Prof. Dr. H.-Michael Korth, WP/StB, Hannover
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Jahrgang: 2006 . Seite: 513
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A. Vorbemerkung Mit dem vom Bundeskabinett am 23.8.2006 auf den Weg gebrachten Entwurf eines JStG 2007 sollen "zwingend erforderliche steuerrechtliche Maßnahmen", die auf Grund des vorzeitigen Endes der 15. Legislaturperiode nicht mehr verwirklicht werden konnten, umgesetzt werden. Im Einzelnen geht es dabei um steuerrechtliche Änderungen als Reaktion auf die BFH-Rspr., um Anpassungen an das Gemeinscha ...
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Joachim Moritz, Richter am BFH, München
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Jahrgang: 2006 . Seite: 561
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A. Vorbemerkungen Das aus § 12 Nr. 1 S. 2 EStG abgeleitete Aufteilungs- und Abzugsverbot für Aufwendungen, die sowohl beruflich (betrieblich) als auch durch die Lebensführung veranlasst sind (sog. gemischte Aufwendungen), ist von jeher umstritten. Auch die Rspr. ist weitgehend von Kasuistik geprägt, weil die Gerichte einerseits zwa ...
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Dr. Norbert Bolz, Richter am FG, Hannover
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Jahrgang: 2006 . Seite: 575
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A. Vorbemerkungen I. Leibrentenversicherung Der Abschluss einer privaten RV als ergänzender Baustein der privaten Altersversorgung wird zunehmend beliebter. Hierbei ist zu unterscheiden zwischen der sofort beginnenden und der aufgeschobenen RV. 1. Aufgeschobene RV Entwicklung des GarantiezinsesEntwicklung des Garantiezinses Bei der aufgeschobe ...
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Dr. Michael Messner, Notar, RA, FAStR u. FAErbR, Hannover
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Jahrgang: 2006 . Seite: 589
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A. Vorbemerkung Einige abstrakte Fakten mögen vorab Anlass und Bedeutung des nachfolgenden Beitrages veranschaulichen: unzureichende Erbfolgeplanungunzureichende Erbfolgeplanung - voraussichtlicher Übergang von mehr als 700.000 Betrieben und erheblichem Privatvermögen innerhalb der nächsten zehn Jahre - nur etwa jeder fünfte Unternehmer besitzt ei ...
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AktStR: Joachim Moritz, Richter am BFH, München, 2006 S. 607: Antragsveranlagung für Arbeitnehmer Antragsveranlagung für Arbeitnehmer Joachim Moritz, Richter am BFH, München Jahrgang: 2006 . Seite: 607 A. Vorbemerkungen I. Allgemeines § 46 EStG regelt die "Veranlagung bei Bezug von Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit", befasst sich also mit der Frage, wann ArbN zur ESt zu veranlagen sind. Die Norm ergänzt § 25 EStG, wonach grds. eine Veranlagung zur ESt durchzuführen ist und trägt dem Umstand Rechnung, dass ArbN die ESt in der besonderen Form des LSt-Abzugs entrichten (§ 36 Abs. 2 Nr. 2, § 38 EStG). § 46 EStG verfolgt das Ziel, die steuerliche Gleichheit zwischen allen Stpfl. herzustellen. Kommt es nicht zu einer Veranlagung, so gilt die ESt, die auf die Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit entfällt, für den Stpfl. durch den LSt-Abzug als abgegolten (§ 46 Abs. 4 EStG). § 46 EStG betrifft nur die Veranlagung von unbeschränkt stpfl. ArbN. Hinweis beschränkt Stpfl.beschränkt Stpfl. Bei beschränkt Stpfl. gilt die ESt für Einkünfte, die dem Steuerabzug vom Arbeitslohn unterliegen, als abgegolten (§ 50 Abs. 5 EStG als lex specialis ggü. § 46 EStG). Einkünfte eines beschränkt Stpfl. aus nichtselbstständiger Arbeit dürfen daher nicht in einen ESt-Bescheid eingehen, selbst wenn der an sich gebotene Steuerabzug unterblieben ist . Für andere Einkünfte sind beschränkt Stpfl. grds. nach § 25 EStG i.V.m. § 50 EStG zu veranlagen. Bei beschränkt Stpfl. gilt die ESt für Einkünfte, die dem Steuerabzug vom Arbeitslohn unterliegen, als abgegolten (§ 50 Abs. 5 EStG als lex specialis ggü. § 46 EStG). Einkünfte eines beschränkt Stpfl. aus nichtselbstständiger Arbeit dürfen daher nicht in einen ESt-Bescheid eingehen, selbst wenn der an sich gebotene Steuerabzug unterblieben ist . Für andere Einkünfte sind beschränkt Stpfl. grds. nach § 25 EStG i.V.m. § 50 EStG zu veranlagen. Im Übrigen ist die Anwendung des § 46 EStG davon abhängig, dass - der Stpfl. tatsächlich Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit i.S.v. § 19 EStG erzielt hat, - die Einkünfte nicht steuerfrei sind, - eine LSt-Abzugspflicht durch einen inländischen ArbG i.S.v. § 38 Abs. 1 S. 1 EStG besteht, und dass - ein Steuerabzug tatsächlich vorgenommen worden ist. Der Gesetzgeber unterscheidet in § 46 EStG zwischen der Amtsveranlagung (§ 46 Abs. 2 Nr. 1 bis 7 EStG) und der Antragsveranlagung (§ 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG). Die Tatbestände der sog. Amtsveranlagung werden in § 46 Abs. 2 EStG in den Nrn. 1 bis 7 enumerativ aufgezählt. Hierbei handelt es sich regelmäßig um Nachzahlungsfälle. Liegen die Voraussetzungen vor, besteht ein Veranlagungsgebot, d.h. es ist zwingend eine Veranlagung durchzuführen. Andernfalls besteht ein Veranlagungsverbot. Bei der Amtsveranlagung hat der Stpfl. nicht die Möglichkeit, deren Voraussetzungen (z.B. durch den Verzicht auf Einnahmen) zu beeinflussen . II. Amtsveranlagung Die Tatbestände der sog. Amtsveranlagung werden in § 46 Abs. 2 EStG in den Nrn. 1 bis 7 enumerativ aufgezählt. Hierbei handelt es sich regelmäßig um Nachzahlungsfälle. Liegen die Voraussetzungen vor, besteht ein Veranlagungsgebot, d.h. es ist zwingend eine Veranlagung durchzuführen. Andernfalls besteht ein Veranlagungsverbot . Bei der Amtsveranlagung hat der Stpfl. nicht die Möglichkeit, deren Voraussetzungen (z.B. durch den Verzicht auf Einnahmen) zu beeinflussen . III. Antragsveranlagung Der Gesetzgeber hat die Antragsveranlagung in § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG an die Einhaltung bestimmter formeller Erfordernisse geknüpft. § 46 Abs. 2 EStG "Besteht das Einkommen ganz oder teilweise aus Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit, von denen ein Steuerabzug vorgenommen worden ist, so wird eine Veranlagung nur durchgeführt, ... 8. wenn die Veranlagung beantragt wird, insb. zur Anrechnung von Lohnsteuer auf die Einkommensteuer. Der Antrag ist bis zum Ablauf des auf den Veranlagungszeitraum folgenden zweiten Kalenderjahres durch Abgabe einer Einkommensteuererklärung zu stellen. Wird der Antrag zur Berücksichtigung von Verlustabzügen nach § 10 d gestellt, ist er für den unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraum bis zum Ablauf des diesem folgenden dritten Kalenderjahres zu stellen. Wird der Antrag zur Berücksichtigung einer Steuerermäßigung nach § 34 f Abs. 3 gestellt, ist er für den zweiten vorangegangenen Veranlagungszeitraum bis zum Ablauf des diesem folgenden vierten Kalenderjahres und für den ersten vorangegangenen Veranlagungszeitraum bis zum Ablauf des diesem folgenden dritten Kalenderjahres zu stellen." Der Gesetzgeber verlangt damit - einen Antrag, - bis zum Ablauf des auf den VZ folgenden zweiten Kj, - wobei dieser Antrag durch Abgabe einer ESt-Erklärung zu stellen ist. Der VI. Senat des BFH sieht vor allem in der 2-jährigen Ausschlussfrist eine verfassungswidrige Benachteiligung von ArbN und hat darüber hinaus in weiteren Verfahren über für die Veranlagung von ArbN bedeutsame Fragestellungen entschieden. BFH-Entscheidungen Fall I BFH-Beschl. v. 22.5.2006 - VI R 49/04 Ausschlussfrist für Antragsveranlagung verfassungswidrig Fall II BFH-Beschl. v. 22.5.2006 - VI R 46/05 Ausschlussfrist für Antragsveranlagung verfassungswidrig Fall III BFH-Urt. v. 22.5.2006 - VI R 51/04 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Versäumung der Ausschlussfrist Fall IV BFH-Urt. v. 22.5.2006 - VI R 15/02 Wirksamer Antrag auf kopiertem Vordruck der ESt-Erklärung Fall V BFH-Urt. v. 22.5.2006 - VI R 17/05 Keine Änderung bestandskräftiger Bescheide durch Antrag nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG Fall VI BFH-Urt. v. 22.5.2006 - VI R 15/05 Bei Steuerfestsetzung von Amts wegen Antrag auf Veranlagung entbehrlich Fall VII BFH-Urt. v. 22.5.2006 - VI R 50/04 Verlustausgleich nach § 2 Abs. 3 EStG bei Amtsveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG zu berücksichtigen B. BFH-Entscheidungen I. BFH-Beschl. v. 22.5.2006 - VI R 49/04, BFH/NV 2006, 1932 und VI R 46/05, BFH/NV 2006, 1946 (Fall I und II: Ausschlussfrist für Antragsveranlagung) 1. Sachverhalte a) BFH-Beschl. - VI R 49/04 Die Klin. gab am 29.12.2000 beim FA für das Streitjahr 1998 den Mantelbogen zur ESt-Erklärung nebst Anlage N ab. Auf dem Mantelbogen hatte sie das Kästchen "Einkommensteuererklärung" angekreuzt, ihre persönlichen Angaben eingetragen und ihre Unterschrift geleistet. Bei den SA und KiSt hatte sie "wird noch beziffert" eingetragen; ähnlich verfuhr die Klin. beim Bruttoarbeitslohn in der Anlage N. Dem Mantelbogen und der Anlage N fügte die Klin. ein Schreiben bei, in dem sie mitteilte, ihrer Mutter sei für 1998 kein Kindergeld für sie gezahlt worden. Die Mutter habe daher der OFD X die gesamten Einkünfte der Klin. nachweisen und die entsprechenden Unterlagen vorlegen müssen. Die Unterlagen seien bislang nicht zurückgereicht worden. Daraufhin setzte das FA der Klin. am 3.1.2001 eine Frist zur Vervollständigung der ESt-Erklärung bis zum 31.1.2001 mit dem Hinweis, der Antrag auf Veranlagung müsse zurückgewiesen werden, wenn sich die Klin. bis zum genannten Termin nicht äußere. Nach Fristablauf lehnte das FA die Veranlagung zur ESt 1998 ab. Nachdem die Klin. dagegen Einspruch erhoben hatte, gewährte das FA ihr noch zweimal vergeblich Fristverlängerung zur Vervollständigung der Steuererklärung. Anschließend wies es den Einspruch zurück. Die dagegen erhobene Klage hatte in erster Instanz keinen Erfolg . Im Revisionsverfahren machte die Klin. geltend, die Antragsfrist in § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG gelte nicht mehr, wenn das FA seinerseits die Frist verlängere und damit beim Stpfl. ein Vertrauen in die Durchführung der Veranlagung ausgelöst habe. b) BFH-Beschl. - VI R 46/05 Der Kl., ein bei einer WP- und Steuerberatungsgesellschaft angestellter Dipl.-Volkswirt, erzielte im Streitjahr 1996 Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Seine ESt-Erklärung 1996 gab er am 30.12.2002 ab. Das FA lehnte die Veranlagung mit der Begründung ab, der Antrag auf Veranlagung sei nach Ablauf der Antragsfrist gestellt worden und Gründe für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand seien nicht ersichtlich. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Im Revisionsverfahren machte der Kl. geltend, er sei nach § 149 Abs. 1 S. 2 AO von Amts wegen zur ESt zu veranlagen. Durch Übersendung der Erklärungsvordrucke, eines Anschreibens und des "Kleinen Ratgebers für alle Lohnsteuerzahler" sei er vom FA zur Abgabe der ESt-Erklärung für das Streitjahr aufgefordert worden. 2. Entscheidung und Begründung Der BFH geht in beiden Verfahren davon aus, dass die Kl. den Voraussetzungen des § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG nicht genügt haben. Beide hätten innerhalb der Antragsfrist des § 46 Abs. 2 Nr. 8 S. 2 EStG keinen wirksamen Antrag auf Veranlagung gestellt. Im Verfahren VI R 46/05 sei die Antragsfrist zum 31.12. mit Ablauf des 31.12.1998 verstrichen, die ESt-Erklärung aber erst am 30.12.2002 beim FA eingegangen. Im Verfahren VI R 49/04 habe die Klin. zwar vor Ablauf der Zwei-Jahres-Frist (31.12.2000) Unterlagen beim FA eingereicht. Die bloße Überreichung des Mantelbogens nebst Anlage N sei jedoch keine wirksame ESt-Erklärung. Da in beiden Fällen eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht in Betracht komme, könnten die Klagen nach dem Wortlaut des § 46 Abs. 2 Nr. 8 S. 2 EStG keinen Erfolg haben. Nach Auffassung des BFH ist die zweijährige Ausschlussfrist für die Antragsveranlagung in § 46 Abs. 2 Nr. 8 S. 2 EStG jedoch verfassungswidrig. Er hat die Verfahren daher ausgesetzt und dem BVerfG die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob die Ausschlussfrist für die Antragsveranlagung gegen den Gleichheitssatz gem. Art. 3 Abs. 1 GG verstößt. Der BFH verweist u.a. darauf, die zweijährige Ausschlussfrist für die Antragsveranlagung bedeute eine gravierende und verfassungswidrige Benachteiligung von ArbN ggü. von Amts wegen zur ESt veranlagten Stpfl. Letztere könnten die Durchführung der Veranlagung noch bis zum Ablauf des auf den VZ folgenden siebten Kj erreichen und damit bis zu diesem Zeitpunkt zuviel abgeführte Steuern vom FA zurückfordern. Die bloße Erwägung, das "Massengeschäft" der Antragsveranlagungen müsse innerhalb kürzerer Frist abgeschlossen sein als die Amtsveranlagungen, könne die Ausschlussfrist nicht rechtfertigen. Das gelte erst recht nach Einführung der EDV. Im Übrigen könnten auch fiskalische Erwägungen die Antragsfrist nicht rechtfertigen. Denn es sei nicht davon auszugehen, dass die öffentlichen Haushalte von vornherein auf der Annahme aufbauten, im LSt-Abzugsverfahren zu viel einbehaltene LSt letztlich nicht erstatten zu müssen. II. Weitere Entscheidungen zur Veranlagung von Arbeitnehmern 1. BFH-Urt. v. 22.5.2006 - VI R 51/04, BFH/NV 2006, 1982 (Fall III: Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Versäumung der Ausschlussfrist) Im Streitfall hatte ein Stpfl. die Ausschlussfrist für die Antragsveranlagung versäumt und glaubhaft versichert, dass er (als Volljurist) die Frist nicht gekannt habe. Der BFH hat dem Kl. wegen Versäumung der Antragsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bewilligt und hierdurch die mit der Ausschlussfrist verbundene erhebliche Härte nach geltendem Recht abgemildert. 2. BFH-Urt. v. 22.5.2006 - VI R 15/02, BFH/NV 2006, 1980 (Fall IV: Wirksamer Antrag auf Kopien des amtlichen Vordrucks) Ein in Polen wohnhafter Kl. hatte seine ESt-Erklärung 1996 unter Verwendung von Kopien des amtlichen Vordrucks erstellt. Die einzelnen Seiten waren einseitig bedruckt. Der ArbG des Kl. hatte die ESt-Erklärung zusammen mit weiteren ESt-Erklärungen anderer polnischer ArbN am 30.12.1998 um 14.39 Uhr als Paket bei einer Filiale der Post in Frankfurt/Oder abgegeben. Die ESt-Erklärung 1996 ging am 4.1.1999 beim FA ein. Nachdem das FA den Antrag des Kl. auf Veranlagung zur ESt wegen Nichteinhaltung der Frist § 46 Abs. 2 Nr. 8 S. 2 EStG abgelehnt hatte, legte der Kl. hiergegen Einspruch ein und beantragte erfolglos Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Die dagegen erhobene Klage hatte erstinstanzlich Erfolg . Im Revisionsverfahren machte das FA geltend, die eingereichte Steuererklärung entspreche nicht den Formerfordernissen des § 150 Abs. 1 S. 1 AO. Der BFH hat die Revision des FA als unbegründet zurückgewiesen und das FA verpflichtet, den Kl. für 1996 zur ESt zu veranlagen. Die Erklärung könne auch auf einem privat gedruckten oder fotokopierten Vordruck abgegeben werden, wenn dieser dem amtlichen Muster entspreche. Im Streitfall stimmten die Kopien mit den amtlichen Vordrucken inhaltlich überein. Dass diese nur einseitig bedruckt seien, sei unschädlich. Das treffe auch für den Umstand zu, dass der Kl. für die Anlage N und die Anlage Kinder Kopien der amtlichen Vordrucke eines anderen Bundeslandes verwendet habe. Im Übrigen habe das FG dem Kl. zutreffend Wiedereinsetzung gewährt. 3. BFH-Urt. v. 22.5.2006 - VI R 17/05, BFH/NV 2006, 1983 (Fall V: Keine Änderung bestandskräftiger Bescheide) Im Streitfall hatten die Kl. - nach Schätzung der Besteuerungsgrundlagen für 1999 - einen verfristeten Einspruch eingelegt und diesen nach entsprechendem Hinweis durch das FA wieder zurückgenommen. Später beantragten die Kl., die am 28.12.2001 eingereichte ESt-Erklärung als Antrag auf Veranlagung gem. § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG zu behandeln. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Im Revisionsverfahren machten die Kl. geltend, die erstmalige Ausübung des Wahlrechts auf Durchführung einer Veranlagung werde nicht durch § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO ausgeschlossen. Es liege auch kein grobes Verschulden vor. Der BFH hat klargestellt, dass § 46 EStG keine Rechtsgrundlage für die Änderung bestandskräftiger Bescheide sei. § 46 EStG bestimme lediglich, unter welchen Voraussetzungen ein ArbN zu veranlagen sei, befasse sich aber nicht mit den Grenzen der (materiellen) Bestandskraft von Steuerbescheiden. 4. BFH-Urt. v. 22.5.2006 - VI R 15/05, BFH/NV 2006, 1944 (Fall VI: Steuerfestsetzung von Amts wegen) Im Fall VI hatte das FA die Besteuerungsgrundlagen für das Jahr 2000 geschätzt und insoweit bereits von sich aus eine Veranlagung durchgeführt. Dagegen legten die Kl. Einspruch ein. Bei der Auswertung der am 3.1.2003 nachgereichten ESt-Erklärung gelangte das FA zu der Auffassung, die Summe der stpfl. Einkünfte, die nicht dem Steuerabzug vom Arbeitslohn zu unterwerfen sei, sei negativ. Das FA hob daraufhin den Schätzungsbescheid mit der Begründung auf, die allein in Betracht kommende Antragsveranlagung (§ 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG) sei mangels fristgerechter Antragstellung nicht durchzuführen. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Die Revision der Kl. hatte Erfolg. Der BFH hat entschieden, dass es eines Antrags auf Veranlagung nicht mehr bedürfe, wenn das FA von sich aus das Veranlagungsverfahren bereits durchgeführt habe. 5. BFH-Urt. v. 22.5.2006 - VI R 50/04, BFH/NV 2006, 1943 (Fall VII: Berücksichtigung des Verlustausgleichs bei Amtsveranlagung) Die Kl., zusammenveranlagte Ehegatten, erzielten im Streitjahr 1999 Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, Gewerbebetrieb, Kapitalvermögen, Verluste aus VuV sowie sonstige Einkünfte. Wegen Ablaufs der Antragsfrist (Abgabe der Steuererklärung: 11.1.2002) lehnte das FA eine Veranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG ab. Eine Amtsveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG entfalle, weil die Summe der Einkünfte, die nicht dem Lohnsteuerabzug unterlagen, nicht mehr als 800 DM betragen habe. Dabei wurden Verluste aus VuV, obwohl sie der Verlustabzugsbegrenzung des § 2 Abs. 3 EStG unterlagen, einkommensmindernd berücksichtigt. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg . Der BFH hat das FG-Urteil aufgehoben und der Klage stattgegeben. Nach seiner Auffassung sind die Kl. nach § 46 Abs. 2 Nr. 1, 1. Alt. EStG von Amts wegen zu veranlagen, weil die einkommensteuerpflichtigen Einkünfte i.S.v. § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG unter Beachtung der Regeln über den Verlustausgleich in § 2 Abs. 3 EStG zu ermitteln seien. C. Anmerkungen und Beratungshinweise Die neue BFH-Rspr. ist uneingeschränkt zu begrüßen. Wie bereits mit seiner Rspr. zum WK-Abzug bei Ausbildungs- und Fortbildungskosten hat der VI. BFH-Senat erneut den Mut gehabt, restriktive und zu Lasten der Stpfl. wirkende Regelungen auf Sinn und Zweck und ihre Vereinbarkeit mit dem Verfassungsrecht zu überprüfen. Man darf gespannt sein, wie das BVerfG sich zu den fundierten Begründungen des VI. Senats stellen wird. Die Rezensionsentscheidungen sind indes nicht nur hinsichtlich der Verfassungswidrigkeit der Ausschlussfrist von Bedeutung. Auch die Entscheidungen über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, zur Form des Antrags auf Veranlagung, zur Entbehrlichkeit des Antrags, zum Verhältnis des § 46 EStG zur materiellen Bestandskraft von Steuerbescheiden und zur Berücksichtigung des Verlustausgleichs in § 2 Abs. 3 EStG sind für die Beratungspraxis von erheblicher Bedeutung. I. Verfassungswidrigkeit der Ausschlussfrist gem. § 46 Abs. 2 Nr. 8 S. 2 EStG 1. Grundaussage des BFH verfassungswidrige Benachteiligung von ArbNverfassungswidrige Benachteiligung von ArbN Nach Auffassung des BFH verstößt die zweijährige Ausschlussfrist für die Antragsveranlagung gegen den allgemeinen Gleichheitssatz in Art. 3 Abs. 1 GG. ArbN werden dadurch verfassungswidrig ggü. anderen Stpfl. Benachteiligt, die von Amts wegen zur ESt veranlagt werden und bis zum Eintritt der Verjährung - und damit noch nach bis zu sieben Jahren - zu viel abgeführte Steuern vom FA zurückfordern können. 2. Konsequenzen für die Praxis Mit der Vorlage an das BVerfG ist die zweijährige Ausschlussfrist des § 46 Abs. 2 Nr. 8 S. 2 EStG zunächst "vom Tisch". Bereits anhängige Einspruchsverfahren, in denen es um diese Frist geht, ruhen nach § 363 Abs. 2 S. 2 EStG. Bereits beim FG anhängige Verfahren sind gem. § 74 FGO von Amts wegen bis zu einer Entscheidung des BVerfG auszusetzen; die Aussetzung setzt keinen Antrag voraus, kann aber von den Beteiligten angeregt werden . Die FinVerw hat sich mit dieser aktuellen Entwicklung naturgemäß noch nicht auseinandersetzen können. Stpfl., die die zweijährige Ausschlussfrist für die Antragsveranlagung nicht gewahrt haben und bei denen das FA deshalb die Durchführung einer Veranlagung ablehnt, müssen daher unter Berufung auf die Vorlagebeschlüsse des VI. BFH-Senats gegen die Ablehnungsbescheide Einspruch einlegen. Diese Einspruchsverfahren ruhen - ebenso wie sämtliche Einspruchsverfahren, in denen es um die Nichteinhaltung der zweijährigen Ausschlussfrist geht - nach § 363 Abs. 2 S. 2 EStG, soweit nicht nach § 165 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 EStG die Steuer vorläufig festgesetzt wurde. Missachtet das FA das Ruhen des Verfahrens kraft Gesetzes, kann die Rechtswidrigkeit der Ablehnung nur durch Klage gegen die Einspruchsentscheidung geltend gemacht werden (§ 363 Abs. 3 AO). Hat das FA das Ruhen abgelehnt, können ihm die Kosten des erledigten Verfahrens nach § 138 Abs. 1 i.V.m. § 137 S. 2 FGO auferlegt werden, auch wenn der Stpfl. später unterliegt, weil das BVerfG die streitige Frage zu seinen Lasten entschieden hat . II. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand Nach dem BFH-Urteil VI R 51/04 (Fall III) kann einem Stpfl., der die Ausschlussfrist für die Antragsveranlagung versäumt hat, u.U. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden (§ 110 AO). Voraussetzung dafür ist, dass der Stpfl. ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Der BFH weist darauf hin, dass Wiedereinsetzung wegen unverschuldeten Rechtsirrtums nur zu bewilligen ist, wenn sich der Irrtum auf die Frist selbst oder die Form der Fristwahrung bezieht . Bloße Irrtümer über das Wesen einer Ausschlussfrist oder über materielles Recht können keine Wiedereinsetzung begründen. Hinweis Auch die Wiedereinsetzungsfrist nach § 110 AO ist eine gesetzliche Frist. Wird diese versäumt, kann ggf. Wiedereinsetzung wegen Versäumung der Wiedereinsetzungsfrist gestellt werden. Versagt die FinVerw die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Ausschlussfrist nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 S. 2 EStG, ist für die Stpfl. dennoch nicht alles verloren: In derartigen Fällen können sie sich auf die Vorlagebeschlüsse vom 22.5.2006 (VI R 46/05 und VI R 49/04) berufen und gegen die Ablehnung der Antragsveranlagung Einspruch einlegen. Hinweis Die Antragsfrist ist eine gesetzliche Ausschlussfrist, die weder durch eine Aufforderung zur Abgabe der ESt-Erklärung noch durch den Erlass eines Grundlagenbescheids verlängerbar ist . III. Form des Antrags auf Veranlagung 1. Problemstellung Nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 S. 2 EStG ist der Antrag auf Veranlagung " durch Abgabe einer ESt-Erklärung" zu stellen. Die FinVerw folgert daraus, dass der Antrag nur dann wirksam gestellt ist, - wenn der amtlich vorgeschriebene Vordruck verwendet wird, - dieser innerhalb der Ausschlussfrist des § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG beim FA eingeht und - vom ArbN eigenhändig unterschrieben ist. In der Entscheidung VI R 15/02 (Fall IV) konzediert der BFH zwar, dass Steuererklärungen gem. § 150 Abs. 1 S. 1 AO "nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck" abzugeben sind. Das bedeutet aber lediglich, dass die Erklärung dem amtlichen Muster entsprechen muss und demzufolge auch auf einem privat gedruckten oder fotokopierten Vordruck abgegeben werden kann . 2. Folgerungen für die Praxis Bei der Verwendung nicht amtlicher Vordrucke ist ein beidseitiges Bedrucken nicht erforderlich . Der BFH stellt ausschließlich darauf ab, dass der vom Kl. verwendete Ausdruck der Seite 1 des Mantelbogens und die Kopien inhaltlich mit den amtlichen Vordrucken übereinstimmen. Folgerichtig kann es auch keine Rolle spielen, dass für die Anlage N und die Anlage Kinder Kopien der amtlichen Vordrucke eines anderen Bundeslandes verwendet wurden. Hinweis Soweit die Seiten des vierseitigen Hauptvordrucks der Steuererklärung auf zwei getrennten Blättern gedruckt werden, fordert die FinVerw , dass diese dem amtlichen Vordruck entspr. miteinander zu verbinden sind. U. E. ist nach der Rspr. des BFH allein entscheidend, dass die verwendeten Ausdrucke "nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck" abgegeben werden, d.h. mit den amtlichen Vordrucken inhaltlich übereinstimmen. Eine Verbindung des auf zwei getrennten Blättern gedruckten Hauptvordrucks kann daraus nicht abgeleitet werden, denn die Auswertung der Daten und die EDV-Angabe ist auch ohne Verbindung ohne weiteres möglich. IV. Bestandskraft von Steuerbescheiden Mit der Entscheidung VI R 17/05 (Fall V) stellt der BFH klar, dass § 46 EStG keine Rechtsgrundlage für die Änderung bestandskräftiger Steuerbescheide darstellt. Ist bereits ein bestandskräftiger ESt-Bescheid ergangen, kann auch ein fristgerechter Antrag auf Veranlagung i.S.d. § 46 Abs. 2 Nr. 8 S. 2 EStG nicht zu einer geänderten ESt-Festsetzung führen. Die Aussage des BFH zur Nichtanwendung des § 46 Abs. 2 EStG auf bestandskräftige ESt-Bescheide hat für eine etwaige Änderung des ESt-Bescheides nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO keine Bedeutung. Nach dieser Vorschrift sind Steuerbescheide aufzuheben oder zu ändern, soweit Tatsachen und Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Stpfl. kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden. Die Nichtanwendung des § 46 Abs. 2 EStG schließt daher die Anwendung des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO nicht aus. Das kann indes nicht darüber hinwegtäuschen, dass ein Stpfl., der einen - für ihn erkennbar fehlerhaften - Schätzungsbescheid akzeptiert und bestandskräftig werden lässt, hinsichtlich des nachträglichen Bekanntwerdens steuermindernder Tatsachen i.d.R. grob schuldhaft handelt. Wer die Einspruchsfrist schuldhaft versäumt, kann die Berücksichtigung von Verlusten daher weder nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO noch über den Weg der Antragsveranlagung gem. § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG erreichen. V. Steuerfestsetzung von Amts wegen 1. Grundaussage des BFH Liegen die Voraussetzungen für eine Veranlagung von Amts wegen vor und hat das FA das Veranlagungsverfahren von sich aus bereits durchgeführt und durch Erlass eines Steuerbescheids ESt festgesetzt, bedarf es zur Durchführung des Veranlagungsverfahrens keines Antrags des Stpfl. nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG mehr. 2. Bedeutung für die Praxis Mit der Entscheidung in der Sache VI R 15/05 (Fall VI) stellt der BFH klar, dass die Antragsveranlagung ggü. den Amtsveranlagungstatbeständen nach § 46 Abs. 2 Nr. 1 bis Nr. 7 EStG subsidiär ist. Die Antragsveranlagung kommt daher nur in Betracht, wenn der Stpfl. nicht bereits von Amts wegen zu veranlagen ist. Der Antrag nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG ist damit zwar verfahrensrechtlicher Natur, macht letztlich den Erlass des ESt-Bescheids aber nicht antragsabhängig . Bejaht das FA aus seiner Sicht - möglicherweise fälschlicherweise - die Voraussetzungen für eine Veranlagung von Amts wegen, ist ein Antrag nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG nicht mehr zur Durchführung des Veranlagungsverfahrens erforderlich . VI. Berücksichtigung des Verlustausgleichs gem. § 2 Abs. 3 EStG Nach dem Wortlaut des § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG ist in den Fällen, in denen das Einkommen ganz oder teilweise aus Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit besteht, von denen ein Steuerabzug vorgenommen worden ist, eine Veranlagung nur durchzuführen, "wenn die Summe der einkommensteuerpflichtigen Einkünfte, die nicht dem Steuerabzug vom Arbeitslohn zu unterwerfen waren, vermindert um die darauf entfallenden Beträge nach § 13 Abs. 3 und § 24 a oder die Summe der Einkünfte und Leistungen, die dem Progressionsvorbehalt unterliegen, jeweils mehr als 410 Euro beträgt;". Nach Meinung des BFH sind für ArbN, die Einkünfte auch aus anderen Einkunftsarten beziehen, und bei denen deshalb eine Veranlagung von Amts wegen nach § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG in Betracht kommen kann, bei Ermittlung der Summe der nicht dem LSt-Abzug zu unterwerfenden Einkünfte im VZ 1999 die Vorschriften über den Verlustausgleich in § 2 Abs. 3 EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 zu berücksichtigen (Fall VII). Die entscheidende Frage ist insoweit, was unter " Summe der einkommensteuerpflichtigen Einkünfte, die nicht dem Steuerabzug vom Arbeitslohn zu unterwerfen waren" zu verstehen ist. Das Zahlenwerk des Falls VII macht die Problematik deutlich: Ehemann Ehefrau Gesamt DM DM DM Einkünfte aus Gewerbebetrieb + 707 + 707 Einkünfte aus Kapitalvermögen + 4.191 + 5.776 Einkünfte aus VuV - 13.294 - 13.295 Sonstige Einkünfte + 1.725 Summe - 6.674 - 6.812 - 13.486 Das FG leitete daraus ab, die Summe der einkommensteuerpflichtigen Einkünfte in § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG sei nicht identisch mit der Summe der Einkünfte in § 2 Abs. 3 EStG. Im Rahmen dieser Vorschrift bedeute "Summe" die mathematische Addition. Der BFH hingegen geht davon aus, dass die Summe der einkommensteuerpflichtigen Einkünfte i.S.v. § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG unter Beachtung der Regeln über den Verlustausgleich in § 2 Abs. 3 EStG zu ermitteln ist. Der in § 2 Abs. 3 verwendete Begriff der " Summe der Einkünfte" sei eine allgemein für das EStG geltende Begriffsbestimmung, die auch für § 46 Abs. 2 Nr. 1 EStG Geltung habe . Hinweis Werden neben dem Arbeitslohn ausschließlich neg. Einkünfte erzielt, kommt jedoch grds. keine Amtsveranlagung ist Betracht, sondern nur eine Antragsveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG. Ist auf der LSt-Karte ein Freibetrag eingetragen, findet eine Amtsveranlagung nach § 46 Abs. 2 Nr. 4 EStG statt . VII. Fazit Der VI. Senat des BFH ist bereits in der Vergangenheit mehrfach mit mutigen und auf umfassenden Rechtsschutz bedachten Entscheidungen hervorgetreten. Auch diesmal hat er die Erwartungen der Steuerbürger nicht enttäuscht. Soweit er die Ausschlussfrist für die Antragsveranlagung bei ArbN als verfassungswidrig erachtet, darf mit Spannung erwartet werden, ob sich das BVerfG dem anschließt. Positiv für die Stpfl. zu werten ist auch die Entscheidung VI R 15/02 (Fall IV), in der der BFH sich hinsichtlich der Form des Antrags auf Veranlagung deutlich großzügiger zeigt als die FinVerw. Hinsichtlich der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bringt die Entscheidung VI R 51/04 (Fall III) nur insofern Neues, als auch derjenige Stpfl. Wiedereinsetzung erlangen kann, der die Frist für die Antragsveranlagung deshalb versäumt hat, weil er diese ohne Verschulden gar nicht kannte. Die weiteren Entscheidungen zur Entbehrlichkeit des Antrags auf Antragsveranlagung bei Steuerfestsetzung von Amts wegen, zur Berücksichtigung des Verlustausgleichs nach § 2 Abs. 3 EStG und dazu, dass § 46 EStG keine Rechtsgrundlage für die Änderung bestandskräftiger Bescheide bietet, beinhalten eine konsequente Umsetzung der Vorgaben des Gesetzgebers nach Sinn und Zweck der jeweiligen Norm. Insgesamt gesehen ist die neue BFH-Rspr. folgerichtig und überzeugend. Vgl. Blümich/Heuermann, EStG, § 46 Rz 27 m.w.N.; Schmidt/Glanegger, EStG, 25. Aufl., § 46 EStG Rz 12 m.w.N.; § 46 EStG setzt nicht voraus, dass der ArbG die einbehaltene LSt auch abgeführt hat. Da das Veranlagungsverfahren kein Verfahren zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Steuereinbehalts ist, ist es unerheblich, ob die LSt in der richtigen Höhe einbehalten wurde. Vgl. Blümich/Heuermann, EStG, § 46 Rz 27 m.w.N.; Schmidt/Glanegger, EStG, 25. Aufl., § 46 EStG Rz 12 m.w.N.; § 46 EStG setzt nicht voraus, dass der ArbG die einbehaltene LSt auch abgeführt hat. Da das Veranlagungsverfahren kein Verfahren zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Steuereinbehalts ist, ist es unerheblich, ob die LSt in der richtigen Höhe einbehalten wurde. Das folgt aus dem Wortlaut der Regelung "so wird eine Veranlagung nur durchgeführt", die den Veranlagungsgrundsatz des § 25 EStG insoweit einschränkt. Vgl. Schmidt/Glanegger, EStG, 25. Aufl., § 46 Rz 35 m.w.N. Mit StÄndG 1992 v. 25.2.1992, BStBl I 1992, 146 wurde der sog. LStJA nach §§ 42, 42a EStG aufgehoben und § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG neu gefasst; die Regelung ist rückwirkend ab VZ 1991 anzuwenden FG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 4.6.2003 - 1 K 1863/01, Juris FG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 10.9.2004 - 3 K 1810/03, EFG 2005, 1658 FG Saarland, Urt. v. 3.1.2002 - 1 K 243/99, EFG 2002, 660 FG Saarland, Urt. v. 14.12.2004 - 2 K 218/02, Juris Hess. FG, Urt. v. 17.6.2003 - 13 K 134/03, Juris Vgl. BFH-Urt. v. 17.12.2002 - VI R 137/01, BStBl II 2003, 407; BFH-Urt. v. 4.12.2002 - VI R 120/01, BStBl II 2003, 403; bespr. von Moritz, AktStR 2003, 245; BFH-Urt. v. 29.4.2003 - VI R 86/99, BStBl II 2003, 749; BFH-Urt. v. 27.5.2003 - VI R 33/01, BStBl II 2004, 884; bespr. von Moritz, AktStR 2003, 497 Vgl. Tipke/Kruse, AO/FGO, Kommentar, § 74 Rz 22, 23 m.w.N.; BFH-Urt. v. 18.7.1990 - I R 12/90, BStBl II 1990, 986 BFH-Beschl. v. 27.11.1998 - VI R 161 - 162/90, BFH/NV 1999, 659 BFH-Urt. v. 3.7.1986 - IV R 133/84, BFH/NV 1986, 717; BFH-Urt. v. 14.9.1999 - III R 78/97, BStBl II 2000, 37 R 46.2 Abs. 2 EStR 2005 Vgl. BFH-Urt. v. 4.7.2002 - V R 31/01, BStBl II 2003, 45; BFH-Urt. v. 21.10.1999 - V R 76/98, BStBl II 2000, 214; BFH-Urt. v. 15.10.1998 - IV R 18/98, BStBl II 1999, 286, 290 Anderer Auffassung BMF-Schr. v. 14.11.1996 - IV A 6 - O 2250 - 112/96, IV A 4 - S 0082 - 9/96, BStBl I 1996, 1411; BMF-Schr. v. 27.12.1999 - IV A 6 - O 2250 - 120/99, IV D 6 - S 0082 - 17/99, BStBl I 1999, 1049 BMF-Schr. v. 14.11.1996 - IV A 6 - O 2250 - 112/96, IV A 4 - S 0082 - 9/96, BStBl I 1996, 1411; BMF-Schr. v. 27.12.1999 - IV A 6 - O 2250 - 120/99, IV D 6 - S 0082 - 17/99, BStBl I 1999, 1049 Vgl. Trzaskalek in Kirchhof/Söhn/Mellinghof, EStG, § 46 Rz A50 A.A. Schmidt/Glanegger, EStG, 25. Aufl., § 46 Rz 87 Vgl. dazu Schmidt/Glanegger, EStG, 25. Aufl., § 46 Rz 51; Nolde, in Herrmann/ Heuer/Raupach, EStG, § 46, Anm 76; Blümich/Heuermann, EStG, § 46 Rz 57; Trzaskalik, in Kirchhof/Söhn/Mellinghof, EStG, § 46 Rz B7 Korn/Tormöhlen, EStG, § 46 Rz 13
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Joachim Moritz, Richter am BFH, München
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Jahrgang: 2006 . Seite: 625
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Gesetz zur Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltungen - Begrenzung der Anwendung der 1%-Regelung auf Fahrzeuge, die zu mehr als 50 % betrieblich genutzt werden BMF-Schr. v. 7.7.2006 - IV B 2 - S 2177 - 44/06 / IV A 5 - S 7206 - 7/06, BStBl I 2006, 446 I. Zur Erinnerung Im AktStR 2006 hatten wir über die Änderung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG durch das Gesetz zur ...
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Dr. Jörg Grune, Richter am FG, Hannover
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Jahrgang: 2006 . Seite: 631
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Zur Änderung der Freistellungsaufträge aufgrund des Steueränderungsgesetzes 2007 BMF-Schr. v. 4.8.2006 - IV C 1 - S 2056 - 3/06, BStBl I 2006, 490 I. Zur Erinnerung In AktStR 2006 hatten wir ausführlich über die steuerlichen Gesetzesänderungen aufgrund des StÄndG 2007 berichtet. Im Rahmen einer Änderung des § 20 Abs. 4 EStG ist der Sparer-Freibetrag zum 1.1.2007 nahezu halbiert worden : Ledige Zusammenveranlagte Ehegatte ...
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Dr. Jörg Grune, Richter am FG, Hannover
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Jahrgang: 2006 . Seite: 634
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Zur Abziehbarkeit von zugewendeten Aufwendungen in Fällen des sog. abgekürzten Vertragswegs (Drittaufwand). BFH-Urt. v. 15.11.2005 - IX R 25/03, BStBl II 2006, 623). BMF-Schr. v. 9.8.2006 - IV C 3 - S 2211 - 21/06, BStBl I 2006, 492 (Nichtanwendungserlass) I. Zur Erinnerung Vor einigen Jahren hatten wir im AktStR regelmäßig über die Rspr. des BFH zum sog. Drittaufwand be ...
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Dr. Michael Messner, Notar, RA, FAStR u. FAErbR, Hannover
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Jahrgang: 2006 . Seite: 638
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Verändern sich im Rahmen einer disquotalen Kapitalerhöhung die Beteiligungsverhältnisse, beginnt der Lauf der Fünf-Jahres-Frist des § 17 Abs. 1 S. 1 EStG erst mit der Eintragung der Kapitalerhöhung im Handelsregister. BFH-Urt. v. 14.3.2006 - VIII R 49/04, BFH/NV 2006, 1908 I. Zur Erinnerung Nach § 17 EStG gehören Gewinne und Verluste aus der Veräußerung wesentlicher Beteiligungen an KapG nach § 17 Abs. 1 S. 1 EStG zu den ...
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