden sind. ⊃2;Eine Überentnahme ist der Betrag, um den die Entnahmen die Summe des Gewinns und der Einlagen des Wirtschaftsjahres übersteigen. ⊃3;Die nicht abziehbaren Schuldzinsen werden typisiert mit 6 vom Hundert der Überentnahme des Wirtschaftsjahres zuzüglich der Überentnahmen vorangegangener Wirtschaftsjahre und abzüglich der Beträge, um die in den vorangegangenen Wirtschaftsjahren der Gewinn und die Einlagen die Entnahmen überstiegen haben (Unterentnahmen), ermittelt; bei der Ermittlung der Überentnahme ist vom Gewinn ohne Berücksichtigung der nach Maßgabe dieses Absatzes nicht abziehbaren Schuldzinsen auszugehen. ⁴Der sich dabei ergebende Betrag, höchstens jedoch der um 2.050 Euro verminderte Betrag der im Wirtschaftsjahr angefallenen Schuldzinsen, ist dem Gewinn hinzuzurechnen. ⁵Der Abzug von Schuldzinsen für Darlehen zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens bleibt unberührt. ⁶Die Sätze 1 bis 5 sind bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 sinngemäß anzuwenden; hierzu sind Entnahmen und Einlagen gesondert aufzuzeichnen." Die Aufzeichnungspflichten für Gewinnermittler nach § 4 Abs. 3 EStG sind gem. § 52 Abs. 11 S. 4 EStG erstmals ab dem 1.1.2000 zu erfüllen. Hinweis Die ursprünglich vorgesehene Möglichkeit der Korrektur der Einlagen und Entnahmen des letzten Quartals des vorhergehenden Wj wurde durch das StÄndG 2001 ab dem VZ 2001 aufgehoben. ÜberentnahmenÜberentnahmen Durch die Neuregelung wird der Schuldzinsenabzug als BA rückwirkend ab dem VZ 1999 eingeschränkt, soweit "Überentnahmen" getätigt werden und dadurch das Kapitalkonto negativ wird. Technisch erfolgt dies durch die Berücksichtigung von Unterentnahmen in den vorangegangenen Wj. Hintergrund ist die gesetzliche Fiktion, dass die Fremdfinanzierung solcher Überentnahmen - anders als die von Verlusten - grds. nicht betrieblich veranlasst ist . vorrangige Veranlassungsprüfungvorrangige Veranlassungsprüfung An der grds. Behandlung privat veranlasster Schuldzinsen hat auch die Neuregelung nichts geändert, d.h. es bleibt bei der vorrangigen Veranlassungsprüfung einzelner Zahlungsvorgänge in einem ersten Prüfschritt, ob also BA oder Entnahmen vorliegen. Nur soweit die betriebliche Veranlassung feststeht, ist in einem zweiten Prüfschritt der BA-Abzug nach § 4 Abs. 4 a EStG zu prüfen . Insoweit sind Zinsen für über betriebliche Konten finanzierte Privatentnahmen grds. aus der Berechnung nach § 4 Abs. 4 a EStG auszuklammern , was der X. Senat des BFH am 21.9.2005 ausdrücklich bestätigt hat . Die FinVerw hatte im BMF-Schr. v. 22.5.2000 zunächst zu grundlegenden Zweifelsfragen Stellung genommen. Das neue BMF-Schr. v. 17.11.2005 baut weitgehend darauf auf und behandelt insb. folgende Bereiche: - Betrieblich veranlasste Schuldzinsen - Begriffe Gewinn, Entnahme, Einlage - Auswirkung von Verlusten - Ermittlung des Hinzurechnungsbetrages - Schuldzinsen aus Investitionsdarlehen - Schuldzinsen bei Mitunternehmerschaften Das neue BMF-Schr. gibt Anlass, die mit dem betrieblichen Schuldzinsenabzug in Zusammenhang stehenden Probleme unter Einbeziehung der jüngsten Rspr. darzulegen und Beratungshinweise zu geben. B. BMF-Schr. v. 17.11.2005 - IV B 2 - S 2144 - 50/05, BStBl I 2005, 1091 I. Betrieblich veranlasste Schuldzinsen Zuordnung entsprechend der DarlehensverwendungZuordnung entsprechend der Darlehensverwendung Die FinVerw weist auf die bisher bekannten Grundsätze hin, dass sich die betriebliche Veranlassung von Schuldzinsen nach den vom BFH entwickelten Grundsätzen bestimmt . Schuldzinsen sind entsprechend dem tatsächlichen Verwendungszweck der Darlehensmittel dem betrieblichen Bereich oder der Privatsphäre zuzuordnen. Darlehen zur Finanzierung von Entnahmen sind nicht betrieblich veranlasst. gemischte Kontengemischte Konten Bei sog. "gemischten Konten" ist für die Ermittlung der als BA abziehbaren Schuldzinsen der Sollsaldo nach dem im BMF-Schr. v. 10.11.1993 dargestellten Verfahren aufzuteilen. Wie bereits im BMF-Schr. v. 22.5.2000 weist die FinVerw erneut darauf hin, dass es dem Stpfl. freisteht, zunächst dem Betrieb Barmittel ohne Begrenzung auf einen Zahlungsmittelüberschuss zu entnehmen und im Anschluss hieran betriebliche Aufwendungen durch Darlehen zu finanzieren, nach dem Vorbild des 2-Konten-Modells (Rz 4). Wenn dem Betrieb allerdings keine entnahmefähigen Barmittel zur Verfügung stehen und eine Entnahme erst dadurch möglich wird, dass ein Kredit aufgenommen wird, ist die Darlehensaufnahme außerbetrieblich veranlasst. Beispiel 1 a (Rz 5) Der Stpfl. unterhält ein Betriebsausgabenkonto, das einen Schuldsaldo von 100.000 EUR aufweist. Auf dem Betriebseinnahmenkonto besteht ein Guthaben von 50.000 EUR; hiervon entnimmt der Stpfl. 40.000 EUR. Lösung Die Schuldzinsen auf dem Betriebsausgabenkonto sind in vollem Umfang betrieblich veranlasst. Beispiel 1 b (Rz 6) Der Stpfl. unterhält ein einziges betriebliches Girokonto, über das Einnahmen und Ausgaben gebucht werden. Dieses Konto weist zum Zeitpunkt der Geldentnahme einen Schuldsaldo i.H.v. 50.000 EUR aus, der unstreitig betrieblich veranlasst ist. Durch die privat veranlasste Erhöhung des Schuldsaldos um 40.000 EUR auf 90.000 EUR ergeben sich höhere Schuldzinsen. Lösung Durch Anwendung der Zinszahlenstaffelmethode muss der privat veranlasste Anteil der Schuldzinsen ermittelt werden. Die privat veranlasste Erhöhung des Schuldsaldos von 40.000 EUR führt nicht bereits zu einer Entnahme von zum Betriebsvermögen gehörenden WG und ist daher nicht bei der Ermittlung der Entnahmen i.S.d. § 4 Abs. 4 a EStG zu berücksichtigen. Zu einer Entnahme i.S.d. § 4 Abs. 4 a S. 2 EStG kommt es erst, wenn der privat veranlasste Teil des Kredites durch eingehende BE getilgt wird. Nur insoweit werden betriebliche Mittel zur Tilgung eines privat veranlassten Kredites verwendet. Aus Vereinfachungsgründen wird es von der FinVerw nicht beanstandet, wenn der Stpfl. bereits die Kreditaufnahme als Entnahme bucht und dann bei der Kredittilgung keine Entnahmebuchung mehr vornimmt. Beispiel 1 c (Rz 7) Der Stpfl. benötigt zur Anschaffung einer Motoryacht, die er zu Freizeitzwecken nutzen will, 100.000 EUR. Mangels ausreichender Liquidität in seinem Unternehmen kann er diesen Betrag nicht entnehmen. Er möchte auch sein bereits debitorisch geführtes betriebliches Girokonto hierdurch nicht weiter belasten. Daher nimmt er zur Verstärkung seines betrieblichen Girokontos einen "betrieblichen" Kredit auf und entnimmt von diesem den benötigten Betrag. Lösung Das Darlehen ist privat veranlasst, da es tatsächlich zur Finanzierung einer Entnahme verwendet wird und dem Betrieb keine entnahmefähigen Barmittel zur Verfügung standen. Die auf das Darlehen entfallenden Schuldzinsen sind dem privaten Bereich zuzuordnen. Der Betrag von 100.000 EUR ist nicht bei der Ermittlung der Entnahmen i.S.d. § 4 Abs. 4 a EStG zu berücksichtigen. II. Überentnahmen 1. Gewinn, Entnahmen und Einlagen Nach § 4 Abs. 4 a S. 2 EStG ist eine Überentnahme der Betrag, "um den die Entnahmen die Summe des Gewinns und der Einlagen des Wirtschaftsjahres übersteigen." Für die Auslegung der Begriffe Gewinn, Entnahmen und Einlagen gelten die allgemeinen Grundsätze des Einkommensteuerrechts . a) Gewinn GewinnbegriffGewinnbegriff Maßgebend für den "Gewinn" ist der StBil-Gewinn unter Berücksichtigung außerbilanzieller Hinzurechnungen, wie z.B. nicht abzugsfähige BA, jedoch vor Anwendung des § 4 Abs. 4 a EStG. Daraus folgt, dass nicht abzugsfähige BA hinzuzurechnen sind, nicht jedoch Schuldzinsen, die nach § 4 Abs. 4 a EStG nicht abzugsfähig sind. Steuerfreie Gewinne gehören ebenso wie Veräußerungs- oder Aufgabegewinne zum "Gewinn". b) Entnahmen Höhe des EigenkapitalsHöhe des Eigenkapitals Zu Entnahmen gehören - zunächst unabhängig von der Höhe des Eigenkapitals - alle Bar-, Sach- und sonstigen Entnahmen, z.B. auch die private Kfz-Nutzung. Die Zahlung einer GF-Vergütung i.S.d. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, 2. HS EStG auf ein privates Konto des Gesellschafters ist eine Entnahme, die Gutschrift auf dem Kapitalkonto des Gesellschafters jedoch nicht (Rz 32 d). steuerfreie Entnahmensteuerfreie Entnahmen Bei steuerfreien Entnahmen (z.B. nach § 13 Abs. 4 und 5 EStG, betr. den Entnahmegewinn von Grund und Boden einer Altenteilerwohnung i.R.v. LuF-Einkünften oder nach § 14 a Abs. 4 EStG, betr. die steuerfreie Entnahme eines zum LuF-Vermögen gehörenden Grund und Bodens) ist grds. der TW gem. § 4 Abs. 1 Nr. 4 EStG anzusetzen. Aus Vereinfachungsgründen kann jedoch die Entnahme mit dem BW angesetzt werden, wenn die darauf beruhende Gewinnerhöhung ebenfalls außer Ansatz bleibt. Da bei den Entnahmen auf den Einzelbetrieb abzustellen ist, führen auch Überführungen von WG des BV in das PV anlässlich einer Betriebsaufgabe sowie der Erlös aus der Veräußerung eines Betriebes, soweit er in das PV überführt wird, zu Entnahmen. Verbleibt nach der Betriebsaufgabe/ -veräußerung noch eine Überentnahme, sind Schuldzinsen, soweit sie als nachträgliche BA angesetzt werden könnten, nur unter den Voraussetzungen des § 4 Abs. 4 a EStG abzugsfähig. Überführung in das PVÜberführung in das PV BilligkeitsregelungBilligkeitsregelung Aus Billigkeitsgründen erlaubt die FinVerw in Fällen der Betriebsaufgabe bei der Überführung von WG aus dem BV in das PV, dass die BW nicht als Entnahme anzusetzen sind (Rz 37). Im Übrigen gehen die Über- oder Unterentnahmen des Betriebsübergebers auf den Rechtsnachfolger über. Der unentgeltliche Übergang eines Betriebs oder eines Mitunternehmeranteils führt beim bisherigen Betriebsinhaber (Mitunternehmer) nicht zu Entnahmen i.S.d. § 4 Abs. 4 a EStG und beim Rechtsnachfolger nicht zu Einlagen. c) Einlagen Alle Einlagen sind entnahmemindernd zu berücksichtigen. Darlehensgewährungen an eine PersG führen i.H.d. Darlehensvaluta zu einer Einlage, die Darlehensrückzahlung zu einer Entnahme (Rz 32 d), was sich richtigerweise aus der Behandlung des Darlehens als Sonder-BV bei dem Gesellschafter ergibt. PersG Sonder-BV Darlehen 100 Forderung 100 Einlage 100 2. Auswirkung von Verlusten Nach dem Wortlaut von § 4 Abs. 4 a S. 2 liegt eine Überentnahme nur vor, wenn die Entnahmen die "Summe des Gewinns und der Einlagen" übersteigen. Im Gesetz wird also nur der (positive) Gewinn angesprochen, nicht aber der negative Gewinn, also der Verlust. Daraus könnte man schließen, dass Verluste grds. in die Ermittlung der Überentnahmen nicht einzubeziehen sind. Die FinVerw lässt jedoch mangels eines eigenständigen Gewinnbegriffes auch Verluste in die Berechnung der Überentnahmen einfließen (Rz 11). Lediglich im Verlustjahr soll die Überentnahme allein aufgrund der Gegenüberstellung von Einlagen und Entnahmen ermittelt werden, ein Verlust also unberücksichtigt bleiben. Allerdings soll der Verlust mit Unterentnahmen vergangener und zukünftiger Jahre verrechnet werden, soweit er nicht durch einen Einlagenüberschuss ausgeglichen wird (Rz 11). Im Ergebnis sind also nicht ausgeglichene Verluste - ebenso wie Über- und Unterentnahmen - fortzuschreiben. Beispiel 2 a (Rz 13) Der Betrieb des Stpfl. hat für das Wj mit einem Verlust von 100.000 EUR abgeschlossen. Im Hinblick auf die Ertragslage des Betriebs hat der Stpfl. keine Entnahmen durchgeführt. Dem Betrieb wurden aber auch keine Einlagen zugeführt. Aus dem vorangegangenen Wj stammt eine Unterentnahme von 10.000 EUR. Lösung Der Verlust bewirkt keine Überentnahme. Der Verlust ist mit der Unterentnahme des Vorjahres zu verrechnen, so dass ein Verlustbetrag von 90.000 EUR zur Verrechnung mit künftigen Unterentnahmen verbleibt. Beispiel 2 b (Rz 15) Der Betrieb des Stpfl. hat für das Wj mit einem Verlust von 100.000 EUR abgeschlossen. Dem Betrieb wurden Einlagen i.H.v. 80.000 EUR zugeführt. Der Stpfl. entnimmt keine liquiden Mittel, er nutzt indes - wie bisher - einen zum BV gehörenden Pkw auch für Privatfahrten. Die Nutzungsentnahme wird nach der 1%-Methode, bezogen auf einen Listenpreis von 60.000 EUR, mit 7.200 EUR angesetzt. Aus dem vorangegangenen Wj stammt eine Unterentnahme von 10.000 EUR. Lösung Zunächst ist der Einlagenüberschuss zu ermitteln. Die Einlagen von 80.000 EUR abzgl. Entnahmen von 7.200 EUR ergeben einen Einlagenüberschuss von 72.800 EUR. Der Einlagenüberschuss ist mit dem Verlust zu verrechnen. Soweit der Verlust von 100.000 EUR nicht mit dem Einlagenüberschuss von 72.800 EUR verrechnet werden kann, ist er mit der Unterentnahme des Vorjahres zu verrechnen. Der verbleibende Verlust von 17.200 EUR ist mit künftigen Unterentnahmen zu verrechnen. Unterentnahme Vorjahr 10.000 Einlage 80.000 Entnahme (Kfz-Nutzung) -7.200 Einlagenüberschuss 72.800 Verlust -100.000 -27.200 Verbleibender Verlustvortrag -17.200 Insoweit kommt es in Verlustjahren stets zu einer Überentnahme, wenn und soweit Entnahmen getätigt werden. Die durch die Entnahme bewirkte Überentnahme erhöht sich jedoch nicht noch zusätzlich um den im lfd. Wj angefallenen Verlust (Rz 14). Beispiel 2 c (Rz 15 a) Aus dem Wj 01 resultiert eine Unterentnahme von 20.000 EUR. Im Wj 02 entsteht ein Verlust i.H.v. 15.000 EUR. Die Einlagen betragen 3.000 EUR, die Entnahmen 40.000 EUR. Im Wj 03 beträgt der Verlust 10.000 EUR. Die Einlagen belaufen sich auf 30.000 EUR, die Entnahmen auf 10.000 EUR. Lösung Wj 02: Zunächst ist der Entnahmeüberschuss i.H.v. (3.000 EUR ./. 40.000 EUR) 37.000 EUR zu ermitteln. Dieser Betrag erhöht sich nicht um den Verlust des Wj 02 i.H.v. 15.000 EUR. Der Verlust ist jedoch mit der Unterentnahme des Vorjahres zu verrechnen; die verbleibende Unterentnahme i.H.v. (20.000 EUR ./. 15.000 EUR) 5.000 EUR ist vom Entnahmeüberschuss des lfd. Jahres abzusetzen, so dass eine Überentnahme i.H.v. 32.000 EUR verbleibt. Der Verlust ist aufgezehrt. Wj 03: Der Einlagenüberschuss dieses Wj (20.000 EUR) ist vorrangig mit dem Verlust dieses Wj (10.000 EUR) zu verrechnen. Der danach verbleibende Einlagenüberschuss (10.000 EUR) ist mit der Überentnahme des Wj 02 (32.000 EUR) zu verrechnen, so dass sich für das Wj 03 eine Überentnahme von 22.000 EUR ergibt. Unterentnahmen Wj 01 +20.000 Wj 02 Einlagen 3.000 Entnahmen -40.000 Überentnahmen -37.000 Verlust Wj 02 -15.000 Verbleibende Unterentnahme aus Wj 01 +5.000 Überentnahme Wj 02 -37.000 Überentnahme Ende Wj 02 -32.000 Wj 03 Einlagen 30.000 Entnahmen -10.000 Unterentnahmen 20.000 Verlust Wj 03 -10.000 Einlagenüberschuss 10.000 +10.000 Überentnahme Ende Wj 03 -22.000 III. Ermittlung des Hinzurechnungsbetrags KürzungsbetragKürzungsbetrag Nach § 4 Abs. 4 a S. 3 EStG werden die nicht abziehbaren Schuldzinsen typisiert mit 6 % der Überentnahme des Wj zzgl. der Überentnahmen vorangegangener Wj und abzgl. der verbliebenen Unterentnahmen ermittelt. Durch die Typisierung entfällt eine Aufteilung der Zinsen nach den einzelnen Zahlungsvorgängen. Der so ermittelte Betrag, höchstens jedoch der um 2.050 EUR verminderte Betrag der im Wj angefallenen Schuldzinsen, ist nach § 4 Abs. 4 a S. 4 EStG dem Gewinn hinzuzurechnen. Insoweit mindern die 2.050 EUR nur die tatsächlich angefallenen Schuldzinsen, nicht aber den Hinzurechnungsbetrag. Mit anderen Worten: Die 2.050 EUR wirken sich nur aus, wenn der danach verbleibende Zinsbetrag kleiner als der errechnete Hinzurechnungsbetrag ist. Beispiel 3 (Rz 20) A hat sein Unternehmen am 1.6.2002 mit einer Einlage von 50.000 EUR eröffnet. Er erwirtschaftete im Wj 2002 einen Verlust von 50.000 EUR. Entnahmen tätigte er i.H.v. 70.000 EUR. Betrieblich veranlasste Schuldzinsen - ohne Berücksichtigung von Zinsen für ein Investitionsdarlehen - fielen i.H.v. 15.000 EUR an. Berechnung der Überentnahme Einlage 50.000 EUR Entnahmen -70.000 EUR Entnahmeüberschuss 20.000 EUR Verlust 50.000 EUR Überentnahme 20.000 EUR Berechnung des Hinzurechnungsbetrags: 20.000 EUR x 6 % = 1.200 EUR Berechnung des Höchstbetrages: Tatsächlich angefallene Zinsen 15.000 EUR ./. Kürzungsbetrag - 2.050 EUR 12.950 EUR Lösung Da der Hinzurechnungsbetrag den Höchstbetrag nicht übersteigt, ist er in voller Höhe von 1.200 EUR dem Gewinn hinzuzurechnen. GewSt-AuswirkungGewSt-Auswirkung Der Hinzurechnungsbetrag erhöht den Gewinn außerhalb der Gewinnermittlung. Eine Neuberechnung der GewSt-Rückstellung hält die FinVerw nicht für erforderlich, beanstandet eine solche aber auch nicht (Rz 21). Im Ergebnis erhöht der Hinzurechnungsbetrag aber auch die GewSt-Bemessungsgrundlage . Da die Zinsen in Höhe des Hinzurechnungsbetrags als BA nicht abzugsfähig sind, werden sie aber auch nicht nach § 8 Nr. 1 GewStG als Dauerschuldzinsen hinzugerechnet. Das gilt natürlich nicht für Zinsen auf Investitionsdarlehen, die nach § 4 Abs. 4a S. 6 EStG uneingeschränkt abzugsfähig sind. Die übrigen unter § 8 Nr. 1 EStG fallenden Dauerschuldzinsen sind nur in dem Verhältnis hinzuzurechnen, in dem die abziehbaren Zinsaufwendungen zu den gesamten Zinsaufwendungen stehen . Bei dieser Verhältnisrechnung sind die Zinsen für Investitionsdarlehen herauszurechnen. Beispiel Die gesamten betrieblichen Zinsaufwendungen belaufen sich auf 30.000. Zinsaufwendungen in Höhe von 1.500 sind nicht abziehbar gemäß § 4 Abs. 4 a S. 5 EStG. Die Zinsaufwendungen von insgesamt 30.000 setzen sich wie folgt zusammen: Investitionsadarlehen i.S.v. § 4 Abs. 4 a S. 6 EStG (Laufzeit 3 Jahre) 5.000 langfristige sonstige Zinsaufwendungen (Dauerschulden) 20.000 kurzfristige Zinsaufwendungen (keine Dauerschulden) 5.000 Lösung Die gemäß § 8 Nr. 1 GewStG hinzuzurechnenden Dauerschuldzinsen setzen sich wie folgt zusammen: Zinsen für Investitionsdarlehnen 5.000 Übrige abziehbare Dauerschuldzinsen (94 v.H. von 20.000 DM). (Die Quote von 94 v.H. ergibt sich aus dem Verhältnis der abziehbaren Schuldzinsen - ohne Zinsen für Investitionsdarlehen - i.H.v. 23.500 (25.000 abzüglich der nach § 4 Abs. 4 a EStG nicht abziehbaren Zinsen i.H.v. 1.500) und der tatsächlich entstandenen Schuldzinsen (25.000), ebenfalls ohne die Zinsen für Investitionsdarlehen.) 18.800 Gesamtbetrag 23.800 Hinzurechnungsbetrag (50 v.H.) 11.900 betriebsbezogener Kürzungsbetragbetriebsbezogener Kürzungsbetrag Der Kürzungsbetrag mindert lediglich die tatsächlich angefallenen Zinsen, nicht dagegen den Hinzurechnungsbetrag. Es handelt sich insoweit nicht um einen Frei- oder Pauschbetrag. Der Kürzungsbetrag von höchstens 2.050 EUR ist betriebsbezogen, bei Einzelbetrieben also mehrfach anzusetzen. Bei PersG ist der Kürzungsbetrag nur einmal anzusetzen (Rz 25). SchuldzinsenSchuldzinsen Zu Schuldzinsen gehörten neben den lfd. Schuldzinsen auch ein Damnum, soweit es den steuerlichen Gewinn gemindert hat. Anders als noch im BMF-Schr. v. 22.5.2000 rechnet nunmehr die FinVerw auch alle Aufwendungen zur Erlangung und Sicherung eines Kredits einschl. der Nebenkosten der Darlehensaufnahme und der Geldbeschaffungskosten zu den Schuldzinsen (Rz 22) . Soweit dies zu einer Verschärfung der Besteuerung führt, gilt dies aber erstmals für Geldbeschaffungskosten, die nach Bekanntgabe des BMF-Schr. angefallen sind (Rz 37 a). Nachzahlungs-, Aussetzungs- und Stundungszinsen i.S.d. AO sind ebenfalls Schuldzinsen i.S.v. § 4 Abs. 4 a EStG. Eine Überentnahme liegt auch vor, soweit sie sich aus den Vorjahren ergibt und nicht durch eine entsprechende Unterentnahme wieder ausgeglichen wurde. Beispiel 4 (Rz 24) Im Wj 02 ergibt sich eine Unterentnahme i.H.v. 50.000 EUR. Die Überentnahme des Wj 01 betrug 60.000 EUR. Lösung Die Überentnahme für das Wj 02 berechnet sich wie folgt: Unterentnahme Wj 02 - 50.000 EUR Überentnahme Wj 01 + 60.000 EUR Verbleibende Überentnahme + 10.000 EUR (Berechnungsgrundlage und im Folgejahr fortzuführen) Hinweis Gem. § 52 Abs. 11 EStG i.d.F. des StBereinG 1999 bleiben Überentnahmen vor dem 1.1.1999 unberücksichtigt. IV. Investitionsdarlehen gesonderte Darlehensaufnahmegesonderte Darlehensaufnahme Nach § 4 Abs. 4 a S. 5 EStG sind Schuldzinsen für Darlehen zur Finanzierung von AK/HK von WG des AV uneingeschränkt abzugsfähig. Die FinVerw fordert jedoch, dass zur Finanzierung von WG des AV ein gesondertes Darlehen aufgenommen wird (Rz 27). Bei einer Finanzierung von AK/HK des AV über das Kontokorrentkonto fallen die Kontokorrentzinsen unter die Abzugsbeschränkung von § 4 Abs. 4 a EStG. Eine Umschuldung eines zunächst über das Kontokorrentkonto finanzierten AK-/HK-Vorgangs will die FinVerw nur anerkennen, wenn ein enger und zeitlicher und betragsmäßiger Zusammenhang zwischen der Belastung auf dem Kontokorrentkonto und der Darlehensaufnahme besteht (Rz 27). Als engen zeitlichen Zusammenhang sieht die FinVerw einen Zeitraum von 30 Tagen zwischen der Überweisung der Darlehensmittel auf das Konto und der Abbuchung zur Bezahlung der AK/HK an. Der Nachweis dafür ist vom Stpfl. zu erbringen. Die vor der Umschuldung entstandenen Kontokorrentzinsen fallen gleichwohl unter die Beschränkung von § 4 Abs. 4 a EStG (Rz 27). Begünstigt ist nur die Anschaffung/Herstellung von WG, nicht aber Erhaltungsaufwand. Außerdem gilt die Begünstigung nur für den BA-Abzug der Zinsen. Einlagen oder Entnahmen solcher WG werden bei der Ermittlung der Über-/Unterentnahmen ebenso berücksichtigt wie dazugehörige Verbindlichkeiten und sonstige Eigenkapital verändernde Vorgänge, z.B. die Ablösung eines solchen Darlehens durch Geldeinlage . Zinsaufteilung bei Mischfinanzierung Zinsaufteilung bei Mischfinanzierung Bei sog. Mischfinanzierungen (Darlehensaufnahme zur Finanzierung von WG des AV und zur Finanzierung von sonstigem betrieblichen Aufwand) können die Schuldzinsen - ungeachtet etwaiger Überentnahmen - als BA abgezogen werden, soweit sie nachträglich auf die AK/HK der WG des AV entfallen. Der Stpfl. ist hierfür nachweispflichtig (Rz 28). V. Schuldzinsen bei Mitunternehmerschaften 1. Gesellschaftsbezogene Betrachtungsweise Hinzurechnung nach GewinnverteilungsschlüsselHinzurechnung nach Gewinnverteilungsschlüssel Bei Mitunternehmerschaften ist die Überentnahmeregelung gesellschaftsbezogen anzuwenden. Abzustellen ist auf den steuerlichen Gesamtgewinn, d.h. unter Einbeziehung von Ergänzungs- und Sonderbilanzen. Soweit keine individuelle gesellschaftsvertragliche Vereinbarung getroffen wird, ist der Hinzurechnungsbetrag nach dem Gewinnverteilungsschlüssel hinzuzurechnen. Die FinVerw will nur für die ersten beiden Wj, in denen § 4 Abs. 4 a EStG anzuwenden war, eine rückwirkende Vereinbarung nicht beanstanden (Rz 30). Beispiel 5 (Rz 31) An der X-OHG sind A, B und C zu jeweils einem Drittel beteiligt. Weitere Abreden bestehen nicht. Der Gewinn der OHG hat im Wj 120.000 EUR, die insgesamt vorgenommenen Entnahmen haben 180.000 EUR, die Schuldzinsen zur Finanzierung laufender Aufwendungen haben 10.000 EUR betragen. Die Entnahmen verteilen sich auf die Mitunternehmer wie folgt: A und B haben jeweils 80.000 EUR entnommen, während sich C auf eine Entnahme i.H.v. 20.000 EUR beschränkte. A B C Gesamt Entnahmen 80.000 80.000 20.000 180.000 Gewinn 40.000 40.000 40.000 120.000 Überentnahmen 40.000 40.000 -20.000 60.000 Lösung Bei der Gesellschaft sind Überentnahmen i.H.v. 60.000 EUR (Entnahmen insgesamt: 180.000 EUR abzgl. Gewinn 120.000 EUR) entstanden. Demzufolge können Schuldzinsen i.H.v. 3.600 EUR (= 6 % aus 60.000 EUR) nicht als BA abgezogen werden. Hieraus ergibt sich ein korrigierter Gewinn der Mitunternehmerschaft i.H.v. 123.600 EUR, der den Mitunternehmern zu je einem Drittel zuzurechnen ist. Hinweis M.E. genügt ein einfacher gesellschaftsrechtlicher Beschluss im Hinblick darauf, dass ein entsprechender Hinzurechnungsbetrag analog zu den getätigten Überentnahmen der einzelnen Gesellschafter zu verteilen ist. 2. Schuldzinsen Da Zinsen für ein Gesellschafterdarlehen sich i.R.d. Gesamtgewinns nicht auswirken (BA im Gesamthandsvermögen und BE im Sonder-BV), ergeben sich keine Auswirkungen im Hinblick auf § 4 Abs. 4 a EStG. Darlehenszinsen im Sonder-BVDarlehenszinsen im Sonder-BV Wird ein im Sonder-BV aufgenommenes Darlehen zur Finanzierung von AK/HK des AV des Gesamthandsvermögens eingesetzt, sind diese im vollen Umfang abziehbar, u.z. unabhängig davon, ob das Darlehen im Gesamthandsvermögen als Verbindlichkeit gegenüber dem Gesellschafter ausgewiesen ist oder dem Gesellschafter für die Hingabe der Darlehensmittel (weitere) Gesellschaftsrechte gewährt werden (Rz 32 b). Auch Darlehenszinsen zur Finanzierung des Erwerbs eines MU-Anteils sind, soweit sie auf die Finanzierung von anteilig erworbenen WG des AV entfallen, wie Schuldzinsen aus Investitionsdarlehen zu behandeln (Rz 32 c). Bei einer Finanzierung des Kaufpreises des MU-Anteils mit einem einheitlichen Darlehen sind die Schuldzinsen im Verhältnis der Teilwerte der anteilig erworbenen WG aufzuteilen. VI. Umwandlungen 1. Einbringung in eine PersG keine Entnahme/Einlagekeine Entnahme/Einlage Bei Einbringung eines Betriebs, eines Teilbetriebs oder eines MU-Anteils in eine PersG gem. § 24 UmwStG erfolgt beim Einbringenden keine Entnahme und bei der Zielgesellschaft keine Einlage. Lediglich ein entstandener Einbringungsgewinn verändert das Entnahmepotenzial, d.h. die Überentnahmen mindern sich bzw. die Unterentnahmen erhöhen sich (Rz 32 e). Im Übrigen sind Über- oder Unterentnahmen unabhängig vom gewählten Wertansatz in der Zielgesellschaft fortzuführen. Bei Einbringung eines MU-Anteils werden bei der Zielgesellschaft die Werte nicht fortgeführt. Beispiel 6 (Rz 32 e) A bringt sein Einzelunternehmen (EU) zum 1.1.2002 in die PersG AB ein. Der Buchwert des EU beträgt 500.000 EUR, der Teilwert 600.000 EUR, der Gewinn in 01 50.000 EUR, Entnahmen 100.000 EUR, Einlagen 60.000 EUR und die zum 31.12.2000 fortzuschreibenden Überentnahmen 20.000 EUR. a) Einbringung zum Buchwert; beim EU ergeben sich folgende Werte Entnahmen 100.000 EUR Einlagen 60.000 EUR Gewinn 50.000 EUR Unterentnahme 10.000 EUR Überentnahme Vorjahr 20.000 EUR Überentnahme 01 10.000 EUR Die Überentnahme i.H.v. 10.000 EUR ist in der PersG fortzuführen. b) Einbringung zum Teilwert; beim EU ergeben sich folgende Werte: Entnahmen 100.000 EUR Einlagen 60.000 EUR Gewinn 50.000 EUR Einbringungsgewinn 100.000 EUR Unterentnahme 110.000 EUR Überentnahme Vorjahr 20.000 EUR Unterentnahme 01 90.000 EUR Die Unterentnahme i.H.v. 90.000 EUR ist in der PersG fortzuführen. 2. Einbringung in eine KapG Werden für eine Einbringung in eine KapG gewährte Gesellschaftsanteile im PV gehalten, liegt eine Entnahme i.H.d. gewählten Wertansatzes vor (Rz 32 f). VII. Anwendungsregelung Anfangsbestand 1.1.1999 = 0Anfangsbestand 1.1.1999 = 0 § 4 Abs. 4 a EStG ist erstmals für Wj anzuwenden, die nach dem 31.12.1998 enden, § 52 Abs. 11 S. 1 EStG. Nach dieser Übergangsvorschrift bleiben Über- und Unterentnahmen vorangegangener Wj unberücksichtigt, d.h. der Anfangsbestand ist am 31.12.1998 mit 0 DM anzusetzen. Hinweis Lediglich aus Billigkeitsgründen sollen jedoch zur Beseitigung einer Benachteiligung von vor 1999 eröffneten Betrieben bei deren Aufgabe oder Veräußerung ab 1999 die eingelegten WG nicht in die Berechnung der Überentnahmen eingehen, § 52 Abs. 11 S. 3 EStG i.d.F. des StÄndG 2001. Die durch das StÄndG 2001 in § 52 Abs. 11 S. 2 EStG klargestellte Regelung soll einerseits verhindern, dass für Zeiträume vor dem 1.1.1999 Über-, aber auch Unterentnahmen nachträglich hätten festgestellt werden müssen. Dies begünstigt diejenigen, die vor Einführung von § 4 Abs. 4 a EStG i.R.d. sog. Zwei-Konten-Modells Überentnahmen getätigt haben, benachteiligt aber alle Unternehmen, die vor diesem Zeitraum infolge von Unterentnahmen ein hohes Eigenkapital gebildet haben. Die Frage der Verfassungsmäßigkeit im Hinblick auf die Benachteiligung war bis zur Entscheidung des BFH v. 21.9.2005 offen . Berücksichtigung von Unterentnahmen vor dem 1.1.1999Berücksichtigung von Unterentnahmen vor dem 1.1.1999 Nunmehr hat der BFH entschieden, dass zumindest in den VZ 1999 und 2000 - also vor Klarstellung durch das StÄndG 2001 - auch Unterentnahmen aus Wj, die vor dem 1.1.1999 geendet haben, zu berücksichtigen sind. Nach Ansicht des X. Senats verstößt § 4 Abs. 4 a EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 nicht gegen formales Verfassungsrecht. Die Regelung stelle keinen nachträglichen Eingriff in einen abgeschlossenen Tatbestand dar. Umgekehrt lasse aber weder der Wortlaut von § 4 Abs. 4 a EStG 1999 noch der Sinn und Zweck der Regelung Raum für die Auslegung, Unterentnahmen aus vor dem 1.1.1999 endenden Wj hätten bei der Berechnung der nichtabziehbaren Schuldzinsen unberücksichtigt zu bleiben. Nach der Konzeption der Vorschrift könnten Stpfl. EK entnehmen, ohne das sich dies i.R.v. § 4 Abs. 4 a EStG auf den betrieblichen Schuldzinsenabzug negativ auswirke. Zum EK gehöre aber nicht nur im lfd. Wj "gebildetes", sondern auch "angespartes" EK früherer Wj. Auch dieses stände für Entnahmen zur Verfügung. Würden Unterentnahmen aus den vor dem 1.1.1999 endenden Wj nicht berücksichtigt, würde dem Betriebsinhaber die steuerunschädliche Entnahme früherer Gewinne und Einlagen verwehrt. § 52 Abs. 11 S. 2 EStG i.d.F. des StÄndG 2001, der die Anwendungsvorschrift dahingehend ergänzt, dass Über- und Unterentnahmen vorangegangener Wj, also vor dem 1.1.1999, unberücksichtigt bleiben, führe - so der BFH - jedenfalls für den VZ 1999/2000 nicht dazu, dass ein positives Kapitalkonto ohne Einfluss auf die (nicht) abziehbaren Schuldzinsen bleibe. Die Gesetzesänderung greife nur, soweit es bei der Überentnahmeberechnung für den VZ 2001 oder später darauf ankomme, ob ein Unterentnahmevortrag aus der Zeit vor 1999 zu berücksichtigen sei. Im Ergebnis können nach dieser Rspr. Unterentnahmen in 1999 und 2000 mit Unterentnahmen vor dem 1.1.1999 verrechnet werden: Beispiel VZ 1999/2000VZ 1999/2000 Unterentnahme 31.12.1998 1.200 Überentnahme 1999 -300 Unterentnahme 31.12.1999 900 Keine Hinzurechnung von Schuldzinsen Überentnahme 2000 -250 Unterentnahme 31.12.2000 650 Keine Hinzurechnung von Schuldzinsen Probleme ergeben sich nach dem Wortlaut von § 52 Abs. 11 S. 2 EStG i.d.F. des StÄndG 2001, weil Unterentnahmen vor dem 1.1.1999 nicht zu berücksichtigen sind. Danach wären zu den Unterentnahmen in 2001 die Unterentnahmen aus 1999 und 2000 hinzuzurechnen. Beispiel VZ ab 2001VZ ab 2001 VZ bis 2000 VZ ab 2001 Unterentnahme 31.12.1998 1.200 0 Überentnahme 1999 -300 -300 Unterentnahme 31.12.1999 900 -300 Überentnahme 2000 -250 -250 Unterentnahme 31.12.2000 650 -550 Überentnahme 2001 -110 Überentnahme 31.12.2001 -660 Hinzurechnung v. 6 % Dennoch muss auch für die Jahre ab 2001 nicht alles verloren sein. Nach Ansicht des X. Senats kommt § 52 Abs. 11 S. 1 EStG 1999 keine "materiell-rechtliche Wirkung" zu. Ob dies nur für § 52 Abs. 11 EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 oder auch für § 52 Abs. 11 EStG i.d.F. des StÄndG 2001 gilt, bleibt offen. Hinweis Nach der derzeitigen Rechtslage ist die Eigenkapitalentwicklung ab dem 1.1.1999 ausgehend von einem Anfangsbestand von 0 lfd. festzuhalten und jährlich fortzuschreiben. Zu Recht weist Heinecke darauf hin, dass auf Dauer eine gesetzliche Regelung zur gesonderten Feststellung des Eigenkapitalbestandes am Ende des jeweiligen Wj unentbehrlich sein wird. VIII. Schema zur Entwicklung der Überentnahmen Gewinn im lfd. Wj + Einlagen im lfd. Wj soweit nicht durch Verlust verbraucht - Entnahmen im lfd. Wj Zwischensumme + Kumulierte Überentnahmen der Vorjahre - Kumulierte Unterentnahmen der Vorj., ggf. verm. um Restverlust lfd. Wj Bemessungsgrundlage für Überentnahmen BFH-Beschl. v. 8.12.1997 - GrS 1-2/95, BStBl II 1998, 193; bespr. v. Korth, AktStR 1998, 31. Zur Übergangsregelung vgl. § 52 Abs. 11 EStG i.d.F. des Gesetzes v. 22.12.1999 Vgl. Schmidt/Heinecke, EStG, 24. Aufl., § 4 Rz 523. A.A. mit Bezug auf den Vereinfachungszweck der Vorschrift Wendt, FR 2000, 417, 428; Groh, DStR 2001, 105. Vgl. BMF-Schr. v. 22.5.2000 - IV C 2 - S 2144 - 60/00, BStBl I 2000, 588 Rz 3; bespr. v. Korth, AktStR 2000, 329. BFH-Urt. v. 21.9.2005 - X R 46/04, BFH/NV 2006, 184 . BMF-Schr. v. 22.5.2000 - IV C 2 - S 2144 - 60/00, BStBl I 2000, 588; bespr. v. Korth, AktStR 2000, 329. BMF-Schr. v. 17.11.2005 - IV B 2 - S 2144 - 50/05, BStBl I 2005, 1019 (die im Text aufgeführten Rz beziehen sich auf dieses BMF-Schr.). Insb. BFH-Beschl. v. 4.7.1990 - GrS 2-3/88, BStBl II 1990, 817; BFH-Beschl. v. 8.12.1997 - GrS 1-2/95, BStBl II 1998, 193; BFH-Urt. v. 4.3.1998 - XI R 64/95, BStBl II 1998, 511; BFH-Urt. v. 19.3.1998 - IV R 110/94, BStBl II 1998, 513. BMF-Schr. v. 10.11.1993 - IV B 2 - S 2144 - 94/93, BStBl I 1993, 930. BMF-Schr. v. 22.5.2000 - IV C 2 - S 2144 - 60/00, BStBl I 2000, 588 Rz 4; bespr. v. Korth, AktStR 2000, 329. Zum Gewinnbegriff vgl. FG Münster, Urt. v. 20.2.2002 - 8 K 6392/01, EFG 2002, 900; FG Münster, Urt. v. 16.10.2003 - 8 K 2688/02, EFG 2004, 171; vgl. auch Schmidt/Heinicke, EStG, 24. Aufl., § 4 Rz 41 m.w.N. Vgl. Schmidt/Heinecke, EStG, 24. Aufl., § 4 Rz 526. Vfg. OFD Frankfurt v. 14.12.2000 - G 1422 A - 31 - St II 22, StEK GewStG, § 8 Ziff. 1 Nr. 58. BMF-Schr. v. 22.5.2000 - IV C 2 - S 2144 - 60/00, BStBl I 2000, 588 Rz 22. Verweis auf BFH-Urt. v. 1.10.2002 - IX R 72/99, BStBl II 2003, 399. Vgl. Schmidt/Heinecke, EStG, 24. Aufl., § 4 Rz 527. Das FG Baden-Württemberg, Urt. v. 6.11.2002 - 13 K 69/02, EFG 2003, 145, hatte die Berücksichtigung von Unterentnahmen vor 1999 abgelehnt; das Revisionsverfahren ist beim BFH unter dem Az. VIII B 82/01 anhängig; in einem Aussetzungsverfahren hat der BFH (Beschl. v. 6.2.2002 - VIII B 82/01, BFH/NV 2002, 647) ernstliche Zweifel angemeldet, ob die steuerliche Überentnahme i.S.v. § 4 Abs. 4 a EStG i.d.F. des StBereinG 1999 stets von einem Jahresanfangsbestand von 0 DM aus zu ermitteln ist oder ob auch Unterentnahmen aus früheren Jahren zu berücksichtigen sind; für die Einbeziehung von Unterentnahmen vor Klarstellung durch das StÄndG 2001 in § 52 Abs. 11 EStG, FG Münster, Urt. v. 16.10.2003 - VIII K 2448/02, EFG 2004, 174, das Revisionsverfahren hat der BFH nunmehr entschieden, BFH-Urt. v. 21.9.2005 - X R 47/03, BFH/NV 2006, 180. Schmidt/Heinecke, EStG, 24. Aufl., § 4 Rz 525.
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Dr. Norbert Bolz, Richter am FG, Hannover
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Jahrgang: 2006 . Seite: 21
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A. Vorbemerkungen Neuregelung durch das HalbeinkünfteverfahrenNeuregelung durch das Halbeinkünfteverfahren Kommt es bei einer KapG zu einer Ap, konzentriert sich diese in erster Linie auf die Frage, ob vGA vorliegen. Diese werden angenommen, wenn zwischen der KapG und einem oder mehreren Gesellschaftern entgeltliche Leistungsbeziehungen bestehen, die einem Fremdvergleich nicht standhalten. Das Institut der vGA h ...
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Dr. Jörg Grune, Richter am FG, Hannover
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Jahrgang: 2006 . Seite: 39
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A. Vorbemerkung Der Vorsteuerberichtigungstatbestand des § 15 a UStG ist in den vergangenen Jahren mehrfach geändert worden . Zum 1.1.2005 erfolgte durch das EURLUmsG wiederum eine komplette Neufassung der Regelung . Zweck der Vorsteuerberichtigung StÄndG 2001Zweck der Vorsteuerberichtigung StÄndG 2001 § 15 a UStG trägt dem Umstand Rechnung, dass sich die Verhältnisse, die für den Vorsteuerabzug maßgebend waren, in der Folgezeit änd ...
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Joachim Moritz, Richter am BFH, München
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Jahrgang: 2006 . Seite: 61
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A. Vorbemerkungen I. Wirtschaftliche Inhaberschaft an GmbH-Anteilen Der Inhaber von Anteilen an einer KapG ist in zweifacher Hinsicht der Einkommensbesteuerung unterworfen: Er erzielt: - Einkünfte nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG in Form von Gewinnanteilen und sonstigen Bezügen, und - Einkünfte nach § 17 EStG in Form v ...
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Dr. Michael Messner, Notar, RA, FAStR u. FAErbR, Hannover
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Jahrgang: 2006 . Seite: 75
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A. Vorbemerkung Das deutsche Recht kennt einen gesetzlichen und drei alternative Wahlgüterstände: Kombination von Zugewinngemeinschaft und GütertrennungKombination von Zugewinngemeinschaft und Gütertrennung Wirkliche Bedeutung besitzen lediglich die Zugewinngemeinschaft und die Gütertrennung. In der Praxis dominieren in jüngerer Zeit Vertragstypen, die Elemente bei ...
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Dr. Michael Messner, Notar, RA, FAStR u. FAErbR, Hannover
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Jahrgang: 2006 . Seite: 95
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Der Erwerb eines Gebrauchtwagens vom ArbG führt beim ArbN zum Zufluss von Arbeitslohn, wenn der gezahlte Kaufpreis hinter dem nach § 8 Abs. 2 S. 1 EStG zu bestimmenden Wert des Fahrzeugs zurückbleibt. Für den Preis des Fahrzeugs ist nicht auf de ...
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Dr. Jörg Grune, Richter am FG, Hannover
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Jahrgang: 2006 . Seite: 104
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Voraussetzungen für die vorzeitige Auflösung einer Ansparrücklage BFH-Urt. v. 21.9.2005 - X R 32/03, BFH/NV 2006, 177 Zur genauen Angabe des Investitionszeitpunkts und zur Frage der wiederholten Rücklagenbildung für ein bestimmtes WG, ohne Vornahme der betreffenden Investition FG Köln, Urt. v. 1.6.2005 - 7 K 3186/04, EFG 2005, 1413 (nrkr) I. Zur Erinnerung In AktStR 4/2005 hatten wir ausfü ...
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Joachim Moritz, Richter am BFH, München
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Jahrgang: 2006 . Seite: 111
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1. Die nachträgliche Verlängerung eines Versicherungsvertrages um drei Jahre führt trotz gleich bleibender Beitragsleistung steuerrechtlich zu einem neuen Vertrag, wenn die Möglichkeit der Vertragsänderung im ursprünglichen Versicherungsvertrag nicht vorgesehen war und sich aufgrund der Vertragsänderung die Laufzeit des Vertrages, die Prämienzahlungsdauer, die insgesamt zu entrichtenden Versicherungs ...
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Joachim Moritz, Richter am BFH, München
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Jahrgang: 2006 . Seite: 117
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Eine Aufteilung von Sachzuwendungen an ArbN in Arbeitslohn und Zuwendungen im betrieblichen Eigeninteresse ist grds. möglich, wenn die Zuwendungen bei Würdigung aller Umstände des Einzelfalls gemischt veranlasst sind. Bei gemischt veranlassten Reisen sind für die Aufteilung zunächst die Kostenbestandteile der Reise abzutrennen, die sich leicht und eindeutig dem ...
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