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AktStR: Dirk Krohn, Steueroberamtsrat, Burg/Dithmarschen, 2020 S. 107: Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz nach Inkrafttreten des BilMoG Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz nach Inkrafttreten des BilMoG Dirk Krohn, Steueroberamtsrat, Burg/Dithmarschen Jahrgang: 2020 . Seite: 107 Zur PDF-Fassung dieses Beitrages. Der Handelsbilanzwert für eine Rückstellung bildet auch nach Inkrafttreten des BilMoG gegenüber einem höheren steuerrechtlichen Rückstellungswert die Obergrenze. BFH-Urt. v. 20.11.2019 - XI R 46/17, BFH/NV 2020, 429 I. Vorbemerkungen 1. Bewertung von Passiva Durch die Bildung einer Rückstellung entsteht Aufwand. Erfolgt eine zu hohe Bewertung einer Rückstellung, stehen bei deren Auflösung keine ausreichend hohen "echten" Aufwendungen ggü. Insoweit entsteht in Zukunft ein Gewinn. Für diesen Teil, der nicht den tatsächlichen Aufwendungen zur Erfüllung der tatsächlichen Verpflichtung entspricht, entsteht ein Zins- und Liquiditätsvorteil. Gem. § 5 Abs. 6 EStG besteht ein steuerlicher Bewertungsvorbehalt. Dieser führt regelmäßig zu einer Abweichung der Steuerbilanz von der HB. Durch diese zu niedrige Bewertung der Passiva entstehen in der Steuerbilanz sog. stille Lasten, d.h., ein Unternehmen kann eine (zukünftige) wirtschaftliche Belastung steuerbilanziell (noch) nicht abbilden. Beratungshinweis: Latente Steuern In diesen Fällen sollte geprüft werden, ob die latenten Steuern in der HB gem. § 274 HGB zutreffend ermittelt worden sind. Folgende steuerlichen Passivierungsbeschränkungen sind von besonderer praktischer Bedeutung (keine abschließende Aufzählung): § 5 Nr. 2 a EStG: Verpflichtungen, die aus künftigen Einnahmen zu tilgen sind, § 5 Abs. 4 EStG: Verpflichtungen aufgrund von Jubiläumszusagen, § 5 Nr. 4 a EStG: Rückstellungen für Verluste aus schwebenden Geschäften, § 6 Abs. 1 Nr. 3 a EStG: Verpflichtungen, soweit sie unter die Höchstbetragsregelungen für Rückstellungen fallen (z.B. erwartbare zukünftige Preissteigerungen für Sachleistungsverpflichtungen) und § 6 a EStG: Verpflichtungen aus Pensionszusagen. 2. Grundsätze der Bewertung von Rückstellungen a) Reform des Handelsgesetzbuchs durch das BilMoG  Das am 29.5.2009 in Kraft getretene BilMoG änderte zahlreiche Vorschriften in den §§ 238 ff. HGB. Schwerpunkt war die zutreffende Darstellung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage mit tatsächlichen Werten. Deshalb waren vielfach auf der Aktivseite mehr Bilanzpositionen mit höheren Werten als bisher anzusetzen. Auf der Passivseite wurde der Ansatz von Verbindlichkeiten und Rückstellungen eingeschränkt, wobei vielfach nur noch geringere Werte als bisher ausgewiesen werden dürfen. Nach der Gesetzesbegründung soll durch das BilMoG den Unternehmen eine vollwertige Alternative zu den internationalen Rechnungslegungsstandards geboten werden, ohne deren Nachteile (hohe Komplexität, hoher Zeitaufwand und hohe Kosten) zu übernehmen.  Dies hatte zur Folge, dass sich das handelsrechtliche Betriebsvermögen ggü. der bisherigen Rechnungslegung erhöht hat und der bisherige Schwerpunkt des Gläubigerschutzes (Vorsichtsprinzip) eingeschränkt wurde. Nach der durch das BilMoG geänderten Fassung des § 253 Abs. 1 S. 2 HGB sind Rückstellungen i.H.d. nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Erfüllungsbetrag s anzusetzen. Dabei sind bei der handelsrechtlichen Bewertung von Rückstellungen künftige Preis- und Kostensteigerung en, welche bis zur Erfüllung wahrscheinlich anfallen, zu berücksichtigen. Die Höhe der Rückstellung hängt von den Preis- und Kostenverhältnissen im Zeitpunkt des tatsächlichen Anfalls der Aufwendungen ab. Hierfür müssen ausreichende objektive Hinweise vorliegen. Nach der Regelung in § 253 Abs. 2 S. 1 HGB sind alle Rückstellungen mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr zwingend mit dem ihrer Restlaufzeit entsprechenden durchschnittlichen Marktzinssatz der vergangenen sieben Geschäftsjahre abzuzinsen.  Gem. § 5 Abs. 1 S. 1 EStG bleibt das handelsrechtliche Jahresergebnis auch weiterhin Grundlage für die steuerliche Gewinnermittlung (Maßgeblichkeitsgrundsatz), auch wenn steuerliche Wahlrechte unabhängig von den Regelungen des HGB ausgeübt werden können. Als Grundsatz kann festgehalten werden, dass das BilMoG nach dem Willen des Gesetzgebers steuerneutral umgesetzt werden und keine Auswirkung auf die Besteuerung der Unternehmen haben sollte.  b) Steuerbilanz Für die Steuerbilanz ist ergänzend der Bewertungsvorbehalt gem. § 5 Abs. 6 EStG zu beachten. Dieser lautet: "Die Vorschriften über die Entnahmen und die Einlagen, über die Zulässigkeit der Bilanzänderung, über die Betriebsausgaben, über die Bewertung und über die Absetzung für Abnutzung oder Substanzverringerung sind zu befolgen". Die steuerrechtliche Bewertung von Rückstellungen erfolgt daher nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 a EStG abweichend vom Handelsrecht. Dabei ist insb. zu berücksichtigen, dass bei einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr eine typisierte Abzinsung mit 5,5 % p.a. vorzunehmen ist. Zudem dürfen künftige Preis- und Kostensteigerungen gem. § 6 Abs. 1 Nr. 3 a Buchst. f EStG steuerlich nicht berücksichtigt werden und der Abzinsungszeitraum für Sachleistungsverpflichtungen endet gem. § 6 Abs. 1 Nr. 3 a Buchst. e S. 2 EStG mit dem Beginn der Erfüllung. Mit BMF-Schr. v. 26.5.2005  hat sich die FinVerw ausführlich zu den Grundsätzen der Abzinsung von Verbindlichkeiten und Rückstellungen geäußert. Eine Abzinsung unterbleibt danach, wenn die Laufzeit der Rückstellung am Bilanzstichtag weniger als 12 Monate beträgt, die auf der Rückstellung basierende ungewisse Verbindlichkeit verzinslich ist, die Rückstellung auf einer Anzahlung oder Vorausleistung beruht, es sich um eine Garantie- und Gewährleistungsrückstellung handelt. Nach Tz 29 dieses BMF-Schr. sind auch Rückstellungen für Verpflichtungen, für deren Entstehen im wirtschaftlichen Sinne der laufende Betrieb ursächlich ist ( Ansammlungsrückstellungen), abzuzinsen. Ansammlungsrückstellungen sind Rückstellungen für Verpflichtungen, die zivilrechtlich mit der Verwirklichung des die Verpflichtung auslösenden Ereignisses bereits in voller Höhe entstehen (z.B. Rückbauverpflichtungen). Wirtschaftlich wird dieser Aufwand aber über mehrere Wirtschaftsjahre verursacht, da sie mit dem laufenden Betrieb zusammenhängen. Man unterscheidet zwischen echten und unechten Ansammlungsrückstellungen: Echte Ansammlungsrückstellungen  Nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 a Buchst. d) S. 1 EStG ist eine echte Ansammlungsrückstellung zu bilden, bei der am Bilanzstichtag die Verpflichtung bereits feststeht, die Verpflichtung unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten auf die Wirtschaftsjahre verteilt werden muss, die für das Entstehen der Verpflichtung ursächlich sind. Beispiele hierfür sind Mieter-Abbruchverpflichtungen oder Verpflichtungen zum Rückbau am Ende eines Mietvertrags sowie Abbruch von Gebäuden auf fremdem Grund und Boden. Unechte Ansammlungsrückstellungen  Diese sind für Verpflichtungen zu bilden, bei denen der Rückstellungsbetrag nicht nur im wirtschaftlichen Sinne, sondern tatsächlich in jedem Wirtschaftsjahr steigt. In diesen Fällen nimmt die Höhe der Rückstellung auch tatsächlich von Jahr zu Jahr zu. Beispiel hierfür sind Rekultivierungs- bzw. Verfüllungsverpflichtung. Aufgrund der grds. geltenden Maßgeblichkeit des handelsrechtlichen Rückstellungsbetrags bildet darüber hinaus der handelsrechtliche Wertansatz gem. R 6.11 Abs. 3 S. 1 EStR die Wertobergrenze für den steuerlichen Wertansatz.  Diese Auffassung stützt sich auf den Bericht des Finanzausschusses. Danach soll die Einleitungsformulierung in § 6 Abs. 1 Nr. 3 a EStG ("Rückstellungen sind höchstens insbesondere unter Berücksichtigung folgender Grundsätze anzusetzen" ) klarstellen, dass die dort genannten Grundsätze keine abschließende Aufzählung enthielten. Die beispielsweise in § 5 EStG festgelegten Regeln seien ebenfalls zu beachten. Ist der Ausweis für die Rückstellung in der HB zulässigerweise niedriger als der sich nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 a EStG ergebende Ausweis, so sei der Ausweis in der HB für die Steuerbilanz maßgebend.  Bei dem derzeitigen Zinsniveau dürfte in den meisten Fällen der handelsrechtliche Wertansatz über dem steuerlichen Wertansatz liegen. Dies ergibt sich insb. aus der hohen Abzinsung in der Steuerbilanz. Der handelsrechtliche Wertansatz kann aus verschiedenen Gründen auch niedriger als der steuerliche Wertansatz sein. Dies beispielsweise aufgrund eines höheren Marktzinses, aber auch aufgrund des abweichenden Abzinsungszeitraums. In diesem Fall kommt auch in der Steuerbilanz der handelsrechtliche Wertansatz zur Anwendung. Somit ist von Seiten der Finanzverwaltung "sichergestellt" worden, dass stets der niedrigere der beiden verfügbaren Wertansätze bei der Erstellung der Steuerbilanz zugrunde gelegt wird. Im Ergebnis wird dadurch ein möglichst hoher Gewinnausweis für steuerliche Zwecke erreicht. 3. Vom BFH zu entscheidende Rechtsfrage In einer aktuellen Entscheidung hatte der BFH nunmehr über folgende Frage zu befinden: Stellt der Handelsbilanzwert einer Rückstellung auch nach Inkrafttreten des BilMoG die Obergrenze ggü einem höheren steuerrechtlichen Rückstellungswert dar? II. BFH-Urteil v. 20.11.2019 - XI R 46/17, BFH/NV 2020, 429 1. Sachverhalt Unternehmensgegenstand der Kläger-GmbH ist der Abbau und die Verwertung von Rohstoffen. Für Verpflichtungen zur Rekultivierung von Abbaugrundstücken bildete sie in ihren Handels- und Steuerbilanzen Rückstellungen. In der HB zum 31.12.2010 erfasste sie Ansammlungsrückstellungen i.H.v. 295.870 EUR, bei deren Ermittlung geschätzte Kostensteigerungen bis zum Erfüllungszeitpunkt einbezogen wurden. Der auf diese Weise ermittelte Erfüllungsbetrag wurde mit einem Zinssatz von 4,94 % abgezinst. Steuerrechtlich erfolgte die Ermittlung ohne künftige Kostensteigerungen. Der ermittelte Verpflichtungsbetrag wurde entsprechend dem BMF-Schr. v. 9.12.1999  nicht abgezinst und betrug laut Steuerbilanz 348.105 EUR. I.R.e. für die Jahre 2007 bis 2010 durchgeführten Ap kürzte der Prüfer unter Hinweis auf § 6 Abs. 1 Nr. 3 a EStG die von der Klägerin gebildete und aus anderen (zwischen den Beteiligten nicht streitigen) Gründen auf 330.685 EUR korrigierte Rückstellung laut Steuerbilanz zum 31.12.2010 um 34.815 EUR auf den niedrigeren Handelsbilanzwert i.H.v. 295.870 EUR, weil ansonsten steuerrechtlich ein höherer Rückstellungsbetrag als in der HB ausgewiesen werde. Für den sich aus der erstmaligen Anwendung des BilMoG  ergebenden Gewinn i.H.v. 34.815 EUR bildete er eine Rücklage für Rückstellungsauflösung nach R 6.11 Abs. 3 S. 2 EStR 2012 i.H.v. 14/15 des sich aus der Auflösung der Rückstellung ergebenden Gewinns (jährlich 2.321 EUR). Das Finanzamt folgte dem in dem nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Körperschaftsteuerbescheid für das Jahr 2010. Der Einspruch blieb erfolglos. Das FG Rheinland-Pfalz  wies die Klage gegen den Körperschaftsteuerbescheid für 2010 ab. Das FG vertrat die Ansicht, dass der handelsrechtlich anzusetzende abgezinste Wert nach § 5 Abs. 1 S. 1 EStG für die Steuerbilanz als Obergrenze zu beachten sei. Sachverhalt in tabellarisch zusammengefasster Form Klägerin GmbH, die Rohstoffe abbaut und verwertet 31.12.2010 Bildung einer abgezinsten Ansammlungsrückstellung in der HB i.H.v. 295.870 EUR (Zinssatz 4,94%). In der Steuerbilanz wurde die Rückstellung ohne Abzinsung mit 348.105 EUR angesetzt. Ap 2007 - 2010 Kürzung der Rückstellung um 34.815 EUR auf den niedrigeren HB-Wert Finanzamt Abweisung des Einspruchs mit Entscheidung vom 13.6.2014 FG Abweisung der Klage 2. Entscheidung und Begründung Der BFH wies die Klage mit im Wesentlichen folgender Begründung ab: Die im Einleitungssatz des § 6 Abs. 1 Nr. 3 a EStG enthaltene Regelung, dass Rückstellungen "höchstens insbesondere" mit den Beträgen nach den folgenden Grundsätzen in Buchst. a bis f anzusetzen sind, führt dazu, dass die sich aus § 6 Abs. 1 Nr. 3 a Buchst. a bis f EStG ergebenden Rückstellungsbeträge den zulässigen Ansatz nach der HB nicht überschreiten dürfen. Aus dem Wortlaut des § 6 Abs. 1 Nr. 3 a EStG "höchstens insbesondere" ergibt sich keine Durchbrechung der Maßgeblichkeit. Mit dem Wortzusatz "insbesondere" hat der Gesetzgeber gerade zum Ausdruck gebracht, dass es weitere Obergrenzen gibt. Der Stpfl. ist auch nach Inkrafttreten des BilMoG an die handelsrechtlichen Bilanzansätze gebunden. III. Anmerkungen 1. Bedeutung der Entscheidung Wie vor ihm bereits der I.  und der IV.  Senat kommt auch der XI. Senat zu dem Ergebnis, dass der handelsbilanzielle Rückstellungswert auch nach Inkrafttreten des BilMoG ggü. einem höheren steuerrechtlichen Rückstellungswert die Obergrenze bilde. Der BFH bestätigt mit dem Besprechungsurteil auch die bisherige Auffassung der FinVerw. Danach darf mit Ausnahme der Pensionsrückstellungen die Höhe der Rückstellung in der Steuerbilanz den zulässigen Ansatz in der HB nicht überschreiten.  Die BFH-Entscheidung steht m.E. nicht im Einklang mit dem bisherigen Verständnis zum Verhältnis steuerlicher Bewertungsvorschriften zum Maßgeblichkeitsprinzip. Die mit dem BilMoG vorgenommene Abschaffung der formellen Maßgeblichkeit hat grds. zur Folge, dass die Bindung des Bilanzansatzes in der HB für die Steuerbilanz aufgegeben wurde. Die materielle Maßgeblichkeit wird insb. im Bereich der Bewertung durch die steuerlichen Sondervorschriften durchbrochen ( § 5 Abs. 6 EStG). Dies bedeutet, dass für die Bewertung von Rückstellungen die handelsrechtlichen Grundsätze nur dann heranzuziehen sind, wenn die Regelungen des § 6 Abs. 1 Nr. 3 a Buchst. a bis f EStG dies zulassen. Dazu müsste ein Sachverhalt gegeben sein, der nicht in den Anwendungsbereich dieser Vorschriften fällt. Dies ist aber im Bereich der Rückstellungsbewertung nicht der Fall, sodass § 6 Abs. 1 Nr. 3 a EStG nach dem umfassenden steuerlichen Bewertungsvorbehalt (§ 5 Abs. 6 EStG) vorrangig ggü dem allgemeinen Maßgeblichkeitsgrundsatz ist. Beratungshinweis: Rückwirkungen auf die Bewertung in der HB Diese Entscheidung zwingt dazu, über eine möglichst hohe Bewertung von Rückstellungen in der HB nachzudenken. Schließlich würde damit auch ein höherer Rückstellungsansatz in der Steuerbilanz erfolgen können. Hierbei sind jedoch auch mögliche negative Auswirkungen (z.B. auf die Kreditvergabepraxis durch Banken infolge eines schlechteren Ratings) zu berücksichtigen. Folgt man dieser Systematik, ist das Ergebnis des BFH, dass der Vorrang des umfassenden steuerrechtlichen Bewertungsvorbehalts durch den "höchstens insbesondere"-Verweis des § 6 Abs. 1 Nr. 3 a EStG i.S.e. "Mindestmaßgeblichkeit" des konkreten handelsbilanziellen Rückstellungsansatzes durchbrochen wird, nicht nachvollziehbar. Nachvollziehbarer wäre es, die Formulierung i.S. eines steuerlichen Wahlrechts im Bereich der Rückstellungsbewertung zu verstehen. Steuerlich zulässig wäre danach jeder Wertansatz, soweit dieser Wert nicht den nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 a Buchst. a bis f EStG ermittelten Höchstbetrag überschreitet. Für diesen Lösungsansatz spricht auch das Wort "höchstens". Und "höchstens insbesondere" ist i.d.S. zu verstehen, dass nach der Anwendung von § 6 Abs. 1 Nr. 3 a EStG verbleibende Regelungslücken durch § 6 Abs. 1 Nr. 3 EStG und danach verbleibende Regelungslücken durch den Rückgriff auf die handelsrechtlichen GoB zu schließen sind. Beratungshinweis: Übergangsregelung Die Neuregelung durch das BilMoG konnte zu erheblichen Rückstellungsauflösungen führen, die auch steuerlich zu einem Gewinn führen konnten. Deshalb sieht R 6.11 EStR die Möglichkeit vor, einen Gewinn aus der Neubewertung über 15 Jahre zu verteilen. Hierzu und zur Frage der Auswirkungen auf Rückstellungen, die vor Inkrafttreten des BilMoG bereits bestanden haben, ist derzeit ein Revisionsverfahren beim BFH anhängig.  2. Unterlassene Abzinsung bei Rückstellungen Die unterschiedliche Bewertung der Rückstellung in Steuerbilanz und HB beruht im Besprechungsurteil insb. darauf, dass die Klägerin die Rückstellung in der Steuerbilanz nicht abgezinst hatte. Diese Nichtabzinsung der Rückstellung entspricht der Auffassung der FinVerw.  Danach müssen Rückstellungen für sog. Dauerbergschäden, bei denen es sich um eine auf Dauer bestehende Gesamtverpflichtung handele, die laufend entsteht und gleichzeitig laufend erfüllt wird, nicht abgezinst werden. Hinsichtlich der bergrechtlichen Verpflichtungen geht das BMF von einer laufenden Verfüllung und Rekultivierung der durch den Tagebau abgegrabenen Bereiche aus. Es stellt sich die Frage, ob diese Regelung überzeugen kann. § 6 Abs. 1 Nr. 3 a Buchst. e EStG sieht keine Ausnahme für die Abzinsungspflicht vor. Danach ist lediglich zu fragen, mit welchem Wert und auf welchen Erfüllungszeitpunkt die Rückstellung gebildet wurde. Enthält sie z.B. Kostenbestandteile für Jahre nach dem Bilanzstichtag, ist eine Abzinsung zwingend geboten. Diese Schlussfolgerung wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass es sich um eine sog. Ansammlungsrückstellung handelt. Rückstellungen für Verpflichtungen, für deren Entstehen der laufende Betrieb ursächlich ist, die also Stück für Stück über mehrere Wirtschaftsjahre entstehen, sind zeitanteilig in gleichen Raten anzusammeln.  Insb. Rückstellungen für Deponie-Rekultivierungen fallen unter diese Vorschrift. Sie sind nach der tatsächlichen Inanspruchnahme anzusammeln und die angesammelten Rückstellungen sind zum jeweiligen Bilanzstichtag abzuzinsen.  Steuerrechtlich hätte die Rückstellung danach abgezinst werden müssen, eine Differenz zwischen Handels- und Steuerbilanz wäre dann nicht entstanden und es wäre nicht zu dem Verfahren gekommen. 3. Fazit Die BFH-Entscheidung durchbricht das bisherige Verständnis zum Verhältnis steuerlicher Sondervorschriften im Bereich der Rückstellungsbewertung zum Maßgeblichkeitsprinzip. Von Bedeutung ist die Entscheidung für Rückstellungen für Sachleistungsverpflichtungen, die über einen längeren Zeitraum zu erbringen sind (z.B. im Zusammenhang mit Rekultivierungs- und Rückbauverpflichtungen) und bei denen der handelsrechtliche Rückstellungswert den steuerlichen Rückstellungsansatz zulässigerweise unterschreitet. Für die Bewertung von Pensionsrückstellungen (§ 6 a Abs. 3 EStG enthält ebenfalls die Formulierung "höchstens"), soll dies allerdings nicht gelten.  Die Entscheidung zeigt im Ergebnis, dass die Zielsetzung des Gesetzgebers, die Einführung des BilMoG steuerneutral auszugestalten, im Ergebnis bei der Bewertung von Rückstellungen nicht erreicht wurde. M.E. ist der Aufgriff dieses Sachverhalts durch die FinVerw zu hinterfragen, denn mit der Regelung im BMF-Schreiben lässt die FinVerw es zuerst zu, die Rückstellung für die steuerliche Gewinnermittlung ausnahmsweise nicht abzuzinsen. Dann wird aber diese Abzinsung im Ergebnis mit dem Hinweis auf die Begrenzung des steuerlichen Wertansatzes auf den niedrigeren handelsrechtlichen Wertansatz eingefordert. Der einzige Unterschied besteht nur noch in der Höhe des Abzinsungssatzes. Mit dieser Argumentation kommt die FinVerw zu einer Abzinsung der Rückstellung mit den zumeist niedrigeren handelsrechtlichen Zinssätzen.      BilMoG v. 29.5.2009, BGBl I 2009, 1102       BT-Drucks. 16/10067, 1       Eine abweichende Regelung gilt für Pensionsrückstellungen.       BT-Drucks. 16/10067, 34, 41       BMF-Schr. v. 26.5.2005 - IV B 2 - S 2175 - 7/05, BStBl I 2005, 699       Vgl. OFD Münster v. 13.7.2012, DStR 2012, 1606; so auch BT-Drucks. 14/443, 23; Zwirner/Endert/Sepetauz, DStR 2012, 2094       Hervorhebung durch Verfasser       BT-Drucks. 14/443, 23       BMF-Schr. v. 9.12.1999 - IV C 2 - S 2175 - 30/99, BStBl I 1999, 1127       BilMoG v. 25.5.2009, BGBl I 2009, 1102       FG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 7.12.2016 - 1 K 1912/14, EFG 2017, 693       BFH-Urt. v. 11.10.2012 - I R 66/11, BStBl II 2013, 676       BFH-Urt. v. 13.7.2017 - IV R 34/14, BFH/NV 2017, 1426       Vgl. R 6.11 Abs. 3 S. 1 EStR       Az des BFH: IV R 29/19 (IV R 46/16), als Rev. gegen FG Münster, Urt. v. 9.6.2016 - 6 K 1314/15 G, F, EFG 2017, 42       BMF-Schr. v. 9.12.1999 - IV C 2 - S 2175 - 30/99, BStBl I 1999, 1127, Tz 7       § 6 Abs. 1 Nr. 3 a Buchst. d S. 1 EStG       BFH-Urt. v. 5.5.2011 - IV R 32/07, BStBl II 2012, 98       Vgl. R 6.11 Abs. 3 EStR   

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