AktStR
Vorschriften
Rechtsprechung
Über das AktStR
Heft-Nr.
3 / 2003 (1)
Rubrik
AktStR-Themen (1)
Rechtsgebiet
KStG (1)
1
2
3
Anwendungsfragen zu § 3 Nr. 72 EStG
Dipl.-Finw. (FH) Michael Seifert, Steuerberater, Troisdorf
Jahrgang: 2023 . Seite: 535
Durch das JStG 2022 hat der Gesetzgeber in § 3 Nr. 72 EStG eine neue Steuerfreiheit eingeführt. Hiernach werden Einnahmen und Entnahmen im Zusammenhang mit bestimmten Photovoltaikanlagen (einkommen-) steuerfrei gestellt. Die Steuerfreistellung führt nicht zur Anwendung des Progressionsvorbehalts, da diese Einnahmen nicht in § 32 b EStG genannt sind. Das BMF hat sich mit Sch ...
mehr...
Betriebliche und berufliche Betätigung in der häuslichen Wohnung - BMF zu den Neuregelungen durch das JStG 2022
Dipl.-Finw. Markus Perschon, Steuerberater, Escheburg
Jahrgang: 2023 . Seite: 555
Die ertragsteuerliche Berücksichtigung der betrieblichen und beruflichen Betätigung in der häuslichen Wohnung nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6 b und 6c EStG, § 9 Abs. 5 S. 1 EStG und § 10 Abs. 1 Nr. 7 S. 4 EStG wurde durch das Jahressteuerg ...
mehr...
Auswirkungen eines Verlustrücktrags auf den Gesamtbetrag der Einkünfte im Entstehungsjahr
Dipl.-Finw. Markus Perschon, Steuerberater, Escheburg
Jahrgang: 2023 . Seite: 573
1. Negative Einkünfte sind, soweit sie nach § 10 d Abs. 1 EStG zurückgetragen worden sind, zeitlich nicht mehr dem Entstehungsjahr zuzuordnen und bilden demzufolge auch nicht (mehr) die Grundlage für die Ermittlung des Einkommens im Entstehungsjahr. 2. Der negative Gesamtbetrag ...
mehr...
Zum Vorliegen eines Steuerstundungsmodells i.S.d. § 15 b EStG bei einer Einzelinvestition
Prof. Dr. Bert Kaminski, Helmut Schmidt Universität - Universität der Bundeswehr Hamburg
Jahrgang: 2023 . Seite: 583
Erzielt ein Steuerpflichtiger negative Einkünfte aus Kapitalvermögen durch die Beteiligung an einer Gesellschaft im Wege einer sog. Einzelinvestition, erfordert das Ausnutzen einer modellhaften Gestaltung zur ...
mehr...
Verlustherbeiführung durch Agio und Anteilsverkauf kein Gestaltungsmissbrauch
Dr. Michael Messner, Notar, RA, FAStR u. FAErbR, Hannover
Jahrgang: 2023 . Seite: 597
1. Die auch bei den Einkünften aus § 17 EStG erforderliche Gewinnerzielungsabsicht muss sich auf die gesamte Beteiligung des Steuerpflichtigen an der Kapitalgesellschaft beziehen. Eine auf den einzelnen veräußerten Geschäftsanteil bezogene Betrachtung ist ausgeschlossen. 2. Das für einen besti ...
mehr...
Verfahrensfragen rund um die stille Gesellschaft und zur Angemessenheit der Gewinnbeteiligung einer stillen Gesellschaft
Dirk Krohn, Steueroberamtsrat, Burg/Dithmarschen
Jahrgang: 2023 . Seite: 609
1. Ist der Betriebsausgabenabzug der Gewinnanteile des stillen Gesellschafters der Höhe nach streitig, besteht aber die Möglichkeit, dass eine atypisch stille Beteiligung am Handelsgewerbe einer Personengesellschaft vorliegt, ...
mehr...
Verlust aus Gesellschafterbürgschaft
AktStR: Dr. Michael Messner, Notar, RA, FAStR u. FAErbR, Hannover, 2023 S. 627: Verlust aus Gesellschafterbürgschaft Verlust aus Gesellschafterbürgschaft Dr. Michael Messner, Notar, RA, FAStR u. FAErbR, Hannover Jahrgang: 2023 . Seite: 627 Zur PDF-Fassung dieses Beitrages. 1. Bei der Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht i.R.d. § 20 EStG ist zwar im Grundsatz jede Kapitalanlage getrennt zu beurteilen. Allerdings bedarf es im Fall einer stehen gelassenen Gesellschafterbürgschaft einer „Gesamtbetrachtung“ von Beteiligung und Bürgschaft/Regressforderung. Danach sind die gesamten „aus der Beteiligung“ erzielten Einkünfte maßgebend, das heißt sowohl Wertsteigerungen als auch Ausschüttungen (§ 17 Abs. 1, 4, § 20 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 7 EStG). Von einer fehlenden Einkünfteerzielungsabsicht ist auch ohne Vereinbarung einer Bürgschaftsprovision nur dann auszugehen, wenn die Erzielung von positiven Einkünften insgesamt ausscheidet. 2. Findet der Ausfall der Regressforderung aus einer stehen gelassenen Bürgschaft i.R.d. § 17 Abs. 1, 4 EStG (Übergangsregelung nach Maßgabe des Senatsurteils vom 11.7.2017 - IX R 36/15, BFHE 258, 427, BStBl II 2019, 208) keine Berücksichtigung, weil der gemeine Wert der Forderung im Zeitpunkt des Stehenlassens mit 0 EUR zu bewerten ist, steht § 20 Abs. 8 EStG einer Berücksichtigung der Forderung mit ihrem nicht werthaltigen Teil (Nennwert) nach § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 7, S. 2, Abs. 4 EStG nicht entgegen. 3. Verbürgen sich mehrere Gesellschafter für dieselbe Gesellschaftsschuld, kann der über seinen Anteil hinaus in Anspruch genommene Bürge den Ausfall seiner gegen die Gesellschaft gerichteten Regressforderung nur dann in voller Höhe nach § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 7, S. 2, Abs. 4 EStG geltend machen, wenn feststeht, dass die Ausgleichsforderung gegen den Mitbürgen nach § 426 Abs. 2 BGB nicht realisierbar und damit wertlos ist. BFH-Urt. v. 20.6.2023 - IX R 2/22, DStR 2023, 1882 I. Vorbemerkungen 1. Eigenkapitalersatz Der Ausfall von Gesellschafterdarlehen oder die Inanspruchnahme eines Gesellschafters aus einer von ihm für die Gesellschaft gewährten Bürgschaft wurde in ständiger Rspr. unter bestimmten Voraussetzungen als durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst angesehen und die Aufwendungen als nachträgliche Anschaffungskosten i.S.d. § 17 EStG beurteilt. Die auch von der FinVerw anerkannte Rspr. basierte auf den Regeln des Eigenkapitalersatzrechts der §§ 32a, 32b GmbHG a.F., die durch das am 1.11.2008 in Kraft getretene MoMiG aufgehoben worden sind. Damit ist grds. die gesetzliche Grundlage für die bisherige Rspr. zur Berücksichtigung von Aufwendungen eines Gesellschafters aus Eigenkapital ersetzenden Finanzierungshilfen als nachträgliche Anschaffungskosten i.S.d. § 17 EStG entfallen. Aufwendungen für private Finanzierungshilfen können danach nicht mehr zu nachträglichen Anschaffungskosten i.S.d. § 17 EStG führen. Ungeachtet dessen hat der BFH mit seiner Entscheidung v. 11.7.2017 den Stpfl. Vertrauensschutz gewährt. Danach sind alle Fälle, in denen der Gesellschafter eine Eigenkapital ersetzende Finanzierungshilfe bis zum 27.9.2017 geleistet hat oder diese bis zu diesem Datum Eigenkapital ersetzend geworden ist, weiterhin nach den bisherigen Grundsätzen zu beurteilen, wenn es für die Stpfl. günstiger ist. Auf Grundlage dieser Vertrauensschutzregelung des BFH können Fälle, bei denen bis zum 27.9.2017 gewährte Eigenkapital ersetzende Finanzierungshilfen vorliegen, nach den bisherigen Grundsätzen abschließend entschieden werden. Nachdem der BFH in zwei weiteren Entscheidungen v. 11.10.2017 diese Vertrauensschutzregelung bestätigt hatte, hat die FinVerw mit BMF-Schr. v. 5.4.2019 diese für allgemein anwendbar erklärt. Hiernach gilt Folgendes: Nach neuem Recht stellen nachträgliche Anschaffungskosten nur noch solche Aufwendungen dar, die nach handels- und bilanzsteuerrechtlichen Grundsätzen zu einer offenen oder verdeckten Einlage in das Kapital der Gesellschaft führen. Hierzu zählen insb. Nachschüsse i.S.d. §§ 26 ff. GmbHG und sonstige Zuzahlungen gem. § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB oder der Verzicht auf eine werthaltige Forderung. Aufwendungen aus Fremdkapitalhilfen wie der Ausfall eines Darlehens oder der Ausfall einer Bürgschaftsregressforderung führen hingegen nicht mehr zu Anschaffungskosten der Beteiligung. Abweichend hiervon räumt die FinVerw i.S.d. vorgenannten Rspr. Vertrauensschutz für alle bis zum 27.9.2017 gewährten Finanzierungshilfen ein. Hiernach gelten die bisherigen Rechtsgrundsätze für die Annahme nachträglicher Anschaffungskosten fort. 2. Gesetzliche Regelung in § 17 Nr. 2 a EStG Durch das Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zu Änderungen weiterer steuerlicher Vorschriften wurde § 17 EStG um einen Nr. 2 a ergänzt, der im Ergebnis eine gesetzliche Wiedereinführung der früheren Rechtslage bewirkte. § 17 Nr. 2 a EStG „ Anschaffungskosten sind die Aufwendungen, die geleistet werden, um die Anteile i.S.d. Absatzes 1 zu erwerben. Zu den Anschaffungskosten gehören auch die Nebenkosten sowie die nachträglichen Anschaffungskosten. Zu den nachträglichen Anschaffungskosten i.S.d. Satzes 2 gehören insbesondere: 1. offene oder verdeckte Einlagen, 2. Darlehensverluste, soweit die Gewährung des Darlehens oder das Stehenlassen des Darlehens in der Krise der Gesellschaft gesellschaftsrechtlich veranlasst war, und 3. Ausfälle von Bürgschaftsregressforderungen und vergleichbaren Forderungen, soweit die Hingabe oder das Stehenlassen der betreffenden Sicherheit gesellschaftsrechtlich veranlasst war. Eine gesellschaftsrechtliche Veranlassung liegt regelmäßig vor, wenn ein fremder Dritter das Darlehen oder Sicherungsmittel i.S.d. Nummern 2 oder 3 bei sonst gleichen Umständen zurückgefordert oder nicht gewährt hätte. Leistet der Steuerpflichtige über den Nennbetrag seiner Anteile hinaus Einzahlungen in die Kapitalgesellschaft, sind die Einzahlungen bei der Ermittlung der Anschaffungskosten gleichmäßig auf seine gesamten Anteile einschließlich seiner im Rahmen von Kapitalerhöhungen erhaltenen neuen Anteile aufzuteilen.“ 3. Vorzunehmende Fallunterscheidung Die FinVerw hat sich mit BMF-Schr. v. 7.6.2022 zur ertragsteuerrechtlichen Behandlung von Gesellschafterdarlehen, Bürgschaftsregress- und vergleichbaren Forderungen und dem Anwendungsbereich des § 17 Nr. 2 a EStG geäußert. Hiernach hält die FinVerw hinsichtlich der Höhe der nachträglichen Anschaffungskosten an der bereits vom BFH zum Konkursrecht entwickelten Differenzierung in Darlehen fest, wonach zu unterscheiden ist zwischen Darlehen in der Krise stehengelassenen Darlehen Finanzplan-Darlehen krisenbestimmten Darlehen Entscheidend ist diese Differenzierung sowohl nach aktuellem Recht als auch bei Anwendung der Vertrauensschutzregelung in Altfällen insb. auch hinsichtlich des anzusetzenden Werts. Von Bedeutung ist weiter, dass nach Auffassung der FinVerw hinsichtlich der Darlehen, die nicht unter § 17 Nr. 2 a EStG zu subsumieren sind und damit unter § 20 Abs. 2 Nr. 7 EStG fallen, wenn sie nach dem 31.12.2008 gewährt wurden, das Vorliegen einer Einkünfteerzielungsabsicht regelmäßig unterstellt wird. Da die Einkünfteerzielungsabsicht Voraussetzung für die Anerkennung von Verlusten nach § 20 EStG ist, besitzt dies für die Praxis erhebliche Bedeutung. 4. Zu beantwortende Rechtsfragen Der BFH hatte sich nunmehr mit folgenden Fragen zu befassen: Ist bei der Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht i.R.d. § 20 EStG jede Kapitalanlage getrennt zu beurteilen oder ist im Fall einer stehengelassenen Gesellschafterbürgschaft eine „Gesamtbetrachtung“ von Beteiligung und Bürgschaft vorzunehmen? Kann der Ausfall einer Regressforderung aus einer stehengelassenen Bürgschaft, die auch nach der Vertrauensschutzregelung im Rahmen des § 17 Abs. 1 EStG nicht zu berücksichtigen ist, weil der gemeine Wert im Zeitpunkt des Stehenlassens mit Null zu bewerten ist, i.R.d. § 20 Abs. 8 EStG mit ihrem nicht werthaltigen Teil (Nennwert) nach § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 7, S. 2 Abs. 4 EStG berücksichtigt werden? II. BFH-Urt. v. 20.6.2023 - IX R 2/22, DStR 2023, 1882 1. Sachverhalt Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) werden als Eheleute zusammen zur ESt veranlagt. Der Kläger und sein Bruder waren mit je 50 % am (vollständig erbrachten) Stammkapital der 2009 gegründeten B-GmbH i.H.v. 25.000 EUR beteiligt. Im Jahre 2010 nahm die B-GmbH bei der F-Bank Darlehen auf. Der Kläger verbürgte sich selbstschuldnerisch für diese Darlehen, zuletzt bis zum Höchstbetrag von 255.000 EUR. Zugleich verpfändete der Kläger die in seinem Wertpapierdepot bei der F-Bank verwahrten Wertpapiere und gab in der Folgezeit eine weitere selbstschuldnerische Bürgschaft ab über 346.000 EUR. Im Folgejahr nahm die B-GmbH bei der G-Bank weitere Darlehen auf, für die der Kläger am 13.5.2011 eine weitere Bürgschaftserklärung mit einem Höchstbetrag von 500.000 EUR abgab. Im Jahre 2012 stellte die B-GmbH einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens, in dem letztlich die Vermögenslosigkeit der B-GmbH festgestellt und diese in der Folge gelöscht wurde. Aufgrund der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der B-GmbH schlossen der Kläger und sein Bruder in den Jahren 2013 und 2014 folgende umfassende - teilweise (aufeinander bezogen) aufschiebend bedingte - Zahlungs- und Verzichtsvereinbarungen ab: Mit Vereinbarung vom 19.12.2013 zwischen der H-KG, dem Kläger, dem Bruder des Klägers und der G-Bank verpflichteten sich u.a. der Kläger und sein Bruder, gesamtschuldnerisch einen Betrag von 110.000 EUR an die G-Bank zu zahlen. Mit dem vollständigen Eingang der Zahlung verzichtete die G-Bank u.a. auf sämtliche ggü. dem Kläger bestehende Forderungen, soweit sie aus der Besicherung der der B-GmbH gewährten Darlehen resultierten. Mit Vereinbarung v. 28.12.2013 zwischen dem Kläger, dem Bruder des Klägers und den Vermietern eines von der B-GmbH genutzten Ladenlokals verpflichteten sich der Kläger und sein Bruder im Zusammenhang mit Forderungen aus dem im Jahr 2011 abgeschlossenen Mietvertrag, die durch den Kläger und seinen Bruder persönlich gesichert wurden, gesamtschuldnerisch einen Betrag i.H.v. 7.262,81 EUR zu zahlen. Mit Vereinbarung v. 8.2.2014 zwischen dem Kläger, seinem Bruder und der F-Bank verpflichteten sich der Kläger und sein Bruder, gesamtschuldnerisch einen Betrag von 11.748,53 EUR an die F-Bank gegen deren Forderungsverzicht im Übrigen zu zahlen. Dabei wurde ein Betrag von 85.525 EUR, den die F-Bank aus der Verwertung des verpfändeten Wertpapierdepots des Klägers erhalten hatte, abgezogen. Mit Vereinbarung v. 27.2.2014 u.a. zwischen dem Kläger, seinem Bruder, und dem Insolvenzverwalter der B-GmbH verpflichteten sich der Kläger und sein Bruder, zur Beilegung von Streitigkeiten im Hinblick auf Ansprüche nach § 64 GmbHG sowie Anfechtungsansprüche nach § 135 InsO gesamtschuldnerisch einen Betrag von 15.000 EUR an die Insolvenzmasse zu zahlen. Sodann erklärten die Kläger in ihrer ESt-Erklärung für das Streitjahr (2014) folgenden Auflösungsverlust: 12.500,00 EUR Anteiliges Stammkapital B-GmbH (50 %) 11.748,53 EUR Inanspruchnahme aus Bürgschaft der F-Bank nach Vereinbarung 110.000,00 EUR Inanspruchnahme aus Bürgschaft der G-Bank nach Vereinbarung 85.525,00 EUR Verwertung des Wertpapierdepots der F-Bank 15.000,00 EUR Zahlung an Insolvenzverwalter nach Vereinbarung 7.262,81 EUR Zahlung an Vermieter nach Vereinbarung 247.036,34 EUR Gesamtbetrag Hingegen berücksichtigte das Finanzamt im Bescheid v. 23.3.2017 nur einen Verlust i.H.v. 23.631,40 EUR (im Teileinkünfteverfahren 14.178,84 EUR) in Form des anteiligen Stammkapitals und der jeweils hälftigen Zahlung an Insolvenzverwalter und Vermieter. Das FG Düsseldorf gab der Klage teilweise statt. Statt eines Verlustes nach § 17 Abs. 4 EStG i.H.v. 14.178 EUR wurde nur der Verlust i.H.d. hälftigen Stammkapitals i.H.v. 7.500 EUR (60 % von 12.500 EUR) sowie ein Verlust nach § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 EStG i.H.d. jeweils hälftigen Inanspruchnahme des Klägers von 114.769 EUR wie folgt anerkannt: Zahlung an F-Bank 5.874, 27 EUR Verwertung des Wertpapierdepots 42.762,50 EUR Zahlung an G-Bank 55.000,00 EUR Zahlung an Vermieter 3.631,41 EUR Zahlung an Insolvenzverwalter 7.500,00 EUR Sachverhalt in tabellarisch zusammengefasster Form Streitjahr 2014 2009 Gründung GmbH durch Kläger und Bruder mit je 50 % des Stammkapitals von 12.500 EUR 2010 - 2011 Div. gesamtschuldnerische Bürgschaften des Klägers und seines Bruders für Darlehen der GmbH und Verpfändung eines Wertpapierdepots des Klägers bei der F-Bank 2012 Insolvenz der GmbH 2014 Inanspruchnahme des Klägers Anteiliges Stammkapital B-GmbH (50 %) 12.500,00 EUR Inanspruchnahme aus Bürgschaft der F-Bank 11.748,53 EUR Verwertung des Wertpapierdepots der F-Bank 85.525,00 EUR Inanspruchnahme aus Bürgschaft der G-Bank 110.000,00 EUR Zahlung an Insolvenzverwalter 15.000,00 EUR Zahlung an Vermieter 7.262,81 EUR Summe 247.036,34 EUR Finanzamt Verlustanerkennung i.H.v. 23.631,40 EUR (anteiliges Stammkapital und jeweils hälftige Zahlung an Insolvenzverwalter und Vermieter) FG Düsseldorf Teilweise Stattgabe der Klage (Stammkapital 60 % von 12.5000 EUR sowie Verluste nach § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 EStG (hälftig wegen Rückgriffsanspruch gegen den Bruder: Zahlungen an die Banken, Verwertung der Wertpapierdepots, Zahlungen an Vermieter und Insolvenzverwalter) 2. Entscheidung und Begründung Der BFH wies die Rev. des Finanzamts als unbegründet zurück. Die Berücksichtigung eines Verlusts des Klägers nach § 17 Abs. 1, 4 EStG i.H.v. 7.500 EUR (hälftiges Stammkapital zu 60 %) ist unstreitig. Der Ausfall der Bürgschaftsregressforderungen i.H.v. 114.769 EUR ist als Verlust des Klägers nach § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 7 EStG zu berücksichtigen. Das Vorliegen einer Einkünfteerzielungsabsicht ist im Grundsatz auch bei den Einkünften aus KapV i.S.d. § 20 EStG grds. für jede einzelne Kapitalanlage getrennt zu prüfen. Allerdings bedarf es in Fällen wie dem vorliegenden einer „Gesamtbetrachtung“ von Beteiligung und Bürgschaft/Regressforderung. Danach sind die gesamten „aus der Beteiligung“ erzielten Einkünfte maßgebend, d.h. sowohl Wertsteigerungen als auch Ausschüttungen. Das Fehlen einer Bürgschaftsprovision allein führt nicht zu einer anderen Beurteilung. § 20 Abs. 8 S. 1 EStG steht der Verlustberücksichtigung nicht entgegen. Die in § 20 Abs. 8 S. 1 EStG geregelte Sperrwirkung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb (nach § 17 EStG) erstreckt sich nur auf den von § 17 EStG positiv erfassten Forderungsverlust nach gesellschaftsrechtlicher Verstrickung der Bürgschaft (hier: 0 EUR), nicht aber auf den zuvor eingetretenen Wertverlust. Damit fällt der bis zum Eintritt der Krise eingetretene Wertverlust im Unterschied zu der vor Einführung der Abgeltungsteuer geltenden Rechtslage nicht mehr in der (steuerlich unbeachtlichen) privaten Vermögenssphäre an. Die auf der Grundlage der Zahlungs- und Verzichtsvereinbarungen geleisteten Zahlungen des Klägers können aufgrund der hälftigen Ausgleichsansprüche ggü. seinem Bruder (§ 426 BGB) nur zur Hälfte berücksichtigt werden. III. Anmerkungen 1. Abgrenzung § 17 Abs. 1, 4 und § 20 Abs. 2 EStG Für die Beurteilung der steuerlichen Berücksichtigung der Inanspruchnahme des Klägers ist entscheidend, ob die Bürgschaftsregress- und sonstigen Gläubigerforderungen (nur) nach § 17 Abs. 1, 4 oder nach § 20 Abs. 2 EStG steuerbar sind. Das Finanzamt hatte sich im Streitfall darauf berufen, dem Grunde nach lägen nachträgliche Anschaffungskosten vor, selbst wenn die Rückgriffsforderung gegen die GmbH wegen deren Vermögenslosigkeit bei Eintritt der Krise mit „Null“ zu bewerten sei, sodass die Anwendung des § 20 Abs. 2 EStG durch § 20 Abs. 8 S. 1 EStG gesperrt sei. Dem hat der BFH klar widersprochen. Finde der Ausfall der Regressforderung aufgrund der Vermögenslosigkeit der GmbH auch bei Anwendung der Vertrauensschutzregelung nach Maßgabe des BFH-Urt. v. 11.7.2017 i.R.d. § 17 Abs. 1, 4 EStG keine Berücksichtigung, stehe die Subsidiaritätsklausel des § 20 Abs. 8 EStG einer Berücksichtigung der Forderung mit ihrem nicht werthaltigen Teil (Nennwert) nach § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 7, S. 2, Abs. 4 EStG nicht entgegen. Die in § 20 Abs. 8 S. 1 EStG geregelte Sperrwirkung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb (nach § 17 EStG) erstreckt sich - entgegen der Ansicht des Finanzamts - nur auf den von § 17 EStG positiv erfassten Forderungsverlust nach gesellschaftsrechtlicher Verstrickung der Bürgschaft, nicht aber auf den zuvor eingetretenen Wertverlust. Nur „soweit“ Anschaffungskosten als Teil der Veräußerungseinkünfte i.S.d. § 20 Abs. 2 EStG (im Zusammenhang mit der Bürgschaftsregressforderung) zu den Anschaffungskosten als Teil der Veräußerungseinkünfte i.S.d. § 17 EStG (im Zusammenhang mit der GmbH-Beteiligung) gehören, ist § 20 Abs. 2 EStG nach dem Wortlaut des § 20 Abs. 8 EStG nach Auffassung des BFH anwendungsgesperrt. Sind die nachträglichen Anschaffungskosten auf die Gesellschaftsbeteiligung im Zeitpunkt der Verstrickung mit „Null“ anzusetzen, steht dies der Nichtanwendbarkeit des § 17 EStG a.F. für diesen Ausfallverlust gleich. Damit fällt nach Auffassung des BFH der bis zum Eintritt der Krise eingetretene Wertverlust im Unterschied zu der vor Einführung der Abgeltungsteuer geltenden Rechtslage nicht mehr in der steuerlich unbeachtlichen Privatsphäre an und ist i.R.d. § 20 Abs. 2 EStG zu berücksichtigen. Beratungshinweis: Vertrauensschutzregelung Die Vertrauensschutzregel für bis zum 27.9.2017 gewährte Darlehen seitens des Stpfl. ist nach Auffassung des BFH nicht zwingend in Anspruch zu nehmen. Vielmehr besteht ein Wahlrecht . Führt die geänderte Rspr. zu einem steuerlich günstigeren Ergebnis, insb. zu einem voll ausgleichsfähigen Verlust i.S.d. § 20 Abs. 2 Nr. 7 EStG, sollte regelmäßig auf die Anwendung der Vertrauensschutzregelung verzichtet werden. 2. Einkünfteerzielungsabsicht I.R.d. § 20 EStG ist das Vorliegen einer Einkünfteerzielungsabsicht im Grundsatz für jede einzelne Kapitalanlage getrennt zu prüfen. Das Finanzamt hatte geltend gemacht, der Kläger habe mangels einer Provisionsvereinbarung für die Bürgschaften nicht dargelegt, dass er durch die Bürgschaften jemals hätte Einkünfte erzielen können. In entsprechender Fortführung seiner Überlegungen zur Gesamtbetrachtung bei Agio-Zahlungen auf GmbH-Geschäftsanteile in der Entscheidung vom 3.5.2023 hat der IX. Senat auch i.R.d. § 20 Abs. 2 EStG einer derart engen Betrachtung eine klare Absage erteilt. Es bedürfe vielmehr in Fällen wie dem vorliegenden einer „ Gesamtbetrachtung“ von Beteiligung und Bürgschaft/Regressforderung. Dies wird letztlich auch von der FinVerw nicht bestritten und entspricht auch der herrschenden Meinung im Schrifttum. Danach sind die gesamten „aus der Beteiligung“ erzielten Einkünfte maßgebend, d.h. sowohl Wertsteigerungen als auch Ausschüttungen (§ 17 Abs. 1, 4; § 20 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 7 EStG). Von einer fehlenden Einkünfteerzielungsabsicht ist nur dann auszugehen, wenn die Erzielung von positiven Einkünften insg. ausscheidet. 3. Innenausgleich Die lediglich hälftige Anerkennung der auf der Grundlage der Zahlungs- und Verzichtsvereinbarungen geleisteten Zahlungen des Klägers ist letztlich eine nur konsequente Fortführung der bisherigen Rspr. Danach ist bei der Ermittlung des Gewinns oder Verlusts i.S.d. § 17 Abs. 2 und 4 EStG die Inanspruchnahme eines Gesellschafters aus einer Bürgschaft dann nicht ohne Weiteres in voller Höhe zu berücksichtigen, wenn sich mehrere Bürgen für dieselbe Schuld verbürgt haben. Zwar kann der Gläubiger die Zahlung gem. § 421 BGB von jedem Bürgen fordern, sodass dieser grds. auch mit seiner vollen Inanspruchnahme rechnen muss. Da die Bürgen als Gesamtschuldner im Innenverhältnis aber grundsätzlich zu gleichen Anteilen verpflichtet sind (§ 426 Abs. 1 BGB), erwirbt der Bürge, der eine über seinen Anteil hinausgehende Zahlung leistet, beim Fehlen anderweitiger Vereinbarungen einen Ausgleichsanspruch (§ 426 Abs. 2 BGB). Ein Bürge - hier der Kläger - ist deshalb bei einer seinen Anteil übersteigenden Zahlung wirtschaftlich nur dann belastet, wenn gleichzeitig feststeht, dass die Ausgleichsforderung gegen den oder die anderen Gesamtschuldner (Mitbürgen) nicht realisierbar und damit wertlos ist. Beratungshinweis: Ausgestaltung der Bürgschaft In der Praxis sollten die Gesellschafter sich bemühen, keine gesamtschuldnerische Bürgschaft zu übernehmen, sondern jeweils nur teilschuldnerische Bürgschaften mit entsprechend reduzierten Höchstbeträgen. Übernehmen die Gesellschafter hierbei unterschiedliche Höchstbeträge, richtet sich die Höhe des Innenausgleichs grds. nach dem Verhältnis der mit den Bürgschaften jeweils übernommenen Höchstbeträgen, nicht jedoch dem Verhältnis der jeweiligen Gesellschaftsanteile. BMF-Schr. v. 8.6.1999 - IV C 2 - S 2244-12/99, BStBl I 1999, 545 MoMiG v. 29.10.2008, BGBl I 2008, 2026 Vgl. zum Systemwechsel Desens, DStR 2019, 1071 BFH-Urt. v. 11.7.2017 - IX R 36/15, BStBl II 2019, 208; vgl. auch Bolz, AktStR 2019, 111 LfSt Nds. v. 27.4.2018 - S 2244 118-St 244, StEd 2018, 332, SIS 180707 BFH-Urt. v. 11.10.2017 - IX R 29/16, BFH/NV 2018, 451 sowie BFH-Urt. v. 11.10.2017 - IX R 51/15, BFH/NV 2018, 329; nochmals bestätigt durch BFH-Urt. v. 2.7.2019 - IX R 13/18, BStBl II 2020, 89 BMF-Schr. v. 5.4.2019 - IV C 6 - S 2244/17/10001, BStBl I 2019, 257 Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften v. 12.12.2019, BGBl I 2019, 2451 Hervorhebungen des Verfassers BMF-Schr. v. 7.6.2022 - IV C 6 - S 2244/20/10001:001, BStBl I 2022, 897 Vgl. dazu auch Perschon, AktStR 2022, 447 Vgl. u.a. BFH-Urt. v. 19.8.2008 - IX R 63/05, BStBl II 2009, 5 m.w.N. BMF-Schr. v. 7.6.2022 - IV C 6 - S 2244/20/10001:001, BStBl I 2022, 897, Rz 22 f. FG Düsseldorf, Urt. v. 11.11.2021 - 14 K 2330/19 E, EFG 2022, 394 BFH-Urt. v. 11.7.2027 - IX R 36/15, BStBl II 2019, 208 Vgl. auch Krumm, FR 2020, 197, 205; Jachmann-Michel, BB 2020, 727, 734; Werth, FR 2020, 530, 542; Rund/Junkers, GmbHR 2020, 355, 358; Graw, DB 2020, 690, 697; Deutschländer, NWB 2022, 2288, 2290; wohl auch Weber-Grellet, DB 2021, 81, 86; BMF-Schr. v. 7.6.2022 - IV C 6 - S 2244/20/10001:001, BStBl I 2022, 897, Rz 17, 21 Vgl. Pressemitteilung Nr. 60/2017 des BFH v. 27.9.2017 Vgl. dazu auch FG Münster, Urt. v. 3.11.2021 - 13 K 3187/19 E, EFG 2022, 325 rkr. BFH-Urt. v. 3.5.2023 - IX R 12/22, DStR 2023, 1763 BMF-Schr. v. 7.6.2022 - IV C 6 - S 2244/20/10001:001, BStBl I 2022, 897, Rz 22 Jachmann-Michel, BB 2020, 727, 734; Krumm, FR 2020, 197, 206; Werth, FR 2020, 530, 536; Levedag, GmbHR 2021, 637, 639 BFH-Urt. v. 1.7.2003 - VIII R 71/02, BFH/NV 2003, 1398 Vgl. dazu BGH Urt. v. 27.9.2016 - XI ZR 81/15, NJW 2017, 557
mehr...
Schenkungsteuerliche Zuwendung unter Ehegatten
Dr. Norbert Bolz, Richter am FG, Hannover
Jahrgang: 2017 . Seite: 109
1. Ein Einzelkonto/-depot ist auch bei Eheleuten - im Gegensatz zu einem Gemeinschaftskonto - grundsätzlich allein dem Kontoinhaber zuzurechnen. 2. Überträgt ein Ehegatte den Vermögensstand seines Einzelkontos/-depots unentgeltlich auf das Einzelkonto/-depot des anderen Ehegatten, trägt der zur Schenkungsteuer herangezogene Ehegatte die Feststellungslast für Tatsachen, die der Annahme ...
mehr...
Abfindungszahlung an den weichenden Erbprätendenten
Prof. Dr. Bert Kaminski, Helmut Schmidt Universität - Universität der Bundeswehr Hamburg
Jahrgang: 2017 . Seite: 125
Eine Abfindungszahlung, die der Erbe an den weichenden Erbprätendenten zur Beendigung eines gerichtlichen Rechtsstreits wegen Klärung der Erbenstellung entrichtet, ist als Nachlassverbindlichkeit abzugsfähig. BFH-Urt. v. 15.6.2016 - II R 24/15, BFH/NV 2016, 1638 I. Vorbemerkungen 1. ...
mehr...
1
2
3