12345
Dr. Jörg Grune, Rechtsanwalt/Steuerberater, Hamburg und Münster
Jahrgang: 2025 . Seite: 701
Die entgeltliche Übernahme ärztlicher Notfalldienste durch einen Arzt (unter Freistellung des ursprünglich eingeteilten Arztes von sämtlichen Verpflichtungen im Zusammenhang mit diesem Dienst) ist unabhängig davon, wem gegenüber diese sonstige Leistung erbracht wird, als ...

AktStR: Dr. Jörg Grune, Rechtsanwalt/Steuerberater, Hamburg und Münster, 2025 S. 711: Umsatzsteuerliche Einordnung von Online-Veranstaltungsdienstleistungen und von Online-Unterricht nach dem Fernunterrichtsschutzgesetz Umsatzsteuerliche Einordnung von Online-Veranstaltungsdienstleistungen und von Online-Unterricht nach dem Fernunterrichtsschutzgesetz Dr. Jörg Grune, Rechtsanwalt/Steuerberater, Hamburg und Münster Jahrgang: 2025 . Seite: 711 Zur PDF-Fassung dieses Beitrages. Umsatzsteuerliche Einordnung von Umsätzen aus Online-Veranstaltungsdienstleistungen (zugleich Aufhebung des BMF-Schr. v. 29.4.2024 - III C 3 - S 7117-j/21/10002 :004, BStBl I 2024, 726). BMF-Schr. v. 8.8.2025 - III C 3-S 7117-j/00008/006/043, BStBl I 2025, 1637 1. Das Merkmal der überwiegenden räumlichen Trennung zwischen Lehrendem und Lernendem i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes zum Schutz der Teilnehmer am Fernunterricht - Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) - ist bei einem Online-Unterricht jedenfalls dann gegeben, wenn dabei asynchrone Unterrichtsanteile überwiegen. Dies können insbesondere solche sein, bei denen die Darbietung des Unterrichts und dessen Abruf durch den Lernenden zeitlich versetzt erfolgen. 2. Das Fernunterrichtsschutzgesetz ist nicht nur auf Verbraucher i.S.d. § 13 BGB, sondern auch auf Unternehmer i.S.d. § 14 BGB anwendbar. BGH-Urt. v. 12.6.2025 - III ZR 109/24, DStR 2025, 1886 I. Vorbemerkungen 1. Online-Dienstleistungen Das Angebot an Veranstaltungen (Dienstleistungen), die über das Internet - also online - ausgeführt werden, hat in den vergangenen Jahren, ausgelöst vor allem auch durch die Corona-Pandemie stark zugenommen. Das betrifft zum einen kulturelle Angebote, aber vor allem auch Angebote im Bereich der Aus- und Fortbildung und der Freizeitgestaltung. Es hat sich gezeigt, dass die Teilnahme nicht mehr zwingend die physische Präsenz der Teilnehmenden voraussetzt. Vielfach werden Live-Veranstaltungen „in Präsenz“ parallel in Echtzeit digital übertragen, teilweise ersetzt die Live-Übertragung die persönliche Teilnahme vor Ort sogar vollständig und oft werden Live-Mitschnitte oder vorproduzierte Aufzeichnungen entsprechender Veranstaltungen (Konzert, Unterrichts- oder Fitnesskurse) digital zum Abruf via Streaming /Download zur Verfügung gestellt. Diese Entwicklung wirft auch umsatzsteuerlich eine Reihe von Problemen auf. Beratungshinweis: Leistungsort In AktStR 2024 hatten wir darauf hingewiesen, dass sich für Online-Veranstaltungen zunächst die Frage nach dem Ort der Leistung stellt.  Das in § 3 a Abs. 3 Nr. 3 UStG (B2C-Leistungen) bzw. § 3 a Abs. 3 Nr. 5 UStG (B2B-Leistungen) verankerte Veranstaltungsortprinzip unterwirft Veranstaltungsleistungen in Präsenz den umsatzsteuerlichen Regelungen am Veranstaltungsort. Handelt es sich demgegenüber um eine Online-Veranstaltung ist das Empfängerortprinzip anzuwenden.  Neben der Frage des Leistungsorts ist in diesen Fällen auch zu klären, inwieweit Steuerbefreiungen oder Steuerermäßigungen zur Anwendung kommen. Dies betrifft nicht nur Veranstaltungen auf dem Gebiet der Kunst und Kultur, bei welchen eine Befreiung nach § 4 Nr. 20 UStG bzw. eine Ermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG in Betracht kommen kann, sondern vermehrt auch Bildungs- und Gesundheitsdienstleistungen, bei denen ebenfalls Steuerbefreiungsvoraussetzungen einschlägig sein können. 2. Äußerungen der Finanzverwaltung Das BMF hatte sich zur umsatzsteuerlichen Behandlung von Online-Angeboten im B2C-Bereich mit einem Schreiben vom 29.4.2024 geäußert und bei dieser Gelegenheit gleichzeitig den UStAE ergänzt bzw. geändert.  Folgende Differenzierung der Online-Angebote wurde dabei vorgenommen: Das BMF-Schreiben vom 29.4.2024 war im Schrifttum z.T. kritisiert worden.  Außerdem waren dort noch nicht die Änderungen zum 1.1.2025 durch das JStG 2024  eingearbeitet. Das BMF hatte deshalb bereits Ende 2024 angekündigt, 2025 eine Anpassung vorzunehmen. Dies ist jetzt mit einem aktualisierten Schreiben vom 8.8.2025 erfolgt, mit dem gleichzeitig das BMF-Schreiben vom 29.4.2024 aufgehoben worden ist.  II. BMF-Schreiben vom 8.8.2025 - III C 3-S 7117-j/00008/006/043, BStBl I 2025, 1637 Zunächst ist festzustellen, dass das BMF weiterhin die Differenzierung nach vorproduzierten Inhalten, Live-Streaming und Leistungskombinationen vornimmt. Dazu gibt das BMF nachfolgende Erläuterungen, die sich von denen im BMF-Schreiben in ihrer Grundstruktur zunächst nicht unterscheiden. 1. Vorproduzierte Inhalte Werden vorproduzierte Inhalte  den Nutzern über das Internet bereitgestellt und können diese die Angebote zu einem festen oder zu wählenden Zeit-punkt abrufen (Download oder Streaming), handelt es sich um eine auf elektronischem Weg erbrachte Dienstleistung, die dort ausgeführt ist, wo der nichtunternehmerische oder unternehmerische Leistungsempfänger (B2C und B2B) ansässig ist. Für Leistungen, die auf vorproduzierten Inhalten basieren, kommt weder die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 20 UStG noch die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 12 Abs. 2 UStG in Betracht. Dies soll auch für vergleichbare Leistungen im Bildungs- oder Gesundheitswesen gelten.  2. Live-Streaming Es handelt sich um ein Angebot, das parallel oder anstelle einer „Vor-Ort-Veranstaltung“ stattfindet und in Echtzeit durchgeführt wird.  Anders als bei den vorproduzierten Inhalten kann bei einem Live-Streaming unter den weiteren Voraussetzungen die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 20 UStG sowie - wenn keine Steuerbefreiung einschlägig ist - der ermäßigte Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a UStG zur Anwendung kommen. Auch bei Bildungsleistungen oder bei Gesundheitsleistungen kann es in diesen Fällen unter den weiteren Voraussetzungen zur Steuerbefreiung kommen.  3. Leistungskombinationen a) Änderung gegenüber BMF-Schreiben vom 29.4.2024 Während die Ausführungen des BMF zu den vorproduzierten Inhalten und zum Live-Streaming im Wesentlichen unverändert ggü. dem BMF-Schreiben vom 29.4.2024  geblieben sind, gab es wichtige Änderungen bei den Leistungskombinationen. Geblieben ist zunächst die Definition der Leistungskombination: Wird neben der Möglichkeit der Teilnahme an einer Live-Veranstaltung (Live-Streaming) auch die Nutzung von Aufzeichnungen zu einem späteren Zeitpunkt angeboten (den der Kunde wählen kann), handelt es sich um eine vom BMF so bezeichnete Leistungskombination. In diesen Fällen kann es sich um eine einheitliche Leistung eigener Art oder um jeweils getrennt zu beurteilende Leistungen handeln. Nach der Rspr. ist dabei auf die Sicht des Durchschnittsverbrauchers abzustellen. Entscheidend ist der wirtschaftliche Gehalt der erbrachten Leistungen.  Soweit sind die Ausführungen in der Rn 12 des BMF-Schreibens vom 8.8.2025 inhaltsgleich mit dem BMF-Schreiben vom 29.4.2024. Die folgenden Absätze - im BMF-Schreiben vom 29.4.2024 mit a) und b) angegeben, sind allerdings im Schreiben vom 8.8.2025 weggefallen. Eine einheitliche Leistung eigener Art sah die FinVerw im Schreiben vom 29.4.2024 dann, wenn es sich um die kombinierte Bereitstellung eines Live-Streams und einer Aufzeichnung handelt, die zu einem späteren, vom Nutzer gewählten Zeitpunkt abgerufen werden kann. In dem neuen BMF-Schreiben vom 8.8.2025 sind diese Formulierungen sowie die „Definitionen“ der einheitlichen und selbstständigen Leistungen nicht mehr enthalten. In Rn 12 wird vielmehr nur noch auf die Sicht des Durchschnittsverbrauchers verwiesen zur Abgrenzung, ob eine einheitliche Leistung vorliegt oder ob es sich um selbstständige Leistungen handelt, wenn neben dem Live-Stream zu einem späteren Zeitpunkt eine Aufzeichnung abgerufen werden kann.  Beratungshinweis: Übergangsregelung Die Regelungen im BMF-Schreiben vom 29.4.2024 gelten nach der Anwendungsregelung in Rn 18 des BMF-Schreibens vom 8.8.2025 noch bis zum 31.12.2025 weiter, wenn sich der Stpfl. auf die „alte“ Regelung beruft (Nichtbeanstandungsregelung).  b) Stellungnahme zur Änderung im BMF-Schreiben vom 8.8.2025 Wie mit dieser Änderung in Rn 12 des BMF-Schreibens vom 8.8.2025 in der Anwendungspraxis umzugehen ist, ist fraglich. Der Hinweis auf die „Sicht des Durchschnittsverbrauchers“ entspricht zwar der höchstrichterlichen Rspr. (BFH und EuGH), ist aber einmal mehr auch hier wenig hilfreich. Für den Anwender ist es eine fatale Situation, denn ob darin nun zum Ausdruck kommen soll, dass die Verwaltung bei ihrer im aufgehobenen Schreiben vom 29.4.2024 in Rn 12a und 12b geäußerten Auffassung bleibt, diese nur nicht mehr deutlich zum Ausdruck bringen möchte, ist unklar. Genauso gut könnte es nämlich auch sein, dass die Verwaltung von ihrer Rechtsauffassung abgerückt ist. Möglich wäre z.B. eine einheitliche Leistung in der Weise anzunehmen, dass Präsenzveranstaltung und Live-Streaming als Hauptleistung und die Aufzeichnung (ohne zusätzliches Entgelt) als Nebenleistung angesehen werden, die dann umsatzsteuerlich das Schicksal der Hauptleistung (USt-Pflicht) teilt. 4. Neuer Problembereich: Das Fernunterrichtsschutzgesetz Eine weitere Problematik hat sich aktuell noch aus Abschn. 4.21.1 Abs. 1 S. 9 UStAE-Entwurf im Zusammenhang mit der seit dem 1.1.2025 nach § 4 Nr. 21 UStG geltenden Neuregelung für Bildungsleistungen ergeben. Beratungshinweis: Anwendungsschreiben des BMF zu § 4 Nr. 21 UStG i.d.F. vom 1.1.2025 Ein (endgültiges) Anwendungsschreiben des BMF zur umstrittenen Neuregelung der „Bildungsleistungen“ gem. § 4 Nr. 21 UStG stand zum Zeitpunkt der Drucklegung weiterhin aus. Das BMF hatte im Januar 2025 den Verbänden lediglich ein Entwurfsschreiben übermittelt.  Danach sind Lehrgänge und Streaming-Angebote, die nach dem Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) zugelassen sind, immer steuerfrei. Das bedeutet, dass ein Bildungsanbieter, der die Zulassung nach dem FernUSG besitzt, gar nicht in die Prüfung nach Rn 12 des BMF-Schreibens vom 29.4.2024 bzw. 8.8.2025 hineinkommt, weil aufgrund dieser Zulassung die Steuerfreiheit bereits feststeht. Beratungshinweis: Steuerpflichtige Bildungsleistungen Nicht immer ist vom Bildungsanbieter aber eine Steuerfreiheit gewünscht. Vielmehr ergeben sich oftmals aus einer Vielzahl von Eingangsleistungen (hohe) Vorsteuerbeträge, die der Bildungsanbieter abziehen möchte. Demgemäß ist dafür dann die Steuerpflicht das Mittel der Wahl.  Nach der bis zum 31.12.2024 geltenden Fassung des § 4 Nr. 21 UStG ergab sich im Grundsatz keine Einschränkung beim Vorsteuerabzug, weil die erforderliche behördliche Anerkennung des Leistungserbringers im beruflichen Bildungsbereich nur unter den engen Voraussetzungen des § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb UStG erfolgte, wonach die Steuerfreiheit an eine Bescheinigung geknüpft war, dass die Einrichtung auf eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereitet. Gerade im Bereich der Fortbildung war diese Voraussetzung zumeist nicht erfüllt, so dass die Leistungen der Einrichtungen steuerpflichtig waren. Nach der seit dem 1.1.2025 geltenden Neuregelung lautet § 4 Nr. 21 Buchst. a UStG wie folgt: "Steuerfrei sind die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen von Einrichtungen des öffentlichen Rechts, die mit solchen Aufgaben betraut sind, privaten Schulen und anderen allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtungen, aa) wenn sie als Ersatzschulen gemäß Artikel 7 Abs. 4 des Grundgesetzes staatlich genehmigt oder nach Landesrecht erlaubt sind oder bb) wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie Schulunterricht, Hochschulunterricht, Ausbildung, Fortbildung oder berufliche Umschulung erbringen (…)“ Beratungshinweis: Kritik an der Neufassung des § 4 Nr. 21 UStG Die seit dem 1.1.2025 geltende Neuregelung hat gerade aus dem Kreis vieler Bildungsanbieter, die eine USt-Befreiung nicht wollen, erhebliche Kritik hervorgerufen. Neben vielen anderen Punkten wird bemängelt, dass die für die Erteilung der Bescheinigung zuständige Landesbehörde nicht nur vom Unternehmer, sondern auch von Amts wegen eingeschaltet werden kann.  Außerdem stellt sich die Frage, ob es wirklich systematisch richtig ist, die Befreiung, die an sich „Einrichtungen des öffentlichen Rechts“ sowie andere mit „vergleichbarer Zielsetzung“ von der Mehrwertsteuer befreien soll und dabei auf das „Gemeinwohl“ (Überschrift des Artikels) abstellt, auch auf gewerbliche Schulungsanbieter auszudehnen. Hieraus ergeben sich neutralitätswidrige Belastungen mit nicht abziehbarer Vorsteuer.  Im Ergebnis fordern Umsatzsteuerexperten  gemeinsam mit dem DStV in einem Schreiben vom 12.2.2025 an das BMF eine großzügige Anwendungsregelung. Um die erforderlichen Prozesse bei allen Beteiligten einzurichten und die notwendigen Anpassungen umzusetzen, sollte § 4 Nr. 21 S. 1 Buchst. a und b UStG frühestens ab 1.1.2028 anzuwenden sein. Als ob die mit der Umsetzung der Anwendung des § 4 Nr. 21 UStG i.d.F. vom 1.1.2025 bestehenden Probleme nicht schon groß genug wären, um in die USt-Pflicht zu kommen, ist aktuell ein neues Hindernis hinzugekommen, ausgelöst durch eine Entscheidung des BGH vom 12.6.2025. 5. Vom BGH zu entscheidende Rechtsfrage In dem BGH-Verfahren ging es um folgende Frage, die vordergründig betrachtet nur zivilrechtliche Problemfelder betrifft. Ist ein nach § 7 Abs. 1 FernunterrichtsschutzG (FernUSG) abgeschlossener Vertrag nichtig, wenn der Veranstalter eines Online-Unterrichts nicht über eine Zulassung des Fernlehrgangs nach dem Fernunterrichtsgesetz verfügt? III. BGH-Urteil v. 12.6.2025 - III ZR 109/24, DStR 2025, 1886 1. Sachverhalt Der Kläger hatte bei einer „Akademie“ einen „Online-Coaching-Vertrag“ abgeschlossen, der ein sog. „9-Monats-Business-Mentoring-Programm Finanzielle Fitness“ betraf. Die Akademie war nicht nach dem FernUSG zugelassen. I.R.d. Coachings wurden überwiegend Lehrvideos überlassen sowie Hausaufgaben zur Bearbeitung gestellt. Alle zwei Wochen fanden Online-Meetings statt, die auch aufgezeichnet wurden und später abrufbar waren. Präsenzveranstaltungen fanden sehr untergeordnet statt. Der Kläger klagte u.a. auf Rückzahlung der von ihm bezahlten Kursgebühren von 23.800 EUR, die ihm mit USt berechnet worden waren. Dabei trug er u.a. vor, der Vertrag sei wegen der fehlenden Zulassung nach dem FernUSG nichtig und im Übrigen auch sittenwidrig. Das LG Heilbronn wies die Klage ab.  Im Berufungsverfahren gab das OLG Stuttgart dem Kläger Recht.  Hiergegen richtete sich die Rev. des Beklagten. Sachverhalt in tabellarisch zusammengefasster Form Kläger Bucht bei einer „Akademie“ einen „Online-Coaching-Lehrgang“ (Inhalt: Lehrvideos, Hausaufgaben, Online-Meetings). Gebühr 23.800 EUR. Die Akademie war nicht nach dem FernUSG zugelassen. Kläger klagt auf Rückzahlung der Kursgebühr wegen Nichtigkeit des Vertrags. LG Heilbronn Weist Klage ab. OLG Stuttgart Gibt dem Kläger in der Berufung Recht - Stattgabe der Klage. Rev. zum BGH Die beklagte Akademie hält die Auffassung des OLG Stuttgart für unzutreffend. 2. Entscheidung und Begründung des BGH Der BGH wies die Rev. des Beklagten zurück. Dafür waren folgende Erwägungen maßgebend: Der Vertrag ist wegen der fehlenden Zulassung nach § 7 Abs. 1 FernUSG nichtig. Die Akademie ist verpflichtet, die gesamte gezahlte Kursgebühr herauszugeben. Der Vertrag fällt unter das FernUSG. Das Tatbestandsmerkmal der entgeltlichen Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten in § 1 Abs. 1 FernUSG ist weit auszulegen. Eine Mindestqualität an Inhalten ist nicht notwendig. Eine räumliche Trennung i.S.d. § 1 Abs. 1 FernUSG ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn aufgezeichnete synchrone Unterrichtsanteile später zeitversetzt angesehen werden können. Die ebenfalls für die Anwendung des FernUSG notwendige Lernerfolgskontrolle liegt bereits dann vor, wenn die Teilnehmenden durch Fragen zum erlernten Stoff an die Lehrkräfte eine Kontrolle erhalten können. Das FernUSG ist nicht nur auf Verträge mit Verbrauchern i.S.d. § 13 BGB, sondern auch auf solche mit Unternehmern i.S.d. § 14 BGB anzuwenden. Der Gesetzgeber wollte alle potenziellen Teilnehmer schützen. IV. Anmerkungen 1. Die umsatzsteuerliche Problematik des BGH-Urteils vom 12.6.2025 Die umsatzsteuerliche Problematik ergibt sich aus Abschn. 4.21.1 Abs. 1 S. 9 UStAE des Entwurfs eines BMF-Schreibens zu § 4 Nr. 21 UStG.  Danach sind Lehrgänge und Streaming-Angebote, die nach dem Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) zugelassen sind, immer steuerfrei. Das bedeutet, dass ein Bildungsanbieter, der die Zulassung nach dem FernUSG besitzt, gar nicht in die Prüfung nach Rn 12 des BMF-Schreibens vom 29.4.2024 bzw. 8.8.2025 hineinkommt, weil aufgrund dieser Zulassung die Steuerfreiheit bereits feststeht. Beratungshinweis: Bedeutung des Staatsvertrags über das Fernunterrichtswesen Nach Art. 2 Abs. 2 Nr. 4 des Staatsvertrages über das Fernunterrichtswesen  ist die Zentralstelle für Fernunterricht (ZfU) zuständige Behörde i.S.v. § 4 Nr. 21 Buchst. a Doppelbuchst. bb und Buchst. b Doppelbuchst. bb UStG. Der Hinweis bezieht sich allerdings auf die „alte“ Regelung des § 4 Nr. 21 UStG, die zum 31.12.2024 ausgelaufen ist. Ob die Bezugnahme künftig durch Änderung des Staatsvertrages auch auf die Neufassung des § 4 Nr. 21 UStG Anwendung finden soll, ist nicht bekannt. Bisher wurde das FernUSG als eine Verbraucherschutzregelung angesehen, die mithin ausschließlich den B2C-Bereich betrifft. Die Problemfelder haben sich aber aktuell durch die Rezensionsentscheidung des BGH vom 12.6.2025 wesentlich verschärft, indem der BGH im Wege einer weiten Auslegung die Regelungen zum FernUSG nicht nur auf Verbraucher i.S.d. § 13 BGB, sondern auch auf Unternehmer - also im B2B-Bereich (§ 14 BGB) - für anwendbar erklärt. Das bedeutet, dass eine Regelung wie im Entwurf des Abschn. 4.21.1. Abs. 1 S. 9 UStAE, der ursprünglich keine größere Bedeutung beigemessen wurde, plötzlich im Fokus der Bildungsanbieter steht, die steuerpflichtige Dienstleistungen anbieten (möchten). Die Zulassung nach dem FernUSG erteilt die Staatliche Zentralstelle für Fernunterricht (ZfU). Zulassungsvoraussetzungen nach § 1 Abs. 1 FernUSG: Es muss um die Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten gehen. Ein Lehrgang muss auf vertraglicher Basis gegen Entgelt angeboten werden. Es muss eine individuelle Lernerfolgskontrolle stattfinden. Zudem müssen Lernende und Lehrende überwiegend räumlich getrennt sein. Für Online-Seminare (Webinare) gilt nach der FAQ-Liste der ZfU  Folgendes: Online-Seminare sind nicht zulassungspflichtig, da sie synchron in Echtzeit stattfinden und damit keine räumliche Trennung zwischen Lehrenden und Lernenden i.S.d. FernUSG besteht. Werden die synchronen Maßnahmen jedoch den Teilnehmenden als Aufzeichnung zur Verfügung gestellt, werden diese dem asynchronen Lernen zugeordnet. Das bedeutet, wenn den Teilnehmenden eine Aufzeichnung zur Verfügung gestellt wird, ist die Veranstaltung asynchron und damit zulassungspflichtig. Es muss eine Zulassung nach dem FernUSG beantragt werden und der Bildungsanbieter ist damit umsatzsteuerfrei gem. Abschn. 4.21.1 Abs. 1 S. 9 UStAE-E. Beratungshinweis: Änderung des Abschn. 4.21.1 Abs. 1 S. 9 UStAE-E Die sich aus der Anwendung des FernUSG ergebende Zusatzproblematik für die Umsatzsteuer könnte recht einfach in der Weise behoben werden, dass das BMF in seinem endgültigen Anwendungsschreiben zu § 4 Nr. 21 UStG den Satz mit dem Hinweis auf das FernUSG in Abschn. 4.21.1 Abs. 1 S. 9 UStAE-E streicht. 2. Die Auffassung des LG München im Urteil vom 8.8.2025 Wichtig ist in diesem Zusammenhang ein Urteil des LG München I, das dieses in Kenntnis der Entscheidung des BGH vom 12.6.2025 getroffen hat.  Der Kläger wollte gegenüber dem Beklagten Rückzahlungsansprüche unter Berufung auf das FernUSG geltend machen. Das LG München I verneinte dies. Nach seiner Auffassung lagen die Voraussetzungen für eine Zulassung nach dem FernUSG nicht vor. Dem Sachverhalt ist zu entnehmen, dass folgende Bestandteile vorhanden waren: Zugang zu einem Videolehrkurs, mehrmals wöchentliche Live-Videokonferenzen sowie individueller „VIP-Support“. Damit hatte der Kläger jederzeit die Möglichkeit, Rückfragen zu stellen. Er erhielt eine persönliche Betreuung. Nach Meinung des LG München I besteht bei einem derartigen Format gerade nicht die anonyme Distanz, die das FernUSG voraussetzt. Beratungshinweis: Auswirkungen der Entscheidung des LG München auf die USt Im Weiteren folgt aus der Entscheidung des LG München I, dass dann, wenn aufgrund der Vergleichbarkeit mit einer Präsenzveranstaltung keine Zulassungspflicht nach dem FernUSG besteht, auch Abschn. 4.21.1. Abs. 1 S. 9 UStAE-E nicht zur Anwendung kommt, mithin die Steuerbefreiung sich zumindest hieraus nicht ergeben kann. Abzuwarten bleibt allerdings, ob die Entscheidung des LG München I in der Berufungs- und ggfs. Revisionsinstanz Bestand hat. Immerhin ist es ein deutliches Signal dafür, wie mit den Zulassungen nach dem FernUSG umzugehen ist. Von Bedeutung ist auch, dass das FernUSG aus den 1970er Jahren stammt und möglicherweise durch die digitale Entwicklung in Teilbereichen überholt ist und vom Gesetzgeber angepasst werden sollte. Beratungshinweis: Klage vor dem LG München I unzulässig Der Einzelrichter beim LG München I hielt die Klage im Übrigen bereits für unzulässig, weil die Klage schon nach dem Vorbringen des Klägers unschlüssig war. Dieser Umstand dürfte für die Frage der Einlegung eines Rechtsmittels nicht ganz unbedeutend sein. V. Fazit Das BMF-Schreiben vom 8.8.2025 und auch die Entscheidung des BGH vom 12.6.2025 machen deutlich, dass die umsatzsteuerlichen Probleme bei den Bildungsleistungen noch lange nicht beendet sind. Das Gegenteil ist der Fall. Die besprochene BGH-Entscheidung hat eine neue Hürde deutlich gemacht, die sich vor allem dadurch ergibt, dass die FinVerw offenbar die Umsatzsteuerbefreiung u.a. von der Zulassung nach dem FernUSG abhängig machen will. Um es deutlich zu machen: Hier wird nicht nur zivilrechtlich, sondern nun auch umsatzsteuerlich ein Gesetz (das FernUSG) angewandt, das seit 50 Jahren fast unverändert geblieben ist und damit aus einer Zeit stammt, als die digitale Welt - wenn es sie überhaupt schon gab - jedenfalls noch in den Kinderschuhen steckte. Hier ist m.E. nicht nur die FinVerw gefordert mit einer Streichung des Hinweises auf das FernUSG im UStAE, sondern auch der Gesetzgeber muss die Zulassungsvoraussetzungen des FernUSG anpassen. Das macht die Entscheidung des LG München I unabhängig davon, ob sie in den nächsten Instanzen Bestand hat oder nicht, ganz deutlich.      Grune, AktStR 2024, 705 ff.       Grune, AktStR 2024, 705 ff., 707       BMF-Schr. v. 29.4.2024 - III C 3 - S 7117-j/21/10002 :004, BStBl I 2024, 726       Z.B Grambeck, UStDD 2024 10/2024, Seite 15       JStG v. 5.12.2024, BGBl I 2024, Nr. 387       BMF-Schr. v. 8.8.2025 - III C 3-S 7117-j/00008/006/043, BStBl I 2025, 1637 - dazu unten unter II.       Vgl. zu einzelnen Beispielen Grune, AktStR 2024, 705 ff.; Liermann, StuB 2024, 516 ff.       BMF-Schr. v. 8.8.2025 - III C 3-S 7117-j/00008/006/043, BStBl I 2025, 1637, Rn 3 ff.       BMF-Schr. v. 8.8.2025 - III C 3-S 7117-j/00008/006/043, BStBl I 2025, 1637, Rn 6 S. 1       BMF-Schr. v. 8.8.2025 - III C 3-S 7117-j/00008/006/043, BStBl I 2025, 1637, Rn 8       Hier gab es vor allem sprachliche Anpassungen und Veränderungen im Hinblick auf Neufassungen des UStG durch das JStG 2024       BMF-Schr. v. 8.8.2025 - III C 3-S 7117-j/00008/006/043, BStBl I 2025, 1637, Rn 12       B MF-Schr. v. 8.8.2025 - III C 3-S 7117-j/00008/006/043, BStBl I 2025, 1637, Rn 12       BMF-Schr. v. 8.8.2025 - III C 3-S 7117-j/00008/006/043, BStBl I 2025, 1637, Rn 18       Entwurf BMF-Schr. v. 20.1.2025 - III C 3 - S 7179/00054/002/006       Eine Option zur Steuerpflicht scheitert an den Voraussetzungen des § 9 Abs. 2 UStG. Das Unionsrecht sieht in Art. 137 MwStSystRL im Übrigen auch eine Option für diese Fälle nicht vor.       So das BVerwG, Urt. v. 4.5.2006 - 10 C 10/05, DStRE 2006, 1476       Zutreffend z.B. auch Prätzler, UStDD 15/2025, 14       Prof. Dr. Oliver Zugmaier, Dr. Markus Müller, Prof. Rolf-R. Radeisen und Dr. Jörg Grune sowie der DStV       LG Heilbronn, Urt. v. 19.12.2023 - 3 O108/23, n.v.       OLG Stuttgart, Urt. v. 29.8.2024 - 13 U 176/23, MDR 2025, 212       Entwurf BMF-Schr. v. 20.1.2025 - III C 3 - S 7179/00054/002/006       https://zfu.de/files/staatsvertrag.pdf       https://zfu.de/veranstaltende/faq       LG München, Urt. v. 8.8.2025 - 47 O 12802/24, Juris   

Dr. Jörg Grune, Rechtsanwalt/Steuerberater, Hamburg und Münster
Jahrgang: 2025 . Seite: 507
1. Erbringt ein Unternehmer neben Reitunterricht zusätzliche Leistungen wie Unterkunft und Verpflegung, liegen umsatzsteuerrechtlich regelmäßig selbstständige Hauptleistungen vor. 2. Unterricht im Pferdesport ist kein Schul- oder Hochschulunterricht und dient typischerweise der Freizeitgestaltung. Allerdings kann er in begründeten Ausnahmefällen ...

Dr. Jörg Grune, Rechtsanwalt/Steuerberater, Hamburg und Münster
Jahrgang: 2025 . Seite: 519
Eine Methode zur Aufteilung eines einheitlichen Gesamtentgelts, die dazu führt, dass auf ein Produkt einer rabattierten Warenzusammenstellung ein anteiliger Verkaufspreis entfällt, der höher ...

Dr. Jörg Grune, Rechtsanwalt/Steuerberater, Hamburg und Münster
Jahrgang: 2025 . Seite: 333
1. Die Inanspruchnahme der in einer Rechnung als Aussteller bezeichneten Person nach § 14 c Abs. 1 S. 1 UStG setzt voraus, dass diese an der Erstellung der Rechnung mitgewirkt hat oder dass ihr die Ausstellung anderweitig nach den für Rechtsgeschäfte geltenden Regelungen, zu dene ...

Dr. Jörg Grune, Rechtsanwalt/Steuerberater, Hamburg und Münster
Jahrgang: 2025 . Seite: 347
Es geht zu Lasten des Steuerpflichtigen, der die Anwendung der Differenzbesteuerung begehrt, wenn das Vorliegen der Voraussetzungen des § 25 a UStG unerwiesen geblieben ist und er nicht alle ihm zur Verfügung stehenden zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat, um Unregelmäßigkeiten in Bezug auf seinen jeweiligen Geschäftspartner nachzugehen. BFH-Beschl ...

Dr. Jörg Grune, Rechtsanwalt/Steuerberater, Hamburg und Münster
Jahrgang: 2025 . Seite: 165
Ausstellung von Rechnungen nach § 14 UStG; Einführung der obligatorischen elektronischen Rechnung bei Umsätzen zwischen inländischen Unternehmern ab dem 1. Januar 2025 BMF-Schr. v. 15.10.2024 - III C 2 - S 7287-a/23/10001:007, BStBl I 2024, 1320 Fragen und Antworten zur Einführung der obligatorischen (verpflichtenden) E-Rechnung zum 1. Januar 2 ...

Dr. Jörg Grune, Rechtsanwalt/Steuerberater, Hamburg und Münster
Jahrgang: 2024 . Seite: 685
Umsatzsteuerliche Änderungen durch das Jahressteuergesetz 2024 I. Vorbemerkungen Das JStG 2024  lag zum Zeitpunkt der Drucklegung  als Kabinettsbeschluss der BReg vor. Es soll nach derzeitigen Planungen Ende November 2024 verabschiedet werden. Dabei handelt es sich um das einzige StÄndG in diesem Jahr, das Anpa ...

Prof. Dr. Bert Kaminski, Helmut Schmidt Universität - Universität der Bundeswehr Hamburg
Jahrgang: 2024 . Seite: 705
Umsatzsteuerliche Einordnung von Umsätzen aus Online-Veranstaltungsdienstleistungen und weiteren Online-Dienstleistungsangeboten BMF-Schr. v. 29.4.2024 - III C 3 - S 7117-j/21/10002 :004, BStBl I 2024, 726 I. Vorbemerkungen 1. Online-Dienstleistungen Im Rahmen der Corona-Pand ...

12345