Dirk Krohn, Steueroberamtsrat, Burg/Dithmarschen
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Jahrgang: 2024 . Seite: 453
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Regierungsentwurf des Jahressteuergesetzes 2024 vom 5.6.2024 und Entwurf eines aktualisierten BMF-Schreibens zur Anwendung des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStE) vom 11.10.2023 I. Überblick Gesetzgeber und FinVerw haben zahlreiche Änderungen, Klarstellungen und Präzisierungen für Umwandlungen und Einbringungen in ...
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Dirk Krohn, Steueroberamtsrat, Burg/Dithmarschen
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Jahrgang: 2023 . Seite: 281
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1. Die Zuordnung von Kosten zu den „Kosten für den Vermögensübergang“ als Bestandteil des „außer Ansatz bleibenden“ Übernahmeergebnisses (§ 12 Abs. 2 S. 1 UmwStG 2006) folgt dem Veranlassungsprinzip. 2. Objektbezogene Aufwendungen - wie z.B. die Grunderwerbsteuer beim Übergang eines Grundstücks - erfüllen diese Zuordnungsbedingung nicht. Bei der aufgrund einer sog. Anteilsvereinigung ausgelösten Gru ...
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AktStR: Dr. Michael Messner, Notar, RA, FAStR u. FAErbR, Hannover, 2022 S. 557: Gewinnausschüttung im Rückwirkungszeitraum Gewinnausschüttung im Rückwirkungszeitraum Dr. Michael Messner, Notar, RA, FAStR u. FAErbR, Hannover Jahrgang: 2022 . Seite: 557 Zur PDF-Fassung dieses Beitrages. 1. Die Befugnis des Steuerentrichtungspflichtigen zur Anfechtung der eigenen Kapitalertragsteuer-Anmeldung besteht unabhängig von seinem Recht, gem. § 44 b Abs. 5 S. 1 EStG deren Änderung zu beantragen, wenn er Kapitalertragsteuer einbehalten oder abgeführt hat, obwohl eine Verpflichtung hierzu nicht bestand. 2. § 20 Abs. 5 S. 2 und 3 UmwStG 2006 erfassen bei der Einbringung eines Einzelunternehmens in eine Kapitalgesellschaft auch den Fall einer im Rückwirkungszeitraum beschlossenen und vollzogenen „offenen Gewinnausschüttung“ der übernehmenden Gesellschaft an den sein Einzelunternehmen einbringenden Gesellschafter. BFH-Beschl. v. 12.4.2022 - VIII R 35/19, BFH/NV 2022, 1024 I. Vorbemerkungen 1. Einbringungsvorgänge Die Umwandlung eines Einzelunternehmens in eine haftungsbeschränkte Rechtsform ist in der Praxis eine der häufigsten Gestaltungsaufgaben. Nicht selten entscheiden sich die Stpfl. hierbei nicht für die ertragsteuerlich im Grundsatz transparente, jedoch vermeintlich komplexe GmbH & Co. KG, sondern ungeachtet des steuerlichen Systemwechsels für die GmbH. In jüngerer Zeit wird teilweise ein doppelstöckiges GmbH-Holding-Konzept unter Hinweis auf Image-Vorteile und die 95 %ige Steuerfreiheit der Ausschüttungen der Betriebsgesellschaft und Veräußerungsgewinne an die Holding-GmbH propagiert. In den Hintergrund tritt hierbei nicht selten, dass es sich bei einer Betrachtung aus der privaten Vermögenssphäre letztlich nur um eine Steuerstundung handelt, für die neben dem zusätzlichen Verwaltungsaufwand eine Steuermehrbelastung durch die KSt und GewSt auf die 5 % nicht abziehbaren Betriebsausgaben entsteht. Beratungshinweis: Ketteneinbringung Grds. führt jede einer Einbringung oder auch einem Formwechsel in eine KapG nachfolgende Einbringung der durch die erste Umwandlung entstandenen, sog. sperrfristbehafteten Anteile zu einer steuerschädlichen Veräußerung i.S.d. § 22 Abs. 1 S. 1 oder Abs. 2 S. 1 UmwStG. Eine derartige Folgeeinbringung kann deshalb eine Einbringungsgewinnbesteuerung nach § 22 Abs. 1 bzw. Abs. 2 UmwStG auslösen. Nach § 22 Abs. 1 S. 6 Nr. 2, 4 und 5 jeweils Halbsatz 2 UmwStG erfolgt jedoch eine Ausnahme von diesem allgemeinen ertragsteuerlichen Grundsatz, wenn die nachfolgende Einbringung der sperrfristbehafteten Anteile zum Buchwert erfolgt. Diesem Erfordernis ist strukturell dadurch Rechnung zu tragen, dass die Folgeeinbringung i.R.e. Kapitalerhöhung gegen Gesellschaftsrechte als sog. Anteilstausch erfolgt, sog. Ketteneinbringung. 2. Rückwirkung Ein zentrales Thema aller Einbringungsvorgänge ist stets die Rückwirkung. Die §§ 20 ff. UmwStG enthalten ebenso wie die Verschmelzungs- und Spaltungsregelungen der §§ 3 - 19 UmwStG eine Regelung zum Rückbezug, § 20 Abs. 5, 6 UmwStG. Hiernach kann die Umwandlung auf einen bis zu acht Monate vor der Einreichung beim HR liegenden Stichtag zurückbezogen werden. Beratungshinweis: Rückwirkung Die Verlängerung der Rückwirkungsdauer für Umwandlungen von 8 auf 12 Monate gem. § 2 Abs. 3 UmwStG wurde durch das 4. Corona-Steuerhilfegesetz nicht verlängert, sodass künftig nur eine Rückwirkung von max. 8 Monaten möglich ist. Im Gegensatz zu der in Umwandlungsfällen zwingend anzuwendenden Norm des § 2 UmwStG wird in Einbringungsfällen die Rückwirkung nur auf Antrag vorgenommen, § 20 Abs. 5 UmwStG. Der Antrag muss von der übernehmenden Gesellschaft bei dem für sie zuständigen Finanzamt gestellt werden. Im Bereich der Einbringungen in PersG nach § 24 UmwStG ist gem. § 24 Abs. 4 Halbsatz 2 UmwStG die Rückbeziehung nach § 20 Abs. 5 UmwStG nur in Fällen der Gesamtrechtsnachfolge anwendbar. Beratungshinweis: Anteilstausch Der Anteilstausch nach § 21 UmwStG ist keiner Rückbeziehung zugänglich. 3. Entnahmen und Gewinnausschüttungen im Rückwirkungszeitraum Zu Entnahmen im Rückwirkungszeitraum hat der BFH durch Urt. v. 7.3.2018 klargestellt, dass Entnahmen des Einbringenden im Rückwirkungszeitraum nach § 20 Abs. 5 S. 2 UmwStG negative Anschaffungskosten auf die Anteile entstehen lassen können. Im Ergebnis führen Entnahmen deshalb nicht zu einer Zwangsaufstockung des Betriebsvermögens mit der Folge eines höheren Einbringungsgewinns, sondern zu einer Verlagerung der Besteuerung in die Zukunft mit einem höheren Veräußerungsgewinn nach § 17 EStG. Noch offen ist bislang, welche Folgen Gewinnausschüttungen im Rückwirkungszeitraum haben. Konkret geht es um die Konstellation, dass ein Einzelunternehmen, das in seinem Betriebsvermögen eine Beteiligung an einer KapG hält, nach § 20 Abs. 1 UmwStG in eine weitere KapG eingebracht wird. Hat nun die erstgenannte KapG im Rückwirkungszeitraum eine Gewinnausschüttung an die einbringende natürliche Person vorgenommen, stellt sich die Frage, welche Konsequenzen die Rückbeziehung für die Beurteilung dieser Gewinnausschüttung hat. Grds. sind nach der steuerlichen Rückwirkungsnorm des § 20 Abs. 5 S. 1 UmwStG das Einkommen und das Vermögen des Einbringenden und der übernehmenden Gesellschaft so zu ermitteln, als ob das eingebrachte Betriebsvermögen mit Ablauf des steuerlichen Übertragungsstichtags auf die übernehmende Gesellschaft übergegangen wäre. In Konsequenz ist somit die Gewinnausschüttung in steuerlicher Hinsicht rückwirkend nicht mehr dem Einbringenden, sondern (bereits) der übernehmenden Gesellschaft zuzurechnen. Da es sich hierbei um eine KapG handelt, fällt die Gewinnausschüttung rückwirkend unter § 8 b Abs. 1 und 5 KStG und ist damit - wirtschaftlich betrachtet - zu 95 % steuerbefreit. Hieran schließt sich die Frage an, ob darüber hinaus noch eine weitere Ausschüttung im Verhältnis zwischen der übernehmenden Gesellschaft und dem Einbringenden anzunehmen oder die Zahlung auf andere Weise steuerlich zu erfassen ist. 4. Vom BFH zu entscheidende Rechtsfrage Der BFH hatte vor diesem Hintergrund folgende Frage zu beantworten: Sind Ausschüttungen im Rückwirkungszeitraum als der Kapitalertragsteuer unterliegende Weiterausschüttungen der übernehmenden Gesellschaft an den Einbringenden zu behandeln oder handelt es sich um eine sonstige Gegenleistung i.S.d. § 20 Abs. 2 S. 2 Nr. 4, § 20 Abs. 3 S. 3 UmwStG oder sind sie wie eine Entnahme nach § 20 Abs. 5 S. 2 UmwStG zu behandeln? II. BFH-Urt. v. 12.4.2022 - VIII R 35/19, BFH/NV 2022, 1024 1. Sachverhalt Klägerin ist eine GmbH 2, die durch Ausgliederung eines Einzelunternehmens zur Neugründung entstanden ist. Ein Einzelunternehmen, zu dessen Betriebsvermögen eine Beteiligung an einer GmbH 1 gehört, wurde in eine weitere KapG, die Klägerin, mit steuerlicher Rückwirkung eingebracht. Im Rückwirkungszeitraum erfolgte eine Gewinnausschüttung der GmbH 1 an den Einbringenden und eine Überweisung des Ausschüttungsbetrags von dem betrieblichen Bankkonto des Einzelunternehmens auf das private Bankkonto des Einbringenden. Die Klägerin gab nach der Umwandlung zu der Ausschüttung eine KapESt-Anmeldung ab und legte zugleich Einspruch gegen diese ein. Das Finanzamt war der Auffassung, dass die Gewinnausschüttung der GmbH 1 aufgrund der rückwirkenden Einbringung (nachträglich) nach § 8 b Abs. 1, 5 KStG zu 95 % steuerbefreit sei, da die Gewinnausschüttung der übernehmenden KapG als Empfängerin zuzurechnen sei. Weiter stelle die Überweisung vom betrieblichen auf das private Bankkonto des Einbringenden eine „Weiterausschüttung“ der Klägerin als übernehmender Gesellschaft an den Einbringenden dar, die der KapESt zu unterwerfen sei. Das FG gab der nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage statt. Die der der Klägerin zuzurechnende Zahlung unterliege nicht der KapESt. Es habe sich nicht um eine Gewinnausschüttung, sondern um eine Entnahme aus dem Einzelunternehmen gem. § 20 Abs. 5 S. 2 UmwStG gehandelt, die als Minderung der Anschaffungskosten des Einbringenden zu behandeln sei. Sachverhalt in tabellarisch zusammengefasster Form Streitjahr 2016 Klägerin GmbH 2, die durch eine Ausgliederung eines Einzelunternehmens zur Neugründung entstanden ist, in dessen Betriebsvermögen sich eine Beteiligung an einer GmbH 1 befand. Im Rückwirkungszeitraum erfolgte eine Gewinnausschüttung der GmbH 1 und eine Überweisung vom betrieblichen Bankkonto des Einbringenden auf dessen privates Bankkonto. Abgabe einer KapESt-Anmeldung nach der Umwandlung und Einspruch. Finanzamt Gewinnausschüttung fällt unter § 8 b Abs. 1, 5 KStG -> 5 % fiktiv nicht abzugsfähige Betriebsausgaben, Weiterleitung an den Einbringenden sei bei der Klägerin der KapESt zu unterwerfen. FG Münster Stattgabe der Klage, keine KapESt, keine Gewinnausschüttung, sondern Entnahme. 2. Entscheidung und Begründung Der BFH hat die Rev. des Finanzamts als unbegründet zurückgewiesen: Die KapESt-Festsetzung für die angemeldete „Gewinnausschüttung“ vom 25.8.2016 ist aufzuheben, weil ihr kein steuerbarer Kapitalertrag i.S.v. § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG zugrunde liegt. Die beschlossene „ Gewinnausschüttung“ ist nach § 20 Abs. 5 S. 2 UmwStG 2006 steuerlich als Entnahme aus dem am 25.8.2016 noch bestehenden Einzelunternehmen im Rückwirkungszeitraum zu beurteilen. Bei Kapitalerträgen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, d.h. insb. bei Gewinnanteilen aus einer GmbH, entsteht die KapESt bei Gewinnanteilen (Dividenden), deren Ausschüttung von einer Körperschaft beschlossen wird, mit dem im Beschluss bestimmten Tag der Auszahlung. Wird ein Betrieb im Wege der Sacheinlage (hier: Ausgliederung gem. § 123 Abs. 3 Nr. 2 UmwG) nach den Regelungen des § 20 UmwStG in eine KapG als übernehmende Gesellschaft gegen Gewährung neuer Anteile an dieser Gesellschaft eingebracht, sind nach der Rückwirkungsvorschrift des § 20 Abs. 5 S. 1 UmwStG 2006 das Einkommen und das Vermögen des Einbringenden und der übernehmenden Gesellschaft auf Antrag so zu ermitteln, als ob das eingebrachte Betriebsvermögen mit Ablauf des steuerlichen Übertragungsstichtags auf die Übernehmerin übergegangen wäre. Gem. § 20 Abs. 5 S. 2 UmwStG 2006 gilt die Regelung des § 20 Abs. 5 S. 1 UmwStG 2006 hinsichtlich des Einkommens und des Gewerbeertrags jedoch nicht für Entnahmen und Einlagen, die nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag während des Rückwirkungszeitraum s erfolgen. Nach § 20 Abs. 5 S. 3 UmwStG 2006 sind in diesem Fall die Anschaffungskosten der erhaltenen Anteile (§ 20 Abs. 3 UmwStG 2006) um den Buchwert der Entnahmen zu vermindern und um den sich nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG ergebenden Wert der Einlagen zu erhöhen. Ungeachtet der durch § 20 Abs. 6 S. 2 i.V.m. Abs. 5 S. 1 UmwStG 2006 bestimmten grundsätzlichen Einkommensermittlung auf Ebene der aufnehmenden KapG und des Anteilseigners ab dem Tag nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag (hier: ab dem 2.1.2016) werden nicht betrieblich veranlasste Zahlungen an den Anteilseigner der aufnehmenden KapG auch nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag bis zum Ablauf des Rückwirkungszeitraums als Entnahmen aus dem Einzelunternehmen und nicht als (verdeckte) Gewinnausschüttungen besteuert. III. Anmerkungen 1. Zulässigkeit Der BFH bestätigt zunächst die Befugnis der Klägerin, gegen die auf ihrer eigenen Anmeldung beruhende Festsetzung der KapESt zu klagen. Die Befugnis zur Anfechtung bestehe unabhängig von dem Recht des Steuerentrichtungspflichtigen, die Änderung der eigenen Steueranmeldung zu beantragen, wenn er KapESt einbehalten oder abgeführt hat, obwohl eine Verpflichtung hierzu nicht bestand, § 44 b Abs. 5 S. 1 Halbsatz 1 EStG. Nur die Anfechtung der Steueranmeldung eröffne ihm die Möglichkeit, die Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung der Steuerfestsetzung zu beantragen. § 44 b Abs. 5 S. 1 Halbsatz 1 EStG enthalte mangels gesetzlich geregelter Exklusivität keine abschließende Vorgabe für den Steuerentrichtungspflichtigen, die Änderung der KapESt-Anmeldung beantragen zu müssen. 2. Entnahme Der BFH kommt zu dem Ergebnis, dass die im Rückwirkungszeitraum vorgenommene Gewinnausschüttung der GmbH 1 nach § 8 b Abs. 1, 5 KStG zu 95 % steuerbefreit ist. Die Gewinnausschüttung der GmbH ist nach Ansicht des BFH aufgrund der rückwirkenden Einbringung nicht mehr dem Einzelunternehmen, sondern der übernehmenden Gesellschaft zuzurechnen. Dies ergebe sich aus § 20 Abs. 5 S. 1 i.V.m. Abs. 6 UmwStG. Dass zivilrechtlich die Gewinnausschüttung an den Einbringenden vorgenommen wurde und dieser zivilrechtlich auch noch an der GmbH beteiligt war, ändere daran nichts. Für die steuerliche Beurteilung sei nach § 20 Abs. 5 S. 1 UmwStG gerade nicht die zivilrechtliche Lage, sondern die o.g. steuerliche Rückwirkungsfiktion maßgebend. Des Weiteren sei die Gewinnausschüttung nach § 8 b Abs. 1, 5 KStG zu 95 % steuerbefreit, da sie mit der übernehmenden Gesellschaft nunmehr einer KapG zugerechnet wird. Allerdings liegt entgegen einer auch im Schrifttum und vom Finanzamt vertretenen Auffassung nach Ansicht des BFH keine kapitalertragsteuerpflichtige „Weiterausschüttung“ der übernehmenden KapG an den Einbringenden, sondern vielmehr eine Entnahme gem. § 20 Abs. 5 S. 2 UmwStG vor. Nach § 20 Abs. 5 S. 1 UmwStG sind das Einkommen und das Vermögen des Einbringenden und der übernehmenden Gesellschaft auf Antrag so zu ermitteln, als ob das eingebrachte Betriebsvermögen mit Ablauf des steuerlichen Übertragungsstichtags auf die Übernehmerin übergegangen wäre. Dies gilt jedoch hinsichtlich des Einkommens und des Gewerbeertrags nicht für Entnahmen und Einlagen, die nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag erfolgen (vgl. § 20 Abs. 5 S. 2 UmwStG). Bevor es zur rückwirkenden Einbringung des Einzelunternehmens in die KapG gekommen ist, sei - so der BFH - in dieser Überweisung eine Entnahme aus dem Einzelunternehmen i.S.v. § 4 Abs. 1 S. 2 EStG zu sehen gewesen. Durch die rückwirkende Einbringung des Einzelunternehmens wäre diese Entnahme nach § 20 Abs. 5 S. 1 UmwStG an sich rückwirkend als vGA zu beurteilen gewesen. Nach § 20 Abs. 5 S. 2 UmwStG bleibt es nach Meinung des BFH aber dabei, dass die Überweisung als Entnahme und nicht als vGA zu qualifizieren ist. Danach gilt die Rückwirkungsfiktion des § 20 Abs. 5 S. 1 UmwStG nicht für Entnahmen, die nach dem steuerlichen Übertragungsstichtag erfolgen. Nach § 20 Abs. 5 S. 3 UmwStG sind die Anschaffungskosten der Anteile um den Buchwert der Entnahmen zu vermindern. In seinem Urt. v. 7.3.2018 hatte der BFH geklärt, dass die Minderung der Anschaffungskosten des Einbringenden durch Entnahmen im Rückwirkungszeitraum auch zu einem negativen Beteiligungsbuchwert führen kann. Beratungshinweis: Entnahme Von den hier in Rede stehenden Entnahmen im Rückwirkungszeitraum i.S.v. § 20 Abs. 5 S. 2 UmwStG sind die Entnahmen zu unterscheiden, die anlässlich der Einbringung durch Zurückbehaltung unwesentlicher WG vorgenommen werden. Diese Entnahmegewinne entstehen bereits zum steuerlichen Übertragungsstichtag, wenn der Antrag nach § 20 Abs. 5 S. 1 UmwStG gestellt wurde. Bei der Entnahme von WG mit stillen Reserven im Rückwirkungszeitraum sind zwei Rechtsfolgen zu berücksichtigen: Zum einen erzielt der Einbringende einen Entnahmegewinn, wenn der Teilwert oder der gemeine Wert der entnommenen WG ihren Buchwert übersteigt. Maßgeblich ist der VZ der Entnahmehandlung. Zum anderen mindern die Buchwerte der Entnahmen die Anschaffungskosten der neuen Anteile. Dies ist letztlich Konsequenz der Tatsache, dass die Anschaffungskosten dem Wertansatz des eingebrachten Betriebsvermögens bei der aufnehmenden KapG entsprechen. Beispiel: Der Gewerbebetreibende X bringt seinen Gewerbebetrieb zum 31.7.01 im Wege der Sachgründung in eine GmbH ein. Zum steuerlichen Übertragungsstichtag wählt X den 31.12.00. Der Buchwert des einzubringenden Gewerbebetriebs beträgt 180.000 EUR. X entnimmt dem BV am 15.4.01 ein abnutzbares WG. Das WG hat nach Inanspruchnahme der AfA für die Zeit vom 1.1.01 bis 15.4.01 einen Buchwert von 20.000 EUR und einen Teilwert von 50.000 EUR. Die aufnehmende GmbH gilt mit Ablauf des 31.12.00 als existent. Ihr Ergebnis wird mit der AfA vom 1.1.01 bis 15.4.01 belastet. Die Herausnahme des WG löst bei der GmbH keinen erfolgsmäßigen Vorgang aus, weil die Entnahme mit dem passiven Korrekturposten zu verrechnen ist und die Entnahme selbst dem X zuzurechnen ist. Der Gewerbebetrieb des X endet mit Ablauf des 31.12.00. Die Anschaffungskosten seiner neuen Anteile betragen zunächst 180.000 EUR. Sie vermindern sich um den Buchwert der Entnahme i.H.v. 20.000 EUR und betragen danach 160.000 EUR. X erzielt in 01 einen Gewinn aus Gewerbebetrieb i.H.v. 30.000 EUR (= Teilwert 50.000 EUR ./. Buchwert 20.000 EUR). Der Gewinn ist nicht begünstigt. 3. Einbringung Einzelunternehmen in GmbH generell Für die Umwandlung eines Einzelunternehmens in eine GmbH bieten sich verschiedene Wege der Umwandlung an, insb. die Ausgliederung des Einzelunternehmens nach § 152 UmwG und die Einbringung des Einzelunternehmens im Wege der Einzelrechtsnachfolge durch Sachgründung / Sachkapitalerhöhung. Durch die Ausgliederung kann der Einzelunternehmer seinen gesamten Betrieb auf eine GmbH übertragen (§ 152 UmwG, Ausgliederung zur Aufnahme oder Ausgliederung zur Neugründung). Das UmwG ermöglicht eine partielle Gesamtrechtsnachfolge. Mit der Eintragung der Ausgliederung im HR geht das gesamte übertragene Vermögen des Einzelunternehmers über, einschließlich der Verbindlichkeiten und Verträge mit Dritten. Die Ausgliederung nach dem UmwG bietet den großen Vorteil, dass im Gegensatz zu den zivilrechtlichen Umwandlungsvorgängen durch Einzelrechtsnachfolge keine Zustimmung durch die Vertragspartner des Einzelunternehmers erforderlich ist. Die Verträge gehen von Gesetzes wegen vom Einzelunternehmen auf die GmbH über. Insoweit bietet die umwandlungsrechtliche Ausgliederung im Verhältnis zur zivilrechtlichen Einbringung (Sachgründung und Sachkapitalerhöhung, s. nachfolgend) einen großen strukturellen Vorteil. Beratungshinweis: Change-of-Control-Klausel Im Zusammenhang mit dem Übergang von Verträgen ist stets das Vorhandensein von Change-of-Control-Klauseln zu prüfen. Gerade in Dauerschuldverhältnissen wie Mietverträgen ist häufig geregelt, dass bestimmte Maßnahmen - wie zum Bsp. eine Umwandlung durch Ausgliederung - vom Vermieter ausdrücklich vorab genehmigt werden müssen. Beachtet dies der Einzelunternehmer als Mieter nicht, ist die Ausgliederung dennoch wirksam, besteht jedoch das Risiko einer außerordentlichen Kündigung und von Schadensersatzansprüchen des Vermieters. Im Einzelfall ist deshalb abzuwägen, ob die strukturell einfachere Einbringung durch Einzelrechtsnachfolge den geeigneteren Umwandlungsweg darstellt. Dem Vorteil der Gesamtrechtsnachfolge durch Ausgliederung ggü. der Einzelrechtsübertragung steht der Nachteil höherer formaler Anforderungen gegenüber. U.a. sind regelmäßig erforderlich: Eintragung des Einzelunternehmens im HR Notarieller Ausgliederungsplan Notarielle Festlegung des Stichtags Vorlage beim Betriebsrat Beschluss GmbH-Gründung/-Kapitalerhöhung HR-Anmeldungen Beratungshinweis: Eintragung im HR Ist der Einzelunternehmer im HR noch nicht als eingetragener Kaufmann (e.K.) eingetragen, muss er zwingend vor Vollzug der Ausgliederung als e.K. eingetragen werden. Das UmwG erlaubt nur einem im HR eingetragenen Kaufmann die Ausgliederung. Steuerlich werden sowohl die Ausgliederung nach dem UmwG als auch die Übertragung des Einzelunternehmens durch Einzelrechtsnachfolge als Einbringung nach den §§ 20 ff. UmwStG behandelt, wenn der Einzelunternehmer seinen gesamten Betrieb oder einen „Teilbetrieb“ im steuerrechtlichen Sinn überträgt. Erforderlich ist weiterhin, dass der Einzelunternehmer neue Anteile an der Gesellschaft erhält. Große Sensibilität erfordern die in diesem Zusammenhang in der Praxis teilweise angedachten alternativen Gestaltungen Verkauf des Einzelunternehmens an eine eigene GmbH Verpachtung des Unternehmens an eine (eigene) GmbH Gründet der Einzelunternehmer im Wege der Bargründung eine GmbH und verkauft er sein Einzelunternehmen sodann an diese, um das komplexe Sachgründungsverfahren zu vermeiden, kann eine haftungsträchtige verdeckte Sachgründung vorliegen. Diese kann zur zivil- und ggf. sogar strafrechtlichen Haftung des Einzelunternehmers führen. Auch steuerlich birgt ein Verkauf Risiken. Der Verkauf des Einzelunternehmens an die eigene GmbH wird steuerlich als gewöhnlicher Verkauf betrachtet, sodass der Veräußerungserlös (Kaufpreis) grds. der Besteuerung unterliegt. Erfolgt dagegen die Übertragung des Einzelunternehmens auf die GmbH unentgeltlich, liegt eine sog. verdeckte Einlage bei der GmbH und Betriebsaufgabe des Einzelunternehmens vor, die entsprechende Steuern auslöst. Entsprechendes gilt, wenn der Kaufpreis nicht fremdüblich ist und stille Reserven „überspringen“. Die Betriebsverpachtung an eine eigene GmbH ist ein denkbares Gestaltungsmittel für die Beteiligung Dritter, die Nachfolgeplanung oder auch die Trennung von Privat- und Unternehmensvermögen. Auch hier stellen sich die hinsichtlich der Veräußerung des Unternehmens genannten Probleme und Risiken, insb. das Problem der verdeckten Sacheinlage bei Nichtanerkennung des Pachtzinses. 4. Verfahrensabschluss Der BFH konnte das Rev.-Verfahren durch Beschl. gem. § 126 a FGO abschließen, da er einstimmig die Rev. für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich ansah. Die Beteiligten waren davon unterrichtet worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Ausführlich zu den Vor- und Nachteilen Ott, GmbH-Stpr 2022, 153 Umwandlungssteuererlass v. 11.11.2011 - IV C II - S 1978 b/08/10001, BStBl I 2011,1314, Rz 22.07 und Rz 00.02 4. Corona-Steuerhilfegesetz v. 19.6.2022, BGBl I 2022, 911 Umwandlungssteuererlass v. 11.11.2011 - IV C II - S 1978 b/08/1001, BStBl I 2011,1314, Rz 20.14 BFH-Urt. v. 19.12. 2018 - I R 1/17, BStBl II 2019, 709, GmbHR 2019, 851; Brühl, GmbHR 2019, 271, 275 Umwandlungssteuererlass v. 11.11.2011 - IV C II - S 1978 b/08/1001, BStBl I 2011,1314, Rz 21.17 BFH-Urt. v. 7.3.2018 - I R 12/16, BFH/NV 2018,1063; vgl. auch Demuth, DStR 2019,1959; Hageböke, FR 2019, 97; Krohn, AktStR 2018, 599 ff. So etwa Herlinghaus, in: Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, § 20 Rz 468 m.w.N. So Menner, in: Haritz/Menner/Bickwaldt, UmwStG, § 20 Rz 658 FG Münster, Urt. v. 11.10.2019 - 10 K 2506/17 Kap, EFG 2019, 2015 Vgl. auch BFH-Beschl. v. 18.5.2021 - I B 75/20 (AdV), BFH/NV 2021, 1489, und BFH-Beschl. v. 18.5.2021 - I B 76/20 (AdV), BFH/NV 2021, 1491, jeweils Rz 9 Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 20 UmwStG, Rz 318, 2. Spiegelstrich Vgl. zur Problematik auch Menner, in: Haritz/Menner/Bilitewski, UmwStG, § 20 Rz 665, 670; zu Entnahmen und Einlagen im Rückwirkungszeitraum Demuth, DStR 2019, 1959 BFH-Urt. v. 7.3.2018 - I R 12/16, BFH/NV 2018, 1063 Weiterführend Hageböke, FR 2019, 97; Demuth DStR 2019, 1959; Krohn, AktStR 2018, 599 ff. Menner, in: Haritz/Menner/Bilitewski, UmwStG, § 20 Rz 665, 670; Widmann, in: Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 20 UmwStG, Rz 325 Widmann, in: Widmann/Mayer, UmwStG, § 20 Rz 318 Nach Menner, in: Haritz/Menner/Bilitewski, UmwStG, § 20 Rz 669 Vgl. zur Problematik aktuell Heinze, NJW 2020, 3768; Schmitt, in: Schmitt/Hörtnagel, UmwStG, § 20 Rz 199 f.
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Dirk Krohn, Steueroberamtsrat, Burg/Dithmarschen
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Jahrgang: 2021 . Seite: 587
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1. Nach § 22 Abs. 2 S. 2 i.V.m. § 22 Abs. 1 S. 2 UmwStG 2006 gilt zwar die Veräußerung der i.R.e. qualifizierten Anteilstauschs erhaltenen Anteile als rückwirkendes Ereignis i.S.d. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO (Rückwirkungsfiktion). Die Korrektur eines bereits bestandskräftig gewordenen Steuerbescheids zur Erfassung eines durch die Veräußerung ausgelösten Einbringungsgewinns II gem. § 175 ...
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Dirk Krohn, Steueroberamtsrat, Burg/Dithmarschen
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Jahrgang: 2021 . Seite: 123
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A. Mehr Zeit für Umwandlungen (§ 2 UmwStG) Bei Verschmelzungen und Spaltungen wird die Umsetzung der Maßnahme von einem sehr wichtigen Detail beherrscht. Als Anlage zur HR-Anmeldung ist die Schlussbilanz des übertragenden Rechtsträgers mit einzureichen. Für diese Bilanz gelten die handelsrechtlichen Vorschriften über die Aufstellung, Prüfung und Feststellung. Gem. § 17 Abs. 2 S. 4 UmwG darf der Stichtag der Schlussbi ...
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Dirk Krohn, Steueroberamtsrat, Burg/Dithmarschen
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Jahrgang: 2018 . Seite: 599
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Die Minderung der Anschaffungskosten des Einbringenden nach § 20 Abs. 7 S. 3 UmwStG 2002 durch Entnahmen im Rückwirkungszeitraum kann auch zu einem negativen Wert führen. BFH-Urt. v. 7.3.2018 - I R 12/16, BFH/NV 2018, 1063 I. Vorbemerkungen 1. Einbringung in Kapitalgesellschaften Die Gründe, weshalb Stpfl. ihr Vermögen in eine KapG einbringen wollen, können vielfälti ...
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Dirk Krohn, Steueroberamtsrat, Burg/Dithmarschen
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Jahrgang: 2017 . Seite: 97
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1. In den Fällen der Einbringung und des Anteilstauschs darf die übernehmende Gesellschaft den Antrag auf einen den gemeinen Wert des Einbringungsgegenstands unterschreitenden Wertansatz nur bis zur erstmaligen Abgabe der steuerlichen Schlussbilanz beim Finanzamt stellen. Mit der "steuerlichen Schlussbilanz" ist die nächste auf den Einbringungszeitpunk ...
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Dirk Krohn, Steueroberamtsrat, Burg/Dithmarschen
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Jahrgang: 2015 . Seite: 643
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Die Einbringung nach § 24 UmwStG von im wirtschaftlichen Eigentum des Unternehmers stehenden Wirtschaftsgütern zum Buchwert führt nicht zu einem Entnahmegewinn BFH-Urt. v. 22.4.2015 - X R 8/13, BFH/NV 2015, 1409 I. Vorbemerkungen 1. Wirtschaftliches Eigentum und wirtschaftliche Betrachtungsweise WG sind grds. dem (zivil-)rechtlichen Eigentümer zuzurechnen, § 39 ...
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Joachim Moritz, Richter am BFH, München
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Jahrgang: 2013 . Seite: 325
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1.Honorarforderungen eines Steuerberaters können als unwesentliche Betriebsgrundlagen bei einer Praxiseinbringung nach § 24 UmwStG zurückbehalten werden. 2.Entnimmt der Steuerpflichtige die zurückbehaltenen Forderungen nicht ausdrücklich in sein Privatvermögen, verbleiben sie in seinem Restbetriebsvermögen. BFH-Urt. v. 4.12.2012 - V ...
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