Dr. Michael Messner, Notar, RA, FAStR u. FAErbR, Hannover
|
Jahrgang: 2025 . Seite: 321
|
1. Die Ausgliederung eines Einzelunternehmens auf eine zu diesem Zweck neu gegründete KapG kann nach § 6 a GrEStG steuerbegünstigt sein. 2. Kann die Vorbehaltensfrist des § 6 a S. 4 GrEStG in diesem Fall umwandlungsbedingt nicht eingehalten werden, steht dies der Begünstigung nicht entgegen. 3. Die Nachbehaltensfrist des § 6 a S. ...
|
|
Dirk Krohn, Steueroberamtsrat, Burg/Dithmarschen
|
Jahrgang: 2025 . Seite: 151
|
1. Ein inländisches Grundstück ist einer Gesellschaft für den nach § 1 Abs. 3 GrEStG der Grunderwerbsteuer unterliegenden Rechtsvorgang zuzurechnen, wenn sie zuvor in Bezug auf dieses Grundstück einen unter § 1 Abs. 1, Abs. 2 oder Abs. 3 GrEStG fallenden Erwerbsvorgang verwirklicht hat. Dies gilt auch bei m ...
|
|
AktStR: Dirk Krohn, Steueroberamtsrat, Burg/Dithmarschen, 2024 S. 675: Grunderwerbsteuer bei Erwerb von Gesellschaftsanteilen durch einen Treuhänder Grunderwerbsteuer bei Erwerb von Gesellschaftsanteilen durch einen Treuhänder Dirk Krohn, Steueroberamtsrat, Burg/Dithmarschen Jahrgang: 2024 . Seite: 675 Zur PDF-Fassung dieses Beitrages. Ein Treuhänder kann den Tatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG erfüllen, wenn sich in seiner Hand erstmalig alle Anteile einer grundbesitzenden GmbH unmittelbar oder mittelbar vereinigen. Es kommt nicht darauf an, dass der Treuhänder einen Teil der Anteile für Rechnung seines Auftraggebers (Treugeber) erwirbt. BFH-Urt. v. 10.4.2024 - II R 34/21, DStR 2024, 1937 I. Vorbemerkung 1. Die Treuhand in der Grunderwerbsteuer Das Thema Treuhand im Kontext der Grunderwerbsteuer wird oft unterschätzt und birgt potenziell erhebliche steuerliche Risiken. Während die wirtschaftliche Berechtigung für die Ertragsteuern maßgebend ist, kommt es für die GrESt nur auf die formalen Eigentumsverhältnisse an; ein Umstand, der bei unzureichender Beachtung zu unerwarteten Steuerbelastungen führen kann. Die Komplexität und die Unsicherheiten, die mit Treuhandkonstruktionen verbunden sind, machen dieses Thema zu einer steuerlichen Stolperfalle, die nicht nur für Unternehmen, sondern auch für Privatpersonen erhebliche finanzielle Konsequenzen haben kann. Ein genauer Blick auf die rechtlichen Feinheiten und steuerlichen Fallstricke ist daher unverzichtbar, um unangenehme Überraschungen zu vermeiden. Ein Treuhandverhältnis bietet eine flexible Möglichkeit, eine Person wirtschaftlich an einem Unternehmen oder einem Grundstück zu beteiligen, ohne dass diese Person im Außenverhältnis als Eigentümer auftritt. Durch dieses rechtliche Konstrukt können Eigentumsverhältnisse verschleiert und der Treugeber, also die wirtschaftlich beteiligte Person, im Hintergrund gehalten wird. Der formelle Eigentümer, der sog. Treuhänder, tritt nach außen hin als rechtmäßiger Inhaber auf, während er im Innenverhältnis die Interessen des Treugebers wahrnimmt. Treuhandgeschäfte sowie Erwerbsvorgänge durch Auftragnehmer oder Geschäftsbesorger spielen im Kontext der GrESt eine wichtige Rolle, insb. wenn sie Anteile an einer Gesellschaft betreffen, die inländischen Grundbesitz hält. Bei solchen Geschäften kann es entscheidend sein, wer formal als Eigentümer auftritt und wer tatsächlich die wirtschaftlichen Interessen an den erworbenen Vermögensrechten - etwa Gesellschaftsanteilen - innehat. Für die GrESt ist es relevant, ob und wie ein solcher Treuhandvertrag gestaltet ist, da die Steuerpflicht an den Erwerb von inländischem Grundbesitz oder von Anteilen an Gesellschaften mit inländischem Grundbesitz geknüpft ist. Der formelle Erwerb durch den Treuhänder kann unter Umständen zu einer Steuerpflicht führen, obwohl der Treuhänder nicht der wirtschaftlich Berechtigte ist. Die grunderwerbsteuerliche Betrachtung richtet sich daher nicht allein nach den formellen Eigentumsverhältnissen, sondern berücksichtigt auch die wirtschaftliche Realität des Treuhandverhältnisses. 2. Überblick über Treuhandverhältnisse a) Konstruktion des Treuhandverhältnisses Im Treuhandverhältnis gibt es eine klare Trennung zwischen dem Innen- und dem Außenverhältnis. Im Außenverhältnis erscheint der Treuhänder als der rechtmäßige Eigentümer des Unternehmens oder Grundstücks. Er ist es, der nach außen hin alle Rechte und Pflichten wahrnimmt und rechtlich als Eigentümer gilt. Das Innenverhältnis, das durch den Treuhandvertrag geregelt wird, sieht jedoch vor, dass der Treuhänder das Eigentum nur „zu treuen Händen“ für den Treugeber hält. Dieser Treugeber, obwohl nach außen hin nicht als Eigentümer sichtbar, ist der wirtschaftlich Berechtigte und erhält sämtliche wirtschaftlichen Vorteile, die aus dem Eigentum resultieren. b) Arten von Treuhandverhältnissen Es gibt unterschiedliche Formen des Treuhandverhältnisses, abhängig davon, wie der Treuhänder seine Stellung erlangt: Erwerbstreuhand: Der Treuhänder erwirbt im Auftrag des Treugebers den Gesellschaftsanteil oder das Eigentum von einem Dritten. Der Treuhänder handelt im Auftrag des Treugebers und hält das Eigentum für ihn. Übertragungstreuhand: In diesem Fall überträgt der Treugeber seinen Gesellschaftsanteil oder das Eigentum an den Treuhänder, bindet ihn jedoch durch den Treuhandvertrag an sich. Der Treuhänder bleibt nach außen hin der rechtliche Eigentümer, während der Treugeber die wirtschaftlichen Rechte behält. Vereinbarungstreuhand: Diese Form stellt den umgekehrten Fall der Übertragungstreuhand dar. Ein Gesellschafter verspricht, seine Anteile künftig treuhänderisch für den Treugeber zu halten, ohne dass eine tatsächliche Übertragung stattfindet. 3. Grunderwerbsteuerliche Behandlung a) Grundsätze Während das Treuhandverhältnis in Bezug auf die ESt und KSt weitgehend unproblematisch ist - die entsprechenden Einkünfte werden dem Treugeber zugerechnet, der als wirtschaftlicher Eigentümer gilt -, sieht die Situation bei der GrESt anders aus. Hier hat der Gesetzgeber eine abweichende Regelung getroffen, die je nach Art der Treuhand unterschiedliche steuerliche Konsequenzen haben kann. Die FinVerw lässt sich bei Übergängen von Anteilen in Treuhandfällen von folgenden rechtlichen Prämissen leiten: Grds. ist festzustellen, dass die GrESt die Fälle des zivilrechtlichen Übergangs eines Grundstücks vom Treugeber zum Treuhänder und zurück jeweils als grunderwerbsteuerbar nach § 1 Abs. 2 GrEStG qualifiziert. Um eine Übermaßbesteuerung zu vermeiden, wurde eine Steuerbefreiung im § 3 Nr. 8 GrEStG für die Rückübertragung eingeführt, die allerdings unter der Voraussetzung steht, dass der erste Übergang durch den Steuerschuldner ordnungsgemäß nach § 19 GrEStG angezeigt wurde. b) Übertragung von Gesellschaftsanteilen nach § 1 Nr. 2 a und 2b GrEStG Diese Grundsätze wurden durch den BFH auf die Übertragungen von Gesellschaftsanteilen übertragen. Mit Urt. v. 25.11.2015 entschied der BFH, dass der Gesellschafterbestand einer grundbesitzenden PersG sich i.S.v. § 1 Nr. 2 a S. 1 GrEStG mittelbar ändert, wenn ein an der PersG unmittelbar beteiligter Gesellschafter mit einem oder mehreren Treugebern vereinbart, den Gesellschaftsanteil treuhänderisch für diese zu halten, und die Treuhandvereinbarungen im maßgeblichen Zeitraum dazu führen, dass den Treugebern das notwendige tatbestandsauslösende Quantum der Anteile am Gesellschaftsvermögen der PersG als neuen Gesellschaftern zuzurechnen sind. Die FinVerw hat diese Auffassung übernommen und regelt in Rz 5.2.4 der gleich lautenden Ländererlasse zur Anwendung der § 1 Nr. 2 a und 2b GrEStG v. 10.5.2022 : „Neugesellschafter ist: - derjenige, der aufgrund Vereinbarungstreuhand mit einem Gesellschafter der grundbesitzenden KapG nach deren Gründung bzw. nach einem Grundstückserwerb durch diese oder nach einer früheren Verwirklichung des Tatbestands des § 1 Nr. 2 b GrEStG dessen Treugeber wird, - der neue Treugeber eines Gesellschafters nach Treugeberwechsel, - der Treugeber, auf den die treuhänderisch gehaltenen Anteile vom Treuhänder übertragen oder rückübertragen werden (zur anteiligen Steuerbefreiung in Höhe der rückübertragenen Anteile auf den Treugeber vgl. § 3 Nr. 8 GrEStG analog) oder - der neue Treuhänder beim Wechsel des Treuhändergesellschafters.“ c) Erwerbsvorgänge i.S.d. § 1 Abs. 3 GrEStG i.Z.m. Treuhandverhältnissen Auch i.R.d. Anteilsübertragung bzw. Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 GrEStG sind Treuhandverhältnisse zu beachten. Dabei ist zu bedenken, dass nach § 1 Abs. 3 S. 1 GrEStG die Vorschriften der § 1 Nr. 2 a und 2b GrEStG immer vorrangig sind. Die FinVerw hat mit gleichlautenden Erlassen vom 19.9.2018 ausführlich über Erwerbsvorgänge i.S.d. § 1 Abs. 3 GrEStG i.Z.m. Treuhandgeschäften Stellung genommen. Dabei sind folgende Sachverhalte zu unterscheiden: Überträgt ein Gesellschafter mind. 95 % der Anteile an einer Gesellschaft auf einen Treuhänder, entsteht die Steuer aus § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG, wenn für den Treuhänder durch Rechtsgeschäft ein Anspruch auf Übertragung begründet wird (sog. eigennützige Treuhand). Besteht nur die Pflicht des Treuhänders aus Auftrag oder Geschäftsbesorgungsvertrag, die Anteilsübertragung anzunehmen, nicht aber das Recht, diese zu verlangen (sog. uneigennützige Treuhand), unterliegt die Übertragung der Anteile mangels Übertragungsanspruch der Steuer nach § 1 Abs. 3 Nr. 4 GrEStG. Überträgt der Treuhänder die Anteile auf den Treugeber zurück und beruht die Rückübertragung auf einer rechtsgeschäftlich begründeten aufschiebend bedingten Verpflichtung, entsteht die Steuer aus § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG. Erfolgt die Rückübertragung in Erfüllung eines dem Treugeber zustehenden Herausgabeanspruchs aus § 667 BGB, unterliegt der Vorgang der Steuer nach § 1 Abs. 3 Nr. 4 GrEStG. Bei Erfüllung der jeweiligen Tatbestandsvoraussetzungen findet § 3 Nr. 8 S. 1 GrEStG ebenso wie § 16 Abs. 2 GrEStG Anwendung. Verschafft ein Gesellschafter, der mind. 95 % der Anteile einer Gesellschaft innehat, einem Treugeber einen auf diese Anteile bezogenen Übertragungsanspruch, unterliegt der Erwerb des Übertragungsanspruchs der Steuer nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG. Überträgt daraufhin der Treuhänder dem Treugeber auch die Anteile, entsteht, nachdem bereits der Erwerb der Rechte als Treugeber grunderwerbsteuerpflichtig gewesen ist, keine weitere Steuer. Überträgt der Treuhänder die ihm übertragenen mind. 95 % der Gesellschaftsanteile im Einvernehmen mit dem Treugeber auf einen Dritten oder auf einen anderen Treuhänder ( Treuhänderwechsel), unterliegt dies der Steuer nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 bzw. 4 GrEStG. Überträgt der Treugeber seine Rückübertragungsansprüche auf einen Dritten ( Treugeberwechsel), entsteht die Steuer aus § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG. Durch die Auflösung des Treuhandverhältnisses wird kein weiterer grunderwerbsteuerbarer Vorgang verwirklicht. 4. Grundsätze der Zuordnung von Grundstücken in Treuhandfällen Durch Abschluss eines Treuhandvertrags sind das Grundstückseigentum und die Verwertungsbefugnis an dem Grundstück verschiedenen Rechtsträgern zuzuordnen. Während der Treuhänder als Eigentümer über das Grundstück für Rechnung und Gefahr des Treugebers verfügt, erlangt die Verwertungsbefugnis des Grundstücks der Treugeber. Die Einräumung der Verwertungsbefugnis durch den Treuhandvertrag unterliegt grds. als grunderwerbsteuerbarer Vorgang nach § 1 Abs. 2 GrEStG der GrESt. Es stellt sich nun die Frage, wem das Grundstück nach Einräumung der Verwertungsbefugnis zuzurechnen ist. Der BFH führt seine bisherige Rspr. in seiner Entscheidung v. 14.12.2022 fort und äußert sich zur Frage der Zurechnung von Grundstücken i.S.d. „Gehörens“ nach § 1 Abs. 3 GrEStG. Sind die Grundstücke vor dem Anteilseignerwechsel - aufgrund des Abschlusses einer Vereinbarungstreuhand - bereits Gegenstand eines Veräußerungsvorgangs gewesen, „gehören“ diese nicht mehr zum grunderwerbsteuerlichen Vermögen desjenigen, der das Treuhandverhältnis eingeräumt hat. Im konkreten BFH-Fall bestand zwischen einer Muttergesellschaft (Treugeber) und ihren grundbesitzenden Enkelkapitalgesellschaften (Treuhänder) eine Vereinbarungstreuhand, die auch den Grundbesitz umfasste. Die Muttergesellschaft veräußerte rund zwei Jahre nach Abschluss der Vereinbarungstreuhand ihre 100 % Beteiligung an der Tochterkapitalgesellschaft, die wiederum teils mittelbar und teils unmittelbar 100 % der Anteile an den grundbesitzenden Enkelgesellschaften hielt. Das Finanzamt setzte daraufhin nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG (Streitjahr 2004; vor Einführung des § 1 Nr. 2 b GrEStG) GrESt fest. Streitig war, ob die Grundstücke aufgrund der Vereinbarungstreuhand zwischen Mutter- und Enkelgesellschaften noch zum Vermögen der Tochtergesellschaft „gehörten“ und insofern ein grunderwerbsteuerbarer Tatbestand nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG verwirklicht worden sei. Der BFH kam zu dem Ergebnis, dass die Grundstücke nur noch der Muttergesellschaft und nicht mehr der Tochtergesellschaft „gehören“. Die FinVerw hat mit gleichlautenden Ländererlassen v. 16.10.2023 eine abgestimmte Verwaltungsmeinung zur Umsetzung der BFH-Rspr. veröffentlicht. Anders als der BFH kommt die FinVerw zu dem Ergebnis, dass „für den Beginn und das Ende einer grunderwerbsteuerlichen Zurechnung lediglich die Verwirklichung der Tatbestände nach § 1 Absatz 1, Absatz 2, Absatz 3 und Absatz 3a GrEStG entscheidend ist. Durch die Verwirklichung der Tatbestände nach § 1 Absatz 2a und Absatz 2b GrEStG, die den Übergang auf eine neue Gesellschaft fingieren, ändert sich die grunderwerbsteuerliche Zurechnung nicht“ . Die FinVerw sieht damit entgegen der Rechtsprechung der BFH das Grundstück bei Treuhandverhältnissen sowohl beim zivilrechtlichen Eigentümer als auch zusätzlich beim sog. Verwertungseigentümer i.S.d. § 1 Abs. 2 GrEStG. Faktisch entfaltet diese Regelung den Charakter eines Nichtanwendungserlasses zur BFH-Rspr. Diese Auffassung der FinVerw. führt in der Praxis in diversen Fallvarianten zum mehrfachen Anfall der GrESt. II. Vom BFH zu entscheidende Rechtsfrage I.R.d. Klageverfahrens hatte der BFH über folgende Frage zu befinden: Kommt es für die Nichterfüllung des Tatbestands des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG darauf an, dass der Treuhänder einen Teil der Anteile für Rechnung seines Auftraggebers (Treugeber) erwirbt, wenn sich in seiner Hand erstmalig alle Anteile einer grundbesitzenden GmbH unmittelbar oder mittelbar vereinigen? III. BFH-Urt. v. 10.4.2024 - II R 34/21, DStR 2024, 1937 1. Sachverhalt Zwei Brüder hielten je 50 % der Anteile an der grundbesitzenden X-GmbH und je 33,33 % der Anteile an der grundbesitzenden Y-GmbH. Das übrige Drittel der Anteile an der Y-GmbH wurde durch die X-GmbH gehalten. Im Jahr 2012 erwarb der Kläger von seinem Bruder dessen Anteile an beiden GmbHs. Einen Teil dieser Anteile erwarb er jedoch treuhänderisch für Rechnung des Treugebers D, und zwar 10 % der Anteile an der X-GmbH und 6,67 % der Anteile an der Y-GmbH. Das FA erließ daraufhin einen Feststellungsbescheid über gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für die GrESt gem. § 1 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 17 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 GrEStG aufgrund einer Anteilsvereinigung von über 95 %. Der Einspruch, wonach die treuhänderisch gehaltenen Anteile wirtschaftlich gem. § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO dem Treugeber zuzurechnen seien und es somit nicht zu einer Anteilsvereinigung von über 95 % bei dem Bruder komme, wurde abgewiesen. Das FG Baden-Württemberg wies die Klage ab. Sachverhalt in tabellarisch zusammengefasster Form Streitjahr 2012 Kläger Natürliche Person (Bruder) der die Anteile erwirbt 2012 Erwerb der Anteile an beiden GmbHs durch den Kläger von seinem Bruder. Einen Teil der Anteile (10 % X-GmbH und 6,67 % an Y-GmbH) erwirbt er als Treuhänder für den Treugeber D. Finanzamt Erlässt Feststellungsbescheid an den Kläger über die Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG Einspruch Begründung: Es liegt keine Anteilsvereinigung vor, da die treuhänderisch gehaltenen Anteile wirtschaftlich dem D und nicht dem Bruder zuzurechnen seien FG Baden-Württemberg Abweisung der Klage 2. Entscheidung und Begründung Der BFH bestätigte in der Sache das Urt. des FG mit im Wesentlichen folgenden Gründen: Die mögliche Anteilsvereinigung i.S.d. § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG kann dadurch erfolgen, dass sich die Anteile in der Hand des Erwerbers teils unmittelbar und teils mittelbar vereinigen. Der Erwerber erwirbt einen Anteil an der grundbesitzenden Gesellschaft unmittelbar, wenn er zivilrechtlich Gesellschafter dieser Gesellschaft wird. Dies gilt auch für einen Treuhänder, der die sich in seiner Hand vereinigenden Anteile der grundbesitzenden Gesellschaft für Rechnung seines Auftraggebers (Treugeber) erwirbt. Ein Treuhandverhältnis kann unter anderem dadurch begründet werden, dass der Treuhänder Anteile an einer grundbesitzenden KapG im Auftrag des Treugebers von einem Dritten erwirbt. Der Treuhänder ist dann unmittelbarer und der Treugeber mittelbarer Gesellschafter. IV. Anmerkungen 1. Einordnung des Urteils in die bisherige Rechtsprechung Mit dem Rezensionsurteil betont BFH erneut, dass ein bestehendes Treuhandverhältnis keinen Einfluss auf die Anwendung von § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG hat, insbesondere in Bezug auf die Anteilsvereinigung. Diese Entscheidung bestätigt im Wesentlichen die bisherige Rspr. des BFH und verdeutlicht die stringente Haltung der Gerichte gegenüber Treuhandkonstruktionen im Bereich der GrESt und das Abstellen auf die rein zivilrechtlichen Vorgänge. Eine wirtschaftliche Betrachtungsweise erteilt der BFH zumindest i.R.d. § 1 Abs. 3 GrEStG eine klare Absage. Im konkreten Fall ging es um die Frage, ob die Anteile an einer grundbesitzenden GmbH dem Treuhänder oder dem Treugeber zuzurechnen sind. Der BFH stellte klar, dass die Anteile vollständig dem Treuhänder zuzurechnen sind, selbst wenn ein Treuhandverhältnis besteht. Dies bedeutet, dass das Treuhandverhältnis keine abweichende Zurechnung der Anteile bewirken kann, die eine Anteilsvereinigung von weniger als 95 % (heute 90 %) der Anteile beim Kläger zur Folge hätte. Dieses Urteil unterstreicht die potenziellen Risiken und steuerlichen Konsequenzen, die mit Treuhandverhältnissen verbunden sind. Unternehmen und Berater müssen daher besondere Vorsicht walten lassen, wenn Treuhandkonstruktionen i.Z.m. Anteilsübertragungen und der GrESt in Betracht gezogen werden. Es wird einmal mehr deutlich, dass eine sorgfältige Prüfung der rechtlichen und steuerlichen Rahmenbedingungen unerlässlich ist, um unvorhergesehene Steuerfolgen zu vermeiden. 2. Abgrenzung zu anderen Erwerbstatbeständen Der BFH wendet ausdrücklich seine bestehende Rspr. zur steuerlichen Behandlung von mittelbaren Änderungen des Gesellschafterbestands nach § 1 Abs. 2a GrEStG bei PersG durch schuldrechtliche Vereinbarungen nicht auf den Urteilssachverhalt an, da sie auf andere Sachverhalte abzielt und daher keine Anwendung im Kontext von § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG findet. Sie enthält keine Aussage zu der Frage, ob auch in der Hand eines Treuhänders, der zivilrechtlicher Eigentümer von Gesellschaftsanteilen wird, durch die Übertragung dieser Anteile, die zu einer erstmaligen Vereinigung von mindestens 95 % (heute 90 %) der Anteile führt, der Tatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG verwirklicht werden kann. Auch hindere das BFH-Urt. v. 3.3.2015 nicht die Annahme einer steuerbaren Anteilsvereinigung bei dem erwerbenden Treuhänder. Diese Entscheidung besagt lediglich, dass bei Begründung eines Treuhandverhältnisses hinsichtlich eines Anteils an einer grundstücksbesitzenden Gesellschaft der Treuhänder unmittelbarer und der Treugeber mittelbarer Gesellschafter ist (Rz 16 des Urteils). Danach erfüllt auch der Treuhänder den Tatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG, wenn er Inhaber von mind. 95 % der Gesellschaftsanteile und dadurch unmittelbarer Gesellschafter der Gesellschaft wird. Schließlich führe auch die BFH-Rspr., nach der die bloße Auswechslung eines Treuhänders keinem steuerbaren Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG bewirkt , nicht zu einem anderen Ergebnis. Diese Rspr. erging zu der Frage, ob der Treugeber den Tatbestand des § 1 Abs. 3 GrEStG bei der Auswechslung des Treuhänders erfüllt, wenn sich Anteile an einer Gesellschaft mittelbar in seiner Hand vereinigen. Die im vorliegenden Fall zu beurteilende Frage, ob ein Treuhänder bei dem unmittelbaren (Zu-)Erwerb von Gesellschaftsanteilen den Tatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG verwirklichen kann, betrifft einen anderen Sachverhalt, zu dem die zitierte Rspr. keine Aussage enthält. BFH-Beschl. v. 17.3.2006 - II B 157/05, BFH/NV 2006, 1341 Nr. 7 und BFH-Urt. v. 25.11.2015 - II R 18/14, BStBl II 2018, 783 BFH-Urt. v. 25.11.2015 - II R 18/14, BStBl II 2018, 783 Gleich lautenden Ländererlasse zu § 1 Nr. 2 a GrEStG v. 10.5.2022, BStBl I 2022, 801 und § 1 Nr. 2 b GrEStG v. 10.5.2022, BStBl I 2022, 821 Oberste Finanzbehörden der Länder v. 19.9.2018 - S 4501; BStBl I 2018, 1074 BFH-Urt. v. 1.12.2021 - II R 44/18, BStBl II 2023, 1009 BFH-Urt. v. 14.12.2022 - II R 40/20, BStBl II 2023, 1012 BFH-Urt. v. 14.12.2022 - II R 40/20, BStBl II 2023, 1012 Oberste Finanzbehörden der Länder v. 16.10.2023 - S 4501, BStBl I 2023, 1872 Oberste Finanzbehörden der Länder v. 16.10.2023 - S 4501, BStBl I 2023, 1872, Rz 3 FG Baden-Württemberg, Urt. v. 9.7.2021 - 5 K 1880/19, EFG 2022, 422 BFH-Urt. v. 4.3.2020 - II R 2/17, BStBl II 2020, 511, Rz 15 BFH-Urt. v. 27.9.2017 - II R 41/15, BStBl II 2018, 667, Rz 14 BFH-Urt. v. 3.3.2015 - II R 30/13, BStBl II 2015, 777, Rz 16 Z.B. BFH-Urt. v. 9.7.2014 - II R 49/12, BStBl II 2016, 57; BFH-Urt. v. 25.11.2015 - II R 18/14, BStBl II 2018, 783 und BFH-Urt. v. 30.8.2017 - II R 39/15, BStBl II 2018, 786 BFH-Urt. v. 3.3.2015 - II R 30/13, BStBl II 2015, 777 Z.B. BFH-Urt. v. 16.7.1997 - II R 8/95, BFH/NV 1998, 81; BFH-Beschl. v. 22.1.2019 - II B 98/17, BFH/NV 2019, 412, Rz 11
|
|
|