AktStR
Vorschriften
Rechtsprechung
Über das AktStR
Heft-Nr.
1 / 2002 (1)
Rubrik
AktStR-Themen (1)
Rechtsgebiet
UmwStG (1)
1
2
3
Einleitung
Prof. Dr. Bert Kaminski, Helmut Schmidt Universität - Universität der Bundeswehr Hamburg
Jahrgang: 2021 . Seite: 1
Nicht nur Ende des Jahres 2020, sondern auch im Verlauf des Jahres 2020 erfolgte eine Vielzahl von Rechtsänderungen, die zumindest teilweise der Bekämpfung der Corona-Pandemie dienten. Im Einzelnen sind die folgenden Gesetze mit steuerlichen Änderungen zu nennen: Verordnung zur Bestimmung von Mindestanforderungen für energetische Maßnahmen bei zu eigenen Wohnzwecken g ...
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Einkommensteuergesetz
Dipl.-Finw. Markus Perschon, Steuerberater, Escheburg|Dipl.-Finw. (FH) Michael Seifert, Steuerberater, Troisdorf
Jahrgang: 2021 . Seite: 7
A. Steuerfreie Einnahmen (§ 3 EStG) I. Ausländische Leistungen, die mit dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz vergleichbar sind (§ 3 Nr. 1 und 2 EStG) Nach § 3 Nr. 2 Buchst. e EStG sind die mit den in § 3 Nr. 1 - 2 Buchst. d EStG genannten Leistungen vergleichbare Leistungen ausländischer Rech ...
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Einkommensteuer-Durchführungsverordnung
Prof. Dr. Bert Kaminski, Helmut Schmidt Universität - Universität der Bundeswehr Hamburg
Jahrgang: 2021 . Seite: 105
Die Regelungen der EStDV wurden einerseits durch die "Fünfte Verordnung zur Änderung steuerlicher Verordnungen" und andererseits durch das JStG 2020 geändert. A. Wirtschaftsjahr bei Land- und Forstwirtschaft (§ 8 c Abs. 2 S. 1 EStDV) Für land- und forstwirtschaftliche Betriebe gilt grds. ein (abweichendes ...
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Körperschaftsteuergesetz
Dirk Krohn, Steueroberamtsrat, Burg/Dithmarschen
Jahrgang: 2021 . Seite: 109
Die bisher im Billigkeitswege gewährte Steuerbefreiung für die vorübergehende Unterbringung von Bürgerkriegsflüchtlingen und Asylbewerbern in Wohnungen von steuerbefreiten Genossenschaften und Vereinen wird in das KStG überführt. I.R.d. JStG 2020 wird der Anwendungsbereich auf alle Wohnungslosen erweitert, so dass neben Bürgerkriegsflüchtlingen und Asylbewerbern z.B. auch Obdachlose von der Regelung erfasst werde ...
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Gewerbesteuergesetz
Dirk Krohn, Steueroberamtsrat, Burg/Dithmarschen
Jahrgang: 2021 . Seite: 111
A. Hinzurechnung von Verlusten aus Beteiligungen an Personengesellschaften bei Lebens- und Krankenversicherungsunternehmen sowie Pensionsfonds (§ 8 Nr. 8 GewStG) § 8 Nr. 8 GewStG gewährleistet, dass sich Verluste eines Gewerbebetriebs im Inland nur einmal und nur in dem Gewerbebetrieb mindernd auf den Gewerbeertrag auswirken, in dem sie entstanden sind. Eine gewerbesteuerliche Doppelerfassung wird vermieden, indem die Verlus ...
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Investmentsteuergesetz
Prof. Dr. Bert Kaminski, Helmut Schmidt Universität - Universität der Bundeswehr Hamburg
Jahrgang: 2021 . Seite: 115
A. Grundlagen des Investmentsteuergesetzes Der deutsche Gesetzgeber hatte bereits mit dem Investmentsteuerreformgesetz zum Jahreswechsel 2017/2018 eine grundlegende Änderung der Besteuerung von Investmentfonds eingeführt. Bis dahin wurde ein Investmentfonds als transparent behandelt. Folglich wurden die erzielten Erträge beim Gesellschaft ...
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Umwandlungssteuergesetz
Dirk Krohn, Steueroberamtsrat, Burg/Dithmarschen
Jahrgang: 2021 . Seite: 123
A. Mehr Zeit für Umwandlungen (§ 2 UmwStG) Bei Verschmelzungen und Spaltungen wird die Umsetzung der Maßnahme von einem sehr wichtigen Detail beherrscht. Als Anlage zur HR-Anmeldung ist die Schlussbilanz des übertragenden Rechtsträgers mit einzureichen. Für diese Bilanz gelten die handelsrechtlichen Vorschriften über die Aufstellung, Prüfung und Feststellung. Gem. § 17 Abs. 2 S. 4 UmwG darf der Stichtag der Schlussbi ...
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Umsatzsteuergesetz
Dr. Jörg Grune, Richter am FG, Hannover
Jahrgang: 2021 . Seite: 127
A. Vorbemerkungen Durch das JStG 2020 hat es im USt-Recht tiefgreifende Änderungen gegeben. Das UStG ist damit inzwischen fast genauso unübersichtlich geworden wie andere Steuergesetze. Allerdings - und das sei dem deutschen Gesetzgeber zugestanden - ist gerade im USt-Recht eine Änderung häufig nicht von ihm zu "verantworten", sondern es handelt sich um Vorgaben der EU, die von den Mitgliedstaaten innerhalb vorgegebener Fristen umzusetzen sin ...
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Abgabenordnung
AktStR: Dr. Michael Messner, Notar, RA, FAStR u. FAErbR, Hannover, 2021 S. 185: Abgabenordnung Abgabenordnung Dr. Michael Messner, Notar, RA, FAStR u. FAErbR, Hannover Jahrgang: 2021 . Seite: 185 Zur PDF-Fassung dieses Beitrages. A. Zuständigkeit in Wegzugsfällen (§ 19 AO) Durch das JStG 2020 wird § 19 Abs. 2 AO um einen Satz 3 wie folgt ergänzt: "Hat ein Steuerpflichtiger seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes aufgegeben und erzielt er im Jahr des Wegzugs keine Einkünfte i.S.d. § 49 des EStG, ist das Finanzamt örtlich zuständig, das nach den Verhältnissen vor dem Wegzug zuletzt örtlich zuständig war." Nach der Grundregel des § 19 Abs. 1 S. 1 AO richtet sich die örtliche Zuständigkeit für die Besteuerung natürlicher Personen nach dem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt. Bei einem Wegzug ins Ausland entfällt dieser Anknüpfungspunkt. Nach § 19 Abs. 2 S. 2 AO richtete sich bislang die örtliche Zuständigkeit für das Jahr des Wegzugs nach dem Ort, an dem die Tätigkeit vorwiegend ausgeübt oder verwertet worden ist. Dies hatte bislang zur Konsequenz, dass vielfach ausschließlich für die letzte Veranlagung des Wegzugsjahrs eine Abgabe an ein Tätigkeitsfinanzamt erforderlich wurde. Um dies in der Zukunft zu vermeiden, sieht die Neuregelung des § 19 Abs. 2 S. 3 AO vor, dass die Zuständigkeit bei ehemals unbeschränkt Stpfl. bei dem nach den letzten maßgeblichen Verhältnissen vor dem Wegzug zuständigen Finanzamt verbleibt, wenn nach dem Wegzug keine Einkünfte i.S.d. § 49 EStG erzielt werden. Beratungshinweis Die Neuregelung erfasst auch die Fälle, in denen nach dem Wegzug noch Steuerveranlagungen für mehrere VZ erfolgen und in gleicher Weise etwaige Änderungsveranlagungen für vergangene VZ durchzuführen sind. B. Finanzrechtsweg bei datenschutzrechtlichen Klageverfahren (§ 32 i AO) Die seit dem 25.5.2018 geltende Vorschrift des § 32 i AO begründet eine Sonderzuständigkeit des Finanzrechtswegs auch für datenschutzrechtliche Klageverfahren. Die Sonderzuweisung an die FG ist vor dem Hintergrund erfolgt, dass in den betreffenden Fällen regelmäßig nicht der Inhalt und Umfang der DSGVO streitig ist, sondern meist darum gestritten wird, ob die Ausnahmetatbestände der §§ 32 a - 32c AO gegeben sind. Diese Vorschriften regeln die Informationspflicht der Finanzbehörden ggü. der betroffenen Person bei Erhebung personenbezogener Daten. Nach bislang überwiegender Rspr. waren Streitigkeiten über den Umfang der Auskunftsansprüche nicht von der gesonderten Rechtswegzuständigkeit nach § 32 i AO erfasst. § 32 i AO regelt, dass die Art. 12 - 15 DSGVO i.V.m. den §§ 32 a - d AO entsprechend gelten, insoweit die betreffende Person oder ein Dritter nach dem Informationsfreiheitsgesetz des Bundes oder eines Landes ggü. der Finanzbehörde einen Anspruch auf Informationszugang hat. § 32 i AO beschränkt diese Ansprüche auf Auskunft und Informationszugang dahingehend, dass der Anspruch nicht über den datenschutzrechtlichen Anspruch auf Auskunft der betroffenen Person selbst hinausgehen darf. Nach bisheriger Auffassung der Rspr. war für derartige Streitigkeiten der Verwaltungsrechtsweg gegeben. Der Erweiterung des § 32 i AO liegt die Überlegung zugrunde, mit einer einheitlichen Zuweisung dieser Spezialmaterie zu den FG eine einheitliche Rspr. in datenschutzrechtlichen Klageverfahren im Anwendungsbereich der AO zu gewährleisten. C. Erweiterung des Katalogs gemeinnütziger Zwecke (§ 52 AO) In § 52 Abs. 2 S. 1 Nr. 8 AO werden durch das JStG 2020 nach dem Wort "Umweltschutzes," die Wörter " einschließlich des Klimaschutz es," eingefügt. Letztlich dürfte es sich hierbei nur um eine politisch gewünschte Klarstellung bzw. Hervorhebung eines Zwecks sein, der auch nach dem eindeutigen gesetzlichen Wortlaut der Änderung und der Verwendung des Begriffs "einschließlich" bereits bisher von der Gemeinnützigkeit des Umweltschutzes umfasst war. In § 52 Abs. 2 S. 1 Nr. 22 AO werden die Wörter "Heimatpflege und Heimatkunde" durch die Wörter " Heimatpflege, Heimatkunde und der Ortsverschönerung" ersetzt. Auch hierdurch werden letztlich bislang in verschiedenen Katalogzwecken enthaltene Aspekte gebündelt, ohne dass hierin eine Erweiterung der Gemeinnützigkeitsregeln zu sehen ist. Darüber hinaus nimmt das Gesetz verschiedene sprachliche Klarstellungen vor; so werden in § 52 Abs. 2 S. 1, 10 AO das Wort "rassisch" durch das Wort "rassistisch" ersetzt und in Nr. 23 nach den Wörtern "des Amateurfunkens" die Wörter "des Freifunks" eingefügt. D. Keine Zeitvorgaben für die Mittelverwendung kleiner steuerbegünstigter Körperschaften (§ 55 AO) Durch die Neuregelung des § 55 Abs. 1 Nr. 5 S. 4 AO i.R.d. JStG 2020 wird die Pflicht zur zeitnahen Mittelverwendung für kleine Körperschaften abgeschafft, deren kumulierte Einnahmen des ideellen Bereichs, des Zweckbetriebs, der Vermögensverwaltung und des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs nicht mehr als 45.000 EUR jährlich betragen. E. Erweiterung der unmittelbaren Zweckverwirklichung (§ 57 AO) Nach der Neuregelung des § 57 Abs. 3 AO durch das JStG 2020 verfolgt eine Körperschaft ihren steuerbegünstigten Zweck auch unmittelbar i.S.d. § 57 Abs. 1 S. 1 AO, wenn sie satzungsgemäß durch plangemäßes Zusammenwirken mit mind. einer weiteren Körperschaft, die im Übrigen die Vor- aussetzungen der §§ 51 - 68 AO erfüllt, einen steuerbegünstigten Zweck verwirklicht. Nach § 57 Abs. 4 AO ist nunmehr gesetzlich klargestellt, dass das Halten und Verwalten von Anteilen an steuerbegünstigten KapG ebenfalls ein Fall der unmittelbaren Zweckverwirklichung ist. F. Steuerlich unschädliche Betätigungen bei Mittelweitergabe (§§ 58, 58a AO) Vollständig neu geregelt wird durch das JStG 2020 die steuerliche Beurteilung der Mittelweitergabe. Hierzu werden die bisherigen Regelungen in § 58 Nr. 1 und 2 AO unter gleichzeitiger Reduzierung der Anforderungen zusammengefasst. Ein Satzungserfordernis besteht nach § 58 Nr. 1 S. 3 AO nur noch dann, wenn es sich um eine reine Mittelbeschaffungskörperschaft mit dem Ziel handelt, als einzige Art der Zweckverwirklichung Mittel anderen Körperschaften oder juristischen Personen des öffentlichen Rechts zuzuwenden. Die Neuregelung in § 58 a AO gewährt grds. einen Vertrauensschutz bei Mittelweitergaben. Wendet eine steuerbegünstigte Körperschaft Mittel einer anderen Körperschaft zu, darf sie auf Grundlage der nachstehend in § 58 Abs. 2 AO im Einzelnen definierten Voraussetzungen darauf vertrauen, dass die empfangene Körperschaft steuerbegünstigt ist und die Zuwendung für steuerbegünstigte Zwecke verwendet. G. Zuwendungsempfängerregister (§ 60 b AO) In § 60 b AO wird erstmals ein Zuwendungsempfängerregister geregelt. Hiernach führt das BZSt ein Register, in dem Körperschaften geführt werden, die die Voraussetzungen der §§ 51 - 68 AO oder des § 34 b EStG erfüllen. In diesem Zuwendungsempfängerregister speichert das BZSt zu Zwecken des Sonderausgabenabzugs nach § 10 b EStG zu Körperschaften, die die Voraussetzungen der §§ 51 - 68 AO erfüllen, folgende Daten: Wirtschaftsidentifikationsnummer Name der Körperschaft Anschrift der Körperschaft Steuerbegünstigte Zwecke der Körperschaft Das für die Festsetzung der KSt der Körperschaft zuständige Finanzamt Datum der Erteilung des letzten Freistellungsbescheides oder Feststellungsbescheides nach § 60 a AO Bankverbindung der Körperschaft Diese Daten können Dritten nach § 60 b Abs. 4 AO offenbart werden. Das Steuergeheimnis des § 30 AO steht dem nicht entgegen. H. Erhöhung der Freigrenze für wirtschaftliche Geschäftsbetriebe (§ 64 AO) § 64 Abs. 3 AO gewährt eine Freigrenze für die KSt und die GewSt für die aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben erzielten Einnahmen einschließlich USt, die keine Zweckbetriebe sind. Der seit dem Jahr 2007 geltende Grenzbetrag von 35.000 EUR für die Einnahmen einschließlich USt wird durch das JStG 2020 auf 45.000 EUR erhöht. I. Einrichtungen für Flüchtlinge als Zweckbetriebe (§ 68 AO) Die Neuregelung des § 68 Nr. 1 Buchst. c AO durch das JStG 2020 ordnet Einrichtungen zur Versorgung, Verpflegung und Betreuung von Flüchtlingen den Zweckbetrieben zu. Satz 2 sieht eine Berücksichtigung des § 66 Abs. 2 AO vor. Ein Zweckbetrieb ist deshalb nicht gegeben, wenn die Einrichtungen des Erwerbs wegen betrieben werden. Die gesonderte Prüfung nach § 53 AO kann mit der Neuregelung entfallen. J. Ausnahme zu Mitteilungspflichten bei Auslandsbeziehungen (§ 138 AO) Nach § 138 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 Buchst. b AO ist der Erwerb oder die Veräußerung von Beteiligungen an einer Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse mit Sitz außerhalb des Geltungsbereiches der AO mitteilungspflichtig, wenn die Anschaffungskosten aller unmittelbaren und mittelbaren Beteiligungen die Grenze von 150.000 EUR überschreiten. Durch die Neuregelung in § 138 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 Buchst. b S. 2 - 4 AO durch das JStG 2020 wird auf diese Mitteilungspflicht verzichtet, soweit es sich um börsennotierte Beteiligungen von weniger als 1 % handelt und wenn mit der Hauptgattung der Aktien der ausländischen Gesellschaft ein wesentlicher und regelmäßiger Handel an einer Börse in einem EU-/EWR-Staat oder an einer in einem anderen Staat nach § 193 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und 4 KABG von der BaFin zugelassenen Börse stattfindet (sog. Börsenklausel). Für die Ermittlung der Beteiligungshöhe sind bereits gehaltene Beteiligungen in die Ermittlung der 1%-Grenze mit einzubeziehen. K. Führung elektronischer Bücher in einem anderen EU-Mitgliedstaat (§ 146 AO) § 146 Abs. 2 Buchst. a AO räumt den Stpfl. die Möglichkeit ein, elektronische Bücher und sonstige erforderliche elektronische Aufzeichnungen oder Teile davon in einem anderen Mitgliedstaat der EU zu führen und aufzubewahren. Macht der Stpfl. von dieser Befugnis Gebrauch, hat er sicherzustellen, dass der Datenzugriff nach § 146 b Abs. 2 S. 2, § 147 Abs. 6 AO oder § 27 b Abs. 2 S. 2 und 3 UStG in vollem Umfang möglich ist. L. Verlängerung der Strafverfolgungsverjährung (§ 376 AO) In § 376 Abs. 1 AO wird das Wort "zehn" durch das JStG 2020 durch die Angabe "15" ersetzt. Diese vergleichsweise unscheinbare Änderung führt dazu, dass in Fällen der besonders schweren Steuerhinterziehung die Verjährungsfrist von zehn Jahren auf fünfzehn Jahre erhöht wird. Die Regelung steht im Zusammenhang mit den Cum-Ex-Geschäften, bei denen die Ermittlungsbehörden nach der jahrelangen Untätigkeit des Gesetzgebers nunmehr in einem Wettlauf mit der Zeit gegen die strafrechtlichen Verjährungsvorschriften stehen. So verständlich die Änderung vor diesem Hintergrund ist, ist sie jedoch strafrechtssystematisch äußerst zweifelhaft. Das Strafgesetzbuch enthält in § 78 StGB deliktsunabhängige Verjährungsregeln. Nach § 78 Abs. 3 StGB beträgt die Verjährungsfrist für die Verfolgungsverjährung: 30 Jahre bei Taten, die mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht sind, 20 Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als 10 Jahren bedroht sind, 10 Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als 5 Jahren bis zu 10 Jahren bedroht sind, 5 Jahre bei Taten, die im Höchstmaß mit Freiheitsstrafen von mehr als 1 Jahr bis zu 5 Jahren bedroht sind, 3 Jahre bei den übrigen Tagen. Nach § 370 AO gilt für Steuerhinterziehung folgender Strafrahmen: Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder Geldstrafe für (einfache) Steuerhinterziehung (Abs. 1). In besonders schweren Fällen ist die Freiheitsstrafe von 6 Monaten bis zu 10 Jahre (Abs. 3). Obwohl also der Strafrahmen der besonders schweren Steuerhinterziehung bspw. dem der gewerbsmäßigen Hehlerei und Bandenhehlerei nach § 260 StGB entspricht oder dem des schweren Bandendiebstahls nach § 244 a StGB nahekommt, verjährt die besonders schwere Steuerhinterziehung ungeachtet der gleichwertigen Deliktsqualität erst fünf Jahre später. Die verlängerte Verjährungsfrist gilt nicht nur in cum/ex-Verfahren, sondern für alle Fälle, in denen ein Regelbeispiel der besonders schweren Steuerhinterziehung verwirklicht ist. Dies sind nach der Rspr. des BGH alle Taten mit einer Steuerverkürzung von mehr als 50.000 EUR. Weitergehend ergibt sich hieraus, dass die Grenze der absoluten Verjährung bei besonders schwerer Steuerhinterziehung nunmehr 37,5 Jahre beträgt. Durch die bereits seit einigen Monaten geltende Regelung des § 376 Abs. 3 AO ist die Grenze der absoluten Verjährung für besonders schwere Steuerhinterziehung - auch insoweit abweichend von dem Grundsatz des § 78 c Abs. 3 S. 2 StGB - auf das Zweieinhalbfache der gesetzlichen Verjährungsfrist erhöht worden. Damit ergibt sich für die Steuerhinterziehung in besonders schweren Fällen eine absolute Verjährung, die der absoluten Verjährung bei einem Totschlag (40 Jahre) nahekommt. So verständlich es ist, dass insbesondere der BGH in den letzten Jahrzehnten die Steuerhinterziehung scharf von einem Kavaliersdelikt abgrenzt, scheint nun jedoch der Gesetzgeber jeden Maßstab verloren zu haben. Zudem berücksichtigt der Gesetzgeber nicht, dass die abgestuften Verjährungsfristen Teil eines ausgewogenen Regelungsgefüges sind, das die gesamte Rechtsordnung umfasst. Die Einführung einer besonderen Verjährungsregelung für die Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall ist damit ein Systembruch. Dieser Bruch wurde bei der Neuregelung der Selbstanzeige im Jahre 2014 noch bewusst vermieden, indem man es bei den bisherigen Fristen zur Berechnung der Verjährung belassen und das Grundgerüst der steuerlichen und strafrechtlichen Verjährung nicht angetastet hatte. Stattdessen wurde lediglich der Grundsatz aufgegeben, dass für die Wirksamkeit einer Selbstanzeige ausschließlich die (i.d.R. kürzere) strafrechtliche Verjährung maßgebend ist. Stattdessen müssen seitdem - unabhängig ob strafrechtlich bereits verjährt oder nicht - mind. zehn Jahre in eine Selbstanzeige mit aufgenommen werden, wenn es in diesem Zeitraum zu Steuerverkürzungen gekommen ist. Die zentrale Regelung zur Strafbefreiung durch eine Selbstanzeige in § 371 Abs. 1 AO lautet seither wie folgt: Wer gegenüber der Finanzbehörde zu allen Steuerstraftaten einer Steuerart in vollem Umfang die unrichtigen Angaben berichtigt, die unvollständigen Angaben ergänzt oder die unterlassenen Angaben nachholt, wird wegen dieser Steuerstraftaten nicht nach § 370 bestraft. Die Angaben müssen zu allen unverjährten Steuerstraftaten einer Steuerart, mindestens aber zu allen Steuerstraftaten einer Steuerart innerhalb der letzten zehn Kalenderjahre erfolgen. Beratungshinweis Die Angaben in einer Selbstanzeige müssen ungeachtet des10-jährigen Mindesterfordernisses zu allen unverjährten Steuerstraftaten einer Steuerart erfolgen. In Fällen besonders schwerer Steuerhinterziehung bedingt dies nach dem Wortlaut somit in der Selbstanzeige eine Angabe der steuerlichen Bemessungsgrundlagen der letzten strafrechtlich nicht verjährten 15 Jahre. Wie sich dies zu der steuerlichen Festsetzungsfrist von max. 10 Jahren bei Steuerhinterziehung nach § 169 Abs. 2 S. 2 AO verhält, hat der Gesetzgeber nicht geklärt. M. Inkrafttreten Die vorstehenden Änderungen der AO gelten ganz überwiegend ab dem Tag der Verkündung. Die Neuregelung zur strafrechtlichen Verjährung der besonders schweren Steuerhinterziehung ist auf alle zum Zeitpunkt ihres Inkrafttretens noch nicht verjährten Taten anzuwenden. JStG 2020 v. 21.12.2020, BGBl I 2020, 3096 JStG 2020 v. 21.12.2020, BGBl I 2020, 3096 JStG 2020 v. 21.12.2020, BGBl I 2020, 3096 JStG 2020 v. 21.12.2020, BGBl I 2020, 3096 JStG 2020 v. 21.12.2020, BGBl I 2020, 3096 JStG 2020 v. 21.12.2020, BGBl I 2020, 3096 JStG 2020 v. 21.12.2020, BGBl I 2020, 3096 JStG 2020 v. 21.12.2020, BGBl I 2020, 3096 JStG 2020 v. 21.12.2020, BGBl I 2020, 3096
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