Prof. Dr. H.-Michael Korth, WP/StB, Hannover
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Jahrgang: 2006 . Seite: 513
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A. Vorbemerkung Mit dem vom Bundeskabinett am 23.8.2006 auf den Weg gebrachten Entwurf eines JStG 2007 sollen "zwingend erforderliche steuerrechtliche Maßnahmen", die auf Grund des vorzeitigen Endes der 15. Legislaturperiode nicht mehr verwirklicht werden konnten, umgesetzt werden. Im Einzelnen geht es dabei um steuerrechtliche Änderungen als Reaktion auf die BFH-Rspr., um Anpassungen an das Gemeinscha ...
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Joachim Moritz, Richter am BFH, München
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Jahrgang: 2006 . Seite: 561
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A. Vorbemerkungen Das aus § 12 Nr. 1 S. 2 EStG abgeleitete Aufteilungs- und Abzugsverbot für Aufwendungen, die sowohl beruflich (betrieblich) als auch durch die Lebensführung veranlasst sind (sog. gemischte Aufwendungen), ist von jeher umstritten. Auch die Rspr. ist weitgehend von Kasuistik geprägt, weil die Gerichte einerseits zwa ...
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Dr. Norbert Bolz, Richter am FG, Hannover
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Jahrgang: 2006 . Seite: 575
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A. Vorbemerkungen I. Leibrentenversicherung Der Abschluss einer privaten RV als ergänzender Baustein der privaten Altersversorgung wird zunehmend beliebter. Hierbei ist zu unterscheiden zwischen der sofort beginnenden und der aufgeschobenen RV. 1. Aufgeschobene RV Entwicklung des GarantiezinsesEntwicklung des Garantiezinses Bei der aufgeschobe ...
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AktStR: Dr. Michael Messner, Notar, RA, FAStR u. FAErbR, Hannover, 2006 S. 589: Entwurf eines Gesetzes zur Erleichterung der Unternehmensnachfolge Entwurf eines Gesetzes zur Erleichterung der Unternehmensnachfolge Dr. Michael Messner, Notar, RA, FAStR u. FAErbR, Hannover Jahrgang: 2006 . Seite: 589 A. Vorbemerkung Einige abstrakte Fakten mögen vorab Anlass und Bedeutung des nachfolgenden Beitrages veranschaulichen: unzureichende Erbfolgeplanungunzureichende Erbfolgeplanung - voraussichtlicher Übergang von mehr als 700.000 Betrieben und erheblichem Privatvermögen innerhalb der nächsten zehn Jahre - nur etwa jeder fünfte Unternehmer besitzt ein Testament - ein Großteil der bestehenden Testamente ist nicht steueroptimiert, z.B. wegen nicht modifizierter sog. Berliner Testamente. In vielen Fällen verbleibt dann der Nachfolgegeneration häufig nur noch die Möglichkeit, nachträgliche "Korrekturen oder Rettungsversuche vorzunehmen. Als Gestaltungsinstrumente nach dem Erbfall kommen insb. in Betracht: Gestaltungsinstrumentarium nach dem ErbfallGestaltungsinstrumentarium nach dem Erbfall - Ausschlagung eines oder mehrerer Erben mit und ohne Abfindung - Ausschlagung eines oder mehrerer Vermächtnisnehmer mit und ohne Abfindung - einvernehmliche) vollständige oder teilweise Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen - Verzicht auf die Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen gegen vollständige oder teilweise Abfindung Nachfolgend wird auf Grundlage der BFH Entscheidung v. 19.7.2006 das Gestaltungsinstrumentarium rund um das Pflichtteilsrecht dargestellt. Arbeitsentwurf zur ErbSt-ReformArbeitsentwurf zur ErbSt-Reform Zugleich kann und darf ein erbschaftsteuerrechtlicher Beitrag derzeit nicht darauf verzichten, auf die geplante, möglicherweise schon am 1.1.2007 in Kraft tretende ErbSt-Reform einzugehen. Das Reformgesetz trägt nach dem bei Redaktionsschluss vorliegenden Arbeitsentwurf den wohlklingenden Titel " Gesetz zur Erleichterung der Unternehmensnachfolge". Ungeachtet dieser Bezeichnung wird das Gesetz jedoch voraussichtlich bei der Übertragung von BV in vielen Fällen zu erheblichen Steuermehrbelastungen ggü. der heutigen Rechtslage führen. Um verbleibende Handlungsspielräume bis zum Jahresende auszuloten, werden nachfolgende -bei Redaktionsschluss bekannte - Eckdaten des noch im Entwicklungsstadium befindlichen Gesetzentwurfes vorgestellt. B. Pflichtteilsrecht und Steuergestaltung I. BFH-Urt. v. 19.7.2006 - II R 1/05, BFH/NV 2006, 1989 1. Sachverhalt Der Vater des Kl. verstarb im Juni 1995. Alleinerbin des Vaters des Kl. wurde die E. Da sich der Kl. mit dieser nicht über die ihm zustehenden Pflichtteilsansprüche einigen konnte, beauftragte er Rechtsanwälte mit der Verfolgung seiner Interessen. Diese führten in ihrem an E gerichteten Schreiben v. 13.12.1995 aus, sie hätten namens und im Auftrage ihres Mandanten "hiermit dessen Pflichtteilsansprüche hinsichtlich des Nachlasses des Verstorbenen geltend zu machen" und erläuterten das Wesen und die Berechnung dieser Ansprüche. In 1998 einigten sich der Kl. und die E über das Bestehen eines Pflichtteilsanspruchs von 400.000 DM. Das FA ging davon aus, dass dem Kl. nur ein Freibetrag von 90.000 DM zustehe, weil er den Pflichtteilsanspruch im Jahr 1995 i.S.v. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG geltend gemacht habe. Einspruch und Klage, mit denen der Kl. den Ansatz des durch § 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG n.F. ab 1996 auf 400.000 DM erhöhten Freibetrags begehrte, blieben erfolglos . Im Revisionsverfahren machte der Kl. geltend, er habe seinen Pflichtteilsanspruch im Schr. v. 13.12.1995 nicht beziffert und somit noch nicht i.S.d. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG geltend gemacht. 2. Entscheidung und Begründung Der II. Senat des BFH wies die Revision als unbegründet zurück. Als Erwerb von Todes wegen gelte gem. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG u.a. der Erwerb auf Grund eines geltend gemachten Pflichtteilsanspruchs (§§ 2303 f. BGB). Die Steuer hierfür entstehe nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 b ErbStG mit dem Zeitpunkt der Geltendmachung des Anspruchs. Dem bloßen Entstehen des Anspruchs mit dem Erbfall komme demgegenüber noch keine erbschaftsteuerrechtliche Bedeutung zu. Damit korrespondierend könne der Erbe gem. § 10 Abs. 1 S. 2 i.V.m. Abs. 5 Nr. 2 ErbStG vom Wert des gesamten Vermögensanfalls ebenfalls nur die Verbindlichkeiten aus geltend gemachten Pflichtteilen abziehen. Die "Geltendmachung" des Pflichtteilsanspruchs bestehe in dem ernstlichen Verlangen auf Erfüllung des Anspruchs ggü. dem Erben. Der Berechtigte müsse seinen Entschluss, die Erfüllung des Anspruchs zu verlangen, in geeigneter Weise bekunden, die Höhe des Anspruchs aber nicht beziffern. Mit Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs sei die ErbSt entstanden und der Erwerb aus steuerrechtlicher Sicht vollendet. Eine Steuer entstehe nach § 38 AO, sobald der Tatbestand verwirklicht sei, an den das Gesetz die Leistungspflicht knüpfe. Die Höhe des Pflichtteilsanspruchs ergebe sich - wenn auch noch nicht bezifferbar - aus den gesetzlichen Vorschriften der §§ 2303 f. BGB. Darüber hinaus müsse der Berechtigte den Anspruch zunächst nicht beziffern, sondern könne vom Erben zunächst nur Auskunft gem. § 2314 BGB verlangen und sich die Geltendmachung des Pflichtteils vorbehalten. In diesem Fall entstehe die ErbSt (zunächst) noch nicht. Sei der Steueranspruch auf Grund getroffener Erfüllungsabreden einmal entstanden, könne sich auch ein nachträglicher (teilweiser) Verzicht des Berechtigten auf seinen Anspruch grds. nicht auf die Steuerfestsetzung auswirken . Der Verzicht auf einen geltend gemachten Pflichtteilsanspruch sei anders als ein Anspruchsverzicht vor Geltendmachung (§ 13 Abs. 1 Nr. 11 ErbStG) nicht steuerfrei, sondern stelle vielmehr eine schenkungsteuerpflichtige Zuwendung des Pflichtteilsberechtigten an den Erben dar. II. Anmerkungen 1. Rechtsfolgen Die Entscheidung des II. Senats entspricht der überwiegenden Meinung im Schrifttum und der Rspr. Danach setzt die Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs i.S.d. § 9 Abs. 1 Nr. 1 b ErbStG seine Bezifferung nicht voraus. Pflichtteilsanspruch gesetzlich bestimmbarPflichtteilsanspruch gesetzlich bestimmbar KorrespondenzprinzipKorrespondenzprinzip Gegen die Auffassung , die ErbSt könne nicht entstehen, solange der Umfang des Anspruchs und der Steuer noch offen sei, spricht, dass der Pflichtteilsanspruch gesetzlich in den §§ 2303 ff. BGB fixiert ist. Wird er geltend gemacht, ist er deshalb zugleich der Höhe nach exakt bestimmbar. Soweit zur Durchsetzung von Pflichtteilsansprüchen zunächst nur Auskünfte über das Erbe verlangt werden, sind dadurch noch keine Pflichtteilsansprüche geltend gemacht, § 2314 Abs. 1 BGB. Im Übrigen können auch die potenziell belasteten Erben den Pflichtteilsanspruch erst ab dem Zeitpunkt seiner Geltendmachung als Nachlassverbindlichkeit nach § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG ansetzen. ÜbergangsproblemeÜbergangsprobleme Hintergrund des Rechtsstreits ist die Änderung der Gesetzeslage per 1.1.1996, eine klassische Übergangsproblematik, die sich zum 1.1.2007 wieder stellen wird. Im Rahmen der Durchsetzung eines Pflichtteilsanspruchs ist ein zwei-stufiges Verfahren notwendig. zweistufiges Verfahrenzweistufiges Verfahren 2. Risiken Die Entscheidung lässt - allerdings nur ansatzweise - erkennen, dass mit der Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen einerseits Steuerrisiken, andererseits aber auch Gestaltungspotenzial verbunden sind. Steuer trotz ForderungsausfallSteuer trotz Forderungsausfall Eine verfrühte Geltendmachung birgt über die im Streitfall allein maßgebliche Frage des anwendbaren Rechts hinaus erhebliche Risiken, weil die ErbSt unabhängig von der späteren Realisierung des Pflichtteilsanspruchs entsteht. Häufig können geltend gemachte Ansprüche mangels wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit oder Insolvenz des Erben nicht durchgeführt wurden. So z.B. bei Entwertung eines Aktiendepots aufgrund eines Kursverfalls. Doppelbesteuerung bei Verzicht nach GeltendmachungDoppelbesteuerung bei Verzicht nach Geltendmachung Eine echte Steuerfalle lauert darüber hinaus in dem Verzicht auf die Durchsetzung des geltend gemachten Steueranspruchs: Nach § 13 Abs. 1 Nr. 11 ErbStG ist der Verzicht auf die Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs steuerfrei. Hieraus folgt, dass ein nach Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs erklärter vollständiger oder auch nur teilweiser Verzicht eine nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG stpfl. Schenkung des Pflichtteilsberechtigten an den Erben darstellt , ein echter Fall der "Doppelbesteuerung" . StundungStundung Von Bedeutung ist schließlich in diesem Zusammenhang, dass nach wohl überwiegender Auffassung auch dann eine Geltendmachung des gesamten Pflichtteilsanspruchs vorliegt, wenn der Anspruch auf Erfüllung des Pflichteilsanspruchs abredegemäß gestundet wird . AbtretungAbtretung Die Abtretung eines noch nicht geltend gemachten Anspruchs wird demgegenüber nicht als Geltendmachung betrachtet . Macht allerdings der Zessionar den Pflichtteil geltend, trifft die Steuerpflicht den abtretenden Pflichtteilsberechtigten . Geltendmachung verschließt GestaltungsmöglichkeitenGeltendmachung verschließt Gestaltungsmöglichkeiten Eine verfrühte Geltendmachung versperrt schließlich die Möglichkeit, Steuervorteile für den Pflichtteilsberechtigten durch Leistung eines Gegenstands an Erfüllungs statt mit einem gegenüber dem Nominalbetrag des Pflichtteilsanspruchs reduzierten Steuerwert zu erzielen. Seit der Änderung der Rspr. durch das BFH-Urt. v. 7.10.1998 erwirbt der Pflichtteilsberechtigte unmittelbar von Todes wegen stets eine Geldforderung, die auch bei einer Leistung an Erfüllungs statt stets mit dem Nennwert anzusetzen ist. 3. Gestaltungsmöglichkeiten 3-jährige Verjährungsfrist3-jährige Verjährungsfrist Die Steuergestaltung hat deshalb vor der Geltendmachung anzusetzen. Hier bietet das Pflichtteilsrecht ein praxisgerechtes Gestaltungsinstrumentarium. Im Gegensatz zu der auf Grund § 1944 BGB innerhalb von 6 Wochen nach dem Erbfall auszuhandelnden Ausschlagungsvereinbarung verjährt der Pflichtteilsanspruch erst nach 3 Jahren. Selbst darüber hinaus kann jedoch der zivilrechtlich verjährte Pflichtteilsanspruch bei Geltendmachung mit steuerlicher Wirkung erfüllt werden . Hinweis Verzicht bei PflichtteilsstrafklauselnVerzicht bei Pflichtteilsstrafklauseln Bei der steuerlichen Entscheidung ist stets auch zu prüfen, ob das Testament eine sog. Pflichtteilsstrafklausel enthält. Diese kann bei Geltendmachung zu ungewollten zivilrechtlichen Konsequenzen führen. Testamente sollten deshalb daraufhin überprüft werden, dass etwaige Pflichtteilsstrafklauseln eine Ausnahmeregelung dahingehend enthalten, dass sie keine Anwendung finden, wenn der Pflichtteil einvernehmlich abgegolten wird . Bei der Gestaltung ist jeweils zu prüfen, wessen Interessen im Vordergrund stehen. a) Steueroptimierung aus Sicht der Pflichtteilsberechtigten Verzicht gegen AbfindungVerzicht gegen Abfindung Ist es das Ziel, bei dem Pflichtteilsberechtigten eine Versteuerung zu niedrigeren Steuerwerten zu erreichen, ist ein Verzicht auf die Geltendmachung des Pflichtteils gegen Abfindung zu vereinbaren. Die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Nr. 1 4. Alt. ErbStG sind in diesem Fall nicht erfüllt. Vielmehr kommt § 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG zum Tragen, der ein Rechtsverhältnis zwischen Erblasser und Pflichtteilsberechtigten fingiert. Die Steuer bemisst sich deshalb nach dem Steuerwert des Abfindungsgegenstands. Sie entsteht gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1 f ErbStG unabhängig von ihrer Erfüllung im Zeitpunkt des Pflichtteilsverzichts. § 3 ErbStG - Erwerb von Todes wegen "(1) ... (2) Als vom Erblasser zugewendet gilt auch 1. ... 4. was als Abfindung für einen Verzicht auf den entstandenen Pflichtteilsanspruch oder für die Ausschlagung einer Erbschaft, eines Erbersatzanspruchs oder eines Vermächtnisses gewährt wird; ..." Beispiel hoher Pflichtteilhoher Pflichtteil Der verwitwete Erblasser V hat 4 Söhne (A, B, E und S). Sohn E wird Alleinerbe. Die Söhne A und B hatten bereits zu Lebzeiten auf ihren Pflichtteil verzichtet. Im Nachlass mit dem Gesamtwert von 9.600.000 EUR (Steuerwert 6.500.000 EUR) befindet sich ein Grundstück G im Wert von 1.200.000 EUR (Steuerwert 700.000 EUR), welches dem Erblasser länger als 10 Jahre gehörte. Der Pflichtteilsanspruch des S beläuft sich auf 1.200.000 EUR (= ½ seines gesetzlichen Erbteils i.H.v. 2.400.000 EUR, §§ 1924 Abs. 1 und 4, 2303 Abs. 1 S. 2 BGB) Soll der pflichtteilsberechtigte Sohn S zu seiner Steueroptimierung (a) den Nominalbetrag, (b) das Grundstück G an Erfüllungs statt verlangen oder (c) sich als Abfindung für seinen Verzicht das Grundstück übertragen lassen? Lösung (a) Geltendmachung des Pflichtteils (b) Übertragung an Erfüllungs statt (c) Abfindung in Form des Grundstücks für den Verzicht auf die Geltendmachung des Pflichtteils b) Gesamtbetrachtung Korrespondierend kann allerdings der Erbe gem. § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG seinerseits nur den steuerlichen Wert der Abfindung als Nachlassverbindlichkeit ansetzen. Soll die Abfindung wirtschaftlich dem vollen Nominalwert des Pflichtteilsanspruchs entsprechen, ist die Gestaltung zwar für den Pflichtteilsberechtigten, aufgrund der regelmäßig höheren Steuerprogression des Erben jedoch weder für diesen noch bei einer Gesamtbetrachtung beider Beteiligter wirtschaftlich vorteilhaft . Beispiel wie vor Lösung (aus Sicht des Erben) (a) Zahlung Nominalbetrag (b) Übertragung an Erfüllungs statt: (c) Abfindung für den Verzicht auf die Geltendmachung des Pflichtteils c) Fazit teilweise Geltendmachung bzw. Abfindungteilweise Geltendmachung bzw. Abfindung Soweit zur Steueroptimierung bei intakten Familien eine einvernehmliche Geltendmachung von Pflichtteilen angestrebt wird, z.B. auch zur Nutzung steuerlicher Freibeträge und von Progressionsvorteilen, kann dies auf zweierlei Weise erfolgen: - Verzicht auf Geltendmachung gegen eine Abfindung unter dem Nominalwert - nur teilweise Geltendmachung Die Steuerpflicht erfasst auch in letzterem Fall nur die Teilleistung . keine Erstattungszinsenkeine Erstattungszinsen Abschließend ist anzumerken, dass eine wie auch immer ausgestaltete Leistung des Erben auf einen Pflichtteilsanspruch nach der ErbSt-Festsetzung ein rückwirkendes Ereignis ist, das zu einer Änderung auch eines bestandskräftigen ErbSt-Bescheides nach § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO führt. Da § 233 a AO allerdings keine Erstattungszinsen auf zu erstattende ErbSt vorsieht, sollte nach Möglichkeit versucht werden, eine Steuerveranlagung erst nach Klärung etwaiger Pflichtteilsansprüche durchführen zu lassen. Zusammenfassend stellen sich das Gestaltungsinstrumentarium und die Rechtslage wie folgt dar: C. Erbschaftsteuerreform Vorlagebeschluss des BFHVorlagebeschluss des BFH Mit Beschluss v. 22.5.2002 hat der BFH dem BVerfG die Frage vorgelegt, ob das ErbStG und das BewG verfassungswidrig sind. Im Zentrum des Beschlusses steht neben der Frage der Grundbesitzbewertung vor allem die vermeintlich gleichheitswidrige Behandlung von BV, Anteilen an KapG sowie LuF-Vermögen durch - die Begünstigungen des § 13 a ErbStG (Freibetrag und Bewertungsabschlag) und § 19 a ErbStG (Tarifbegrenzung) und - deren ungleiche bzw. zu niedrige Bewertung. Auch die Überlegungen zur ErbSt-Reform drehen sich um die Neuregelung der Besteuerung von BV. kein Bestand der §§ 13 a, 19 a ErbStGkein Bestand der §§ 13 a, 19 a ErbStG Unabhängig davon, wie die Entscheidung des BVerfG ausfällt, erscheint eines sicher: Die derzeitigen Regelungen der §§ 13 a, 19 a ErbStG und des BewG zum Wertansatz insb. bei PersG werden relativ kurzfristig keinen Bestand mehr haben. Der Beratungspraxis verbleibt deshalb nur noch ein relativ kurzer Zeitraum zur Prüfung und Entscheidung, ob und in welchen Fällen Übertragungen noch nach Maßgabe des derzeit geltenden Rechts vorzunehmen sind. Hierfür ist naturgemäß von maßgeblicher Bedeutung, welche Gestalt die zukünftigen Regelungen voraussichtlich besitzen. Der Gesetzesentwurf zur Erleichterung der Unternehmensnachfolge beinhaltet gegenüber dem derzeit geltenden Recht eine erheblich differenziertere Behandlung, die im Vergleich zu der noch geltenden Rechtslage sowohl zu Steuererleichterungen als auch zu erheblichen Steuermehrbelastungen führen kann. I. Geplante Entlastungen EntlastungEntlastung Der von der BReg vorgelegte Entwurf beruht in seiner Grundstruktur auf dem im Jahr 2005 eingebrachten Entwurf des Landes Bayern. Er geht von der ersatzlosen Streichung der §§ 13 a, 19 a ErbStG aus und beinhaltet im Wesentlichen zwei Bestandteile: 1. Zinslose Stundung StundungStundung Nach § 28 Abs. 1 des Entwurfs wird dem Erwerber die auf das begünstigte Vermögen entfallende Steuer 10 Jahre zinslos gestundet. Zur Ermittlung des Steuerbetrags, der auf das begünstigte Vermögen entfällt, ist die tarifliche Steuer für den Gesamterwerb im Wege einer Verhältnisrechnung des begünstigten Vermögenswerts zum Gesamtwert aufzuteilen. 2. Sukzessives Erlöschen 10 % Erlöschen p. a.10 % Erlöschen p. a. Die zu stundende Steuer erlischt zum Ende eines jeden Jahres in Höhe eines Zehntels, § 28 Abs. 2 des Entwurfs. II. Einschränkungen Dieses in der Medienberichterstattung stets in den Vordergrund gestellte Prinzip unterliegt jedoch erheblichen Einschränkungen: 1. Einschränkungen ursrüngliche Arbeitsplatzklauselursrüngliche Arbeitsplatzklausel Das Erlöschen der ErbSt und die Stundung setzten nach § 28 Abs. 2 S. 2 des Entwurfs ursprünglich voraus, dass der Bestand der Arbeitsverhältnisse unverändert ist. Nach dem Wortlaut des Entwurfs wurde die Begünstigung nur gewährt, wenn im jeweiligen Erlöschenszeitpunkt die durchschnittliche Gesamtzahl der Beschäftigungsverhältnisse, für die Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung entrichtet werden und die keine geringfügige Beschäftigung darstellen, nicht geringer ist als die durchschnittliche Gesamtzahl dieser Beschäftigungsverhältnisse am 31.12. der beiden letzten Kj vor dem Zeitpunkt der Steuerentstehung (sog. Ausgangsbeschäftigungszahl). Ist die Ist-Beschäftigungszahl im jeweiligen Zeitpunkt geringer, sollte die Steuer nur anteilig erlöschen. Für den Restbetrag hätte zugleich die Stundung geendet. jetzt: Gesamtbildklauseljetzt: Gesamtbildklausel Wegen europarechtlicher und Mißbrauchsbedenken wurde diese Regelung quasi in letzter Minute gestrichen und durch eine an § 12 Abs. 3 S. 2 UmwStG angelehnte Gesamtbildbetrachtung ersetzt. Danach erlischt die Steuer, wenn der Betrieb in einem nach dem Gesamtbild der wirtschaftlichen Verhältnisse vergleichbaren Umfang fortgeführt wird. Maßgebend sollen sein: Umsatz, Auftragsvolumen, Betriebsvermögen und Arbeitnehmeranzahl . Im Gegensatz zur Arbeitsplatzklausel wird beim Eingreifen der Klausel die Steuer insgesamt, nicht nur teilweise fällig. 2. Gegenstandsbezogene Einschränkungen gegenständliche Einschränkungengegenständliche Einschränkungen Überraschender und bislang wenig bekannt ist jedoch, in welchem Umfang der Kreis des begünstigten BV gegenüber der heutigen Regelung voraussichtlich eingeschränkt wird. Bekannt ist, dass lediglich sog. " produktives" BV entlastet werden soll. § 28 a des Entwurfs umschreibt dies (vereinfacht dargestellt) wie folgt: begünstigtes Vermögenbegünstigtes Vermögen - inländisches LuF-Vermögen beim Erwerb eines Betriebs, Teilbetriebs oder eines entsprechenden Anteils - inländisches BV beim Erwerb eines ganzen Gewerbebetriebs, eines Teilbetriebs oder MU-Anteils - Beteiligungen an KapG mit Sitz oder Geschäftsleitung im Inland von mehr als 25 %. Entspricht dies der heutigen Rechtslage, gehen die Ausschlüsse jedoch weit darüber hinaus. Nach § 28 a des Entwurfs sind in die Begünstigung nicht einzubeziehen: erhebliche Einschränkungenerhebliche Einschränkungen - Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke, Konzessionen, Lizenzen etc. - Ausnahme: Betriebsaufspaltung, Sonder-BV - Beteiligungen an KapG von nicht mehr als 25 % - Beteiligungen an vermögensverwaltenden, insb. gewerblich geprägten PersG - Geldbestände, Geldforderungen und vergleichbare Forderungen sowie Wertpapiere - Kunstgegenstände u. ä., soweit die Summe ihrer Werte den Wert der Schulden und sonstigen Abzügen nach §§102, 103 BewG übersteigt. Soweit zum BV nicht begünstigtes Vermögen im vorstehenden Sinne gehört, gilt als produktives Vermögen nur ein im Wege einer Verhältnisrechnung bestimmter Teil des Anteilswerts. Hinweis Die Herausrechnung substanzieller Vermögenspositionen aus dem begünstigten Vermögen, insb. der Geldbestände, Wertpapiere etc. konterkariert den Wunsch des Gesetzgebers nach einer hohen Eigenkapitalquote gerade mittelständischer Unternehmen. Wird der innerbetriebliche Vermögensaufbau erbschaftsteuerlich nicht honoriert, besteht jedenfalls insoweit keinerlei Anreiz, das Vermögen nicht außerhalb der Haftungssphäre zu belassen. Ausnahme für Betriebsaufspaltung oder SBVAusnahme für Betriebsaufspaltung oder SBV Zu begrüßen ist, dass der vorliegende Entwurf im Zusammenhang mit dem Ausschluss der Begünstigung für vermieteten Grundbesitz nun mehr Einschränkungen bzw. Ausnahmen für die Betriebsaufspaltung oder auch das Sonder-BV enthält; dies entspricht dem Verbot der steuerlichen Schlechterstellung der ausschließlich richterrechtlich begründeten Betriebsaufspaltung ggü. einem Einheitsunternehmen . Hinweis Es ist davon auszugehen, dass die Einschränkung der Begünstigung auf inländisches BV erheblichen europarechtlichen Bedenken begegnen wird. Schließlich fällt auf, dass ggü. dem ursprünglichen Bayern-Entwurf darauf verzichtet wird, eine Beschränkung der Begünstigung auf 100 Mio. EUR vorzusehen. Auch das hierüberhinaus gehende Vermögen, das seinerzeit nur durch den insoweit fortgeltenden § 13 a Abs. 3 ErbStG entlastet werden sollte, wird nunmehr von der vorgesehenen Regelung in § 28 a des Entwurfs umfasst. 3. Einschränkung durch Nachsteuerregelung Nachsteuer zeitanteiligNachsteuer zeitanteilig § 28 Abs. 3 des Entwurfs enthält darüber hinaus in Anlehnung an die bisherigen Regelungen der §§ 13 a Abs. 5, 19 a Abs. 5 ErbStG Nachsteuertatbestände. Im Gegensatz zum bisherigen Recht fällt eine schädliche Veräußerung o.ä. allerdings nicht in voller Höhe steuerschädlich aus, sondern gestaffelt nach der Dauer der Fortführung des Betriebs. Hinweis Auf Grund der Anlehnung der gesetzlichen Regelungen zur Nachsteuer an die bisherigen kann davon ausgegangen werden, dass als Veräußerungen auch Handlungen angesehen werden, die ertragsteuerlich nicht als solche behandelt werden, etwa die Übertragung gegen Versorgungsleistungen oder auch die Betriebsaufgabe gegen den eigenen Willen, etwa im Fall der Insolvenz. Insoweit bleibt es weiterhin notwendig, Vertragsvorsorge dahingehend zu treffen, dass durch Rückabwicklung des Schenkungsvorgangs die Besteuerungsgrundlage insg. entfällt. Der Entwurf enthält keinerlei Einschränkung für die Umschichtung von "produktivem" Vermögen in "nicht-produktives" Vermögen. Dies erscheint insofern konsequent, weil jeder Austausch einer wesentlichen Betriebsgrundlage, etwa einer Maschine, zu einer Geldeinnahme und damit zur Umschichtung in unproduktives Vermögen führt. III. Bewertungsrechtliche Änderungen Besondere Brisanz erhalten die vorgesehenen Neuregelungen insb. für PersG durch die gleichzeitig vorgesehenen Änderungen des BewG. 1. Betriebsvermögen In bewertungsrechtlicher Hinsicht wird der durchaus berechtigten Kritik an der fehlenden Rechtsformneutralität durch eine Neuregelung des § 109 a BewG Rechnung getragen. Dort heißt es: Ertragskomponente auch bei Bewertung v. PersGErtragskomponente auch bei Bewertung v. PersG "Der Wert des BV ist unter Berücksichtigung des Vermögens und der Ertragsaussichten des Betriebes zu schätzen." Dadurch sollen PersG bewertungsrechtlich mit KapG gleichgestellt werden. Dies dürfte für PersG zu erheblich höheren Wertansätzen führen. 2. Sonstige Regelungen keine Änderung der Grundbesitzbewertungkeine Änderung der Grundbesitzbewertung Festzuhalten ist zunächst, dass der Entwurf - wie auch das Jahressteuergesetz 2007 - mit der Ausnahme einer Neuregelung der häufig kritisierten Bewertung von Erbbaurechten keine grundlegende Änderung der Grundbesitzbewertung vorsieht. Für unbebaute Grundstücke sollen die Bodenrichtwerte aktueller auf Grundlage der zuletzt von den Gutachterausschüssen festgestellten Werte ermittelt werden. Höherbewertung von LVHöherbewertung von LV Für die Gestaltungspraxis von Bedeutung ist ferner, dass die bisherige Option, noch nicht fällige Ansprüche aus Lebens-, Kapital- oder Rentenversicherungen mit der Summe von 2/3 der eingezahlten Prämien anzusetzen, entfällt. Zukünftig soll ausschließlich der Rückkaufswert maßgebend sein. Letzterer liegt gerade bei seit langem laufenden Versicherungen häufig über der Summe von 2/3 der eingezahlten Prämien. IV. Fazit Eine Prüfung, ob eine - mittelfristig ohnehin beabsichtigte - Übertragung kurzfristig, noch vor dem 1.1.2007, vorzunehmen ist, erscheint nach dem vorstehend dargestellten Entwurf insb. in folgenden Situationen angeraten: Prüfungsaspekte Prüfungsaspekte - vermögensverwaltende, insb. gewerblich geprägte PersG - Gesellschaften mit hohem Bestand an Kapital- oder Wertpapierforderungen - ertragsstarke PersG - begünstigtes BV, dessen heutiger Steuerwert den Freibetrag von 225.000 EUR nicht oder nur relativ gering übersteigt - begünstigte Beteiligungen an Unternehmen, für die eine Fortführung nach dem Gesamtbild der Verhältnisse auf die Dauer von 10 Jahren nicht mit relativer Sicherheit vorausgesehen werden kann - seit langem laufende Kapital- oder Rentenversicherungen. Hinweis SchenkungsvollzugSchenkungsvollzug Bei Schenkungen ist darauf zu achten, dass diese vor dem Stichtag des In-Kraft-Tretens vollzogen sind. Aufschiebende Bedingungen der Schenkung hindern den Vollzug ebenso wie etwa noch ausstehende Genehmigungen, jedenfalls privat-rechtlicher Natur. BFH-Urt. v. 19.7.2006 - II R 1/05, BFH/NV 2006, 1989 FG Köln, Urt. v. 28.10.2003 - 9 K 1425/00, EFG 2005, 1137 FG München, Urt. v. 24.8.2005 - 4 K 4361/03, EFG 2005, 1887 m. Anm. Loose Vgl. z.B. Meincke, ZErb 2004, 1; Moench, ErbStG, § 3 Rz 119 a) FG München, Urt. v. 24.8.2005 - 4 K 4361/03, EFG 2005, 1887 Vgl. Viskorf, FR 1999, 664, 666; Moench, ErbStG, § 3 Rz 211 Vgl. Mayer, ZEV 1998, 50, 59; differenzierend v. Oertzen/Cornelius, ErbStB 2006, 49, 50 Kapp/Ebeling, ErbStG, § 3 Rz 213.7; Hess. FG, Urt. v. 7.3.1990 - 10 K 389/83, EFG 1990, 587; Meincke, ErbStG, § 9 Rz 33; differenzierend Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 3 Rz 230 Hess. FG, Urt. v. 7.3.1990 - 10 K 389/83, EFG 1990, 587 BFH-Urt. v. 7.10.1998 - II R 52/96, BStBl II 1999, 23; Anm. dazu von Viskorf, FR 1999, 663 Kapp/Ebeling, ErbStG, § 3 Rz 213.3 Vgl. auch v. Oertzen/Cornelius, ErbStB 2006, 49, 52 Abgewandelt nach Noll, DStR 2004, 257 Vgl. dazu Noll, DStR 2004, 257 BFH-Urt. v.18.7.1973 - II R 34/69, BStBl II 1973, 798 BFH-Beschl. v. 22.5.2005 - II R 61/99, BStBl II 2002, 598 Vgl. zu § 12 Abs. 3 S. 2 UmwStG, BMF-Schr. v. 16.4.1999, BStBl I 1999, 455 Vgl. dazu Messner, AktStR 2006, 479, 482 Vgl. dazu Korth, AktStR 2006, 541
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