AktStR
Vorschriften
Rechtsprechung
Über das AktStR
Heft-Nr.
4 / 2012 (6)
Rubrik
Rechtsbehelfsempfehlung (6)
Rechtsgebiet
ReBe/Mustereinsprüche (6)
Korrektur unzutreffender Rechtsanwendung beim Bauträger
Dr. Jörg Grune, Richter am FG, Hannover
Jahrgang: 2019 . Seite: 149
Hat ein Bauträger aufgrund der rechtsirrigen Annahme seiner Steuerschuld als Leistungsempfänger von ihm bezogene Bauleistungen nach § 13 b UStG versteuert, kann er das Entfallen dieser rechtswidrigen Besteuerung geltend machen, ohne dass es darauf ankommt, dass er einen gegen ihn gerichteten Nachforderungsanspruch des leistenden Unternehmers erfüllt oder die Möglichkeit f ...
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Geschäftsveräußerung im Ganzen bei Übernahme einer Gaststätte
AktStR: Dr. Jörg Grune, Richter am FG, Hannover, 2019 S. 163: Geschäftsveräußerung im Ganzen bei Übernahme einer Gaststätte Geschäftsveräußerung im Ganzen bei Übernahme einer Gaststätte Dr. Jörg Grune, Richter am FG, Hannover Jahrgang: 2019 . Seite: 163 Zur PDF-Fassung dieses Beitrages. Die Übertragung des Inventars einer Gaststätte ist auch dann eine nicht der USt unterliegende Geschäftsveräußerung, wenn der Erwerber mit dem übertragenen Inventar die Gaststätte dauerhaft fortführen kann und selbst über die zur Fortführung der Tätigkeit erforderliche Immobilie verfügt, weil er diese von einem Dritten gepachtet hat. BFH-Urt. v. 29.8.2018 - XI R 37/17, BFH/NV 2018, 1352 I. Vorbemerkungen 1. Geschäftsveräußerung gem. § 1 Nr. 1 a UStG § 1 Nr. 1 a UStG bestimmt, dass die Veräußerung eines Unternehmens im Ganzen nicht steuerbar ist. Dies gilt sowohl für die entgeltliche als auch für die unentgeltliche Übertragung eines Unternehmens bzw. eines in der Gliederung des Unternehmens gesondert geführten Betriebs. Die Regelung wurde zum 1.1.1994 durch das Gesetz zur Bekämpfung des Missbrauchs und zur Bereinigung des Steuerrechts (StMBG) in das UStG eingefügt. Praxishinweis: Regelungsziel Die Zielsetzung des Gesetzgebers bei Einfügung der Vorschrift ging dahin, die Übertragung von Unternehmen bzw. Unternehmensteilen zu erleichtern und zu vereinfachen. Angesichts der Probleme, die die Vorschrift in der Anwendungspraxis immer wieder bereitet, muss bezweifelt werden, ob dieser Zweck erfüllt worden ist. Unionsrechtlich liegt der Vorschrift Art. 19 S. 1 MwStSystRL zugrunde: "Die Mitgliedstaaten können die Übertragung eines Gesamt- oder Teilvermögens, die entgeltlich oder unentgeltlich durch Einbringung in eine Gesellschaft erfolgt, behandeln, als ob keine Lieferung von Gegenständen vorliegt, und den Begünstigten der Übertragung als Rechtsnachfolger des Übertragenden ansehen." Im Einzelnen setzt die Regelung Folgendes voraus: Die (entgeltlich oder unentgeltlich) übertragenen Gegenstände müssen die wesentlichen Grundlagen des Unternehmens (bzw. eines gesondert geführten Unternehmensteils) sein. Die Gegenstände müssen in einem einheitlichen Übertragungsvorgang an einen Erwerber übertragen werden. Dadurch muss dem Erwerber die Fortsetzung einer bisher durch den Veräußerer ausgeübten Tätigkeit ermöglicht werden. Der Erwerber muss Unternehmer sein, zumindest aber durch den Erwerb des Geschäfts im Ganzen (erstmals) Unternehmer werden. 2. Probleme in der Anwendungspraxis a) Nicht erkannte Geschäftsveräußerung im Ganzen Die nicht erkannte Geschäftsveräußerung im Ganzen (der Veräußerungsvorgang wird der USt unterworfen, obwohl eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen vorliegt) löst die Rechtsfolgen des § 14 c Abs. 1 UStG aus: Der Veräußerer schuldet die unrichtig ausgewiesene USt, während der Erwerber die ausgewiesene USt nicht als Vorsteuer abziehen darf. Der Veräußerer kann dann die Rechnung zwar berichtigen, der Erwerber hat den zu Unrecht in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug jedoch nach § 233 a AO zu verzinsen. b) Zu Unrecht angenommene Geschäftsveräußerung im Ganzen Die zu Unrecht angenommene Geschäftsveräußerung im Ganzen ist nicht minder problematisch: In diesem Fall ist die USt beim Veräußerer nachzuerheben. Der Veräußerer ist zusätzlich mit Nachzahlungszinsen gem. § 233 a AO belastet. Außerdem besteht das Risiko, dass er trotz entsprechender Vorkehrungen im Übertragungsvertrag (sog. Steuerklausel) die USt vom Erwerber nicht nachfordern kann bzw. mit der Nachforderung ausfällt. Der Erwerber seinerseits kann die Vorsteuer i.Ü. erst nach Erhalt einer ordnungsgemäßen Rechnung mit USt-Ausweis in Abzug bringen. Beratungshinweis: Auf mögliche Fälle reagieren Im Ergebnis ist in der Praxis erhöhte Aufmerksamkeit geboten, wenn auch nur im Ansatz eine Geschäftsveräußerung im Ganzen in Betracht kommen könnte. Zu empfehlen ist, dass durch Steuerklauseln in Verträgen Vorsorge dafür getroffen wird für den Fall, dass das Finanzamt - etwa i.R.e. Ap - die Veräußerung anders als die Vertragsparteien beurteilen sollte. Alternativ kann natürlich auch eine verbindliche Auskunft beim zuständigen Finanzamt beantragt werden , die allerdings mit Kosten verbunden ist. 3. Vom BFH zu entscheidende Rechtsfragen Aktuell hatte sich der BFH jetzt mit folgenden Fragestellungen zu befassen: Sind die Voraussetzungen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen hinsichtlich eines in gemieteten Räumlichkeiten geführten Gastronomiebetriebs erfüllt, wenn Teile des Inventars nicht im Eigentum des Veräußerers stehen, sondern im Eigentum des Vermieters und dem Käufer die Möglichkeit gegeben wird, diese Teile des Inventars der Gaststätte weiter zu nutzen? Steht eine kurzzeitige Renovierungsphase, die Beschaffung zusätzlicher WG sowie des Warenbestands einer Geschäftsveräußerung im Ganzen entgegen? II. BFH-Urteil v. 29.8.2018 - XI R 37/17, BFH/NV 2018, 1352 1. Sachverhalt Der Kläger übernahm im Frühjahr 2015 einen Gastronomiebetrieb von C. C hatte den Betrieb von einer W-GmbH angemietet. Der Kläger schloss mit der W-GmbH einen neuen Mietvertrag zu denselben Konditionen wie C und übernahm die von C geleistete Mietkaution. Standort und Name des Betriebs blieben unverändert. Von C übernahm der Kläger das gesamte Inventar der Gaststätte (Einrichtung von Keller, Gastraum, Küche und Terrasse) zum Kaufpreis von 40.000 EUR zzgl. 7.600 EUR USt. Daneben erwarb der Kläger von Dritten ein TV-Gerät, Lavagrill, Thermomix, Nudelkocher, Pokertisch, Kühlvitrine, Saftpresse, Internetkamera und einen Schließfachschrank sowie Waren zum Preis von 5.164 EUR. Das Finanzamt ließ die geltend gemachte Vorsteuer aus dem Kaufvertrag nicht zum Abzug zu. Es vertrat die Auffassung, es liege eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen vor. Dagegen wandte sich der Kläger u.a. mit der Begründung, der Vorbesitzer C betreibe an anderer Stelle ein weiteres Lokal und habe einzelne Gegenstände dorthin mitgenommen. Außerdem habe er das Lokal nicht sofort weiterführen können, weil das Ordnungsamt zahlreiche Mängel festgestellt habe, die zunächst hätten beseitigt werden müssen. Das FG Düsseldorf wies die gegen die Entscheidung des Finanzamts gerichtete Klage ab. Es handele sich um eine Geschäftsveräußerung im Ganzen, weil der Kläger den übertragenen Gastronomiebetrieb fortgeführt habe. Die übernommenen Gegenstände hätten den Kläger in die Lage versetzt, den Betrieb unverändert fortzuführen. Sachverhalt in tabellarisch zusammengefasster Form Jahr 2015 Kläger Übernimmt Gastronomiebetrieb von C und führt diesen nach Renovierung (Auflagen vom Ordnungsamt) unverändert weiter. Vorbesitzer C hatte den Betrieb von einer W-GmbH gepachtet. Kläger schließt einen neuen Pacht-/Mietvertrag mit W-GmbH und übernimmt Mietkaution des C. 2015 Kaufvertrag zwischen Kläger und C. Kläger übernimmt Inventar der Gaststätte zum Preis von 40.000 EUR zzgl. 7.600 EUR USt. Von Dritten erwirbt Kläger weitere Gegenstände für den Betrieb (z.B. Grill, TV-Gerät, Thermomix, Nudelkocher etc.) und Waren zum Preis von 5.164 EUR. Finanzamt Versagt Vorsteuerabzug von 7.600 EUR aus Kaufvertrag FG Düsseldorf Weist Klage ab: Es liegt eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen vor. 2. Entscheidung und Begründung Der BFH wies die Rev. des Klägers als unbegründet zurück. Dafür waren im Wesentlichen folgende Gesichtspunkte maßgebend: Der beantragte Vorsteuerabzug ist nicht zu gewähren, weil es sich um eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung i.S.d. § 1 Nr. 1 a UStG handelt. Der Kläger war aufgrund der Übertragung des beweglichen Inventars, der festen Einrichtung des Betriebs und der Übernahme des Mietvertrags in der Lage, den Gastronomiebetrieb unverändert fortzuführen. Dass ein Renovierungsaufwand erforderlich war (Auflagen des Ordnungsamts), steht der Annahme einer Geschäftsveräußerung im Ganzen nicht entgegen, denn die Möglichkeit zur Unternehmensfortführung ohne großen finanziellen Aufwand ist für § 1 Nr. 1 a UStG nicht erforderlich. Unerheblich ist, dass der Kläger den Warenbestand nicht übernommen hat. Anders als etwa bei Einzelhandelsunternehmen gibt es in der Gastronomie einen schnell verderblichen und damit auch verbrauchten und in kurzer Zeit erneuerten Warenbestand. Naturgemäß wird dieser ab dem Zeitpunkt des Übertragungsvertrags nicht mehr als nötig aufgefüllt. Eine Geschäftsveräußerung i.S.d. § 1 Nr. 1 a UStG wird dadurch nicht ausgeschlossen. Unschädlich ist auch, dass der Veräußerer C noch ein weiteres Lokal betrieben und fortgeführt hat. Für eine Geschäftsveräußerung im Ganzen muss der Veräußerer seine Tätigkeit nicht vollständig einstellen. III. Anmerkungen Die besprochene Entscheidung ist in der Sache zutreffend. Sie liegt auf der Linie der bisherigen EuGH- und BFH-Rspr. und ergänzt und konkretisiert diese. Der BFH nutzt die Gelegenheit, um die kaum noch überschaubare Kasuistik im Bereich der Geschäftsveräußerung im Ganzen in ihren wesentlichen Grundsätzen zusammenzufassen. 1. Übertragung von Gesamt- oder Teilvermögen Art. 19 MwStSystRL setzt voraus, dass ein Gesamt- oder Teilvermögen übertragen wird, um eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen annehmen zu können. Im entschiedenen Fall hat sich der Stpfl. gegen eine (nicht steuerbare) Geschäftsveräußerung im Ganzen gewehrt, weil ihm aufgrund dessen der Vorsteuerabzug versagt wurde. a) Bestätigung der Rechtsprechung von BFH/EuGH aus 2011/2012 In der oben besprochenen Entscheidung bestätigt der BFH zunächst eine Entscheidung aus dem Jahr 2012, mit der er die Ausführungen des EuGH in der RS "Schriever" umgesetzt hatte. Darin hatte der EuGH sich grundlegend zu den Voraussetzungen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen für den Fall geäußert, dass eine Immobilie nicht mit übertragen wird. Er unterscheidet danach zwei Fallgruppen : Fallgruppe 1: Ist ein Ladenlokal für die Fortführung einer wirtschaftlichen (= unternehmerischen) Tätigkeit nicht erforderlich, kann eine Übertragung eines Gesamtvermögens i.S.d. Art. 19 MwStSystRL auch ohne die Übereignung einer Immobilie vorliegen. Fallgruppe 2: Besteht demgegenüber die unternehmerische Betätigung in der Nutzung einer (untrennbaren) Gesamtheit von beweglichen und unbeweglichen WG, liegt eine Übertragung des Gesamt-/Teilvermögens nur dann vor, wenn beide - also die beweglichen und die unbeweglichen Sachen - übertragen werden. Von der Fallgruppe 2 ließ der EuGH in der RS "Schriever" jedoch zwei Ausnahmen zu: Danach liegt eine Vermögensübertragung i.S.d. Art. 19 MwStSystRL auch dann vor, wenn dem Erwerber das Geschäftslokal mittels eines Mietvertrags zur Verfügung gestellt wird ( Ausnahme 1 zu Fallgruppe 2) oder wenn der Erwerber selbst über eine geeignete Immobilie verfügt ( Ausnahme 2 zu Fallgruppe 2). Beratungshinweis: Fortführung der unternehmerischen Tätigkeit In der Rezensionsentscheidung lag ein Fall der Ausnahme 2 zu Fallgruppe 2 vor. Der Kläger war zwar nicht Eigentümer der Gaststätte (also der Immobilie), sondern er hatte die Immobilie lediglich von einer W-GmbH gemietet/gepachtet. Auf - zivilrechtliches - Eigentum kommt es aber nicht an. Entscheidend ist der Besitz der Sache. Aufgrund des Miet- oder Pachtvertrags hatte der Kläger die für den Besitz erforderliche unmittelbare Sachherrschaft über die Räumlichkeiten. b) Übergang von beweglichen WG und Warenbestand Für den Fall, dass die Übereignung einer Immobilie nicht erforderlich ist, kommt es für eine Geschäftsveräußerung im Ganzen dann weiterhin darauf an, ob die im Einzelfall übergegangenen beweglichen WG ein "hinreichendes Ganzes" bilden, um die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit zu ermöglichen. Dazu gehören nach den vom EuGH in der RS "Schriever" aufgestellten Grundsätzen die beweglichen Gegenstände des übertragenen Geschäfts (Inventar bzw. Geschäftsausstattung) und der Warenbestand. Insb. in der Gastronomiebranche wird es bei Übertragungsvorgängen i.d.R. so sein, dass der Warenbestand nicht mit übergeht. Oftmals wird der Veräußerer ab dem Zeitpunkt, in dem der Übertragungsvorgang feststeht, den Warenbestand schon aus wirtschaftlichen Überlegungen nicht mehr als nötig auffüllen. Der BFH sieht dies zutreffend als unschädlich an. Er verweist insofern auf die Besonderheiten der Gastronomiebranche, in der es regelmäßig um einen schnell verbrauchten, aber auch verderblichen Warenbestand geht. Beratungshinweis: Fortführung des Betriebs Bei der Übertragung von Gastronomiebetrieben kommt es - anders als in der EuGH-Sache "Schriever" (Sportgeschäft) - nicht auf einen Übergang des Warenbestands an. Entscheidend ist bei einem Gastronomiebetrieb allein, ob der Erwerber mit den übernommenen beweglichen WG ( Inventar) den Betrieb fortsetzen kann. c) Fortführung der Tätigkeit des Veräußerers Nach der inzwischen gefestigten Rspr. des BFH muss der Erwerber eines Unternehmens beim Erwerb die Absicht haben, das übertragene Unternehmen weiter zu betreiben. Daraus folgt, dass dann, wenn der Erwerber lediglich beabsichtigt, das Unternehmen abzuwickeln und einen ggfs. übernommenen Warenbestand zu veräußern, keine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung i.S.d. § 1 Nr. 1 a UStG vorliegt. Der Fortführungsabsicht steht es nach der Rspr. des BFH nicht entgegen, wenn der Erwerber das Unternehmen "in seinem Zuschnitt ändert oder modernisiert". Anders dürfte es sein, wenn z.B. der Erwerber eines Hotelbetriebs diesen nicht selbst fortführen will, sondern an einen bereits feststehenden Pächter verpachten will. Verpachtung ist - wie Lippross zutreffend ausführt - keine Fortführung. Beratungshinweis: Vertragliche Regelung Im Übertragungsvertrag sollte auf jeden Fall die Fortführung der Geschäftstätigkeit festgeschrieben werden, wenn eine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen i.S.d. § 1 Nr. 1 a UStG gewollt ist. Für den Fall, dass - wie leider immer noch üblich - nicht zeitnah, sondern einige Jahre später eine Ap stattfindet, kann hierin ein gewichtiges Indiz für das subjektive Tatbestandsmerkmal der Fortführungsabsicht zu sehen sein und für Rechtssicherheit sorgen. 2. Keine Abweichung von der Rechtsprechung aus 2015 Der Kläger des Ausgangsfalls hatte sich auf Entscheidungen des BFH aus dem Jahr 2015 berufen. Daraus ergab sich nach seiner Meinung, dass die Voraussetzungen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen in seinem Fall nicht vorlagen. In der Entscheidung XI R 42/13 war der BFH tatsächlich zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Geschäftsveräußerung i.S.d. § 1 Nr. 1 a UStG nicht gegeben war. Der Vergleich macht deutlich, dass die Unterschiede häufig marginal sind: In der Entscheidung XI R 42/13 lagen die Voraussetzungen der Vorschrift deshalb nicht vor, weil der Erwerber einer Gaststätte lediglich Teile des Inventars vom bisherigen Betreiber übernommen hatte (Warenbestand, Gartenstühle und gebuchte Veranstaltungen), die restlichen für den Betrieb der Gaststätte erforderlichen Gegenstände (Kücheneinrichtung, Bestuhlung, Theke, Lampen) pachtete der Erwerber vom alten und zugleich auch neuen Verpächter. Im oben besprochenen Fall XI R 37/17 hat der Kläger nahezu das gesamte bewegliche und unbewegliche Inventar von C erworben. Die Übernahme dieser Gegenstände versetzte ihn - so der BFH - in die Lage, das Unternehmen fortzuführen. Dem stand nach Meinung des BFH nicht entgegen, dass der Kläger von Dritten noch einzelne Gegenstände hinzuerworben hatte. Hierbei handelte es sich - so bereits das FG Düsseldorf in der Vorinstanz - lediglich um unwesentliche WG, die zum Betrieb der Gaststätte nicht zwingend erforderlich waren. Beratungshinweis: Hinzuerwerb von Gegenständen In der Entscheidung XI R 37/17 hat der BFH eine Geschäftsveräußerung im Ganzen angenommen, weil der Hinzuerwerb einzelner Gegenstände von Dritten für ihn unerheblich war. Dies ist zutreffend und richtig, denn es kommt nicht darauf an, was für WG hinzuerworben werden, sondern einzig und allein, ob mit den übernommenen WG die Fortführung des Betriebs möglich ist. Dies war - anders als in der Entscheidung XI R 42/13 aus 2015 - hier der Fall. Die Voraussetzungen einer Geschäftsveräußerung im Ganzen lassen sich deshalb im Ergebnis jetzt wie folgt skizzieren: IV. Fazit Die Kasuistik im Bereich des § 1 Nr. 1 a UStG ist vielfältig. Mit der hier besprochenen Entscheidung hat der BFH m.E. erfolgreich versucht, ein wenig mehr Rechtssicherheit in den "Dschungel" der Geschäftsveräußerung im Ganzen zu bringen. Beratungshinweis: Individuelle Betrachtung Wichtig ist, dass je nach Branche zu unterscheiden ist: So ist es für die Übertragung eines Einzelhandelsgeschäfts von Bedeutung, ob der Warenbestand mit übergeht. Gerade darauf kommt es andererseits bei einem Gastronomiebetrieb nicht an. Gehm, NWB 2018, 3432 BFH-Urt. v. 18.9.2008 - V R 21/07, BStBl II 2009, 254; Abschn. 1.5. Abs. 1 S. 2 UStAE Abschn. 1.5. Abs. 1 S.1 UStAE Brill, DStZ 2018, 859 FG Düsseldorf, Urt. v. 13.10.2017 - 1 K 3395/15 U, EFG 2018, 881; vgl. dazu auch die Anm. von Radeisen, DStRK 2018, 217; Endres-Reich, MwStR 2018, 621; Schütze, EFG 2018, 884 Brill, Anmerkung in DStZ 2018, 859 BFH-Urt. v. 18.1.2012 - XI R 27/08, BStBl II 2012, 842 (= Nachfolgeentscheidung zur Entscheidung des EuGH, Urt. v. 10.11.2011 - C 444/10, BStBl II 2012, 848 - RS Schriever gegen Finanzamt Lüdenscheid; vgl. dazu Grune, AktStR 2012, 73 m.w.N. Zusammengefasst auch bei Fischer, jurisPR-SteuerR 50/2018; Küffner, kmlz-newsletter 46/2018, 5 So ausdrücklich die Rezensionsentscheidung in Rz 38 BFH-Urt. v. 27.1.2011 - V R 38/09, BStBl II 2012, 68 Rz 53 sowie die weiteren Nachweise in der Rezensionsentscheidung XI R 37/17 Rz 25 EuGH, Urt. v. 10.11.2011 - C 444/10, BStBl II 2012, 848 - RS Schriever gegen Finanzamt Lüdenscheid BFH-Urt. v. 5.6.2014 - V R 10/13, BFH/NV 2014, 1600 Grundlegend EuGH, Urt. v. 27.11.2003 - C-497/01, DStR 2003, 2220 - Zita Modes; dazu auch Lippross, Umsatzsteuer, 24. Aufl., 2017, 407 BFH-Urt. v. 23.8.2007 - V R 14/05, BStBl II 2008, 165 Lippross, Umsatzsteuer, 24. Aufl., 2017, 407 BFH-Urt. v. 4.2.2015 - XI R 42/13, BStBl II 2015, 616; BFH-Urt. v. 4.2.2015 - XI 14/14, BStBl II 2015, 908; zu beiden Entscheidungen Grune, AktStR 2015, 487 ff. m.w.N. BFH-Urt. v. 4.2.2015 - XI R 42/13, BStBl II 2015, 616 FG Düsseldorf, Urt. v. 13.10.2017 - 1 K 3395/15 U, EFG 2018, 881 So auch Mann, Umsatzsteuer direkt, digital Nr. 21/2018, S. 2, 3; Gehm, NWB 2018, 3432, 3433 BFH-Urt. v. 4.2.2015 - XI R 42/13, BStBl II 2015, 616 Die Kritik von Schlegel, MwStR 2018, 1076, 1077 ist deshalb in diesem Punkt nicht gerechtfertigt, denn die von Dritten hinzuerworbenen WG wie TV-Gerät, Lavagrill, Thermomix, Tische, Kühlvitrinen etc. waren zwar wichtig, aber der Betrieb der Gaststätte hätte auch ohne diese WG fortgeführt werden können.
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