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AktStR: Dr. Norbert Bolz, Richter am FG, Hannover, 2005 S. 185: Anwendungserlass zum Abruf von Kontoinformationen Anwendungserlass zum Abruf von Kontoinformationen Dr. Norbert Bolz, Richter am FG, Hannover Jahrgang: 2005 . Seite: 185 A. Vorbemerkung Änderung der AOÄnderung der AO Seit dem 1.4.2005 haben die Finanzbehörden ein Zugriffsrecht auf die sog. Kontostammdaten der Stpfl. Damit tritt Art. 2 des Gesetzes zur Förderung der Steuerehrlichkeit  in Kraft, mit dem den Finanzbehörden nach Auslaufen des StraBEG  zum 31.3.2005 durch Änderung der §§ 93 Abs. 7 und 8 und 93 b AO ab dem 1.4.2005 erweiterte Kontrollbefugnisse eingeräumt werden. Ziel des GesetzgebersZiel des Gesetzgebers Ziel des Gesetzgebers war es, einerseits mit dem StraBEG bisher Steuerunehrlichen bis zum 31.3.2005 eine Brücke zur Rückkehr in die Steuerehrlichkeit zu bauen, andererseits sollten in Zukunft die Risiken der Entdeckung einer Steuerverkürzung deutlich erhöht werden. Flankiert werden beide Maßnahmen durch die voraussichtlich zum 1.7.2005 in Kraft tretende EU-Zinsrichtlinie, die innerhalb der EU eine verbesserte Erfassung der Zinseinkünfte ermöglichen soll. PressereaktionenPressereaktionen Ob die in der Presse gegen das neue Kontenabrufverfahren erhobenen Vorwürfe berechtigt sind (Begriffe wie "Zasterfahndung", "gläserner Bürger", "Selbstbedienung am PC" oder "Rot-Grüner-Schnüffel-Staat" tauchten auf), ob das Vertrauensverhältnis zwischen den Kreditinstituten und deren Kunden dadurch zerstört wird oder ob das Bankgeheimnis durch das Gesetz gar abgeschafft worden ist (so die Datenschutz-Sprecherin der FDP, Gisela Piltz), ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht absehbar. Entscheidung des BVerfGEntscheidung des BVerfG Die verschärften Kontrollmöglichkeiten bewogen immerhin die Volksbank Raesfeld und einen Bankkunden (Rechtsanwalt und Notar) sowie jeweils einen Wohngeld- und einen Sozialhilfebezieher, beim BVerfG einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen das Inkrafttreten des Gesetzes zum 1.4.2005 zu stellen. Die ASt rügten eine Verletzung ihres Rechts auf informationelle Selbstbestimmung, ihres Grundrechts auf Berufsfreiheit und ihres Anspruchs auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes. Das BVerfG hat die einstweilige Anordnung mit Beschluss vom 22.3.2005  abgelehnt. Dies sagt allerdings noch nichts über den Ausgang der Verfassungsbeschwerde der ASt. Denn das BVerfG hat lediglich im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes entschieden, dass die Nachteile der ASt beim vorgesehenen Inkrafttreten des Gesetzes hinter diejenigen zurücktreten, die beim Nicht-Inkrafttreten des Gesetzes für die Allgemeinheit zu erwarten wären. Korrekturmaßnahmen der FinVerwKorrekturmaßnahmen der FinVerw Die Entscheidung des BVerfG wurde maßgebend durch die "in letzter Minute" vorgenommenen Nachbesserungen im Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) beeinflusst. Hierbei wurden zugleich die zum Abruf der Daten vorgesehenen Formulare geändert und insoweit die von den ASt gerügten möglichen Mängel der von ihnen angegriffenen Regelungen derart abgemildert, dass das BVerfG eine einstweilige Anordnung vor der Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde nicht für geboten erachtete. Im Folgenden werden die Gesetzeslage und der mit der Entscheidung des BVerfG im Zusammenhang stehende Anwendungserlass des BMF dargestellt. B. Die Grundlagen des neuen Kontenabrufverfahrens I. Anlass für die Neuregelung Begründung der FinVerwBegründung der FinVerw Aufgrund des durch das Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit neu eingefügten § 93 Abs. 7, 8 AO ist der AEAO mit BMF-Schr. v. 10.3.2005  um Anweisungen zu §§ 92 und 93 AO ergänzt worden. Mit der Neufassung soll den sowohl vom Bundesbeauftragten für den Datenschutz als auch von Kreditinstituten erhobenen Bedenken gegen den automatisierten Kontenabruf weitgehend Rechnung getragen werden. Die FinVerw rechtfertigt die gesetzliche Neuregelung mit dem Hinweis , sie müsse in die Lage versetzt werden, die Angaben der Stpfl. im Einzelfall mit angemessenem Aufwand und zielgerichtet prüfen zu können (sog. Verifikationsgebot). Eine Steuerbelastung, die nahezu allein auf der Erklärungsbereitschaft und damit der Steuerehrlichkeit des einzelnen Stpfl. beruhe, würde gegen das "Grundrecht auf Besteuerungsgleichheit" verstoßen. Bislang könnten die Finanzbehörden die Existenz von inländischen Konten und Depots aber nur durch Angaben des Stpfl. selbst oder durch Zufall erfahren. Die Praxis habe gezeigt, dass dies nicht ausreiche, sondern gesetzliche Verbesserungen notwendig waren. Dies entspricht im Wesentlichen der Argumentation des BVerfG im sog. "Zinsurteil" . II. Gesetzestext § 92 AO Beweismittel "⊃1;Die Finanzbehörde bedient sich der Beweismittel, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält. ⊃2;Sie kann insbesondere 1. Auskünfte jeder Art von den Beteiligten und anderen Personen einholen, 2. Sachverständige zuziehen, 3. Urkunden und Akten beiziehen, 4. den Augenschein einnehmen." § 93 AO Auskunftspflicht der Beteiligten und anderer Personen "(1) ⊃1;Die Beteiligten und andere Personen haben der Finanzbehörde die zur Feststellung eines für die Besteuerung erheblichen Sachverhalts erforderlichen Auskünfte zu erteilen. ⊃2;Dies gilt auch für nicht rechtsfähige Vereinigungen, Vermögensmassen, Behörden und Betriebe gewerblicher Art der Körperschaften des öffentlichen Rechts. ⊃3;Andere Personen als die Beteiligten sollen erst dann zur Auskunft angehalten werden, wenn die Sachverhaltsaufklärung durch die Beteiligten nicht zum Ziel führt oder keinen Erfolg verspricht. (2) ⊃1;In dem Auskunftsersuchen ist anzugeben, worüber Auskünfte erteilt werden sollen und ob die Auskunft für die Besteuerung des Auskunftspflichtigen oder für die Besteuerung anderer Personen angefordert wird. ⊃2;Auskunftsersuchen haben auf Verlangen des Auskunftspflichtigen schriftlich zu ergehen. (...) (7) Die Finanzbehörde kann bei den Kreditinstituten über das Bundesamt für Finanzen einzelne Daten aus den nach § 93 b Abs. 1 zu führenden Dateien abrufen, wenn dies zur Festsetzung oder Erhebung von Steuern erforderlich ist und ein Auskunftsersuchen an den Steuerpflichtigen nicht zum Ziele geführt hat oder keinen Erfolg verspricht. (8) Knüpft ein anderes Gesetz an Begriffe des Einkommensteuergesetzes an, soll die Finanzbehörde auf Ersuchen der für die Anwendung des anderen Gesetzes zuständigen Behörde oder eines Gerichtes über das Bundesamt für Finanzen bei den Kreditinstituten einzelne Daten aus den nach § 93 b Abs. 1 zu führenden Dateien abrufen und der ersuchenden Behörde oder dem ersuchenden Gericht mitteilen, wenn in dem Ersuchen versichert wurde, dass eigene Ermittlungen nicht zum Ziele geführt haben oder keinen Erfolg versprechen." § 93 b AO Automatisierter Abruf von Kontoinformationen "(1) Kreditinstitute haben die nach § 24 c Abs. 1 des Kreditwesengesetzes zu führende Datei auch für Abrufe nach § 93 Abs. 7 und 8 zu führen. (2) Das Bundesamt für Finanzen darf auf Ersuchen der für die Besteuerung zuständigen Finanzbehörden bei den Kreditinstituten einzelne Daten aus den nach Absatz 1 zu führenden Dateien im automatisierten Verfahren abrufen und sie an die ersuchende Finanzbehörde übermitteln. (3) Die Verantwortung für die Zulässigkeit des Datenabrufs und der Datenübermittlung trägt in den Fällen des § 93 Abs. 7 die ersuchende Finanzbehörde, in den Fällen des § 93 Abs. 8 die ersuchende Behörde oder das ersuchende Gericht. (4) § 24 c Abs. 1 Satz 2 bis 6, Abs. 4 bis 8 des Kreditwesengesetzes gilt entsprechend." III. Beweismittel Der AEAO zu § 92 AO verweist allgemeine Besteuerungsgrundsätzeallgemeine Besteuerungsgrundsätze - auf die Verpflichtung der Finanzbehörden zur gleichmäßigen Festset-zung und Erhebung der Steuern nach Maßgabe der Gesetze (§ 85 AO), - auf die Verpflichtung zur Ermittlung des Sachverhalts von Amts wegen (§ 88 AO) - sowie darauf, dass die Behörden hierbei auf die gesetzlich vorgeschriebene Mitwirkung der Beteiligten angewiesen sind (§ 90 AO). Grds. ist den Angaben der Stpfl. in ihrer Steuererklärung Glauben zu schenken; dies schließt konkrete Ermittlungsmaßnahmen im Einzelfall jedoch nicht aus. Inbs. kann sich die Finanzbehörde zur Ermittlung steuerrelevanter Sachverhalte aller Beweismittel bedienen, die sie "nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält", § 92 S. 1 AO. IV. Auskunftsersuchen und Kontenabruf § 93 AO regelt - in Abs. 1 - 6 die Auskunftspflichten der Beteiligten und anderer Personen und - in Abs. 7 und 8 den Kontenabruf. 1. Auskunftsersuchen Die in § 93 Abs. 1 S. 1 AO geregelten Auskunftsersuchen sind im gesamten Besteuerungsverfahren, also auch im Rechtsbehelfs- bzw. Erhebungsverfahren zulässig. Für Auskunftsersuchen i.R.d. Ap gelten die besonderen Anforderungen des § 200 AO. a) Voraussetzungen allgemeine Anforderungen an Auskunftsersuchenallgemeine Anforderungen an Auskunftsersuchen Voraussetzung für ein Auskunftsersuchen nach § 93 Abs. 1 S. 1 AO ist, dass die Auskunft aufgrund hinreichend konkreter Umstände oder allgemeiner Erfahrungen geboten ist (AEAO Nr. 1.2). Es gilt der Grundsatz der Geeignetheit, der Erforderlichkeit, der Verhältnismäßigkeit, der Erfüllbarkeit und der Zumutbarkeit. Auskunftsersuchen "ins Blaue hinein" sind ebenso unzulässig wie Auskunftsverlangen i.R.e. Rasterfahndung . Sammelauskunftsersuchen sind hingegen grds. zulässig . Was unter "allgemeinen Erfahrungen" zu verstehen ist, wird im AEAO Nr. 1.2 nicht näher erläutert. Nicht ausreichend ist die Vermutung, dass Steuergesetze nicht immer befolgt werden. Erst wenn bspw. das FA feststellt, dass bei bestimmten Fallgestaltungen in auffallendem Maße Steuern wiederholt verkürzt werden, kann dies zum Anlass genommen werden, einen Stpfl. mit vergleichbarer Fallgestaltung um nähere Auskunft zu dem steuererheblichen Sachverhalt zu ersuchen . Ein begründeter Verdacht auf steuerrechtliche Unregelmäßigkeiten ist jedenfalls nicht erforderlich, sondern es genügt, "wenn aufgrund konkreter Momente oder aufgrund allgemeiner Erfahrungen ein Auskunftsersuchen angezeigt ist", AEAO Nr. 1.2.  b) Auskunftsersuchen gegenüber Dritten nachrangige Auskunftspflicht Dritternachrangige Auskunftspflicht Dritter Auskunftsersuchen können nicht nur an die Beteiligten (§ 78 AO), sondern auch an andere Personen gerichtet werden. Es gilt der Grundsatz der Subsidiarität. Dritte sollen hiernach erst dann zur Auskunft angehalten werden, wenn die Sachverhaltsaufklärung durch die Beteiligten selbst nicht zum Ziel führt oder keinen Erfolg verspricht (§ 93 Abs. 1 S. 3 AO). Unter diesen Voraussetzungen waren daher auch schon bisher Auskunftsersuchen an Kreditinstitute ohne Verletzung des Bankgeheimnisses zulässig (§ 30 a Abs. 5 AO, AEAO Nr. 1.6), worauf Bankbedienstete ihre Kunden in der Vergangenheit nicht immer hingewiesen haben. Das BVerfG hat in seinem Beschl. v. 22.3.2005  ausdrücklich auf die Verpflichtung der Kreditinstitute zur Auskunftserteilung hingewiesen, zugleich aber auch betont, dass ein solches Auskunftsersuchen ins Leere gehe, wenn der Finanzbehörde ein Konto des Stpfl. nicht bekannt sei. Dem begegnet die Neuregelung in § 93 Abs. 7 und 8 AO durch die Möglichkeit, mit Hilfe des automatisierten Abrufs der Kontostammdaten (§ 93 b AO) zunächst zu erfahren, bei welchen Kreditinstituten der Stpfl. Konten unterhält. c) Informationspflicht vorherige Informationspflicht des Stpfl.vorherige Informationspflicht des Stpfl. Vergleichbar der Regelung in § 4 Abs. 2 und § 19 a Abs. 1 S. 1 Bundesdatenschutzgesetz soll auch bei steuerlichen Auskunftsersuchen der Stpfl. vor Befragung eines Dritten grds. informiert werden, soweit der Ermittlungszweck dadurch nicht gefährdet wird. Damit soll dem Stpfl. Gelegenheit gegeben werden, das Auskunftsersuchen abzuwenden und damit zu verhindern, dass seine steuerlichen Verhältnisse Dritten bekannt werden (AEAO Nr. 1.7). Außerdem erhält der Stpfl. auf diese Weise Gelegenheit, die Rechtmäßigkeit des angekündigten Auskunftsersuchens gerichtlich überprüfen zu lassen. AEAO Nr. 1.8 und 1.9 regeln Näheres zu Inhalt, Begründung und Form des Auskunftsersuchens. d) Rechtsschutz kein allgemeines Verwertungsverbotkein allgemeines Verwertungsverbot Wichtig ist der Hinweis in AEAO Nr. 1.9, dass es sich bei Auskunftsersuchen nach § 93 Abs. 1 S. 1 AO um Verwaltungsakte handelt, die mit ihrer Bekanntgabe wirksam werden und folglich auch anfechtbar und selbstständig gerichtlich überprüfbar sind. Der AEAO gibt allerdings keine Antwort auf die Frage, ob rechtswidrige Auskunftsersuchen einem Verwertungsverbot unterliegen. Nach ständiger Rspr. des BFH besteht im Besteuerungsverfahren kein allgemeines gesetzliches Verwertungsverbot für Tatsachen, die unter Verletzung von Verfahrensvorschriften ermittelt wurden . Bei Auskunftsersuchen besteht allerdings - ebenso wie bei Prüfungsanordnungen - die Besonderheit, dass diese als selbstständige Verwaltungsakte in einem besonderen Verfahren angefochten werden können. Insoweit dürfen rechtswidrig ermittelte Besteuerungsgrundlagen nicht verwertet werden, wenn der Stpfl. gegen die Rechtswidrigkeit des Auskunftsersuchens erfolgreich vorgegangen ist. Stellt das Gericht die Rechtswidrigkeit der Maßnahme fest, darf das FA die Feststellungen nicht verwerten . Hinweis Viel gewonnen hat der Stpfl. durch eine erfolgreiche gesonderte Anfechtung des Auskunftsersuchens häufig nicht, weil die Finanzbehörde nunmehr erneut ermitteln kann. Stellt sich die erneute Ermittlungsmaßnahme als rechtmäßig dar, ist das FA an einer Verwertung der auf diese Weise erlangten Kenntnisse nicht gehindert. 2. Kontenabruf für steuerliche Zwecke (§ 93 Abs. 7 AO) a) Grundlagen Mit dem Kontenabruf nach § 93 Abs. 7 und 8 AO hat der Gesetzgeber die Kompetenzen der Finanzbehörden auf den Zugriff von Konten im Inland erweitert. Erstmalig sind damit die gesetzlichen Voraussetzungen zu einem automatisierten Abruf von bestimmten Stammdaten geschaffen worden. Während "einfache" Auskunftsersuchen i.d.R. aufwändig sind und wegen ihres erheblichen Verwaltungsaufwands von Finanzbeamten häufig gescheut werden, eröffnen sich mit dem neuen Kontenabruf völlig neue Möglichkeiten. In rechtstechnisch geschickter Weise verweist der Gesetzgeber in § 93 Abs. 7 auf die nach § 24 c Abs. 1 KWG von den Kreditinstituten ohnehin zu führenden Dateien. Nach der zuletzt genannten Vorschrift haben Kreditinstitute eine Datei zu führen, in der folgende Daten unverzüglich zu speichern sind: - Nummer des Kontos bzw. des Depots - Tag der Errichtung/Auflösung - Name des Inhabers und eines evtl. Verfügungsberechtigten - Name und Anschrift eines abweichend wirtschaftlich Berechtigten (§ 8 Abs. 1 GwG) - bei natürlichen Personen Tag der Geburt b) Betroffene Behörden Darüber hinaus hat das Kreditinstitut zu gewährleisten, dass die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) jederzeit Daten aus dieser Datei in einem von ihr bestimmten Verfahren automatisiert abrufen kann. Dabei hat die Bank durch technische und organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass ihr Abrufe nicht zur Kenntnis gelangen (§ 24 c Abs. 1 S. 6 KWG). § 93 b Abs. 1 AO bestimmt nun, dass die Kreditinstitute diese Datei künftig auch für steuerliche Zwecke führen müssen. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass den Kreditinstituten hierdurch keine zusätzlichen Kosten oder Aufwendungen entstehen. Neu ist, dass nunmehr auch das Bundesamt für Finanzen (BfF) auf Ersuchen des für die Besteuerung zuständigen FA aus der nach § 24 c Abs. 1 KWG zu führenden Datei einzelne Daten abrufen und diese sodann an die ersuchende Finanzbehörde übermitteln kann. Da das BfF hier lediglich als Zentralstelle tätig wird, obliegt die Verantwortung für die Zulässigkeit des Datenabrufs und der anschließenden Datenübermittlung der ersuchenden Finanzbehörde (§ 93 Abs. 7 AO) bzw. der ersuchenden anderen Behörde oder dem ersuchenden Gericht (§ 93 Abs. 8 AO). Das BfF darf lediglich prüfen, ob das Ersuchen plausibel ist (AEAO Nr. 2.4). Hinweis Kontenbewegungen und Kontenstände können auf diesem Weg nicht ermittelt werden. Erlaubt ist lediglich der Zugriff auf die Kontenstammdaten, die gem. § 154 Abs. 2 AO ohnehin von den Kreditinstituten aufzuzeichnen sind. Über die gesetzliche Regelung des § 154 AO hinaus ist allerdings jetzt auch der Zugriff auf Daten von evtl. wirtschaftlich Berechtigten möglich. Informationen über Schließfächer sind nach dem Gesetzeswortlaut des § 93 Abs. 7 AO hingegen nicht möglich. c) Rechtscharakter Überprüfung durch die FGÜberprüfung durch die FG Der Kontenabruf entspricht einer elektronischen Einnahme des Augenscheins und stellt daher keinen Verwaltungsakt, sondern einen Realakt dar (AEAO Nr. 2.2). Eine Bekanntgabe ist daher zu seiner Wirksamkeit nicht erforderlich, eine selbstständige Anfechtung nicht möglich. Allerdings kann die Rechtmäßigkeit eines Kontenabrufs durch das FG i.R.d. Überprüfung des Steuerbescheides oder isoliert durch Leistungs- oder Feststellungsklage überprüft werden . Gibt das FG einer Leistungs- oder (Fortsetzungs-) Feststellungsklage statt und stellt es die Rechtswidrigkeit des Kontenabrufs fest, darf das FA die hierdurch gewonnenen Erkenntnisse nicht auswerten (Verwertungsverbot). d) Anwendungsbereich Ein Kontenabruf ist nicht nur zur Feststellung stpfl. Kapitalerträge, sondern in jedem Verfahrensstadium zulässig, in dem § 93 AO unmittelbar anwendbar ist. Damit kann ein Kontenabruf auch i.R.v. Außenprüfungen, Rechtsbehelfsverfahren, Haftungsverfahren, Erhebungsverfahren und Vollstreckungsverfahren erfolgen (AEAO Nr. 2.2). Da ein Kontenabruf für strafrechtliche Zwecke nur nach § 24 c KWG durchgeführt werden kann, ist bei Maßnahmen der Steuerfahndung zu differenzieren: Führt sie steuerliche Ermittlungen durch, ist Rechtsgrundlage für einen Kontenabruf § 93 Abs. 7 AO. Ermittelt sie hingegen auf steuerstrafrechtlichem Gebiet, hat sie sich nach § 24 c Abs. 3 S. 1 Nr. 2 KWG an die BaFin zu wenden. e) Voraussetzungen für einen Kontenabruf Nach AEAO Nr. 2.3 steht der Kontenabruf im Ermessen der Finanzbehörde,kann nur anlassbezogen und zielgerichtet erfolgen und muss sich auf eine eindeutig bestimmte Person beziehen. aa) Rangfolge Weitere Voraussetzung ist, dass ein Auskunftsersuchen an den Stpfl. nicht zum Ziel geführt hat oder keinen Erfolg verspricht. Damit gilt auch hier das Subsidiaritätsprinzip des § 93 Abs. 1 S. 3 AO, wonach zuvor der Stpfl. selbst um Auskunft zu bemühen ist. Der Stpfl. hat es also weitgehend selbst in der Hand, ob die FinVerw bei ihm einen Kontenabruf vornimmt. I.d.R. wird das FA den Stpfl. zuvor auffordern, Auskunft über seine Konten und Depots zu erteilen und ggf. entsprechende Unterlagen vorzulegen (Konto- oder Depotauszüge, Jahresbescheinigungen nach § 24 c EStG). Bereits in dem Auskunftsersuchen soll der Stpfl. darauf hingewiesen werden, dass die Finanzbehörde nach § 93 Abs. 7 AO einen Kontenabruf durchführen lassen kann, wenn die Aufklärung durch den Beteiligten nicht zum Ziel führt. Eine Ausnahme von dem Subsidiaritätsgrundsatz gilt allerdings dann, wenn durch eine vorherige Anfrage beim Stpfl. der Ermittlungszweck gefährdet würde (AEAO Nr. 2.3 und 2.6). Auskunftsersuchen an Stpfl. hat VorrangAuskunftsersuchen an Stpfl. hat Vorrang Beispiel A hat in den VZ 2001 und 2002 Einnahmen aus Kapitalvermögen erklärt. Für den VZ 2003 hat er die Anlage KAP nicht ausgefüllt. Auf Grund einer anonymen Anzeige wird dem FA bekannt, dass A beabsichtigt, in Kürze seinen Lebensmittelpunkt ins Ausland zu verlegen und seine inländischen Konten aufzulösen. Lösung Aufgrund der besonderen Umstände des Falles würde hier durch eine vorherige Anfrage beim Stpfl. der Ermittlungszweck gefährdet. Das FA darf daher einen Kontenabruf vornehmen, ohne vorher den Stpfl. um Auskunft zu ersuchen. bb) Erforderlichkeit Darüber hinaus muss der Kontenabruf zur Festsetzung oder Erhebung von Steuern erforderlich sein. Auch hier gelten die Grundsätze zur Erforderlichkeit von allgemeinen Auskunftsersuchen nach § 93 Abs. 1 AO. Das FA muss also im Einzelfall eine Prognoseentscheidung treffen. Hierzu ist kein begründeter Verdacht auf eine steuerrechtliche Unregelmäßigkeit erforderlich. Es genügt vielmehr - wie beim Auskunftsersuchen -, wenn aufgrund konkreter Momente oder aufgrund allgemeiner Erfahrungen ein Kontenabruf zur Verifikation der Angaben des Stpfl. angezeigt ist (AEAO Nr. 2.3) . Beispiel Die von A in der Anlage KAP gemachten Angaben entsprechen nicht den Jahresbescheinigungen nach § 24 c EStG. Rückfragen bei A bleiben unbeantwortet. Unzulässig wäre etwa ein Kontenabruf auch dann, wenn jegliche Anhaltspunkte für seine steuerliche Relevanz fehlen. Steht daher eindeutig fest, dass der Steueranspruch bereits verjährt ist (oder dass im Vollstreckungsverfahren Zahlungsverjährung eingetreten ist), darf ein Kontenabruf nicht mehr durchgeführt werden. Insoweit läge ein eindeutiger Ermessensfehlgebrauch gem. § 5 AO vor. cc) Schutzvorkehrungen Für den Kontenabruf gelten im Übrigen die gleichen Grundsätze wie für das Auskunftsersuchen nach § 93 Abs. 1 AO. Kontenabrufersuchen i.R. einer Rasterfahndung sind daher ebenso unzulässig wie Ermittlungen "ins Blaue hinein". Das BVerfG hat es in seinem Beschl. v. 22.3.2005  ausdrücklich offen gelassen, ob es verfassungsrechtlich geboten sei, für den automatisierten Abruf der Kontostammdaten strengere Anforderungen zu stellen als allgemein für steuerliche Ermittlungsmaßnahmen. Insoweit genügen dem BVerfG die vom BMF im AEAO verfügten Schutzvorkeh-rungen. Hierbei betont das BVerfG besonders, dass der Stpfl. aufgrund der Regelungen im AEAO seinen ohnehin gegebenen Mitwirkungspflichten nach § 90 AO nachkommen und den Datenzugriff beim Kreditinstitut vermeiden kann. Bis zur Entscheidung der Hauptsache über die erhobenen Verfassungsbeschwerden  sind die möglichen Belastungen durch die neuen Ermittlungsbefugnisse daher - so das BVerfG - aufgrund der vom BMF getroffenen Vorkehrungen deutlich abgeschwächt. Hierzu gehört insb., dass zunächst der Stpfl. Auskunft erteilen soll (Ausnahme: Gefährdung des Ermittlungszwecks) einschl. der Vorabinformation über die Möglichkeit eines Kontenabrufs(AEAO Nr. 2.5 bis 2.8). Hat sich durch einen Kontenabruf herausgestellt, dass Konten oder Depots vorhanden sind, die der Stpfl. auf Nachfrage nicht angegeben hat, ist er über das Ergebnis des Kontenabrufs zu informieren. Hierbei ist er darauf hinzuweisen, dass die Finanzbehörde das betroffene Kreditinstitut nach § 93 Abs. 1 S. 1 AO um Auskunft ersuchen kann, wenn ihre Zweifel durch die Auskunft des Stpfl. nicht ausgeräumt werden. Allerdings kann sich die Finanzbehörde nur in Ausnahmefällen (z.B. wenn durch eine vorhergehende Information des Stpfl. der Ermittlungszweck gefährdet würde oder sich aus den Umständen des Einzelfalles ergibt, dass eine Aufklärung durch den Stpfl. selbst nicht zu erwarten ist) nach § 93 Abs. 1 S. 1 AO unmittelbar an die betreffenden Kreditinstitute wenden. In diesen Fällen ist der Stpfl. nachträglich über die Durchführung des Kontenabrufs zu informieren. Information über Ergebnis des KontoabrufsInformation über Ergebnis des Kontoabrufs dd) Rechtsbeziehungen zum Kreditinstitut In jedem Fall ist jedoch eine Information des Kreditinstituts selbst ausgeschlossen (§ 93 b Abs. 4 i.V.m. § 24 c Abs. 1 S. 6 KWG). Eine Information des Kreditinstituts in diesem Verfahrensstadium wäre bereits wegen der Pflicht zur Wahrung des Steuergeheimnisses (§ 30 AO) unzulässig. Damit ist dem Schutzbedürfnis des Stpfl. hinreichend Rechnung getragen, der durch eine Information des Kreditinstituts über die Kontenabfrage befürchten müsste, dass dieses seine Kreditwürdigkeit oder Seriosität in Frage stellen könnte. § 93 Abs. 7 AO selbst enthält zwar keine Regelung zur Informationspflicht des Betroffenen, schließt sie aber auch nicht aus. AEAO Nr. 2.8 regelt jedoch, dass der Stpfl. auch in den Fällen über die Durchführung des Kontenabrufs zu informieren ist, in denen die Angaben des Beteiligten durch den Kontenabruf bestätigt wurden ("erfolgloser" Kontenabruf). Insoweit genügt eine Erläuterung im Steuerbescheid, dass ein Kontenabruf nach § 93 Abs. 7 AO vorgenommen wurde. Kreditinstitut erlangt keine Kenntnis Kreditinstitut erlangt keine Kenntnis f) Rechtsschutz Durch die spätestens nachfolgende Information des Stpfl. über einen durchgeführten Kontenabruf ist nach Auffassung des BVerfG hinreichend sichergestellt, dass der Stpfl. Rechtsschutz nach Maßgabe der dafür geltenden allgemeinen Grundsätze erlangen kann. Entscheidet sich der Stpfl. Dafür, bis zur Erteilung des Steuerbescheides zu warten, und legt er hiergegen Einspruch bzw. Klage vor dem FG ein, ist fraglich, ob die (inzidente) Feststellung der Rechtswidrigkeit des Kontenabrufs zu einem Verwertungsverbot führt. kein gesetzliches Verwertungsverbot im Besteuerungsverfahren kein gesetzliches Verwertungsverbot im Besteuerungsverfahren Nach ständiger Rspr. des BFH besteht im Besteuerungsverfahren kein allgemeines gesetzliches Verwertungsverbot für Tatsachen, die unter Verletzung von Verfahrensvorschriften ermittelt wurden . Zwar hat der BFH bei einer rechtswidrig durchgeführten Abhörmaßnahme nach § 100 a StPO ein Verwertungsverbot für steuerliche Zwecke bejaht ; es ist jedoch fraglich, ob die Grundsätze für eine rechtswidrig angeordnete Telefonüberwachung auf einen Kontenabruf übertragen werden können. Selbst wenn man ein Verwertungsverbot annehmen wollte, wäre dem Stpfl. in der Praxis damit häufig kaum gedient, weil die Finanzbehörde stets einen erneuten Kontenabruf vornehmen kann, sofern bei diesem Abruf die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind und die Regelungen des AEAO zu § 93 beachtet werden. g) Dokumentation Das BVerfG weist allerdings selbst darauf hin, dass Inanspruchnahme und Gewährung von Rechtsschutz der Beteiligten nicht nur an fehlender Kenntnis, sondern auch daran scheitern kann, dass die Abrufmaßnahmen nicht so dokumentiert sind, dass ihre Rechtmäßigkeit effektiv überprüft werden kann. § 93 AO sieht die Dokumentation jedenfalls nicht vor. Auch die in § 24 c Abs. 4 KWG vorgesehene Protokollierung darf nach Satz 2 nur für Datenschutzzwecke genutzt werden. Formulare gewährleisten Überprüfung des ErhebungsanlassesFormulare gewährleisten Überprüfung des Erhebungsanlasses Nach Auffassung des BVerfG ist - jedenfalls im Verfahren der einstweiligen Anordnung - die Effektivität des Rechtsschutzes durch die im BMF z.Zt. vorbereiteten Formulare gewährleistet. Dort wird u.a. die Angabe des Aktenzeichens des Vorgangs bei der ersuchenden Behörde gefordert, sodass die Gerichte später Möglichkeiten haben, den Erhebungsanlass und die sonstigen rechtlichen Voraussetzungen des Ersuchens zu überprüfen. h) Zuständigkeit Plausibilitätskontrolle durch BfFPlausibilitätskontrolle durch BfF Die Verantwortung für die Zulässigkeit des Datenabrufs und der Datenübermittlung trägt die ersuchende Finanzbehörde (§ 93 b Abs. 3 AO). Das BfF darf lediglich prüfen, ob das Ersuchen plausibel ist. In dem für das Kontenabrufersuchen vorgesehenen Vordruck muss die Finanzbehörde angeben, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des § 93 Abs. 7 AO vorliegen. Um dem BfF die erforderliche Plausibilitätskontrolle zu ermöglichen, ist dabei auch die Steuerart anzugeben, für deren Zweck ein Kontenabruf erfolgen soll. Zeichnungsvorbehalt zum KontoabrufersuchenZeichnungsvorbehalt zum Kontoabrufersuchen Im Übrigen haben die obersten Finanzbehörden der Länder im Einvernehmen mit dem BMF Zeichnungsvorbehalte für den jeweiligen AO-Hauptsachgebietsleiter oder sogar den Vorsteher des FA angeordnet. Damit ist sichergestellt, dass i.d.R. nur Personen mit Befähigung zum Richteramt Kontenabrufersuchen unterzeichnen. Auf diese Weise soll eine gewisse "Filterwirkung" erzielt und überdies erreicht werden, dass innerhalb der Finanzbehörde nur diejenigen Beamten über ein solches Ersuchen entscheiden, die über besondere Kenntnisse im Verfahrensrecht verfügen. i) Besonderheiten bei Berufsgeheimnisträgern zusätzliche Güterabwägung bei Berufsgeheimnisträgernzusätzliche Güterabwägung bei Berufsgeheimnisträgern AEAO Nr. 2.5. weist darauf hin, dass ein Kontenabruf nach § 93 Abs. 7 AO auch im Besteuerungsverfahren eines Berufsgeheimnisträgers i.S.d. § 102 AO (u.a. StB, Steuerbevollmächtigte, vBp, WP, RÄ, Notare, Vertreter der Heilberufe, Journalisten, Geistliche, Abgeordnete) grds. zulässig ist. Allerdings ist bei diesem Personenkreis auf das besondere Vertrauensverhältnis zwischen den Berufsgeheimnisträgern und ihren Mandanten Rücksicht zu nehmen. Deshalb ordnet AEAO Nr. 2.5 Abs. 2 S. 2 an, dass hier bei der gebotenen Ermessensentscheidung zusätzlich eine Güterabwägung zwischen der besonderen Bedeutung der Verschwiegenheitspflicht des Berufsgeheimnisträgers und der Bedeutung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsprinzips vorzunehmen ist . Generell ist davon auszugehen, dass Kontenabrufe im Besteuerungsverfahren eines Berufsgeheimnisträgers in der Praxis nur äußerst selten vorkommen, und dann auch nur bei besonders außergewöhnlichen Umständen . Anders ist hingegen die Rechtslage,wenn die Finanzbehörde durch einen Kontenabruf bei einem "normalen" Stpfl. auch solche Konten feststellt, die ein RA als Anderkonto für den Stpfl. treuhänderisch unterhält. Da der Stpfl. insoweit wirtschaftlich Berechtigter ist, kann sich der RA als Verfügungsberechtigter nicht auf sein Auskunftsverweigerungsrecht gem. § 102 AO berufen. Denn der Kontoabruf erfolgt bei dem Kreditinstitut und nicht bei dem Berufsgeheimnisträger. Hinweis  Die Fertigung von KM über Anderkonten eines Berufsgeheimnisträgers i.S.d. § 102 AO ist untersagt, soweit sie durch einen Kontenabruf in dessen Besteuerungsverfahren festgestellt worden sind (AEAO Nr. 2.5). Das Kreditinstitut hingegen hat kein Auskunftsverweigerungsrecht und muss daher auch nach § 93 Abs. 1 S. 1 AO Auskunft geben darüber, ob bei festgestellten Konten eines Berufsgeheimnisträgers eine andere Person wirtschaftlich Berechtigter ist. Das Vertrauensverhältnis zwischen dem Berufsgeheimnisträger und seinem Mandanten bleibt dadurch nach Auffassung der FinVerw unberührt (AEAO Nr. 2.5 Abs. 1). 3. Kontenabruf für außersteuerliche Zwecke (§ 93 Abs. 8 AO) a) Allgemeine Voraussetzungen § 93 Abs. 8 AO erweitert die Kontenabrufmöglichkeit dahingehend, dass die Finanzbehörden auch für andere Behörden und Gerichte Datenabrufe über das BfF vornehmen können. Voraussetzung hierfür ist, dass ein anderes Gesetz an Begriffe des EStG anknüpft. Dies betrifft nach AEAO Nr. 3.2, soweit das jeweilige Gesetz etwa auf Begriffe wie "Einkünfte" oder "Gesamteinkommen" abstellt, - die Sozialhilfe, an das "Gesamteinkommen" anknüpfende Gesetzean das "Gesamteinkommen" anknüpfende Gesetze - die Sozialversicherung, - die soziale Wohnraumförderung, - die Ausbildungsförderung, - das Wohngeld, das Erziehungsgeld - sowie Leistungen zur Unterhaltssicherung Zu Recht moniert das BVerfG insoweit, dass sich dem Gesetzweder zuverlässig entnehmen lässt, welche Bereiche der Sozialverwaltung betroffen sind und welche Behörden und Gerichte dementsprechend das Abrufersuchen vornehmen dürfen, noch welche im EStG benutzten Begriffe solche des anderen Gesetzes sind. Gleichwohl hat das BVerfG auch der einstweiligen Anordnung der ASt (Bezieher von Wohngeld und von Sozialhilfe) aus der Erwägung heraus nicht stattgegeben, dass der AEAO die Anwendungsbereiche der Vorschrift unter Bezugnahme auf entsprechende Gesetze benenne. Ferner bestimme er, dass ein Kontenabruf in anderen Fällen unzulässig sei, das Ersuchen also von der Finanzbehörde abgelehnt werden müsse. b) Schutzvorkehrungen Gem. § 93 Abs. 8 AO muss die ersuchende Behörde versichern, dass ihre eigenen Ermittlungen nicht zum Ziel geführt haben oder keinen Erfolg versprechen. Da der Erlass des BMF nur für die FÄ und das BfF gilt, unterliegen andere Behörden nicht den vom BMF verfügten Einschränkungen. Gleichwohl sieht das BVerfG auch in diesen Fällen den Schutz der Betroffenen gewährleistet, weil die FinVerw hierzu ein besonderes Formular entwickelt hat. Aufgrund der dort zu machenden Angaben (Erforderlichkeit des Ersuchens sowie Erläuterung über die bereits veranlassten Maßnahmen) ist die ersuchte Finanzbehörde in der Lage, die Kontenabfrage einer Plausibilitätskontrolle zu unterwerfen und damit dem Grundsatz der Subsidiarität der Kontenabfragemöglichkeit Geltung zu verschaffen. Im Übrigen ist die rechtsschutzfähige Dokumentation des Abrufvorgangs nach Ansicht des BVerfG dadurch gesichert, dass das Formular die Schriftlichkeit des Ersuchens und die Angabe des Aktenzeichens des Vorgangs, der das Ersuchen auslöst, verlangt. c) Weitere Voraussetzungen Die übrigen Anweisungen des AEAO befassen sich mit dem Inhalt des Ersuchens der anderen Behörden oder Gerichte, der Verantwortung für die Zulässigkeit sowie der Prüfungsbefugnis durch die ersuchte Finanzbehörde und verweisen hinsichtlich der Information des Betroffenen über die Durchführung des Datenabrufs und der hierzu korrespondieren Auskunftsansprüche auf die spezialgesetzlichen Regelungen, hilfsweise auf das Datenschutzgesetz. Außerdem werden die Möglichkeiten des Rechtsschutzes gegen den Kontenabruf nach § 93 Abs. 8 AO mit Hinweis auf die Zuständigkeit der Spezialgerichte behandelt. 4. Auswirkungen auf die Kreditinstitute Dem Antrag der Volksbank Raesfeld auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat das BVerfG ebenfalls nicht stattgegeben. Das BVerfG ist der Auffassung, dass durch das Inkrafttreten des § 93 Abs. 7 und 8 AO den Kreditinstituten keine zusätzlichen - über die schon durch § 24 c KWG bewirkten Pflichten hinaus - Nachteile entstehen. Die mit der zusätzlichen Nutzung dieser Datei für Zwecke des § 93 Abs. 7 und 8 AO verbundenen Kosten der Kreditinstitute seien vergleichsweise gering. Da die Bank gegenüber ihren Kunden nicht treuwidrig handele, wenn eine Behörde kraft gesetzlicher Ermächtigung ohne Kenntnis und Mitwirkung der Bank automatisiert Daten aus einer aufgrund gesetzlicher Verpflichtung errichteten Datei abrufe, sei auch eine Verletzung des vertraglichen Vertrauensverhältnis nicht zu befürchten. Zusatzkosten für KreditinstituteZusatzkosten für Kreditinstitute Inwieweit die Einschätzung des BVerfG im Hinblick auf die den Banken durch die Kontenabfragen zusätzlich entstehenden Kosten realistisch ist, kann z. Zt. noch nicht beurteilt werden. Richtig ist, dass die Kreditinstitute die Kontostammdaten aufgrund des § 24 c Abs. 1 KWG ohnehin vorhalten müssen und sie nach Abs. 5 der Vorschrift auf ihre Kosten alle Vorkehrungen zu treffen haben, die für den automatisierten Abruf erforderlich sind. Insoweit ist nicht nachvollziehbar, dass die Verpflichtung gem. § 93 b Abs. 1 AO, diese Datei nunmehr auch für steuerliche Zwecke gem. § 93 Abs. 7, 8 AO zu führen, erhebliche Mehrkosten verursachen soll. Ob daher den Angaben des Bundesverbandes deutscher Banken Glauben zu schenken ist, wonach allein der neue Kontenabruf bei den Kreditinstituten zu Investitionen in Höhe von über 100 Mio Euro geführt habe , die letztlich auf die Bankkunden abgewälzt werden, darf bezweifelt werden. Insoweit ist bei einer Branche, die erfahrungsgemäß nicht gerade zu Untertreibungen neigt, wenn es darum geht, höhere Bankgebühren zu begründen, besondere Vorsicht angebracht. Die Versuchung liegt nahe, Mehrkosten die bereits durch die Einführung der automatisierten Kontenabfrage im Zusammenhang mit der Terrorbekämpfung entstanden sind (§ 24 c KWG ist bereits zum 1.7.2002 in Kraft getreten), nunmehr der für steuerliche Zwecke und zur Verhinderung des Missbrauchs von Sozialleistungen eingeführten - und insoweit von den Bürgern weit weniger akzeptierten - Kontenabfrage zuzuschreiben . C. Anmerkungen Wie sich das neue Kontenabrufverfahren auf die Praxis der Besteuerung der Kapitaleinkünfte und auf die Überprüfung der Einkommensverhältnisse von Beziehern von Sozialleistungen auswirkt, ist z.Zt. noch nicht absehbar. Eliminiert man die in der Tagespresse hiergegen erhobenen Bedenken um einige der - teils an Hysterie grenzenden - geäußerten Befürchtungen, so lässt sich jedenfalls folgender Zwischenbefund erstellen: Es ist das erklärte Ziel des Gesetzgebers, die Gleichmäßigkeit der Erhebung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen sowie die Verhinderung des unrechtmäßigen Bezugs von Sozialleistungen stärker als bisher sicherzustellen. Die Kontenabrufmöglichkeit stellt hierzu ein wirksames Instrument dar. Sie ist jedoch nur ein - allerdings wichtiger - Baustein zur Erreichung dieses Ziels. Es drängt sich der Eindruck auf, dass sich der Gesetzgeber hierbei eines Stufenplans bedient: I. Zeitlich abgestufte Kontrollmaßnahmen 1. Stufe: § 24 c KWG Hiernach müssen Kreditinstitute bereits seit dem 1.7.2002 Dateien über sämtliche bei ihnen geführten Konten und Depots führen und die Kontostammdaten erfassen. Außerdem sind sie verpflichtet, die Arbeitsabläufe so einzurichten, dass "auffällige Geldbewegungen" EDV-gestützt automatisch herausgefiltert werden. 2. Stufe: § 24 c EStG Ab dem 1.1.2004 sind alle Banken und Sparkassen zur Ausstellung von sog. Jahresbescheinigungen nach amtlich vorgeschriebenem Muster verpflichtet, in denen sämtliche Dividenden und Zinsen sowie der An- und Verkauf von Wertpapieren zu erfassen ist. Hierdurch ist die Möglichkeit des Datenabgleichs im Hinblick auf Kapitaleinkünfte und Spekulationsgewinne eröffnet. Denkbar ist auch hier eine automatisierte Erfassung dieser Daten in der Zukunft, sodass der Umweg über die Vorlage einer solchen Bescheinigung durch den Stpfl. überflüssig würde. 3. Stufe: Strafbefreiungserklärungsgesetz (StraBEG) Mit einer einmaligen Amnestie bot der Gesetzgeber bisher Steuerunehrlichen in der Zeit vom 1.1.2004 bis zum 31.3.2005 durch attraktive Pauschsteuersätze einen Anreiz zur "freiwilligen Rückkehr in die Steuerehrlichkeit". 4. Stufe: § 93 Abs. 7 und 8 AO Bereits einen Tag nach Auslaufen des StraBEG greift das neue Kontenabrufverfahren. Der Bezieher von Kapitaleinkünften soll also wissen, dass der Phase der Amnestie ohne Übergang eine Phase der verstärkten Überwachung nachfolgt. 5. Stufe: Einführung der EU-Zinsrichtlinie Zum 1.7.2005 soll die neue EU-Zinsrichtlinie v. 3.6.2003  in Kraft treten, die alle Mitgliedstaaten ab 2005 zu einem Austausch von KM über Zinszahlungen an Steuerausländer an die Steuerverwaltung der jeweiligen Mitgliedsländer verpflichtet . Vom Informationsaustausch bzw. der Quellenbesteuerung sind alle über eine Zahlstelle gezahlte Zinserträge an natürliche Personen betroffen - unabhängig davon, ob die Zinserträge selbst aus dem Raum der EU oder anderen Staaten stammen. Auch hier findet der Austausch über das BfF auf elektronischem Wege statt . II. Ausblick Eine Betrachtung aller Maßnahmen in einer Gesamtschau führt zu dem zwangsläufigen Befund, dass die Zeiten für Bürger, die ihre Einkünfte aus Kapitalvermögen oder Spekulationseinkünfte verschleiern oder sich Sozialleistungen erschleichen wollen, härter geworden sind. Ob der Bürger durch die gesetzgeberischen Maßnahmen für den Staat "gläsern" geworden ist, mag man je nachdem, wo der Schwerpunkt der Einkünfte des Einzelnen liegt, unterschiedlich beurteilen. In Anbetracht des Quellenabzugs und der vollständigen Erfassung der Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, der Überwachung der Gewinneinkünfte durch die Außenprüfung und der - bedingt durch die Immobilität - weitgehend besteuerten Einkünfte aus VuV erscheinen jedoch überzogene Befürchtungen - auch unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlichen Vorgaben des BVerfG im sog. "Zinsurteil"  - nicht angebracht zu sein. Gleichwohl ist darauf hinzuweisen, dass das BVerfG in der Rezensionsentscheidung nur im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entschieden hat und der Ausgang des Verfahrens über die Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführer völlig offen ist. In Anbetracht seiner im Beschl. v. 22.3.2005 gemachten Äußerungen ist daher nicht auszuschließen, dass das BVerfG im Hauptsacheverfahren die gesetzliche Neuregelung in § 93 Abs. 7 und 8 AO - möglicherweise wegen fehlender Schutzvorkehrungen für den Bürger im Gesetz selbst statt in einer Verwaltungsanweisung - beanstandet und dem Gesetzgeber eine Frist zur Beseitigung etwaiger Mängel setzt. III. Beratungshinweis Für den vorsichtigen Berater empfiehlt es sich daher, wegen der nach wie vor nicht ausgeräumten Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift gegen den Datenabruf Rechtsmittel einzulegen und Aussetzung der Vollziehung bzw. Ruhen des Verfahrens unter Hinweis auf die anhängigen Verfassungsbeschwerden zu beantragen. Auf Grund des fehlenden Verwertungsverbots kann es angezeigt sein, nicht erst den Erlass des Steuerbescheides abzuwarten, sondern bereits zuvor gegen den Kontenabruf im Wege der Leistungs- oder (Fortsetzungs-) Feststellungsklage vorzugehen.      Ges. v. 23.12.2003, BGBl I 2003, 2928, 2931.       Ges. v. 23.12.2003, BGBl I 2003, 2928.       BVerfG, Beschl. v. 22.3.2005 - 1 BvR 2357/04, 1 BvQ 2/05, DB 2005, 754.       BMF-Schr. v. 10.3.2005 - IV A 4 - S 0062 - 1/05, BStBl I 2005, 422.       Vgl. hierzu "Fragen und Antworten zur Einführung der Kontenabrufmöglichkeit der Finanzbehörden ab 1.4.2005", Frage 1, Download www. bundesfinanzministerium.de/Aktuelles.       BVerfG, Urt. v. 27.6.1991 - 2 BvR 1493/89, BStBl II 1991, 654.       BFH-Urt. v. 23.10.1990 - VIII R 1/86, BStBl II 1991, 277.       BFH-Urt. v. 24.10.1989 - VII R 1/87, BStBl II 1990, 198.       Vgl. hierzu Baum, NWB Fach 2 S. 8734.       Verweis auf BFH-Urt. v. 17.3.1992 - VII R 122/91, BFH/NV 1992, 791.       BverfG, Beschl. v. 22.3.2005 - 1 BvR 2357/04, 1 BvR 2/05, DB 2005, 754.       BFH-Urt. v. 23.1.2002 - XI R 10/01, XI R 11/01, BStBl II 2002, 328.       BFH-Urt. v. 27.7.1983 - I R 210/79, BStBl II 1984, 285.       Vgl. BVerfG, Beschl. v. 4.2.2005 - 2 BvR 308/04, www.bverfg.de/entscheidungen.       Vgl. auch BFH-Urt.v. 17.3.1992 - VII R 122/91, BFH/NV 1992, 791.       BVerfG, Beschl. v. 22.3.2005 - 1 BvR 2357/04, 1 BvQ 2/05, DB 2005, 754.       Az: 1 BvR 2357/04; 1 BvR 603/05.       Vgl. BFH-Urt. v. 23.1.2002 - XI R 10/01, XI R 11/01, BStBl II 2002, 328.       BFH-Beschl. v. 26.2.2001 - VII B 265/00, BStBl II 2001, 464.       Vgl. z.B. BVerfG, Urt. v. 30.3. 2004 - 2 BVR 1520, 1521/01, BVerfGE 110, 226; BFH-Urt. v. 26.2.2004 - IV R 50/01, BStBl II 2004, 502; dazu Bolz, AktStR 2004, 560.       So auch Baum, NWB Fach 2 S. 8744.       Vgl. hierzu den Beitrag in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung - HAZ - v. 23.4.2005.       Kommentar von Scheuermann in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung - HAZ - v. 23.4.2005.       RL 2003/48/EG des Rates v. 3.6.2003, ABlEG v. 26.6.2003, L 157/38.       Näheres hierzu ergibt sich aus der Zinsinformationsverordnung v. 26.1.2004, BStBl I 2004, 297 sowie aus dem BMF-Schr. v. 6.1.2005 - IV C 1 - S 2000-363/04, BStBl I 2005, 29.       Vgl. hierzu auch den Beitrag von Seiler/Lohr, DStR 2005, 537.       BVerfG, Urt. v. 27.6.1991 - 2 BvR 1493/89, BStBl II 1991, 654.   

Joachim Moritz, Richter am BFH, München
Jahrgang: 2005 . Seite: 227
A. Vorbemerkungen I. Anteile am Gewinn einer PersG SondervergütungenSondervergütungen Nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG gehören zu den einheitlich und gesondert festzustellenden Einkünften aus Gewerbetrieb aus der Beteiligung an einer PersG neben den Anteilen am Gewinn der Gesellschaft auch die Vergütungen, die der Gesellschafter ...

Prof. Dr. H.-Michael Korth, WP/StB, Hannover
Jahrgang: 2005 . Seite: 241
A. Vorbemerkungen I. Verlust der wirtschaftlichen Identität beim "Mantelkauf" Verlustrücktrag/ VerlustvortragVerlustrücktrag/ Verlustvortrag Bei einer KapG erfolgt die Ermittlung des Einkommens grds. nach den Vorschriften des EStG, § 8 Abs. 1 S. 1 KStG. Verluste können also nach § 10 d Abs. 1 S. 1 ES ...

Dr. Jörg Grune, Richter am FG, Hannover
Jahrgang: 2005 . Seite: 257
A. Vorbemerkungen I. Medizinische Leistungen Entlastung der KrankenkassenEntlastung der Krankenkassen Nach § 4 Nr. 14 UStG sind die Leistungen der Heilberufe im Bereich der Humanmedizin von der USt befreit. Mit dieser Befreiungsregelung bezweckt der Gesetzgeber vornehmlich eine Entlastung der Kostenträger im Gesundheitswesen, in erster Linie der Sozialversicherungs ...

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