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AktStR: Dipl.-Finw. Markus Perschon, Steuerberater, Escheburg, 2020 S. 137: Herstellungskosten und Erhaltungsaufwand bei Abwasserkanalsanierung Herstellungskosten und Erhaltungsaufwand bei Abwasserkanalsanierung Dipl.-Finw. Markus Perschon, Steuerberater, Escheburg Jahrgang: 2020 . Seite: 137 Zur PDF-Fassung dieses Beitrages. 1. Aufwendungen für die (Erst- oder Zweit-)Herstellung von Zuleitungsanlagen eines Gebäudes zum öffentlichen Kanal gehören zu den Herstellungskosten des Gebäudes, soweit die Kosten für Anlagen auf privatem Grund und nicht für Anlagen der Gemeinde außerhalb des Grundstücks entstanden sind. 2. Aufwendungen für die Ersetzung, Modernisierung oder (ggf. teilweise) Instandsetzung einer vorhandenen und funktionsfähigen Kanalisation sind demgegenüber - als Werbungskosten oder Betriebsausgaben - sofort abziehbar, da sie weder zu den Anschaffungs- noch zu den Herstellungskosten zählen, sondern lediglich der Erhaltung des Grundstücks dienen. BFH-Urt. v. 3.9.2019 - IX R 2/19, BFH/NV 2020, 400 I. Vorbemerkungen 1. Allgemeines a) Anschaffungs-/Herstellungskosten vs. Erhaltungsaufwand Die Abgrenzung von Anschaffungs-, Herstellungskosten und sofort abzugsfähigen Erhaltungsaufwendungen i.Z.m. der Ermittlung von Einkünften aus VuV  ist eine für die Beratungspraxis herausragende Problemstellung. Beratungshinweis: Zinsrisiko in der Beratungspraxis Erfolgt hier eine unzutreffende steuerliche Qualifikation durch den steuerlichen Berater, wird von Mandanten die Frage aufgeworfen werden, wer für einen evtl. eingetretenen Zinsschaden haftet. Daher sollte eine genaue Prüfung des tatsächlich realisierten Sachverhalts erfolgen. Für die Beurteilung, ob Anschaffungs- oder Herstellungskosten vorliegen, sind auch in diesem Bereich die in § 255 Abs. 1 und Abs. 2 HGB definierten handelsrechtlichen Begriffe maßgeblich.  Neben den originären Anschaffungs- und Anschaffungsnebenkosten  spielen insb. auch Aufwendungen zur Versetzung in einen betriebsbereiten Zustand, die nach § 255 Abs. 1 S. 1 2. Halbsatz HGB ebenfalls zu Anschaffungskosten führen, eine Rolle. Bei der Ermittlung von Herstellungskosten können insb. durch Erweiterungsmaßnahmen oder eine über den ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserungnachträgliche Herstellungskosten entstehen.  Beratungshinweis: Anwendung der handelsrechtlichen Regelungen Obwohl es keine gesetzliche Regelung vergleichbar dem § 5 Abs. 1 EStG als Maßgeblichkeit der handelsrechtlichen GoB gibt, werden diese handelsrechtlichen Regelungen für die Einkünfte aus VuV entsprechend angewendet. Führen Aufwendungen nach § 255 Abs. 1 und 2 HGB nicht zu Anschaffungs- oder Herstellungskosten, ist für steuerliche Zwecke außerdem § 6 Abs. 1 Nr. 1 a EStG - sog. anschaffungsnahe Herstellungskosten - zu beachten. Danach können Aufwendungen, die die handelsrechtlichen Voraussetzungen für Anschaffungs- oder Herstellungskosten nicht erfüllen, steuerlich entsprechend zu berücksichtigen sein. § 6 Abs. 1 Nr. 1 a EStG ist auch auf Überschusseinkünfte - und damit auch auf Einkünfte aus VuV - anzuwenden.  Beratungshinweis: Bedeutung dieser Abgrenzung Diese Abgrenzungsgrundsätze gelten nicht nur für die Einkünfte aus § 21 EStG, sondern auch in gleicher Weise für eine Berücksichtigung im betrieblichen Bereich, also der Frage einer möglichen Aktivierung oder Berücksichtigung als Aufwand.  Soweit danach keine Anschaffungs- oder Herstellungskosten anzunehmen sind, liegen Erhaltungsaufw endungen vor, die bei entsprechender Einkünfteerzielung(sabsicht) im VZ der Verausgabung als sofort abzugsfähige Werbungskosten zu berücksichtigen sind. Größere Erhaltungsaufwendungen können abweichend auf zwei bis fünf Jahre verteilt werden, wenn das Gebäude nicht zu einem Betriebsvermögen gehört und überwiegend Wohnzwecken dient.  b) Aufwendungen zur Versetzung in einen betriebsbereiten Zustand Im Zusammenhang mit der Anschaffung eines Gebäudes führen nach § 255 Abs. 1 S. 1 HGB auch Aufwendungen zur Versetzung in einen betriebsbereiten Zustand zu Anschaffungskosten. Somit ist im Zeitpunkt des Erwerbs stets zu prüfen, ob das Gebäude bzw. der Grund und Boden bereits betriebsbereit ist, da dann keine Aufwendungen zur Versetzung in einen betriebsbereiten Zustand anfallen können. Ein Gebäude ist betriebsbereit, wenn es entsprechend seiner Zweckbestimmung genutzt werden kann.  Neben der objektiven Betriebsbereitschaft, also ob das Gebäude für seine allgemeine Zweckbestimmung als räumliche Umschließung zum Aufenthalt von Menschen und Schutz vor Witterungseinflüssen  funktionstüchtig ist, ist auch die subjektive Betriebsbereitschaft, also die Frage der konkreten Zweckbestimmung durch den Erwerber zu prüfen. Zur subjektiven Zweckbestimmung eines Gebäudes, das Wohnzwecken dient, gehört auch die Entscheidung, welchem Standard es entsprechen soll (sehr einfacher, mittlerer oder sehr anspruchsvoller Standard). Hierzu hat der BFH die sog. "Drei-Bündel-Theorie " oder "F.E.S.H. -Theorie " entwickelt. Eine Steigerung des Wohnstandards setzt danach voraus, dass die Kernbereiche der Ausstattung einer Wohnung wesentlich verbessert werden. Das ist der Fall, wenn bei mind. drei der Bereiche Heizung, Sanitär- und Elektroinstallation sowie Fenster der Nutzungswert durch die Baumaßnahmen deutlich gesteigert wird. Reparaturen oder auch das Ersetzen des Vorhandenen durch Gleichwertiges in zeitgemäßer Form erweitern den Nutzungswert hingegen nicht.  c) Aufwendungen zur Erweiterung Aufwendungen für Maßnahmen, die zu einer Vergrößerung der nutzbaren Fläche eines Gebäudes führen, sind auch dann stets als Herstellungskosten zu beurteilen, wenn die Fläche nur geringfügig vergrößert wird.  Damit führt nicht nur eine Aufstockung oder ein Anbau, sondern u.a. auch der Bau einer vorher nicht vorhandenen Dachgaube , einer Terrasse, der Anbau eines Balkons oder der Ersatz eines Flachdachs durch ein Satteldach  mit Entstehung eines Dachraums zu einer Erweiterung i.S.d. § 255 Abs. 2 HGB. Ohne Vergrößerung der nutzbaren Fläche liegen Aufwendungen für eine Erweiterung und damit Herstellungskosten vor, wenn das Gebäude in seiner Substanz vermehrt wird. Dies ist anzunehmen, wenn die durch die Maßnahme geschaffene Funktion "neu" ist. Eine Erweiterung in diesem Sinne kann z.B. beim erstmaligen Einbau einer Alarmanlage, eines Badezimmers, einer Außentreppe, einer Sonnenmarkise oder einer Treppe zum Spitzboden vorliegen.   Keine Erweiterung liegt hingegen vor, wenn die Funktion bereits vorhanden war und nur durch eine neue - zeitgemäße - Anlage bzw. Gebäudeteil ersetzt wird, wie es z.B. bei der Umstellung einer Heizungsanlage oder der Anbringung einer zusätzlichen Fassadenverkleidung (Wärmedämmung) der Fall ist.  d) Aufwendungen für eine über den ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung Aufwendungen für eine über den ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung führen nach § 255 Abs. 2 HGB zu Herstellungskosten. Eine wesentliche Verbesserung ist anzunehmen, wenn die Maßnahmen zur Instandsetzung und Modernisierung eines Gebäudes in ihrer Gesamtheit über eine zeitgemäße substanzerhaltende (Bestandteil-)Erneuerung hinausgehen, den Gebrauchswert des Gebäudes insg. deutlich erhöhen und damit für die Zukunft eine erweiterte Nutzungsmöglichkeit geschaffen wird. Beratungshinweis: Deutliche Erhöhung Von einer deutlichen Erhöhung des Gebrauchswerts ist z.B. auszugehen, wenn der Gebrauchswert des Gebäudes (Nutzungspotenzial) von einem sehr einfachen auf einen mittleren oder von einem mittleren auf einen sehr anspruchsvollen Standard gehoben wird. Für die Frage, ob eine Standardhebung vorliegt, ist die unter I.1 b) dargestellte "Drei-Bündel-Theorie" bzw. "F.E.S.H."-Theorie zu beachten.  Entscheidend ist außerdem, dass es sich um eine über den ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung handelt. Ursprünglicher Zustand ist dabei grds. der Zustand des Gebäudes im Zeitpunkt der Herstellung oder Anschaffung durch den Stpfl. oder seinen Rechtsvorgänger im Falle des unentgeltlichen Erwerbs. Erforderlich ist danach ein Vergleich des Zustands des Gebäudes, in dem es sich bei Herstellung oder Anschaffung befunden hat, mit dem Zustand, in den es durch die vorgenommenen Instandsetzungs- oder Modernisierungsarbeiten versetzt worden ist. Herstellungskosten liegen dementsprechend nicht vor, wenn ein Gebäude durch die Ersetzung einzelner Bestandteile oder Instandsetzungs- oder Modernisierungsmaßnahmen an dem Gebäude als Ganzem lediglich in ordnungsgemäßem Zustand entsprechend seinem ursprünglichen Zustand erhalten oder dieser in zeitgemäßer Form wiederhergestellt wird. Dem Gebäude wird i.d.F. nur der zeitgemäße Wohnkomfort wiedergegeben, den es ursprünglich besessen, aber durch den technischen Fortschritt und die Veränderung der Lebensgewohnheiten verloren hat.  Beratungshinweis: Dokumentation des ursprünglichen Zustands Insb. bei Wohngebäuden werden Modernisierungs- und Instandhaltungsmaßnahmen oft geballt nach längerer Zeit vorgenommen. Aufgrund der dann hohen Aufwendungen kommt es immer wieder zu Streitigkeiten mit der FinVerw. Für die Praxis ist daher dringend zu empfehlen, den Zustand im Erwerbs- bzw. Fertigstellungszeitpunkt zu dokumentieren. Gutachten oder Verkaufsexposés sollten aufgehoben werden, um später belegen zu können, dass lediglich der zeitgemäße Wohnkomfort wiederhergestellt wurde. Auch die Einordnung in den Mietenspiegel kann ein Indiz für den Ausstattungsstandard des Objektes liefern. e) Anschaffungsnahe Herstellungskosten Zu den steuerlichen Herstellungskosten eines Gebäudes gehören neben den handelsrechtlichen Herstellungskosten nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 a S. 1 EStG auch Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden, wenn die Aufwendungen ohne die Umsatzsteuer 15 % der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen (anschaffungsnahe Herstellungskosten). Aufwendungen für Erweiterungen i.S.d. § 255 Abs. 2 S. 1 HGB sowie Aufwendungen für Erhaltungsarbeiten, die jährlich üblicherweise anfallen, sind nicht in die Berechnung der 15 %-Grenze einzubeziehen. Mit drei Urt. v. 14.6.2016  hat der BFH u.a. klargestellt, dass sowohl Aufwendungen für Schönheitsreparaturen als auch Aufwendungen für die Versetzung in einen betriebsbereiten Zustand, die bereits ohnehin nach § 255 Abs. 1 HGB zu Anschaffungskosten führen, in die Berechnung der 15 %-Grenze einzubeziehen sind.  Dagegen sind Kosten für (unvermutete) Instandsetzungsmaßnahmen zur Beseitigung eines Substanzschadens, der nachweislich erst nach Anschaffung des Gebäudes durch das schuldhafte Handeln eines Dritten verursacht worden ist, nicht zu berücksichtigen.  2. Erschließungs-, Anliegerbeiträge und Anschlusskosten In der Rezensionsentscheidung ging es um die Behandlung von Aufwendungen für eine Erschließungsanlage (Abwasserkanal). Aufwendungen für Erschließungsanlagen wie Straßen, Wege, Trinkwasser-, Abwasser-, Strom- oder Gasleitungen können nach den o.g. Grundsätzen sowohl zu originären bzw. nachträglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten als auch zu Aufwendungen für eine Erweiterung i.S.v. Herstellungskosten, zu Aufwendungen zur Versetzung in einen betriebsbereiten Zustand, zu anschaffungsnahen Herstellungskosten oder zu sofort abzugsfähigen Erhaltungsaufwendungen führen. Außerdem ist zu differenzieren, ob die Aufwendungen - soweit es sich um Anschaffungs- oder Herstellungskosten handelt - dem Gebäude oder dem keiner Absetzung für Abnutzung zugänglichen Grund und Boden zuzurechnen sind. 3. Vom BFH zu entscheidende Rechtsfrage Der BFH hatte über folgende Frage zu entscheiden: Sind Aufwendungen für die verpflichtende Erneuerung des durch Wurzeleinwuchs beschädigten Anschlusskanals für Mischwasser vom auf dem eigenen Grundstück befindlichen Revisionsschacht bis hin zum sich auf dem öffentlichen Grund unter der Straße befindlichen Hauptkanal im Zuge eines Abrisses eines Einfamilienhauses und Neubaus eines zur Vermietung vorgesehenen Zweifamilienhauses als Herstellungskosten des neugebauten Gebäudes oder als sofort abzugsfähige Erhaltungsaufwendungen zu qualifizieren? II. BFH-Urt. v. 3.9.2019 - IX R 2/19, BFH/NV 2020, 400 1. Sachverhalt Der Kläger A (natürliche Person) erzielte im Streitjahr 2014 u.a. Einkünfte aus VuV. Nachdem zugunsten des A im Jahr 2010 ein Erbbaurecht an einem mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstück bestellt wurde, ließ er das Gebäude abreißen und ein Zweifamilienhaus errichten. Nach zwischenzeitlicher Insolvenz der Baufirma wurde das neue Gebäude im Jahr 2016 fertiggestellt und vermietet. Für die Beseitigung eines Schadens an einem bereits vorhandenen Abwasserkanal auf öffentlichem Grund, die Erneuerung und den Anschluss des Kontrollschachts auf seinem Grundstück sowie Hauseinführung des Abwasserrohrs in das neue Gebäude machte A im Streitjahr insg. 10.070 EUR als vorweggenommene Werbungskosten i.Z.m. dem neuen Zweifamilienhaus geltend. 535,50 EUR davon entfielen auf die Hauseinführung des Abwasserrohrs. Den durch Wurzeleinwuchs entstandenen Schaden in dem Kanal vom öffentlichen Straßenkanal bis einschließlich der ersten Reinigungs- bzw. Prüföffnung auf dem Grundstück hatte die Stadt im Zusammenhang mit einem Antrag des Klägers auf Einleitung von Abwasser in die öffentliche Abwasseranlage festgestellt und den Kläger zur Sanierung des Anschlusskanals durch Setzen eines "Schlauchliners"  auf eigene Kosten aufgefordert. Der vorhandene Abwasserkanal wurde nach Angaben des Klägers auch vor seiner Sanierung während der Bauphase des Zweifamilienhauses zur Ableitung von Grundwasser genutzt. Das Finanzamt erkannte die Aufwendungen für die Sanierung des Abwasserkanals nicht als vorweggenommene Werbungskosten an. Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das FG Düsseldorf  vertrat die Auffassung, dass es sich um Herstellungskosten des Zweifamilienhauses handelt, da die Kanalleitungen ohne die Beseitigung des Wurzeleinwuchses im Anschlusskanal für den Neubau nicht hätten genutzt werden können und wies die Klage entsprechend ab. Sachverhalt in tabellarisch zusammengefasster Form Streitjahr 2014 Kläger Natürliche Person 2010 Bestellung eines Erbbaurechts zugunsten des Klägers, Abriss eines vorhandenen Einfamilienhauses 2013 - 2016 Errichtung eines Zweifamilienhauses, Vermietung ab Fertigstellung in 2016 2014 Sanierungskosten i.H.v. 10.070 EUR für vorhandenen und funktionstüchtigen, durch Wurzeleinwuchs beschädigten Abwasserkanal z.T. auf öffentlichem, z.T. auf privatem Grund aufgrund behördlicher Auflage und Hauseinführung in den Neubau (anteilig 535,35 EUR) Kläger Berücksichtigung vorweggenommener Werbungskosten i.H.v. 10.070 EUR Finanzamt Kein Ansatz vorweggenommener Werbungskosten FG Nach erfolglosem Einspruch weist das FG die Klage als unbegründet ab und geht insg. von Herstellungskosten des Neubaus aus 2. Entscheidung und Begründung Auf die Rev. des Klägers hat der BFH das Urteil der Vorinstanz  aufgehoben und der Klage teilweise stattgegeben: Aufwendungen für die (Erst- oder Zweit-)Herstellung von Zuleitungsanlagen eines Gebäudes zum öffentlichen Kanal (sog. Hausanschlusskosten) gehören einschließlich der sog. Kanalstichgebühr grds. zu den Herstellungskosten des Gebäudes, soweit die Kosten für Anlagen auf privatem Grund entstanden sind. Aufwendungen für Ersatz, Modernisierung oder (teilweise) Instandsetzung einer vorhandenen und funktionsfähigen Kanalisation dienen der Erhaltung und führen zu sofort abzugsfähigen Erhaltungsaufwendungen unabhängig davon, ob sie für Anlagen auf öffentlichem oder privatem Grund anfallen. Die Verbindung eines Abwasserkanals (hier: Aufwendungen i.H.v. 535,35 EUR) mit einem neuen Gebäude führt zu Herstellungskosten des Gebäudes. III. Anmerkungen 1. Allgemeines Die Rezensionsentscheidung ist für die Praxis sehr hilfreich, da der BFH seine Entscheidung ausführlich begründet. Sie ermöglicht damit über den entschiedenen Fall hinaus eine Zuordnung der Aufwendungen für Erschließungsmaßnahmen zu den Anschaffungskosten, Herstellungskosten für das Gebäude bzw. den Grund und Boden sowie zu den sofort abzugsfähigen Erhaltungsaufwendungen. Der BFH unterscheidet in der Rezensionsentscheidung zwischen: Erschließungsbeiträgen im engeren Sinne, sonstigen Anliegerbeiträgen und Anschlusskosten. Erschließungsbeiträge im engeren Sinne sind die Beiträge, die von Gemeinden zur Deckung ihres anderweitig nicht gedeckten Aufwands für Erschließungsanlagen wie öffentliche Straßen, Wege und Plätze sowie Immissionsschutzanlagen erhoben werden können.  Es handelt sich dabei um Anlagen auf öffentlichem Grund. Sonstige Anliegerbeiträge sind Aufwendungen, die der Grundstückseigentümer aufgrund öffentlich-rechtlicher Gesetzesgrundlagen als öffentliche Lasten tragen muss. Dazu zählen insb. auch Kanalanschlussgebühren. Diese Aufwendungen betreffen damit ebenfalls Anlagen auf öffentlichem Grund. Anschlusskosten sind Aufwendungen, die anfallen, um das Grundstück an das bestehende Abwasser- und Versorgungsnetz anzuschließen. Es handelt sich dabei um die konkreten (Bau-)Kosten für das Legen des Anschlusses an die entsprechende Erschließungsanlage (Kanal, Versorgungsleitung), die sich i.d.R. unter der am Grundstück vorbeiführenden öffentlichen Straße befindet. Die Aufwendungen betreffen im Wesentlichen Maßnahmen auf dem privaten Grund. 2. Erschließungs- und Anliegerbeiträge Erschließungs- und Anliegerbeiträge für eine erstmalige Erschließungsmaßnahme führen grds. zu Anschaffungskosten des Grund und Bodens, weil der erstmalige Anschluss an öffentliche Einrichtungen die abstrakte Nutzbarkeit des Gebäudes und damit dessen Wert erhöht. Das Grundstück wird dadurch baureif gemacht, sodass von Aufwendungen zur Versetzung in den betriebsbereiten Zustand i.S.d. § 255 Abs. 1 HGB auszugehen ist. Als Grundvoraussetzung für die Bebaubarkeit des Grundstücks führen sie daher nicht zu den Herstellungskosten des Gebäudes. Erschließungs- oder Anliegerbeiträge für eine nachträgliche Erschließungsmaßnahme sowie eine Zweiterschließung können hingegen zu sofort abzugsfähigen Aufwendungen führen, wenn der Zustand des Grundstücks nicht verändert wird, weil sich die bisherige bereits vorhandene Erschließung nicht wesentlich von der bisherigen Erschließung unterscheidet. Hierunter fallen insb. Erschließungs- und Anliegerbeiträge, die für Sanierungsmaßnahmen öffentlicher Anlagen von den Grundstückseigentümern erhoben werden. 3. Anschlusskosten Im Gegensatz zu Erschließungs- und Anliegerbeiträgen führen erstmalige Anschlusskosten, wie z.B. die erstmalige Herstellung von Zuleitungsanlagen auf privatem Grund, nicht zu Anschaffungskosten des Grund und Bodens, sondern zu Herstellungskosten des Gebäudes, da diese Aufwendungen die Nutzbarkeit des Gebäudes betreffen. Die entsprechenden Anlagen auf privatem Grund stellen unselbstständige Gebäudeteile dar. Entsprechend den allgemeinen Grundsätzen für die Abgrenzung nachträglicher Herstellungskosten i.S.e. Erweiterung nach § 255 Abs. 2 HGB führt die Modernisierung und Instandsetzung vorhandener Anlagen auf privatem Grund daher ebenso wenig zu Herstellungskosten wie der Ersatz einer bereits von der Funktion her vorhandenen Anlage, sodass sofort abzugsfähiger Erhaltungsaufwand für das Gebäude vorliegt. Nach der Rezensionsentscheidung sind nunmehr auch dann Erhaltungsaufwendungen anzunehmen, wenn eine vorhandene funktionsfähige Anlage im Zuge des Neubaus eines Gebäudes saniert wird. Lediglich der konkrete Anschluss des Kanals durch Kernbohrung an das neue Gebäude führt zu Herstellungskosten des Gebäudes. Beratungshinweis: Funktionsfähigkeit des Abwasserkanals M.E. wäre die Entscheidung des BFH anders ausgefallen, wenn der Abwasserkanal nicht nur beschädigt, sondern insg. nicht mehr funktionsfähig gewesen wäre. In diesem Fall wäre zwar der Neubau des Kanals in Bezug auf ein bestehendes Gebäude (unselbstständiger Gebäudeteil) als Werbungskosten zu beurteilen, m.E. jedoch nicht bei Neubau eines Gebäudes (= Herstellungskosten des Neubaus). Es ist für die Praxis wichtig, im Zweifel die Funktionsfähigkeit der vorhandenen Anlagen nachweisen zu können.      § 21 Abs. 1 Nr. 1 EStG       BFH-Beschl. v. 4.7.1990 - GrS 1/89, BStBl II 1990, 830       § 255 Abs. 1 S. 2 HGB       § 255 Abs. 2 S. 1 HGB       § 9 Abs. 5 S. 2 EStG       St. Rspr., BFH-Beschl. v. 4.7.1990 - GrS 1/89, BStBl II 1990, 830, 835, zu C.III.1.c)dd); BFH-Urt. v. 9.5.1995 - IX R 116/92, BStBl II 1996, 632, zu I.1.B.; BFH-Urt. v. 17.12.1996 - IX R 47/95, BStBl II 1997, 348; BFH-Urt. v. 12.9.2001 - IX R 52/00, BStBl II 2003, 574, unter II.1; BFH-Urt. v. 11.1.2005 - IX R 15/03, BStBl II 2005, 477, unter II.1.b)       § 82 b Abs. 1 S.1 EStDV       BFH-Urt. v. 12.9.2001 - IX R 39/97, BStBl II 2003, 569; BFH-Urt. v. 22.1.2003 - X R 9/99, BStBl II 2003, 596       BFH-Urt. 28.5.2003 - II R 41/01, BStBl II 2003, 693       Fenster- Elektro- Sanitär- Heizung       BFH-Urt. v. 12.9.2001 - IX R 39/97, BStBl II 2003, 569; BFH-Urt. v. 22.1.2003 - X R 9/99, BStBl II 2003, 596 sowie BMF-Schr. v. 18.7.2003 - IV C 3 - S 2211 - 94/03, BStBl I 2003, 386       BFH-Urt. v. 9.5.1995 - IX R 69/92, BStBl II 1996, 630       BFH-Urt. v. 9.5.1995 - IX R 88/90, BStBl II 1996, 628       BFH-Urt. v. 19.6.1991 - IX R 1/87, BStBl II 1992, 73       BFH-Urt. v. 16.2.1993 - IX R 85/88, BStBl II 1993, 544; BFH-Urt. v. 29.8.1989 - IX R 176/84, BStBl II 1990, 430       BFH-Urt. v. 13.3.1979 - VIII R 83/77, BStBl II 1979, 435; BFH-Urt. v. 24.7.1979 - VIII R 162/78, BStBl II 1980, 7       BFH-Urt. v. 12.9.2001 - IX R 39/97, BStBl II 2003, 569       So schon BFH-Urt. v. 9.5.1995 - IX R 116/92, BStBl II 1996, 632       BFH-Urt. v. 14.6.2016 - IX R 25/14, BStBl II 2016, 992; BFH-Urt. v. 14.6.2016 - IX R 15/15, BStBl II 2016, 996; BFH-Urt. v. 14.6.2016 - IX R 22/15, BStBl II 2016, 996       Vgl. dazu auch BMF-Schr. v. 20.10.2017 - IV C 1 - S 2171 - c/09/10004:006, BStBl I 2017,1447       BFH-Urt. v. 9.5.2017 - IX R 6/16, BStBl II 2018, 9       Hierbei handelt es sich um einen Schlauch, der in ein bestehendes Rohr gesetzt und dann ausgehärtet wird. Durch dieses Verfahren können bestehende Rohre abgedichtet werden, ohne neue Rohre verlegen zu müssen.       FG Düsseldorf, Urt. v. 13.9.2018 - 14 K 3011/17 E, EFG 2019, 879       FG Düsseldorf, Urt. v. 13.9.2018 - 14 K 3011/17 E, EFG 2019, 879       § 127 Abs. 1 und 2 BauGB   

Dirk Krohn, Steueroberamtsrat, Burg/Dithmarschen
Jahrgang: 2020 . Seite: 185
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Prof. Dr. Bert Kaminski, Helmut Schmidt Universität - Universität der Bundeswehr Hamburg
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1. Der vortragsfähige Gewerbeverlust i.S.d. § 10 a GewStG geht unter, wenn zum Schluss des Erhebungszeitraums zwar eine die einkommensteuerrechtliche Existenz des Betriebs unberührt lassende Betriebsunterbrechung ("ruhender Gewerbebetri ...

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1. Trägt das Mitglied eines Aufsichtsrats aufgrund einer nicht variablen Festvergütung kein Vergütungsrisiko, ist es entgegen bisheriger Rechtsprechung nicht als Unternehmer tätig. 2. Ist eine Gutschrift nicht über eine Leistung eines Unternehmers ausgestellt, steht sie einer Rechnung nicht gleich und kann keine Steuerschuld nach § 14 c Abs. 2 UStG begründen. BFH-Urt. v. 27.11.20 ...

Dr. Jörg Grune, Richter am FG, Hannover
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Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH: 1. Steht Art. 168 Buchst. a) i.V.m. Art. 167 MwStSystRL einer nationalen Rspr. entgegen, nach der das Recht auf Vorsteuerabzug in den Fällen, in denen ein Zuordnungswahlrecht beim Leistungsbezug besteht, ausgeschlossen ist, wenn bis zum Ablauf der gesetzlichen Abgabefrist für die Umsatzsteuer- ...

Dr. Michael Messner, Notar, RA, FAStR u. FAErbR, Hannover
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1. Bei einer durch Unterlassen der Anzeige begangenen Hinterziehung von Schenkungsteuer beginnt der Lauf der Hinterziehungszinsen zu dem Zeitpunkt, zu dem das Finanzamt bei ordnungsgemäßer Anzeige und Abgabe der Steuererklärung die Steuer festgesetzt hätte. 2. Der Zeitpunkt für den Beginn des Zinslaufs kann unter Berücksichtigung der bei dem zuständigen Finanzamt durchschnittlich ...

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